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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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VK Sachsen, Beschluss vom 19.06.2015 - 1/SVK/009-15
1. Ein Vertrag über die Anmietung eines nach den Erfordernissen des öffentlichen Auftraggebers noch zu errichtenden oder umzubauenden Gebäudes kann sich im Ergebnis insgesamt als Bauauftrag darstellen, wenn der Mietvertrag mit den Bauleistungen "steht und fällt" und ohne diese nicht realisiert würde.*)
2. Der Ablauf einer Bindefrist führt nicht dazu, dass in dem betreffenden Vergabeverfahren ein Zuschlag nicht mehr erteilt werden könnte. Vielmehr hat das Verstreichen der Frist lediglich zur Folge, dass der Bieter, der den Zuschlag erhalten soll, darüber zu befinden hat, ob er seinerseits den dann als Angebot der Vergabestelle zu wertenden Zuschlag annehmen will.*)
3. Ein isolierter Antrag mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Aufhebung ist analog § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB i. V. m. § 123 Satz 3, 4 GWB möglich und zulässig.*)
4. Ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses oder - zur Vermeidung eines entsprechenden Schadenseintritts - ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens, kann dann in Betracht kommen, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzt, die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können.*)
5. Der Aufhebungsgrund, dass kein wirtschaftliches Angebot eingegangen ist, ist zwar in § 17 EG VOB/A nicht explizit benannt, ist aber vom Auffangtatbestand des § 17 Abs. 1 Nr. 3 EG VOB/A als schwerwiegender Grund mit erfasst.*)
6. Die Aufhebung eines Vergabeverfahrens steht nach § 17 EG Abs. 1 VOB/A im Ermessen des Auftraggebers. Anders als in der VOL/A ist jedoch in der VOB/A keine ausdrückliche Teilaufhebung vorgesehen. Eine Teilaufhebung wird allenfalls bei einer Ausschreibung mit mehreren Teillosen in Betracht kommen, bei der bspw. bezogen auf eines von mehreren Losen, eine Teilaufhebung als milderes Mittel im Verhältnis zur Gesamtaufhebung in Betracht kommen kann. Ein milderes Mittel der (Gesamt-) Aufhebung in Form der "Abmagerung" des Leistungsumfanges existiert nicht.*)