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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.2015 - 22 U 32/15
1. Unterliegt ein Anspruch der (kurzen) regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (BGB §§ 195, 199), kann eine weitere Abkürzung dieser Verjährungsfrist durch Verwirkung nur unter ganz besonderen Umständen (z. B. bei einem Verhalten des Berechtigten, das einem stillschweigenden Verzicht nahekommt) angenommen werden.*)
2. Zwischen dem sog. Zeitmoment und dem sog. Umstandsmoment besteht insofern eine Wechselwirkung, als der Zeitablauf (im Rahmen des Zeitmoments) um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände (im Rahmen des Umstandsmoments) sind.*)
3. Bei der Prüfung der Verwirkung kann zu berücksichtigen sein, dass beide Parteien - ungeachtet ihrer tatsächlichen Kaufmannseigenschaft im Rechtssinne - im Rahmen eines großvolumigen Werkvertrags am kaufmännischen Geschäftsverkehr teilgenommen haben.*)
4. Bei der Prüfung der Verwirkung kann zu berücksichtigen sein, ob für den Berechtigten - auch unter Berücksichtigung der werkvertraglichen Kooperationspflichten - ohne weiteres offensichtlich war, dass der Verpflichtete nur Zwischenunternehmer in der Leistungskette war, insoweit selbst entsprechenden Abrechnungspflichten bzw. -obliegenheiten im Verhältnis zu seinem Auftraggeber unterlag und eine baldmögliche abschließende Endabrechnung des Vertragsverhältnisses notwendig erschien.*)
5. Der Verpflichtete trägt die Beweislast für die Voraussetzungen der Verwirkung; der Berechtigte ist indes dafür darlegungspflichtig, wann und wie er den in Rede stehenden Anspruch geltend gemacht hat.*)
6. Ein Prüfvermerk des Architekten bzw. der Bauleitung bzw. des Auftraggebers ist regelmäßig keine Grundlage für die Annahme eines deklaratorischen Anerkenntnisses.*)
7. Die Grundsätze zu sog. Saldoanerkenntnissen sind auf andere Rechtsbeziehungen - insbesondere auch auf die Korrespondenz der Werkvertragsparteien nach Vorlage der Schlussrechnung - grundsätzlich nicht übertragbar.*)
8. Unter Berücksichtigung der entsprechenden Abgrenzung der unterschiedlichen Rechtskraftwirkungen in der neueren Rechtsprechung des BGH verbietet es das Verschlechterungsverbot, dass das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin die hier erfolgte Teilabweisung der Klage als zur Zeit unbegründet ohne Anschlussberufung der Beklagten durch ein endgültige Abweisung (das heißt eine Abweisung schlechthin) ersetzt.*)
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