Urteilssuche
Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
1 Volltexturteil gefunden |
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.02.2015 - 2 A 1394/13
1. Auf § 61 Absatz 1 Satz 2 BauO-NW kann eine Beseitigungsanordnung gestützt werden, wenn ein Gebäude formell und materiell illegal ist.*)
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer bauordnungsrechtlichen Beseitigungsverfügung ist - vorbehaltlich des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts und seiner jeweiligen tatbestandsmäßigen Spezifika - im Ausgangspunkt der Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung. Zeichnet sich jedoch eine alsbaldige Genehmigungsfähigkeit wegen konkret bevorstehender Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage ab, kann das Beseitigungsverlangen gleichwohl auch nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens rechtswidrig werden.*)
3. Der durch eine Baugenehmigung ursprünglich vermittelte formelle Bestandsschutz erlischt bei der Zerstörung oder dem Abriss des Gebäudes. An seine Stelle tritt im Außenbereich ein eventueller Anspruch auf die Neuerrichtung eines Ersatzbaus an gleicher Stelle etwa aus § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB.*)
4. Mit dem Begriff "vorhandenes Gebäudes" (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB) ist gemeint, dass das Gebäude zu Beginn der Bauarbeiten - bei Beginn der Neuerrichtung des Ersatzbaus - noch existent ist. Vorhergehender Abriss und Neuerrichtung müssen einen einheitlichen Lebenssachverhalt bilden. Das vorhandene Gebäude ist nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a) BauGB zulässigerweise errichtet, wenn es entweder bauaufsichtlich genehmigt wurde oder im Zeitpunkt der Errichtung oder später während eines nennenswerten Zeitraums hätte genehmigt werden müssen.*)
5. Gleichartigkeit im Sinne von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB bedeutet Gleichartigkeit in jeder bodenrechtlich beachtlichen Beziehung, also insbesondere die Gleichartigkeit im Standort, im Bauvolumen, in der Nutzung und in der Funktion.*)
6. Für § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c) BauGB genügt es nicht, dass das vorhandene Gebäude lediglich seit längerer Zeit im Eigentum des Bauherrn steht. Erforderlich ist eine Kontinuität der Eigennutzung bis zur Neuerrichtung. Jedenfalls ein Eigennutzungszeitraum von weniger als zwei Jahren ist zu kurz. Der "längere Zeitraum" im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c) BauGB ist so zu bemessen, dass ein Aufkaufen alter Gebäude zum Zweck des alsbaldigen Abrisses ausgeschlossen wird und dies auch nicht durch ein vorübergehendes Bewohnen umgangen wird.*)
7. Bei der künftigen Eigenbedarfsnutzung des Ersatzgebäudes im Sinne des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d) BauGB handelt es sich um eine Prognoseentscheidung. Besteht begründeter Verdacht, dass der Neubau veräußert oder an familienfremde Personen vermietet werden soll, ist es Sache des Bauherrn darzutun, dass er das Gebäude für den Eigenbedarf bzw. für seine Familie benutzen wird.*)
Volltext