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IBRRS 2024, 1898
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Baugenehmigung für Umnutzung von Wohnhaus in Ingenieurbüro?

OVG Saarland, Beschluss vom 11.06.2024 - 2 A 49/23

1. Bei der Abgrenzung der maßgeblichen näheren Umgebung eines Baugrundstücks in nicht beplanter Ortslage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wie auch bei der Beurteilung des Charakters faktischer Baugebiete auf dieser Grundlage rechtfertigt der Umstand, dass die Abgrenzung wie auch die Einordnung der maßgeblichen Umgebungsbebauung nach ihrer Nutzungsart in aller Regel die Verschaffung eines eigenen Eindrucks von den konkreten örtlichen Gegebenheiten voraussetzt und daher von einem Rechtsmittelgericht regelmäßig nicht abschließend allein aufgrund der Aktenlage vorgenommen werden kann, nicht bereits die Annahme, das auf einer Ortsbesichtigung beruhende Ergebnis einer solchen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterläge ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hat sich das Verwaltungsgericht einen eigenen Eindruck von den baulichen Gegebenheiten vor Ort verschafft und eine nach den Maßstäben der Rechtsprechung nachvollziehbare Bewertung vorgenommen, so kommt eine Zulassung der Berufung nur in Betracht, wenn das Antragsvorbringen besondere Aspekte des konkreten Falles aufzeigt, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des von ihm festgestellten Ergebnisses begründen können.*)

2. Nach der Überleitungsvorschrift des § 245d Abs. 1 BauGB findet § 34 Abs. 2 BauGB auf dörfliche Wohngebiete keine Anwendung, so dass es keine faktischen dörflichen Wohngebiete gibt.*)

3. Ehemalige landwirtschaftliche Betriebe, die von Nichtlandwirten zur Tierhaltung zu Hobbyzwecken und zur Lagerhaltung genutzt werden, können der Qualifizierung eines Gebiets als faktisches allgemeines Wohngebiet entgegenstehen, da Anlagen zur Tierhaltung und zur Lagerung landwirtschaftlicher Produkte in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind. Ob derartige Anlagen die nähere Umgebung prägen oder als Fremdkörper unbeachtlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.*)

4. Zur näheren Kennzeichnung des bauplanungsrechtlichen Begriffs des freien Berufs kann auf die nicht abschließenden Berufekataloge des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG und des § 1 Abs. 2 Satz 2 PartGG zurückgegriffen werden. Dabei ist die Eigenständigkeit der BauNVO gegenüber dem Steuer- und Partnerschaftsgesellschaftsrecht zu beachten.*)

5. Dass der Kläger über die reine Beratungsleistung hinaus in den Räumlichkeiten seines Ingenieursbüros elektronische Schaltungen entwickelt und realisiert bzw. elektronische Baugruppen als Prototypen oder in Kleinserien fertigt und mechanische Bauteile in 3D-Druckern herstellt, begründet nicht das Vorliegen eines produzierenden Gewerbebetriebs. Auch wenn das Ergebnis der zunächst erbrachten geistigen Ingenieurleistung aufgrund der Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten in 3D-Druckern als mechanisches Bauteil darstellbar oder als Prototyp produzierbar wird, lässt dies nicht den freiberuflichen Charakter der individuellen Ingenieurstätigkeit entfallen, solange der Schwerpunkt der Tätigkeit auf der zu Grunde liegenden Entwicklung liegt.*)

6. Eine gewerbliche Einstufung der Tätigkeit durch die Finanzverwaltung steht der Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit im städtebaulichen Sinne nicht entgegen.*)

7. Die Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) dient nicht einer Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.*)

8. Es ist Sache des Bauherrn, mit der Einleitung eines bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens den Umfang und die Modalitäten seines Vorhabens festzulegen. An diesen Angaben muss er sich festhalten lassen. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Gerichte, das Vorhaben inhaltlich so zu modifizieren, um dieses durch das vom Kläger vermisste Nachfordern von Unterlagen am Maßstab der einschlägigen materiellen Vorschriften insgesamt oder auch nur in Teilen genehmigungsfähig zu machen.*)

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