Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile zum Öffentlichen Bau- & Umweltrecht
Online seit heute
IBRRS 2025, 0191OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.01.2025 - 10 B 877/24
Ist (noch) kein erforderlicher zweiter Rettungsweg vorhanden und erfolgt dessen ungeachtet die Aufnahme der Wohnnutzung ohne Fertigstellungsanzeige bzw. ohne deren vorzeitige Gestattung, kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen und die sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung anordnen.
VolltextIBRRS 2025, 0006
OVG Thüringen, Urteil vom 29.02.2024 - 1 KO 587/19
1. Wird eine Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis tätig, ist sie grundsätzlich nicht befugt, einen ihren Ausgangsbescheid abändernden Widerspruchsbescheid anzufechten; etwas anderes gilt, wenn der Widerspruchsbescheid unmittelbar korrigierend in Rechte der Gemeinde, insbesondere die zum Selbstverwaltungsrecht gehörende Finanzhoheit eingreift.*)
2. Beschneidet die Widerspruchsbehörde die Gebührenforderung der Gemeinde aus Amtshandlungen des übertragenen Wirkungskreises, stehen der Gemeinde dagegen die allgemein gewährten Rechtsbehelfe zu.*)
3. Eine Bauantragstellung durch eine Thüringer Hochschule löst eine Gebührenpflicht der Hochschule aus.*)
VolltextOnline seit gestern
IBRRS 2025, 0087OVG Niedersachsen, Urteil vom 05.09.2024 - 1 KN 62/22
Sieht der Bebauungsplan ein Heranrücken einer schutzbedürftigen Nutzung (hier: der Wohnnutzung dienende Gebiete) an eine außerhalb des Plangebiets liegende Emissionsquelle (hier: eine Hauptverkehrsstraße) vor und werden die Orientierungswerte der DIN 18005 deutlich überschritten, handelt es sich um eine erhebliche Umweltauswirkung des Bebauungsplans i.S.v. § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB. *)
VolltextOnline seit 20. Januar
IBRRS 2025, 0169BVerwG, Beschluss vom 25.11.2024 - 4 BN 26.24
1. Das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Planaufstellungsbeschlusses ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den späteren Bebauungsplan.
2. Ein alter Bebauungsplan verliert - nach dem Grundsatz, dass die spätere Norm die frühere verdrängt - seine rechtliche Wirkung bereits dann, wenn die Gemeinde diese Bauleitplanung ändert, insbesondere einen Bebauungsplan durch einen neuen ersetzt. Eines ausdrücklichen Aufhebungsbeschlusses bedarf es nur dann, wenn die Gemeinde hierdurch vermeiden möchte, dass im Falle der Unwirksamkeit der späteren Norm die frühere unverändert fortgilt.
3. Die Auslegungsbekanntmachung entfaltet die gebotene Anstoßwirkung, wenn sie geeignet ist, dem an der beabsichtigten Bauleitplanung interessierten Bürger sein Interesse an Information und Beteiligung durch Abgabe einer Stellungnahme bewusst zu machen und dadurch eine gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen. Hierzu muss die Bekanntmachung erkennen lassen, welches Planungsvorhaben die Gemeinde betreiben will. Diesem Erfordernis ist genügt, wenn der Bürger in die Lage versetzt wird, das Vorhaben einem bestimmten Raum zuzuordnen.
4. An die Bekanntmachung des Bebauungsplans im Wege der Ersatzverkündung sind zwar geringere Anforderungen zu stellen als an die Bekanntmachung im Auslegungsverfahren, von der eine Anstoßwirkung ausgehen muss. Es muss jedoch der mit der Bekanntmachung verfolgte Hinweiszweck erreicht werden. Die Bekanntmachung muss sich auf einen bestimmten Bebauungsplan beziehen; zu fordern ist, dass sie mittels einer schlagwortartigen Kennzeichnung einen Hinweis auf den räumlichen Geltungsbereich des Plans gibt und dieser Hinweis den Plan identifiziert.
VolltextIBRRS 2025, 0154
OVG Nordrhein-Westfahlen, Urteil vom 26.07.2024 - 10 A 2100/22
1. Bezugspunkt für Bestandsschutz ist stets eine bauliche Anlage in ihrer jeweiligen Nutzung, nicht aber die Bausubstanz als solche unabhängig von etwaigen Nutzungsänderungen.*)
2. Bei der vergangenheitsbezogenen Prüfung materiellen Bestandsschutzes kann illegale Bebauung in der näheren Umgebung nur dann im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde damals zweifelsfrei im Sinne einer aktiven Duldung zu erkennen gegeben hatte, sich damit dauerhaft abzufinden.*)
3. Auskünfte der Meldebehörde begründen keine Duldungszusage der Bauaufsichtsbehörde. Sie sind auch nicht geeignet, verbindliche Aussagen zu einer materiellen Baurechtskonformität zu treffen.*)
4. Gemeindliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer lässt nicht auf eine aktive Duldung einer Wohnnutzung schließen.*)
VolltextOnline seit 17. Januar
IBRRS 2025, 0116OVG Bremen, Beschluss vom 18.12.2024 - 1 LA 190/22
1. Zur Frage, ob sich Nachbarn auf das zwischenzeitliche Erlöschen einer Baugenehmigung wegen einer Bauunterbrechung berufen können (vgl. insoweit BVerwG, IBR 1991, 395).*)
2. Zur Frage, ob Nachbarn rügen können, eine Nachtragsbaugenehmigung habe einen anderen Adressaten als die Ursprungsbaugenehmigung.*)
VolltextOnline seit 16. Januar
IBRRS 2024, 3695VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.11.2024 - 5 S 268/23
Die Frage, ob die Orientierungswerte nach § 17 Satz 1 BauNVO 2021 überschritten werden dürfen, ist ein Problem der gerechten Abwägung nach § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB. Die Überschreitung bedarf einer städtebaulichen Begründung, die umso ausführlicher ausfallen muss, je höher die Überschreitung ist. Die insoweit für die Abwägung relevanten Aspekte müssen in die Planung eingestellt und in der Begründung dargelegt werden.*)
VolltextOnline seit 15. Januar
IBRRS 2025, 0115OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.12.2024 - 10 B 920/24
Als Einfriedung ist anzusehen, was ein Grundstück oder einen Teil eines Grundstücks von Verkehrsflächen, Nachbargrundstücken oder auch Bereichen desselben Grundstücks abschirmen soll, um Witterungs- oder Immissionseinflüsse (Wind, Lärm, Straßenschmutz) abzuwehren oder das Grundstück oder Teile davon gegen unbefugtes Betreten oder Einsichtnahme zu schützen. Diese Funktion erfüllen die Sandwichelemente und Tore, die der Schließung einer bislang einseitig offenen Lagerhalle dienen, nicht.
VolltextOnline seit 14. Januar
IBRRS 2024, 3694VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.11.2024 - 5 S 474/23
Will eine Gemeinde über eine Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB die Wohndichte innerhalb eines Plangebiets steuern, muss sie grundsätzlich eine relative Zahl, zum Beispiel die höchstzulässige Zahl von Wohnungen pro bestimmter Grundstücksfläche, festsetzen.*)
VolltextOnline seit 13. Januar
IBRRS 2025, 0054OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.11.2024 - 7 A 75/23
1. Ob Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung auch darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen, hängt vom Willen der Gemeinde als Plangeber ab.
2. Gestaltungsvorschriften besitzen regelmäßig keine nachbarschützende Wirkung.
VolltextOnline seit 10. Januar
IBRRS 2025, 0081BVerwG, Urteil vom 22.10.2024 - 4 CN 1.24
Bei einem auf § 9 Abs. 2a BauGB gestützten sektoralen Bebauungsplan wird die an die planerischen Vorstellungen der Gemeinde anknüpfende städtebauliche Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB durch § 9 Abs. 2a Satz 1 BauGB konkretisiert und inhaltlich ausgeformt.*)
VolltextOnline seit 9. Januar
IBRRS 2024, 3674VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2024 - 3 S 231/23
1. Allein die fehlende Umsetzungsbereitschaft des Eigentümers an den getroffenen Festsetzungen vermag die Erforderlichkeit eines Bebauungsplans für sich genommen regelmäßig nicht in Frage zu stellen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Absichten und Planungen der Grundstückseigentümer stets irrelevant wären, vielmehr kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an.*)
2. Ein Bebauungsplan bietet nicht erst dann auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Eigentümer dauerhaft an einer plankonformen Bebauung gehindert ist (a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.05.2022 - 8 C 10646/21, BeckRS 2022, 18221, und vom 23.11.2016 - 8 C 10662/16, IBR 2017, 280).*)
VolltextOnline seit 8. Januar
IBRRS 2025, 0020OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.10.2024 - 2 L 54/24
1. Ist die Verschattung von rückwärtigen Grundstücksteilen durch die dichte Bebauung im vorderen Bereich der benachbarten Grundstücke mitbedingt, kann der Nachbar nicht schutzwürdig erwarten, der rückwärtige Grundstücksbereich bleibe ab dem Nachmittag bis zum Sonnenuntergang vollständig besonnt.*)
2. Dem Nachbarn ist es - insbesondere in Innerortslagen mit typischerweise dichter Bebauung - grundsätzlich zuzumuten, sich gegen Einsichtsmöglichkeiten in Wohnräume - insbesondere auch in Schlafzimmerbereiche oder Badezimmer - im Wege architektonischer Selbsthilfe durch entsprechende Vorkehrungen wie Gardinen, Vorhänge, Rollläden oder Ähnlichem zu schützen.*)
VolltextOnline seit 7. Januar
IBRRS 2024, 3697OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.11.2024 - 1 MB 19/24
In aller Regel rechtfertigt bereits die sich aus dem Fehlen einer im Einzelfall notwendigen Baugenehmigung für die konkrete Nutzung einer baulichen Anlage ergebende formelle Illegalität den Erlass einer Untersagung der Nutzung. Da diese in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig bzw. bei verfahrensfreien Vorhaben offensichtlich zulässig ist.*)
VolltextOnline seit 6. Januar
IBRRS 2024, 3699OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.12.2024 - 2 L 76/24
1. Aus dem Umstand, dass ein Grundstückseigentümer einer dem Nachbarn erteilten Baugenehmigung nach Treu und Glauben nicht mit Erfolg die Nichteinhaltung von Abstandsflächen entgegenhalten kann, wenn sein Gebäude in vergleichbarem Maß die Abstandsflächen nicht einhält, folgt noch nicht, dass die Baugenehmigung ungeachtet des objektiv vorliegenden Verstoßes gegen Vorschriften über Abstandsflächen zu erteilen ist, insbesondere wenn der Bauherr keinen Antrag auf Erteilung einer Abweichung nach § 66 BauO-SA gestellt hat.*)
2. Die Einhaltung einer Abstandsfläche ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich an gleicher Stelle auf dem Baugrundstück zuvor ein Gebäude befand, das ebenfalls ohne Grenzabstand errichtet wurde.*)
VolltextOnline seit 3. Januar
IBRRS 2025, 0004OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.09.2024 - 7 A 359/22
1. Von einem Imbissbetrieb, der im Rahmen der erstrebten Öffnungszeiten ersichtlich der Versorgung von "Nachtschwärmern" aus den in der Nähe befindlichen zahlreichen Gaststätten und Vergnügungsstätten dient, gehen jedenfalls an den Wochenenden Lärmbeeinträchtigungen ausgehen, die mit dem gebotenen Schutz der Nachtruhe für die Wohnbevölkerung nicht vereinbar sind.
2. Die Annahme eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot hängt nicht davon ab, ob und inwieweit eine Erweiterung der Betriebszeiten Vorbildwirkung für andere Betriebe haben könnte bzw. ob vergleichbare gastronomische Betriebe in der Umgebung längere Öffnungszeiten haben.
VolltextOnline seit 2. Januar
IBRRS 2025, 0010VGH Bayern, Beschluss vom 03.12.2024 - 15 CS 24.1568
Wesentliche Brandschutzmängel durch nicht ausreichend gesicherte erste und zweite Rettungswege stellen eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit dar und rechtfertigen eine sofortige Nutzungsuntersagung.
VolltextIBRRS 2025, 0019
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.12.2024 - 8 B 906/24
1. Nach § 36 Abs. 3 Satz 1 LPlG NRW können die Bezirksregierungen die Genehmigungsbehörde im Einzelfall anweisen, die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben der Windenergie im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auszusetzen, wenn sich ein Raumordnungsplan in Aufstellung befindet oder geändert wird, um den Flächenbeitragswert im Sinne des § 3 Abs. 1 WindBG oder eines daraus abgeleiteten Teilflächenziels zu erreichen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.*)
2. Eine Beeinträchtigung der Raumplanung und der mit ihr verfolgten Ziele durch einen ungesteuerten Zubau von Windenergieanlagen außerhalb der im Regionalplan für das Erreichen der Flächenziele vorgesehenen Windenergieflächen kann darin liegen, dass sich durch den Zubau die Beurteilungsgrundlagen für die Identifikation und Abwägung der Windenergiegebiete während des Planungsverfahrens ändern und eine den weiteren Planungsprozess verzögernde Umplanung erforderlich machen.*)
3. Dass der Planungsprozess von Windenergiegebieten gemäß § 2 Nr. 1 WindBG als eine reine Positivplanung angelegt und von der Rechtfertigung einer Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entlastet ist, macht eine gesamträumliche Betrachtungsweise nicht vollständig entbehrlich. Vielmehr bleiben Fallkonstellationen denkbar, in denen ein nach dem Planungskonzept in Aussicht genommener Vorrangbereich im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG bei Verwirklichung eines Vorhabens außerhalb des Vorrangbereichs nicht mehr im Einklang mit den Planungsleitlinien stünde und deshalb beispielsweise verkleinert oder verschoben werden müsste.*)
4. Über diese Fälle hinaus schließt der Senat derzeit auch nicht aus, dass von einer Beeinträchtigung der mit der Raumplanung verfolgten Ziele im Sinne des § 36 Abs. 3 LPlG NRW durch einen Zubau von Windenergieanlagen außerhalb der für das Erreichen der Flächenziele vorgesehenen Windenergieflächen im Ausgangspunkt auch dann noch ausgegangen werden kann, wenn ein Vorhaben dort nach Feststellung des Erreichens der Flächenziele und des hieran anknüpfenden Wegfalls der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB im planungsrechtlichen Außenbereich nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht mehr in zulässiger Weise errichtet werden könnte.*)
5. Nicht jedes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, das außerhalb der sich aus den Entwürfen der Regionalplanung ergebenden Windenergieflächen realisiert werden soll, kann per se die Befürchtung begründen, die Durchführung der Planung unmöglich zu machen oder wesentlich zu erschweren. Denn das Recht der Bezirksregierungen, die Genehmigungsbehörde zur Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben der Windenergie anzuweisen, ist auf den "Einzelfall" begrenzt und setzt überdies eine "wesentliche" Erschwerung der Durchführung der Planung voraus.*)
6. Ob die in der Rechtsprechung des beschließenden Gerichts geäußerten gesetzgebungskompetenzrechtlichen Bedenken gegen § 36 Abs. 3 LPlG NRW (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.9.2024 - 22 B 727/24.AK -) begründet sind, bedarf keiner Entscheidung. Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen sind in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch im Hinblick auf die gegen diese Bedenken anführbaren Argumente nicht in einem Maße klärungsfähig, das es dem Senat unter Beachtung der hierfür geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe erlauben würde, unter diesem Gesichtspunkt vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren.*)
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