Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 12. Februar
IBRRS 2025, 0388
VK Bund, Beschluss vom 15.11.2024 - VK 2-93/24
1. Ein vom Bieter eingesetztes Testgerät wird Bestandteil des Angebots und dient dessen Konkretisierung.
2. Das Angebot des Bieters wird wegen Änderung der Vergabeunterlagen ausgeschlossen, wenn das Testgerät von den als "KO-Kriterien" im Leistungsverzeichnis definierten Anforderungen abweicht.
3. Raum für eine Aufklärung infolge einer angenommenen Widersprüchlichkeit des Angebots besteht bei Teststellungen nicht, denn Sinn und Zweck der Teststellung ist es gerade auch, die Konformität des Angebotsinhalts mit den Vorgaben zu belegen.

IBRRS 2025, 0393

OVG Niedersachen, Beschluss vom 16.12.2024 - 1 LA 78/24
Die Genehmigungsfähigkeit des Bauantrags ist grundsätzlich auch in Fällen der Antragstellung nach Errichtung des Vorhabens – zugunsten wie zulasten des Bauherrn – anhand der Bauvorlagen zu beurteilen. Allerdings kann die Bauaufsichtsbehörde die Genehmigung eines vom Errichteten abweichenden Bauantrags mangels Sachbescheidungsinteresse ablehnen, wenn erkennbar ist, dass der Bauherr den Bestand nicht mehr dem Genehmigten anpassen kann oder möchte.*)

IBRRS 2025, 0402

AG Charlottenburg, Urteil vom 30.05.2024 - 218 C 243/23
1. Der Mieter kann weiterhin einen mit Zustimmung des bisherigen Vermieters angeschafften Hund halten, wenn kein wichtiger Grund für den Widerruf der Erlaubnis besteht. Dies gilt auch, wenn es sich um einen sog. Kampfhund handeln sollte.*)
2. Nur wenn der Vermieter beweist, dass der Hund als „Waffe" gegenüber Mitmietern vom gekündigten Mieter eingesetzt wurde, kommt ein Widerruf in Betracht.*)

IBRRS 2025, 0401

OLG Hamburg, Beschluss vom 08.07.2024 - 5 U 97/23
1. Es kann einen Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB darstellen, wenn sich auf dem verkauften Grundstück Bauwerke befinden, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden sind.*)
2. Wenn im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts nunmehr Genehmigungsfreiheit besteht, stellt das Fehlen einer Baugenehmigung keinen Mangel dar, jedenfalls fehlt es an einer Wertminderung, die zu einer Minderung des Kaufpreises berechtige.*)

IBRRS 2025, 0400

OLG München, Urteil vom 08.01.2025 - 7 U 1776/23
1. Voraussetzung für einen Vertragsschluss nach den Grundsätzen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben sind u.a. Verhandlungen, die auch per WhatsApp geführt werden können.
2. Eine Rechnung, in der vorangegangene Verhandlungen und Abreden per WhatsApp zusammengefasst werden, kann ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben darstellen.
3. Allgemeine Geschäftsbedingungen des Verkäufers werden durch die Inbezugnahme in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben Vertragsbestandteil.

IBRRS 2025, 0301

BGH, Beschluss vom 12.12.2024 - IX ZB 4/24
1. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens entsteht zur Gänze bereits mit der Einleitung des Verfahrens; auf den jeweiligen Entstehungszeitpunkt der angefallenen Gebühren kommt es nicht an.*)
2. Der Ausschluss von Kostenerstattungsansprüchen im Zusammenhang mit einem Schuldenbereinigungsplan erfasst auch prozessuale Kostenerstattungsansprüche.*)

IBRRS 2025, 0392

OLG Köln, Beschluss vom 04.09.2023 - 12 U 55/23
1. Empfiehlt der Rechtsanwalt seinem Mandanten die Berufungseinlegung und schlägt er der Gegenseite sogleich den Abschluss eines "Lästigkeitsvergleichs" vor, liegt darin keine Pflichtverletzung, wenn der Vergleichsschluss für den Mandanten wirtschaftlich vorteilhaft ist.
2. Der Anscheinsbeweis beratungsgerechten Verhaltens greift nicht ein, wenn nicht ersichtlich ist, dass im Falle einer sachgerechten Aufklärung aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegen hätte, also nur eine Handlungsweise ernsthaft in Betracht gekommen wäre.

IBRRS 2025, 0384

OLG Dresden, Beschluss vom 16.01.2025 - 4 U 657/24
1. Auf die Notwendigkeit, Beweismittel zu benennen, ist eine anwaltlich vertretene Partei nur dann hinzuweisen, wenn sich aus ihrem Vorbringen ergibt, dass der unterbliebene Beweisantritt auf einer erkennbar falschen Beurteilung der Rechtslage beruht.*)
2. Besteht aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, ist es zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet.
3. Die informatorische Parteivernehmung kann auch dann zur Überzeugungsbildung ausreichen, wenn die Voraussetzungen des § 448 ZPO nicht vorliegen.

IBRRS 2025, 0358

OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.10.2024 - 26 Sch 7/24
§ 91 Satz 2 GWB ist weder unmittelbar noch analog auf Vollstreckbarerklärungs- und Aufhebungsverfahren gem. § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO anwendbar.*)

Online seit 11. Februar
IBRRS 2025, 0375
OLG Schleswig, Urteil vom 17.01.2025 - 1 U 37/24
1. Die Vorleistungspflicht des Werkunternehmers, die die Zahlung des Werklohns von der Abnahme abhängig macht, ist ein gesetzliches Leitbild.
2. Ein Abweichen von diesem Leitbild führt nur dann nicht zu einer Unwirksamkeit der Klausel, wenn die Leitbildabweichung sachlich gerechtfertigt ist und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt wird.
3. Ein Werkvertrag mit Dauerschuldcharakter (hier: Radiowerbevertrag) mit einer formularmäßig vereinbarten Vorleistungspflicht benachteiligt den Besteller unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.*)

IBRRS 2025, 0344

VK Bund, Beschluss vom 30.12.2024 - VK 2-99/24
1. Die Kalkulation ist weder unmöglich noch unzumutbar, wenn aus Abgabemengen aus dem vergangenen Referenzzeitraum belastbar auf zukünftige Abgabemengen geschlossen werden kann. Einer exakten Abgabemenge bedarf es nicht. Der öffentliche Auftraggeber muss aber die maximalen Abnahmemengen bekannt geben (EuGH, IBR 2021, 424).
2. Die Tatsache, dass der Bieter kein Angebot abgegeben hat, steht dem für die Antragsbefugnis erforderlichen Interesse am Auftrag nicht entgegen, wenn er geltend macht, dass aufgrund unsicherer Kalkulationsgrundlagen eine Angebotsabgabe nicht möglich gewesen sei. Allerdings ist das Interesse am Auftrag zu plausibilisieren, wenn hieran ernstliche Zweifel bestehen.

IBRRS 2025, 0153

OVG Niedersachsen, Urteil vom 05.09.2024 - 1 LC 31/23
1. Der Einwirkungsbereich eines Vorhabens mit Blick auf Geruchsemissionen ist anhand von Anhang 7 Nr. 3.3 TA Luft als das Gebiet zu bestimmen, in dem eine Geruchsstundenhäufigkeit von mehr als 2 % der Jahresstunden auftreten kann.*)
2. Gebiete ohne eine gegenüber Gerüchen schutzbedürftige Nutzung gehören nicht zum Einwirkungsbereich (Bestätigung der Senatsrechtssprechung, vgl. Urteil vom 30.06.2021 - 1 LC 120/17, NVwZ-RR 2022, 258; Beschluss vom 23.11.2021 - 1 LA 160/19, IBRRS 2021, 3768).*)
3. Die Prüfdichte zur Bestimmung des Einwirkungsbereichs entspricht derjenigen, die im Rahmen einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 7 UVPG zulässig und geboten ist. In diesem Rahmen hat die Genehmigungsbehörde auch vom Vorhabenträger vorgelegte Ausbreitungsberechnungen zu berücksichtigen, sofern diese hinreichend eindeutig "auf der sicheren Seite" liegen und keine Komplexität aufweisen, die eine überschlägige Beurteilung ihrer Validität ausschließt.*)
4. Mit Blick auf das Schutzgut Landschaft kann der Einwirkungsbereich eines Vorhabens, wirkt es nicht in eine unter Schutz gestellte Landschaft hinein, lediglich der Bereich sein, in dem es im Zusammenwirken mit anderen baulichen Anlagen die Verunstaltungsschwelle überschreiten könnte.*)

IBRRS 2025, 0366

VG Bremen, Beschluss vom 03.02.2025 - 5 V 2888/24
Die Zulässigkeit der Verfüllung einer Baugrube mit Betonabbruchmaterial ohne die Errichtung eines technischen Bauwerks beurteilt sich nach Bodenschutzrecht und nicht nach der Ersatzbaustoffverordnung oder der einschlägigen Wasserschutzgebietsverordnung.*)

IBRRS 2025, 0373

EuGH, Urteil vom 05.09.2024 - Rs. C-109/23
Art. 5n Abs. 2 b der VO (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31.07.2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, in der durch die VO (EU) 2022/1904 des Rates vom 06.10.2022 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass weder die Beurkundung eines Kaufvertrags über eine im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats belegene Immobilie, die einer in Russland niedergelassenen juristischen Person gehört, durch einen Notar dieses Mitgliedstaats, noch die Handlungen dieses Notars zum Vollzug eines solchen beurkundeten Vertrags, um die auf dieser Immobilie ruhenden Belastungen zu löschen, den Kaufpreis an den Verkäufer auszuzahlen und im Grundbuch das Eigentum umzuschreiben, noch die von einem Dolmetscher bei einer solchen Beurkundung erbrachten Übersetzungsleistungen zur Unterstützung des Vertreters dieser juristischen Person, der die im Beurkundungsverfahren verwendete Sprache nicht beherrscht, unter das in dieser Bestimmung vorgesehene Verbot, einer solchen juristischen Person Dienstleistungen im Bereich der Rechtsberatung zu erbringen, fallen.*)

IBRRS 2025, 0377

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.08.2024 - 14 W 32/24 (Wx)
1. Ein Grundstück, das angesichts seiner konkreten Lage keine (Teil-)Überschneidung mit einem hinsichtlich einer Grunddienstbarkeit ursprünglich herrschenden Grundstück aufweist, kann nicht infolge von Grundstücksveränderungen zum herrschenden Grundstück werden.*)
2. Ein "Wandern" des Ausübungsbereiches einer Grunddienstbarkeit auf Flächen, für die die Grunddienstbarkeit bei ihrer Bestellung nicht als Vorteil gedacht war, ist aus materiell-rechtlichen Gründen ausgeschlossen.*)

IBRRS 2025, 0381

AG Wernigerode, Beschluss vom 27.09.2024 - 12 K 11/24
1. Die Anordnung der Teilungsversteigerung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist mangels eines gesetzlichen Auseinandersetzungsanspruchs ausgeschlossen.*)
2. Die Auseinandersetzung der Mitglieder einer eingetragenen Genossenschaft findet im Rahmen des § 73 GenG und nicht in der Teilungsversteigerung statt.*)

IBRRS 2025, 0376

OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.09.2024 - Ws 649/24
1. Nur wenn die Herstellung der Kopien und Drucke zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache im Einzelfall geboten ist, ist der Ausdruck einer in digitalisierter Form - hier auf mehreren CD-Rom - gespeicherten Gerichtsakte erstattungsfähig. Hierbei trifft einen Rechtsanwalt, der die elektronische Akte ausdruckt, obwohl sie ihm in digitaler Form zur Verfügung steht, eine besondere Begründungs- und Darlegungslast, warum dies notwendig gewesen sein solle, wenn er die zusätzlichen Ausdrucke ersetzt verlangt.
2. Der Einwand des Rechtsanwalts, nicht über einen Laptop zu verfügen, greift nicht durch, weil die fehlende Ausstattung keinen tragfähigen Grund für den Ausdruck der Akte darstellt.

IBRRS 2025, 0345

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.12.2024 - 2 U 10/23
1. Wird eine Klage rechtskräftig durch Prozessurteil abgewiesen, weil der Kläger nach Auffassung des mit der Sache befassten Gerichts nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, dann entfaltet die Entscheidung insoweit Bindungswirkung, als sich die Frage der Postulationsfähigkeit in einem späteren Rechtsstreit als materielle Vorfrage erneut stellt.*)
2. Eine unter Verstoß gegen den Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingereichte Klage ist nicht geeignet ist, die Hemmungswirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB herbeizuführen.*)

Online seit 10. Februar
IBRRS 2025, 0313
OLG Frankfurt, Urteil vom 17.01.2022 - 29 U 30/21
1. Das Verhalten des Auftraggebers ist unter Berücksichtigung des Kooperationsgebots, wonach sich der Auftraggeber nicht hinter einem Schweigen verschanzen darf, sondern nach Treu und Glauben gehalten ist, sich zu erklären, auszulegen (hier: Freigabe der Ausführungspläne).
2. Einem rein passiven Verhalten ist grundsätzlich kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beizumessen. Schweigen im Rechtsverkehr bedeutet grundsätzlich Ablehnung.
3. Vom Schweigen abzugrenzen ist eine stillschweigende Erklärung, die vorliegen kann, wenn sich die Vertragspartner stillschweigend auf eine tatsächlich veränderte Situation einstellen, etwa durch das Ergebnis einer Abstimmung der Vertragsparteien oder deren Vertreter bei einem Baustellengespräch oder im Rahmen eines Schriftwechsels.
4. Die Auslegung des Verhaltens einer Partei hat sich am objektiven Empfängerhorizont zu orientieren, weshalb eine konkludente Anordnung oder sonstige rechtsgeschäftliche Erklärung auch dann in Betracht kommt, wenn dem Auftraggeber nicht bewusst ist, dass die vom Auftragnehmer vorgelegten Ausführungspläne von den ursprünglichen Plänen abweichen.

IBRRS 2025, 0343

VK Bund, Beschluss vom 28.01.2025 - VK 2-109/24
1. Öffentliche Auftraggeber sind grundsätzlich in der Bestimmung ihres Beschaffungsgegenstandes frei; dieser muss gleichwohl willkür- bzw. diskriminierungsfrei festgelegt worden sein und sich aus sachlichen und auftragsbezogenen Gründen rechtfertigen lassen.
2. Der öffentliche Auftraggeber kann Aufträge im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb vergeben, wenn zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten der Auftrag nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, weil aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist. Dieser eng auszulegende Ausnahmetatbestand verlangt, dass der öffentliche Auftraggeber anhand einer hinreichend dokumentierten Markterkundung nachweisen muss, dass zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe der Auftrag objektiv nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht werden kann.
3. Soll der Zuschlag ohne vorherige Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens direkt an ein Unternehmen vergeben werden, bedarf es eines objektiv feststellbaren wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers gerade an dem konkreten Auftrag.
4. Die Antragsbefugnis entfällt, wenn ein Unternehmen nicht mehr bereit ist, den ausgeschriebenen Auftrag mit dem vom Auftraggeber vorgesehenen Inhalt abzuschließen, und das auch hinreichend zu erkennen gibt; die bekundete Bereitschaft, den Auftrag nur mit einem davon abweichenden Inhalt annehmen zu wollen, führt daher grundsätzlich zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags.

IBRRS 2025, 0367

VGH Hessen, Urteil vom 28.11.2024 - 5 A 2511/20
1. Wird ein Gebäude nach planungsrechtlichen Vorschriften zulässigerweise grenzständig errichtet, kann sich die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auch auf nicht grenzständig errichtete Gebäudeteile (hier: eine Dachgaube) beziehen.*)
2. § 6 Abs. 6 Satz 3 HBO regelt dies mittlerweile ausdrücklich. Danach bleiben bei Gebäuden an der Grundstücksgrenze bei der Bemessung der Abstandsflächen die Seiten von Vorbauten und Dachaufbauten auch dann außer Betracht, wenn sie nicht an der Grundstücksgrenze errichtet werden.*)

IBRRS 2025, 0369

LG Dessau-Roßlau, Urteil vom 11.10.2024 - 2 O 493/23
1. Um den Anwendungsbereich der Minderung nicht ausufern zu lassen, ist erforderlich, dass sich der Mangel unmittelbar und nicht nur mittelbar auf die Gebrauchstauglichkeit der Mieträume auswirkt.
2. An einer Unmittelbarkeit fehlt es in der Regel, wenn Umfeldeinwirkungen den Zustand der Pachtsache selbst sowie deren vertragsgemäße Nutzung unberührt lassen und sich allein auf die Menge potentieller Kunden auswirken.
3. Der schwindende Umfang der Vermietung in einem Shopping-Center lässt die vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit unberührt und wirkt sich allein auf die Menge potentieller Kunden aus. Es liegt also allenfalls eine mittelbare Gebrauchsbeeinträchtigung vor.
4. Kann die Nutzung der Mallfläche jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden, so ist ein wichtiger Grund anzunehmen, wenn die Bestuhlung der Mall geändert wird und deshalb der Mieter die Fläche vor seinem Laden nicht mehr nutzen kann.

IBRRS 2025, 0370

AG Düsseldorf, Urteil vom 30.07.2024 - 290a C 55/23
1. Bei der Wiederwahl des amtierenden Verwalters ist die Einholung von Alternativangeboten anderer Verwaltungen in der Regel nicht erforderlich.
2. Eine Erhöhung der Verwaltervergütung im Rahmen eines Wiederbestellungsbeschlusses nach 5 Jahren um 20% (von 25 € netto auf 30 € netto) vor dem Hintergrund der allgemein bekannten Kostensteigerungen rechtfertigt nicht die Annahme, dass andere Verwaltungen ihre Leistungen spürbar kostengünstiger anbieten.
3. Im Rahmen ihres Ermessens sind die Wohnungseigentümer nicht gehalten, bei der Wiederwahl den kostengünstigsten Bewerber zu bestellen.
4. Ein Anspruch auf Abberufung begründet eine fehlende Zertifizierung nach Ablauf der Fiktion allein nicht.
5. Die bauliche Veränderung muss eine so starke Auswirkungen haben, dass sie der Wohnanlage ein neues Gepräge oder Gesicht gibt.
6. Eine grundlegende Umgestaltung ist bei erheblichen Änderungen im Außenbereich auch nur anzunehmen, wenn dessen Gepräge grundlegend umgestaltet wird, etwa wenn eine prägende Parkanlage zu einem Garagenpark umgebaut wird.

IBRRS 2025, 0351

BGH, Beschluss vom 14.01.2025 - VIII ZR 100/24
1. Der Beginn der Rügefrist kann vertraglich über den handelsrechtlich vorgesehenen Zeitpunkt der "Ablieferung" hinaus auf denjenigen der "Inbetriebnahme" verschoben werden.
2. Übergibt der Verkäufer dem Käufer nicht die vertraglich geschuldete Betriebsanleitung, beginnt die zwischen den Parteien vereinbarte Rügefrist nicht zu laufen. Eine vollständige Lieferung wird nicht dadurch entbehrlich, dass die Parteien eine Inbetriebnahme der gelieferten Kaufsache für den Beginn der Rügefrist als erforderlich erachtet haben.
3. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern ihres Vorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde.

IBRRS 2025, 0364

EuGH, Urteil vom 06.02.2025 - Rs. C-677/22
1. Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2011/7/EU (...) ist dahin auszulegen, dass die Wendung "im Vertrag wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart" einer Vertragsklausel entgegensteht, die eine vom Schuldner einseitig festgelegte Zahlungsfrist von mehr als 60 Kalendertagen vorgibt, es sei denn, es kann unter Berücksichtigung aller Vertragsunterlagen und Klauseln in diesem Vertrag festgestellt werden, dass die Vertragsparteien ihren übereinstimmenden Willen zum Ausdruck gebracht haben, gerade durch die betreffende Klausel gebunden zu sein.*)
2. Das Erfordernis einer ausdrücklichen Vereinbarung bedeutet, dass unter Berücksichtigung aller Vertragsunterlagen und der darin enthaltenen Klauseln nachgewiesen werden kann, dass die Vertragsparteien ihren übereinstimmenden Willen zum Ausdruck gebracht haben, gerade durch die Klausel, die eine von der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist von 60 Kalendertagen abweichende Zahlungshöchstfrist festlegt, gebunden zu sein.
3. Diesem Erfordernis kann auch im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags Genüge getan werden, wenn eine dieser Parteien die betreffende Klausel in den Vertragsunterlagen hervorgehoben hat, um sie klar von den anderen Klauseln des Vertrags zu unterscheiden und damit ihren Ausnahmecharakter zum Ausdruck zu bringen und um es der anderen Partei somit zu ermöglichen, ihr in voller Kenntnis der Sachlage zuzustimmen.

IBRRS 2025, 0365

BFH, Beschluss vom 22.01.2025 - IX B 71/24
Es ist höchstrichterlich geklärt, dass eine Fristversäumnis auch dann als unverschuldet anzusehen ist, wenn der Kläger zunächst einen von ihm zu vertretenden Fehler begangen hat, dann aber ein zusätzlicher Fehler des Gerichts hinzugekommen ist, auf dem letztlich die Fristversäumnis beruht.*)

IBRRS 2025, 0215

OLG Koblenz, Beschluss vom 15.01.2025 - 3 W 3/25
§ 380 ZPO ist dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen ordnungsgemäß geladenen und im Termin nicht erschienenen Zeugen dann nicht in Betracht kommt, wenn das Ausbleiben des Zeugen sowohl für die Parteien als auch das Gericht keine nachteilige Wirkung hatte und sich die Vernehmung des Zeugen erübrigt (hier: Beweis nicht erbracht, so dass die Vernehmung der gegenbeweislich benannten Zeugin entbehrlich ist; vgl. auch Senat, Beschluss vom 02.09.2024 - 3 W 322/24, IBRRS 2025, 0225 = IMRRS 2025, 0104, für den Fall der Beendigung des Verfahrens durch den Abschluss eines Vergleichs).*)
