Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit gestern
IBRRS 2025, 0994
OLG Hamm, Urteil vom 21.12.2023 - 17 U 84/19
1. Die Planung des Architekten ist mangelhaft, wenn sie im Hinblick auf eine in Ortbeton zu erstellende weiße Wanne wegen fehlender Angaben zur Rissbreitenbegrenzung unvollständig ist. Ob sich die fehlenden Angaben zur Rissbreitenbegrenzung wegen einer tatsächlich erfolgten Verwendung von Fertigelementen nicht ausgewirkt haben, ändert hieran nichts.
2. Die sog. Sekundärhaftung des Architekten kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Architekt (auch) mit der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) nach dem einschlägigen Leistungsbild der HOAI beauftragt worden ist.

IBRRS 2025, 1042

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.09.2024 - 10 D 183/22
1. Für die Annahme eines Siedlungsbereichs, innerhalb dessen eine Maßnahme der Innenentwicklung i.S.v. § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB nur zulässig ist, reicht eine lockere Zusammengehörigkeit aus; auf das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs kommt es nicht an.*)
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine einheitliche Freifläche innerhalb der Ortslage dem Siedlungsbereich zuordnen ist, ist auf die gesamte tatsächlich vorhandene Freifläche abzustellen und nicht nur auf deren von dem Bebauungsplan umfassten Teil.*)

IBRRS 2025, 1018

AG München, Urteil vom 27.02.2025 - 191 C 19243/24
1. Blockiert ein Autofahrer durch unzulässiges Parken einen anderen PKW auf dessen Parkfläche nicht nur kurzzeitig, liegt eine Eigentumsverletzung am zugeparkten PKW vor, da dessen Halter diesen in diesem Zeitraum nicht bestimmungsgemäß benutzen konnte. Zudem liegt darin eine Besitzstörung an der Parkfläche/Stellplatz.
2. Der blockierte Halter darf den PKW abschleppen lassen und die aufgewandten Abschleppkosten ersetzt verlangen.
3. Der Halter ist auch nicht gehalten, über einen Anruf bei der Polizei die Identität der Fahrers zu erforschen und diesen zu einem Wegfahren zu bewegen. Zumal ein solcher Anruf nicht erfolgsversprechend ist.

IBRRS 2025, 1130

BGH, Beschluss vom 06.03.2025 - I ZR 61/24
1. Für die Einordnung als Einfamilienhaus - und damit für die Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes - ist der für den Makler erkennbare Erwerbszweck maßgeblich.
2. Um ein Einfamilienhaus handelt es sich, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient.

IBRRS 2025, 1072

OLG Celle, Beschluss vom 07.11.2023 - 4 U 75/23
1. Der Auftragnehmer kann im Wege der sog. verlängerten Vollstreckungsgegenklage materiell-rechtliche Einwendungen gegen einen titulierten Anspruch des Auftraggebers auf Mängelbeseitigung geltend machen.
2. Eine Ermächtigung zur Durchführung der Mängelbeseitigung im Wege der Ersatzvornahme nach § 887 Abs. 1 ZPO führt lediglich dazu, dass der Auftragnehmer sich im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage nicht auf Erfüllung einer Mängelbeseitigungspflicht berufen kann. Andere materiell-rechtliche Einwendungen (hier: Annahmeverzug) können dagegen geltend gemacht werden.
3. Annahmeverzug setzt voraus, dass der Auftragnehmer die geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Art und Weise anbietet. Daran fehlt es, wenn der Auftragnehmer die geschuldete Mängelbeseitigung (nur) "nach den anerkannten Regeln der Technik" anbietet, obwohl er nach einem geschlossenen Vergleich dazu verpflichtet ist, bei der Mängelbeseitigung (auch) die Feststellungen und Vorgaben eines Sachverständigen zu beachten.

IBRRS 2025, 1125

OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.04.2025 - 17 W 19/24
Die Einlassung der Partei zur Sache und/oder die Antragstellung in der Verhandlung hindern gemäß § 43 ZPO oder § 295 ZPO grundsätzlich nicht die Anbringung eines Befangenheitsgesuchs gegen den Sachverständigen.*)

IBRRS 2025, 1108

BayObLG, Beschluss vom 01.04.2025 - 102 Sch 1/25
Enthält der Schiedsspruch des vor der Unterschrift einen Zusatz mit Datum und Ort, handelt es sich dabei nur um die Angabe der Anschrift des Schiedsrichters, der vom (vereinbarten) Ort des Schiedsverfahrens abweichen kann.

Online seit 24. April
IBRRS 2025, 1023
OLG Naumburg, Urteil vom 27.02.2024 - 1 U 6/14 (Hs)
1. Der Hauptauftragnehmer ist auch dann AGB-Verwender, wenn er ohne eigene Mehrfachverwendungsabsicht die vom Hauptauftraggeber mit Mehrfachverwendungsabsicht gestellten Vertragsbedingungen an seinen Nachunternehmer "durchstellt".
2. Weist die Leistung des Auftragnehmers nicht die vereinbarte Betonfestigkeitsklasse auf, ist sie mangelhaft. Bei der Auslegung, welche Betonfestigkeitsklasse vereinbart ist, kommt es auf die objektive Sicht eines mit dem Leistungsverzeichnis konfrontierten (hier: Tiefbau-)Unternehmers an.
3. Die Nachfrist zur Mängelbeseitigung kann in der Regel wesentlich kürzer sein als die vertragliche Herstellungsfrist. Angemessen ist die Frist bereits dann, wenn während ihrer Dauer die Mängel unter größter Anstrengung des Auftragnehmers beseitigt werden können.
4. Ein Recht des Auftraggebers zur Kündigung aus wichtigem Grund kann bestehen, wenn durch die Mangelhaftigkeit der Leistung das Vertrauen des Auftraggeber in die Zuverlässigkeit und die fachliche Eignung des Auftragnehmers zerstört wird und die Art der Mängel befürchten lässt, dass die Leistung insgesamt nicht mangelfrei erbracht werden kann (hier bejaht).

IBRRS 2025, 1043

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2025 - 7 A 501/24
1. Der Gebietsgewährleistungsanspruch begründet regelmäßig kein Abwehrrecht gegen Mehrfamilienhäuser in einem bisher durch Einfamilienhausbebauung geprägten Gebiet.
2. Grundstückseigentümer haben es in bebauten innerstädtischen Wohngebieten grundsätzlich hinzunehmen, dass Grundstücke innerhalb des Rahmens baulich genutzt werden, den das Bauplanungsrecht und das Bauordnungsrecht vorgeben, und dass es dadurch auch zu Einsichtnahmemöglichkeiten kommt, die in bebauten Gebieten üblich sind. Vielmehr entspricht es in bebauten Gebieten dem Regelfall, dass aus den Fenstern - und auch von den Balkonen - eines Wohnhauses Blicke auf Nachbargrundstücke geworfen werden können.

IBRRS 2025, 1087

LG Berlin II, Urteil vom 05.03.2025 - 64 S 199/24
Der Vermieterin ist es i.S.d. § 275 BGB unmöglich, der Mieterin Besitz an der Wohnung zu verschaffen, wenn sie das Mietgebäude an einen Dritten verpachtet hat und dieser selbst gegen höhere Mietzahlungen nicht bereit ist, die Mieterin in die Wohnung aufzunehmen. Die Mieterin hat in diesem Fall gem. §§ 275 Abs. 4, 285 Abs. 1 BGB Anspruch auf Herausgabe des stellvertretenden Commodums, nämlich des anteilig auf den der Mieterin versprochenen Mietgebrauch an der Wohnung entfallenden Pachtertrags; sie kann deswegen nach § 242 BGB Auskunft über die auf die Wohnung entfallenden Pachteinnahmen verlangen. Der Anspruch auf Herausgabe des stellvertretenden Commodums ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil es an der Identität zwischen dem der Mieterin geschuldeten Mietgebrauch und den Gebrauchsrechten der Pächterin fehle; denn soweit der versprochene Mietnutzen geht, stimmt er mit dem Pachtnutzen überein, auch wenn der Pächterin noch weitergehende Nutzungsrechte zustehen.*)

IBRRS 2025, 0854

LG Meiningen, Urteil vom 15.01.2025 - 4 S 72/24
1. Bei einem auf rasche Zimmerwechsel ausgerichteten, mit Tagespreisen aufwartenden, Übernachtungsverträge typischerweise ohne Ansehung der Person abschließenden Pensionsbetrieb, ohne dass dieses Angebot in ein bestimmtes Konzept bzw. ein erweitertes Angebot - z.B. als Tagungs-, Wellness- oder Familienhotel - eingebettet wird, ist von einem "Massengeschäft" i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG auszugehen.
2. Zur Bemessung eines an der Genugtuungs-, aber auch an der Abschreckungsfunktion von Ansprüchen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz orientierten Entschädigungsanspruchs (hier 1.200 Euro), wenn ein Pensionsgast trotz bestätigter Buchung wegen seiner Blindheit abgewiesen und zwecks Beherbergung an die Zimmervermittlung der städtischen Tourist-Information verwiesen wird, weil ihm, wiewohl in Begleitung einer sehenden Person erscheinend, das sichere Erreichen des im Dachgeschoss gelegenen Zimmers über die allein vorhandene Treppenanlage sowie das Bewältigen einer Schwelle im Zimmer - in (vorgeblicher) Fürsorge des Persionsbetreibers, um der ihm nach den Verhältnissen des Einzelfalls obliegenden Verkehrssicherungspflicht zu entsprechen - nicht zugetraut wurde.
3. Ein Verschulden des Benachteiligenden ist keine Voraussetzung des Anspruchs auf immateriellen Schadensersatz.

IBRRS 2025, 1102

OLG Oldenburg, Urteil vom 16.04.2025 - 5 U 74/24
1. Die Verjährungshemmung infolge Anrufung der Schlichtungsstelle endet im Falle fehlenden Einverständnisses der Gegenseite mit Ablauf des Tages, an dem die Schlichtungsstelle veranlasst, dass das fehlende Einverständnis dem Antragsteller bekannt gegeben wird.*)
2. Dieser Zeitpunkt wird regelmäßig durch das Datum des Schreibens der Schlichtungsstelle gekennzeichnet, in welchem diese dem Antragsteller diesen Umstand mitteilt. Es kommt demgegenüber im Regelfall für das Ende der Hemmung nicht darauf an, wann das Schreiben tatsächlich bei der Schlichtungsstelle in den Postausgang gelangt oder wann es zur Post gelangt ist.*)

IBRRS 2025, 1115

BGH, Beschluss vom 27.03.2025 - V ZB 27/24
Ein Rechtsanwalt, der in einem Teilungsversteigerungsverfahren in eigener Sache tätig wird, ohne als Rechtsanwalt aufzutreten, ist jedenfalls dann zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht verpflichtet, wenn er Rechtsmittel (hier: Beschwerde gegen die Verkehrswertfestsetzung) einlegt.*)

IBRRS 2025, 1107

KG, Beschluss vom 28.03.2025 - 2 W 9/25
1. Die einseitig gebliebene Erklärung des Gläubigers, dass sein Antrag nach § 888 ZPO in der Hauptsache erledigt sei, ermöglicht es, die Erledigung des Zwangsmittelantrags festzustellen und dem Schuldner die Kosten aufzuerlegen.*)
2. Die Erledigungserklärung kann auch mit einer zulässigen sofortigen Beschwerde des Gläubigers gegen die Zurückweisung des Zwangsmittelantrags eingeführt werden. Selbst wenn die Beschwerde Erfolg hat, hat der Gläubiger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, so die Erledigungserklärung bei gewissenhafter Prozessführung bereits im ersten Rechtszug hätte abgegeben werden können.*)

Online seit 23. April
IBRRS 2025, 1024
OLG Naumburg, Urteil vom 17.01.2024 - 5 U 86/23
1. Ein Treppengerüst, das mangels Vorliegens einer Baugenehmigung im Zeitpunkt der Abnahme nicht als zweiter Rettungswegs nutzbar ist, ist mangelhaft.
2. Der Auftragnehmer ist für einen (Genehmigungs-)Mangel nicht einstandspflichtig, wenn der Auftraggeber das Genehmigungsrisiko trägt (hier bejaht).
3. Der Auftragnehmer kann grundsätzlich davon ausgehen, dass der selbst fachkundige bzw. fachkundig vertretene Auftraggeber im Rahmen seiner planerischen Verantwortlichkeit die maßgebenden Genehmigungserfordernisse kennt und beachtet, sodass den Auftragnehmer keine Prüf- und Hinweispflicht trifft.
4. Reicht der Auftragnehmer notwendige, genehmigungsrelevante statische Berechnungen nicht nach, verletzt er seine bauvertragliche Kooperationspflicht mit der Folge, dass ein Vergütungsanspruch ausgeschlossen ist.

IBRRS 2025, 1032

VK Sachsen, Beschluss vom 09.09.2024 - 1/SVK/022-24G
1. Ein zugunsten der Vorabgestattung des Zuschlags streitender Abwägungsaspekt stellt die Verhinderung von Versorgungslücken im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge dar.*)
2. Insbesondere eine Interimsvergabe durch den Auftraggeber kann geeignet sein, eine vorübergehende Versorgungslücke unter weitgehender Schonung des Interesses an effektivem Primärrechtsschutz zu schließen, weil befristete Interimsvergaben in der Regel dem Zweck dienen, eine Lücke zu schließen, die durch ein Zuschlagsverbot infolge eines Nachprüfungsverfahrens entsteht.*)
3. Im Rahmen von Interimsvergabeverfahren betreffend Dienstleistungen der Daseinsvorsorge ist die Frage der Verursachung der Dringlichkeit nicht allein entscheidungserheblich. Die Dringlichkeit kann für eine gewisse Zeit - interimsweise -auch dann generell gegeben sein, wenn sie auf von dem Auftraggeber zu vertretenden Umständen beruht. Die zeitlich beschränkte Interimsvergabe ist somit selbst dann grundsätzlich zulässig, wenn die Gründe für die Dringlichkeitssituation in der Sphäre des Auftraggebers liegen. Der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit der Dringlichkeit tritt in diesen Fällen meist hinter die Notwendigkeit der Kontinuität der Versorgungsleistung zurück.*)

IBRRS 2025, 1041

VG München, Beschluss vom 25.03.2025 - 1 S 25.446
1. In Anbetracht der Dringlichkeit der Unterbringung von Flüchtlingen sind an die vorzunehmende Subsidiaritätsprüfung keine übersteigerten Anforderungen zu stellen. Der Bedarfsdeckung kommt ein höheres Gewicht zu als einer erschöpfenden Subsidiaritätsprüfung.
2. Bei einer befristeten Baugenehmigung (hier: für den Neubau einer Containeranlage zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden) ist für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung abzustellen und nicht etwa auf den Baubeginn oder die Nutzungsaufnahme.
3. Beschränkt sich die Bescheidsbegründung im Wesentlichen auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts, kann sich aus dem Gesamtzusammenhang gleichwohl ergeben, dass ein (geringer) Ermessensspielraum ausgenutzt und eine ausreichende Ermessensentscheidung getroffen wurde.
4. Die Erschließung eines Vorhabengrundstücks ist auch dann gesichert, wenn Abwasserleitungen widerrechtlich über ein fremdes Grundstück führen.

IBRRS 2025, 0296

AG Bottrop, Urteil vom 28.11.2024 - 8 C 126/24
1. Der Vermieter kann einen Mieter, der auf nicht mit vermieteten Flächen sein Auto abstellt, nicht ohne Weiteres abschleppen lassen.
2. Vielmehr hätte es dem Vermieter im Rahmen seiner mietvertraglichen Rücksichtnahmepflicht oblegen, den Mieter zunächst hinsichtlich der vertragswidrigen Nutzung der Fläche abzumahnen bzw. zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufzufordern oder gerichtlichen Unterlassungsansprüche geltend zu machen.

IBRRS 2025, 1086

BAG, Urteil vom 06.03.2025 - 2 AZR 115/24
Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht eines Verwalters einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern für Rechtsgeschäfte gegenüber einem Wohnungseigentümer ist nach § 9b Abs. 1 Satz 3 WEG unwirksam, soweit dieser der Gemeinschaft wie ein Außenstehender gegenübertritt.*)

IBRRS 2025, 1103

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.04.2025 - 2 Sa 8/25
1. Ein auf einen vorübergehenden „Computer-Defekt”, „Computer-Absturz”, „Totalabsturz“ der Kanzlei-EDV oder „Internetausfall“ gestützter Wiedereinsetzungsantrag verlangt zwingend nähere Darlegungen zur Art des Defekts und seiner Behebung, um die Möglichkeit auszuschließen, dass die Fristversäumnis von der Partei beziehungsweise ihren Prozessbevollmächtigten verschuldet war.*)
2. Ein Rechtsanwalt muss bei Ausfall "nur" seiner Kanzleisoftware zunächst auf die beA-Webanwendung zurückgreifen und eine Übermittlung als elektronisches Dokument hierüber versuchen (offengelassen, ob auch die beA-App auf dem mobilen Endgerät des Rechtsanwalts vorrangig zu nutzen ist).*)
3. Scheitert die Übermittlung als elektronisches Dokument, muss des Weiteren grundsätzlich der Versuch einer Ersatzeinreichung nach § 46g Satz 3 ArbGG unternommen werden. Die (fristwahrende) Ersatzeinreichung geht dem Wiedereinsetzungsantrag (bei Fristversäumung) vor. Die Versäumung einer Notfrist erfolgt in aller Regel schuldhaft, wenn von zumutbaren Möglichkeiten einer Ersatzeinreichung kein Gebrauch gemacht wird.*)
4. Eine nach § 46c Abs. 3 Satz 3 ArbGG übermittelte eidesstattliche Versicherung eines Dritten muss (vom Prozessbevollmächtigten) qualifiziert signiert bzw. (vom Prozessbevollmächtigten) einfach signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.*)
5. Die vorübergehende technische Unmöglichkeit als Voraussetzung einer wirksamen Ersatzeinreichung muss nicht im Moment des Fristablaufs vorliegen. Bei wirksamer Ersatzeinreichung sind weitere Versuche einer Übermittlung als elektronisches Dokument bis zum Fristablauf obsolet.*)
6. Erfolgt jedoch keine Ersatzeinreichung und wird die Frist versäumt, bestehen nach der im Rahmen eines Wiedereinsetzungsantrags weiterhin anwendbaren höchstrichterlichen Rechtsprechung zum „vorschnellen Aufgeben“ von Übermittlungsversuchen erhöhte Sorgfaltspflichten, wenn die Frist bis zum letzten Tag ausgeschöpft wird.*)

IBRRS 2025, 1100

BGH, Beschluss vom 18.02.2025 - XI ZB 24/24
1. Enthält ein Ablehnungsgesuch lediglich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist es offensichtlich unzulässig.
2. Eindeutig unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch auch, wenn es sich gegen den gesamten Spruchkörper eines Gerichts richtet.
3. Bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen sind die abgelehnten Richter an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert. In diesen Fällen entscheidet das Gericht unter Mitwirkung der abgelehnten Richter und ohne Einholung einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter.

Online seit 22. April
IBRRS 2025, 0869
LG Stuttgart, Urteil vom 19.02.2025 - 52 O 90/21
1. Der Vertrag geht insgesamt in ein Abrechnungsverhältnis über und nicht nur bezüglich des Mangels, dessentwegen das Abrechnungsverhältnis begründet wurde.
2. Ansprüche nach § 637 Abs. 1, 3 BGB auf Kostenvorschuss zur Beseitigung weiterer (zunächst unentdeckter) Mängel können vor Abnahme des Werks jedenfalls dann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn der Auftraggeber nach Ablauf der Mangelbeseitigungsfrist für die zunächst gerügten Mängel ausdrücklich das gesamte Vertragsverhältnis gekündigt und ausdrücklich erklärt hat, unter keinen Umständen mehr mit dem Auftragnehmer zusammen arbeiten zu wollen.*)

IBRRS 2025, 0963

OLG Koblenz, Beschluss vom 02.10.2024 - 3 U 350/24
Die Geltendmachung der HOAI-Mindestsätze ist nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit einer (Pauschalpreis-)Vereinbarung vertraut und vertrauen durfte und er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann (hier bejaht).

IBRRS 2025, 1068

VK Saarland, Beschluss vom 18.11.2024 - 3 VK 03/2024
1. Eine Änderung der Vergabeunterlagen ist dann anzunehmen, wenn der Bieter etwas Anderes anbietet, als der Auftraggeber im Rahmen seines Leistungsbestimmungsrechts verlangt und das Angebot dem vom Auftraggeber nachgefragten Gegenstand nicht entspricht.*)
2. Schreibt ein Auftraggeber eine Stahl-Modulbauweise aus, stellt ein angebotenes Bausystem aus Stahlbetonfertigteilen aufgrund des Verbunds der Werkstoffe von Beton und Stahl auch bei einer integrierten Stahlkonstruktion keine Stahl-Modulbauweise dar, sondern ist als ein Aliud zu klassifizieren.*)

IBRRS 2025, 1040

VG München, Beschluss vom 26.03.2025 - 8 SN 25.1296
1. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt.
2. Festsetzungen zu den überbaubaren Grundstücksflächen vermitteln in der Regel keinen Drittschutz. Etwas anderes kann bei einem entsprechenden Willen des Plangebers gelten.
3. Eine erdrückende, das Rücksichtnahmegebot verletzende Wirkung scheidet regelmäßig aus, wenn der geplante Baukörper nicht erheblich höher ist als der des klagenden Nachbarn.
4. Bei Abweichungen von drittschützenden Vorschriften kann der Nachbar die objektive Rechtswidrigkeit einer erteilten Abweichung rügen.

IBRRS 2025, 1076

AG Bernau, Urteil vom 04.04.2025 - 10 C 513/24
Der Mieter ist berechtigt, eine nicht funktionierende Toilettenspülung auch bei fehlendem Verzug des Vermieters in Eigenregie reparieren zu lassen.

IBRRS 2025, 0945

LG München I, Urteil vom 03.03.2025 - 22 O 11152/24
1. Ist für die Fälligkeit der Kaufpreisforderung vereinbart, dass dem Käufer die Mitteilung des Notars über die Kaufpreisfälligkeit zugegangen ist oder der Käufer hiervon auf andere Weise erfährt, so hat der Verkäufer den Zugang der Mitteilung zu beweisen.
2. Aus der Absendung eines Briefes ergibt sich kein Beweis des Zugangs. Bei gewöhnlichen Briefen rechtfertigt die Absendung allein nicht den Anscheinsbeweis für den Zugang.
3. Auch der Nachweis des Versands einer E-Mail lässt nicht den Schluss und damit den Beweis des Zugangs der E-Mail beim Empfänger zu.

IBRRS 2025, 1066

OLG Dresden, Beschluss vom 06.02.2025 - 12 W 70/25
Die Teilnahme eines Rechtsanwalts an der mündlichen Verhandlung löst das Entstehen einer Terminsgebühr auch dann aus, wenn die Klage gegen den vertretenen Beklagten schon vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden ist, aber der aufrufende Richter hiervon (noch) keine Kenntnis hatte. Die Gebühr ist aber vom zurücknehmenden Gegner nicht zu erstatten, wenn der an der Verhandlung teilnehmende Prozessbevollmächtigte des Beklagen seinerseits schon früher Kenntnis von der Zurücknahme hatte und seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung aus Sicht einer verständigen und wirtschaftlichen vernünftig denkenden Partei nicht notwendig war.*)

IBRRS 2025, 1101

AGH Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.03.2025 - 2 AGH 03/23
1. Die Bezeichnung einer Mandantin, die sich über unzureichende Information über die Bearbeitung des Mandats bei der Rechtsanwaltskammer beschwert hat, als "dreckige Lügnerin" stellt als Schmähkritik einen Verstoß des Rechtsanwalts gegen das Sachlichkeitsgebot dar.*)
2. Die Schwelle zur sanktionswürdigen Pflichtverletzung ist überschritten, wenn eine Herabsetzung nach Inhalt und Form als strafbare Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) zu beurteilen ist oder die rechtliche Auseinandersetzung durch neben der Sache liegende Herabsetzung belastet wird, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlass gegeben haben.*)
3. Die Berufung des vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer gem. § 56 Abs. 1 BRAO zur Auskunft oder zur Vorlage seiner Handakten aufgeforderten Rechtsanwalts auf sein Auskunfts- oder Vorlageverweigerungsrecht erfordert – insbesondere bei nachträglicher Geltendmachung nach bereits umfangreich getätigten Aussagen in dem Verfahren – eine zumindest ansatzweise Substantiierung, auf welches der unterschiedlichen Verweigerungsrechte die Auskunfts- oder Vorlageverweigerung gegründet werden soll, da es möglich sein muss, zu prüfen, ob der Grund für die Auskunftsverweigerung besteht bzw. möglicherweise beseitigt werden kann.*)

IBRRS 2025, 1088

BGH, Beschluss vom 26.03.2025 - III ZB 1/25
1. Bei der Ablehnung eines Richters müssen ernsthafte Umstände angeführt werden, die die Befangenheit des einzelnen Richters rechtfertigen.
2. Wenn das Gericht eine andere Rechtsauffassung einnimmt als vom Antragsteller gewünscht, stellt dies keine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar.

IBRRS 2025, 0887

BayObLG, Beschluss vom 19.03.2025 - 101 AR 15/25
1. Wenn bei der Bestellung eines unentgeltlichen Wohnungsrechts schuldrechtlich vereinbart wird, dass der Berechtigte Betriebskosten anteilig zu tragen hat, so handelt es sich nicht um ein Mietverhältnis, §29a ZPO ist mithin nicht anwendbar.
2. Nach § 28 ZPO können im Gerichtsstand der Erbschaft, das heißt dort, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand hatte, Nachlassverbindlichkeiten gegen die Erben eingeklagt werden, solange diese noch als Gesamtschuldner haften.

Online seit 17. April
IBRRS 2025, 1048
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2025 - 5 U 147/23
1. Die Regelung in einem Bauträgervertrag, wonach "das Kaufobjekt [...] binnen 12 Monaten nach Baubeginn fertig zu stellen und dem Käufer vertragsgemäß zu übergeben" ist, stellt keine Fälligkeitsbestimmung dar, auf deren Grundlage ein Verzug ohne Mahnung herbeigeführt werden könnte.
2. Ein Vorschussanspruch ist grundsätzlich nicht durch einen zurückbehaltenen Werklohn ausgeschlossen (entgegen KG, IBR 2024, 513; OLG Oldenburg, IBR 2024, 512). Etwas anderes kann dann gelten, wenn Umstände festzustellen sind, aufgrund derer in der Geltendmachung des Vorschussanspruchs ein Verstoß gegen Treu und Glauben läge, insbesondere, weil von einer Absicht, den Vorschuss zur Mängelbeseitigung zu verwenden, nicht auszugehen ist.

IBRRS 2025, 1053

VK Nordbayern, Beschluss vom 03.02.2025 - RMF-SG21-3194-9-37
1. Wenn sich der öffentliche Auftraggeber eines aus dem Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt, muss er seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind.
2. Sowohl im Hinblick auf eine Vergleichbarkeit der Angebote als auch eine Zumutbarkeit der Angebotskalkulation ist es vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn der öffentliche Auftraggeber sich bestimmte HOAI-Honorarparameter (z. B. Honorarzone, getrennte Honorarberechnung wegen Vorliegens mehrerer Objekte oder zeitlicher Trennung der Ausführung) frei anbieten lässt. Das gilt auch dann, wenn damit eine Abweichung von den objektiven Honorarparametern der HOAI verbunden ist.

IBRRS 2025, 0897

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.03.2025 - 10 S 37/24
Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist bei zu Wohnzwecken dienenden Bauvorhaben, die lediglich deutlich größer ausfallen und mehr Bewohnern dienen als ein Einfamilienhaus auf dem Nachbargrundstück, im Regelfall weder wegen einer vermeintlich erdrückenden Wirkung noch wegen vermeintlich unzumutbarer Einsichtsmöglichkeiten verletzt, wenn das Vorhaben die bauordnungsrechtlich vorgeschriebene Abstandsflächentiefe wahrt oder sogar das Vorhaben einen größeren Abstand von der Grundstücksgrenze einhält.

IBRRS 2025, 0752

AG Würzburg, Urteil vom 17.10.2024 - 30 C 771/24 WEG
1. Verfügungen über Grundstücksteile (also Kauf oder Verkauf durch den Verband) werden als Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung dann in Betracht gezogen, wenn sie der gemeinschaftlichen Nutzung dienen.
2. Sofern die Eigentümer eine Maßnahme wünschen, die die Gebrauchsmöglichkeit der gemeinschaftlichen Immobilie bzw. des Sondereigentums verbessert (z.B. Einrichtung eines Fahrradabstell- oder Müllstandplatzes), dienst sie der gemeinschaftlichen Nutzung und begründet somit die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft.
3. Beschließt die Gemeinschaft, eine Gewerbeeinheit mit einem feuchten Kellergewölbe, dessen Trockenlegung mit einen Kostenaufwand von ca. 300.000 Euro verbunden wäre, zu einen symbolischen Preis von 1 Euro zu erwerben, damit der Gemeinschaft die Entscheidung über die Trockenlegung des Kellers selbst obliegt und somit die Kosten für die Sanierung des Kellers nicht aufgebracht werden müssen (der feuchte Keller ist für die Gebäudesubstanz hier ohne Bedeutung), zielt dieser Beschluss auf die Verbesserung der Position der Wohnungseigentümergemeinschaft ab und entspricht daher ordnungsmäßiger Verwaltung.
4. Dies gilt erst recht, wenn die zu erwerbende Teileigentumseinheit den einzigen Zugang zum Hinterhof hat, in dem sich auch die Garagengebäude und der Heizraum befinden.
5. Ein für die Zulässigkeit der Klage auf Protokollberichtigung erforderliches Rechtsschutzbedürfnis ist nur dann gegeben, wenn sich die Rechtsposition des Klägers durch die begehrte Änderung verbessern oder zumindest rechtlich erheblich verändern würde.

IBRRS 2025, 1063

OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.01.2025 - 3 U 114/24
Verbindet die Rechtssprache mit einem in Allgemeinen Versicherungsbedingungen verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff, ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen nichts anderes darunter verstehen.*)

IBRRS 2025, 1069

BGH, Beschluss vom 25.02.2025 - VI ZB 19/24
Für die Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument nach § 130d Satz 2, 3 ZPO bedarf es zunächst einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die dargelegten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Einreichers liegenden Gründen beruht. Darzulegen ist die technische Unmöglichkeit einschließlich ihrer vorübergehenden Natur, wobei eine laienverständliche Darstellung des Defektes und der zu seiner Behebung getroffenen Maßnahmen genügt, aufgrund derer es möglich ist festzustellen, dass Bedienungsfehler unwahrscheinlich sind.*)

IBRRS 2025, 1062

OLG Frankfurt, Urteil vom 18.03.2025 - 11 U 33/24
1. Lässt sich die Reichweite der Rechtskraft eines Feststellungstenors nur durch Auslegung unter Berücksichtigung von Tatbestand und Entscheidungsgründen ermitteln, sind auch im Tatbestand i.S.d. § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO enthaltene Verweise auf konkret benannte Anlagen mitzuberücksichtigen.*)
2. Grundlage der Auslegung ist der dem Gericht bei der Abfassung der Entscheidung bekannte Sachverhalt. Lassen spätere, bei der Entscheidungsfindung nicht in den Prozess eingeführte Erkenntnisse die Entscheidung im Nachherein als nicht mit einer EU-Verordnung konform erscheinen (hier: Art. 8 Abs. 1, 3 Rom II-VO), führt der Grundsatz des „effet utile“ nicht zu einer einschränkenden Auslegung der Rechtskraft des Tenors. Das Unionsrecht gebietet es vielmehr einem nationalen Gericht nicht, von der Anwendung innerstaatlicher Vorschriften, aufgrund deren eine Gerichtsentscheidung Rechtskraft erlangt, abzusehen, selbst wenn dadurch einer mit dem Unionsrecht unvereinbaren nationalen Situation abgeholfen werden könnte (EuGH, Urteil vom 9.4.2024 - C-582/21).*)

IBRRS 2024, 3454

LG Lübeck, Urteil vom 17.10.2024 - 5 O 125/23
1. Der Versorger muss den Anfangs- und Endstand des Zählers nachweisen.
2. Kommt der Versorger eine Aufforderung zur Einzahlung eines Kostenvorschusses für die Zeugenvernehmung nicht nach, wird kein Beweis erhoben und der Versorger bleibt den Beweis schuldig.

Online seit 16. April
IBRRS 2025, 1007
OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2024 - 22 U 40/24
1. Es ist möglich, dass DIN-Normen die anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Ob darüber hinaus in allen Fällen eine Vermutung dafür anzuerkennen ist, dass DIN-Normen den Regeln der Technik entsprechen, ist zweifelhaft.
2. Das Gericht darf sich bei der Prüfung, welche Ausführung den anerkannten Regeln der Technik entspricht, nicht auf die persönliche Auffassung eines Sachverständigen stützen. Es muss den Sachverständigen anleiten, aussagekräftige Erkenntnisquellen zu nutzen, um die Frage, welche Ausführung den anerkannten Regeln der Technik entspricht, zu beantworten.

IBRRS 2025, 1015

LG Darmstadt, Urteil vom 21.02.2025 - 19 O 325/20
Soweit sich der Bauherr auf Ansprüche aus Mängeln bezieht, beginnt die absolute Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3, 4 BGB mit der Abnahme zu laufen, ohne dass es darauf ankäme, ob der Bauträger nach der Abnahme über das Vorliegen von Mängeln getäuscht hat.*)

IBRRS 2025, 1052

VK Nordbayern, Beschluss vom 20.02.2025 - RMF-SG21-3194-9-31
1. Bei Kündigung eines Altauftrags und neuer Vergabe von noch nicht fertig gestellten oder nur mangelhaft erbrachten Leistungen ist für den maßgeblichen Schwellenwert auf den gekündigten Altauftrag abzustellen.
2. Restleistungen nach Kündigung eines (Alt-)Auftrags sind in einem neuen Vergabeverfahren auszuschreiben, da die Ersetzung des Auftragnehmers eine wesentliche Auftragsänderung darstellt.
3. Eine zügige Weiterführung von Arbeiten nach einer Kündigung sowie eine sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung genügen nicht, um eine Dringlichkeitsvergabe zu rechtfertigen.

IBRRS 2025, 0609

VerfGH Bayern, Entscheidung vom 05.02.2025 - Vf. 7-VII-23
1. Mit dem Entfall der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis für die Errichtung von Windenergieanlagen nach Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG entfällt für nicht besonders landschaftsprägende Denkmäler auch die Prüfung der entsprechenden materiellen Anforderungen des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes im bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren.*)
2. Die Regelungen beschränken als Inhalts- und Schrankenbestimmungen die Rechte der Eigentümer von Denkmälern in verfassungsgemäßer Weise. Sie sind insbesondere - auch in der Zusammenschau mit den gesetzlichen Pflichten, die mit dem Eigentum an einem Denkmal verbunden sind - nicht unverhältnismäßig und berühren nicht den Wesensgehalt des Eigentums.*)
3. Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG stellen angesichts de Bedeutung des gesetzgeberischen Ziels des Klimaschutzes als Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen einen angemessenen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an einem beschleunigten Ausbau von Windenergieanlagen und den privaten Interessen der Denkmaleigentümer dar. Da der Denkmalschutz aufgrund bundes- und landesrechtlicher Vorgaben (§ 2 Sätze 1 und 2 EEG 2023 und Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG) in Konfliktfällen ohnehin regel- mäßig zurückzutreten hat und die bundesrechtlich über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB vermittelte Klagebefugnis von der Änderung des Landesdenkmalrechts unberührt bleibt, ist mit den Vorschriften allenfalls eine geringe zusätzliche Schmälerung der Rechtsposition der Denkmaleigentümer verbunden.*)

IBRRS 2025, 1021

LG Dresden, Urteil vom 24.09.2024 - 4 S 81/23
1. Für die Frage, ob ein Mietmangel vorliegt, gilt ein objektiver, überindividueller Maßstab.
2. Durch einen Legionellenbefall von 100 kbE/100 ml wird zwar der in der Trinkwasserverordnung genannte Maßnahmewert überschritten, der Gebrauch der Mietsache jedoch nicht beeinträchtigt.
3. Erst bei Überschreitungen ab 10.000 kbE/100 ml kann von einer möglichen Gesundheitsgefahr ausgegangen werden und liegt somit ein Mangel der Mietsache vor.

IBRRS 2025, 0647

AG München, Urteil vom 30.10.2024 - 1292 C 13811/24 WEG
1. Hinsichtlich des "Ob" einer privilegierten Maßnahme (hier: Einbau einer Ladesäule) besitzt der einzelne Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung.
2. Hinsichtlich des "Wie" dieser privilegierten baulichen Veränderung hat der Verband jedoch nach wie vor einen Ermessensspielraum.
3. Es entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der Verband sich die Option offenhalten will, eine gemeinschaftliche Ladeeinrichtung einzubauen mit Anschluss aller Mitglieder an diese gemeinschaftliche Ladeeinrichtung.
4. Dementsprechend kann der Verband den Einbau einer Ladesäule verweigern, wenn der betreffende Eigentümer nicht bereit ist, sich auch im Fall einer (späteren) Einrichtung einer gemeinschaftlichen Ladeeinrichtung dieser anzuschließen.

IBRRS 2025, 1059

OLG Bremen, Beschluss vom 11.03.2025 - 2 W 24/24
1. Eine die Einigungsgebühr gemäß Ziff. 1003, 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG auslösende Einigung kann auch in einem - und sei es auch nur konkludent - abgesprochenen Prozessverhalten liegen, wenn die Parteien ihre jeweiligen Prozesshandlungen nicht unabhängig von der Erklärung des anderen vorgenommen haben.*)
2. Eine solche Einigung liegt aber nicht schon dann vor, wenn sich das Verhalten der Prozessparteien darauf beschränkt, dass der Beklagte die Klageforderung erfüllt, einer künftigen Erledigungserklärung des Klägers zustimmt, vorgreiflich die Kostenübernahme für den Fall der Erledigungserklärung erklärt und der Kläger daraufhin nach Zahlungseingang den Rechtsstreit für erledigt erklärt.*)

IBRRS 2025, 1060

OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.04.2025 - 30 W 28/25
Kann die nachträgliche Festsetzung in einem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht festgesetzter Kosten gem. § 106 Abs. 2 ZPO (ohne zusätzliche Kosten) durchgeführt werden, fehlt einer sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss das Rechtsschutzbedürfnis.*)

Online seit 15. April
IBRRS 2025, 1064
BGH, Urteil vom 11.04.2025 - V ZR 96/24
1. Entnahmen aus der Erhaltungsrücklage sind verteilungsneutral und dürfen nicht in die Abrechnungsspitze einfließen.*)
2. Der Beschluss über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse kann teilweise angefochten bzw. für ungültig erklärt werden. Vorauszusetzen ist, dass die Abrechnungsspitze eine rechnerisch selbstständige und abgrenzbare fehlerhafte Kostenposition enthält und anzunehmen ist, dass die Wohnungseigentümer den Beschluss auch mit dem unbeanstandet gebliebenen Teil gefasst hätten.*)
IBRRS 2025, 0876

OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.03.2025 - 23 U 138/23
1. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann auch aus dem Zusammenwirken von mehreren AGB-Klauseln resultieren (Summierungseffekt).
2. Zur Vereinbarung der Sicherheitsleistung ist es notwendig, den Sicherungszweck anzugeben.
3. Wird in der AGB-Sicherungsklausel vorgegeben, dass der Barsicherheitseinbehalt von den Abschlagszahlungen entgegen § 17 Abs. 6 VOB/B erst bei der Schlusszahlung auf ein Sperrkonto eingezahlt werden muss, ist dies unangemessen, da dem Auftragnehmer das Insolvenzrisiko des Auftraggebers aufgebürdet wird.
4. Aushandeln setzt mehr als Verhandeln voraus. Der Verwender muss den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen.
5. Werden der anderen Vertragspartei durch die vorformulierten Vertragsbedingungen Wahlmöglichkeiten eröffnet, zwischen denen sie sich durch Ankreuzen oder Streichen zu entscheiden hat, genügt dies allein nicht für ein Aushandeln.
IBRRS 2025, 1057

VK Sachsen, Beschluss vom 21.01.2025 - 1/SVK/022-24
1. Ein öffentlicher Auftraggeber darf sich grundsätzlich auf die Angaben der Bieter und die von ihnen in ihren Angeboten abgegebenen Leistungsversprechen verlassen. Nur wenn sich Zweifel ergeben, die das Leistungsversprechen eines Bieters als nicht plausibel erscheinen lassen, und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bieter die vom Auftraggeber vorgegebenen Anforderungen möglicherweise nicht erfüllen kann, ist de Auftraggeber verpflichtet, Aufklärung zu verlangen und die ausreichende Leistungsfähigkeit des Bieters durch Einholung weiterer Informationen zu prüfen.*)
2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, dass ein Auftraggeber regelmäßig jede Auskunft, die er einem anfragenden Bieter erteilt, auch allen anderen Bietern erteilt. Andernfalls läuft der Auftraggeber Gefahr, gegen das Gebot der Gleichbehandlung und Chancengleichheit aller Bieter zu verstoßen. Ein Auftraggeber darf eine Bieterfrage allenfalls im Einzelfall individuell beantworten, wenn es sich nicht um eine zusätzliche sachdienliche Information handelt.*)
3. Der Umstand, dass ein Bieter selbst eine Bieterfrage gestellt hat und als einziger eine Antwort erhalten hat, lässt eine Rechtsverletzung nicht entfallen. Denn es kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass dieser Bieter durch die Berücksichtigung der ihm erteilten Antwort auf seine Bieterfrage einen Wettbewerbsnachteil erlitten hat, während andere Bieter, denen die Antwort nicht bekannt war, die Vorgabe nicht beachtet haben und dadurch günstiger anbieten konnten bzw. einen Wettbewerbsvorteil erlangen.*)
4. Eine Preisprüfung ist durchzuführen, wenn der Preisabstand zum nächsthöheren Angebot 20% oder mehr beträgt. Dabei ist auf die Differenz des Gesamtpreises und nicht auf einzelne Preispositionen abzustellen.*)
5. Über die Kosten des Eilverfahrens (Antrag auf vorzeitige Zuschlagsgestattung) wird im Hauptsacheverfahren entschieden. Es löst gesonderte Vergabekammergebühren aus, über die getrennt und unabhängig davon zu entscheiden ist, wer die Kosten in der Hauptsache trägt. Dabei ist anerkannt, dass die Kostenlast für das Eilverfahren und den Nachprüfungsantrag in der Hauptsache unterschiedliche Beteiligte treffen kann.*)
6. Für die Kosten des Eilverfahrens nach § 169 Abs. 2 Satz 1 GWB (Antrag auf vorzeitige Zuschlagsgestattung) gelten die gleichen Grundsätze wie für die Kosten des Nachprüfungsverfahrens in der Hauptsache. Die Frage der Verteilung der Kosten des Eilverfahrens richtet sich daher konkret nach den §§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB analog, der bestimmt, dass soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, er die Kosten zu tragen hat.*)
