Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
In den letzten 30 Tagen wurden folgende wichtige Entscheidungen im Volltext bei ibr-online eingestellt
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IBRRS 2024, 2042OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.03.2024 - 26 SchH 8/23
1. Die Begründung der Zuständigkeit staatlicher Gerichte bedarf – auch im internationalen Geschäftsverkehr - keiner ausdrücklichen Vereinbarung. Der Weg zu den staatlichen Gerichten im Umfang ihrer Gerichtsbarkeit steht grundsätzlich jedem Rechtssuchenden offen, sofern dem nicht im Einzelfall konkrete Regelungen – wie beispielsweise eine wirksame Schiedsvereinbarung – entgegenstehen. Eine solche bedarf der Schriftform.
2. Vertragliche Vereinbarungen, die Erklärungen der Parteien an eine besondere Form binden, können auch konkludent abbedungen werden. Dass eine formfreie Absprache gelten soll, muss aber klar erkennbar sein.
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IBRRS 2024, 2020VK Südbayern, Beschluss vom 29.05.2024 - 3194.Z3-3_01-24-8
1. Die Entscheidung über die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist eine Ermessensentscheidung. Die Bieter haben daher Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung durch den Auftraggeber. Die Nachprüfungsinstanzen können die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers insoweit auf eine korrekte Ausübung des Ermessens überprüfen.*)
2. Die Aufhebung einer Aufhebungsentscheidung kann dann veranlasst sein, wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund fehlt und die Entscheidung sich daher als willkürlich darstellt oder der öffentliche Auftraggeber das ihm hinsichtlich der Entscheidung über die Verfahrensaufhebung zustehende Ermessen nicht oder fehlerhaft ausgeübt hat.*)
3. Willkürlich ist ein Verwaltungshandeln dann, wenn es unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht. Willkür liegt vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in eklatanter Weise missdeutet wird.*)
4. Die Vergabekammer kann das Ermessen über die Aufhebung eines Vergabeverfahrens nicht anstelle des Auftraggebers ausüben und demzufolge auch keine möglicherweise bestehenden anderen Begründungsansätze für eine zumindest wirksame Aufhebung des Verfahrens heranziehen. Dies ist Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers.*)
VolltextIBRRS 2024, 2024
LG Würzburg, Beschluss vom 28.05.2024 - 73 O 819/22
1. Eine Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses i.H.v. 20 % stellt keine überhebliche Überschreitung i.S.v. § 8a Abs. 4 JVEG dar.*)
2. Die Sachverständigenvergütung steht frühestens und erst dann in einem erheblichen Missverhältnis zum Streitwert i.S.v. § 8a Abs. 3 JVEG, wenn der Streitwert um das Doppelte überschritten wird. Der Rechtsgedanke des BGH zur Auslegung eines "auffälligen Missverhältnisses" i. S. des § 138 Abs. 2 BGB ist entsprechend anzuwenden. Wenn bereits bei einem (sittenwidrigen) Wuchergeschäft ein Missverhältnis erst beim Überschreiten des Doppelten angenommen werden kann, darf bei einer rechtmäßigen Beweisaufnahme im Rahmen eines Zivilprozesses kein strengerer Maßstab gelten.*)
VolltextIBRRS 2024, 2021
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.01.2023 - 5 W 29/22
1. Es ist im selbständigen Beweisverfahren im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung hinsichtlich des erforderlichen rechtlichen Interesses grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, ob sich die beantragte Beweiserhebung in einem späteren Hauptsacheverfahren als ganz oder teilweise nutzlos herausstellen könnte; das gilt jedenfalls, solange sich das Beweisverfahren nicht von vornherein offensichtlich und ohne jeden Zweifel als völlig nutzlos darstellt (Anschluss BGH, IBR 2004, 733). Insoweit darf die Frage der Zweckmäßigkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens, die im Einzelfall durchaus zweifelhaft sein mag, aber vom Antragsteller in eigener Verantwortung beurteilt werden muss, nicht mit der Frage seiner Zulässigkeit, über die das Gericht zu entscheiden hat, vermengt werden (Anschluss BGH, Beschluss vom 19.05.2020 - VI ZB 51/19, IBRRS 2020, 1792 = IMRRS 2020, 1557).*)
2. Das rechtliche Interesse i. S. des § 485 Abs. 2 ZPO ist vielmehr weit zu verstehen und bereits dann anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, auch wenn möglicherweise eine abschließende Klärung durch das einzuholende Sachverständigengutachten nicht möglich ist und weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen (Anschluss BGH, IBR 2014, 57). So reicht insbesondere die Möglichkeit aus, dass der Antragsteller nach einem negativen Ausgang der Begutachtung von einer Klageerhebung absieht (Anschluss KG, Beschluss vom 11.09.2006 - 20 W 35/06, BeckRS 2007, 1948).*)
VolltextOnline seit 1. Juli
IBRRS 2024, 2006OLG Koblenz, Urteil vom 07.07.2022 - 1 U 1473/20
1. Ein Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Sofern nicht ein anderer Standard oder eine andere Ausführung vereinbart ist, verpflichtet sich der Unternehmer in der Regel stillschweigend zur technisch einwandfreien Herstellung des Werks.
2. Zur technisch einwandfreien Herstellung des Werks gehört die Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Andernfalls liegt auch ohne Schaden oder ohne konkrete Beeinträchtigung der Funktion ein Mangel vor.
3. Die Beachtung der anerkannten Regeln der Technik wird flankiert von der Einhaltung der gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen. Dazu gehören alle Regelungen des privaten und öffentlichen Rechts, wie beispielsweise die Bauordnungen der Länder, Brandschutzvorschriften, das Wasserhaushaltsgesetz, das Bundesimmissionsschutzgesetz sowie die Wärmeschutzverordnung oder die Energieeinsparverordnung.
4. Der Besteller kann erwarten, dass der Unternehmer bei der Herstellung des Werks sämtliche öffentlich-rechtliche Vorschriften einhält, d. h. auch die Vorschriften der einschlägigen Garagenverordnung.
5. Die Unterbreitung von Bauplänen an einen bautechnischen Laien lässt nicht den Schluss zu, dass dieser mit einer Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik einverstanden ist. Hierfür bedarf es einer ausdrücklichen vorherigen Aufklärung auch bezüglich der zu erwartenden Folgen für die tatsächliche Benutzbarkeit.
VolltextIBRRS 2024, 2009
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.04.2024 - 1 VK 10/24
1. Der Auftraggeber hat ein freies Wahlrecht zwischen einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und einer funktionalen Leistungsbeschreibung.
2. Stehen dem Auftraggeber beide Möglichkeiten der Beschreibung der Leistung gleichrangig zur Verfügung, muss er nicht begründen, warum er die Leistung funktional und nicht detailliert ausschreibt.
3. Setzt der Auftraggeber für die Erstellung statischer Berechnungen etc. keine angemessene Entschädigung fest, muss der Bieter dies rechtzeitig rügen. Andernfalls ist er mit diesem Einwand präkludiert.
VolltextIBRRS 2024, 1037
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.01.2024 - 4 U 68/23
Schuldrechtlich kann dem Sicherungsgeber aufgrund der Sicherungsabrede nach Erlöschen der gesicherten Forderung zunächst ein durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingter Rückgewähranspruch gegen den aus der Grundschuld Berechtigten zustehen. Dieser Anspruch kann nach Wahl des Gläubigers auf Übertragung, Verzicht oder Aufhebung gerichtet sein.
VolltextIBRRS 2024, 2001
OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.02.2023 - 12 W 3/23
1. Während eines Streitverfahrens ist ein Antrag einer Partei auf Inaugenscheinnahme ohne Zustimmung des Gegners nur möglich, wenn zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.
2. Augenschein ist jede eigene und gegenständliche Wahrnehmung des Gerichts zu beweiserheblichen und streitigen Tatsachen über die Beschaffenheit von Sachen und im Einzelfall auch von Personen.
3. Das Gericht kann sich bei der Inaugenscheinnahme auch eines sog. Augenscheinsgehilfen, wie beispielsweise eines Sachverständigen, bedienen. Dieser berichtet dann grundsätzlich aber nur von Tatsachen, die das Gericht nicht anders hätte wahrnehmen können, wenn es selbst das Augenscheinsobjekt einer näheren Betrachtung unterzogen hätte.
4. Kommt es auf die besondere Sachkunde an, um die entsprechenden Feststellungen treffen zu können, kommt die Inaugenscheinnahme in der Regel nicht in Betracht.
VolltextOnline seit 28. Juni
IBRRS 2024, 1991OLG Celle, Urteil vom 02.12.2021 - 8 U 91/21
1. Ein Fußbodenbelag ist so zu verlegen, dass sich keine erheblichen Ansteigungen zur Raummitte und Absenkungen zu den Feldrändern ergeben. Anderenfalls ist die Leistung des Bodenverlegers mangelhaft.
2. Der Bodenverleger hat vor der Ausführung seiner Leistung die Belegreife des Estrichs zu prüfen. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass es (auch) dem bauplanenden und -überwachenden Architekten obliegt, die Belegreife zur prüfen.
3. Der Bodenverleger ist von seiner eigenen Prüfpflicht nur dann befreit, wenn ihm der Bauplaner ausdrücklich die Belegreife bestätigt.
VolltextIBRRS 2024, 1032
BVerfG, Beschluss vom 10.01.2024 - 2 BvR 26/24
1. Trotz der Formulierung in einem Attest, dass bei einer Räumung eine Suizidgefahr "nicht ausgeschlossen werden könne", muss das Vollstreckungsgericht vor dem Hintergrund des Lebensschutzgebots in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine weitere Sachaufklärung betreiben.
2. Dies gilt auch dann, wenn in Bezug auf den Krankheitsverlauf des Räumungsschuldners keine Änderung der Sachlage eintritt.
3. Der Staat ist verpflichtet, negative Auswirkungen auf das Lebensschutzgebot durch eine Räumung bestmöglich auszuschließen; dieses Gebot darf nicht durch das Anlegen von im Verfassungsauftrag "kleinlich" erscheinenden Maßstäben konterkariert werden.
4. Der Räumungsgläubiger hat es vor dem Hintergrund des Lebensschutzes hinzunehmen, dass sich ggf. der Räumungstermin zeitlich nach hinten verschiebt.
VolltextOnline seit 27. Juni
IBRRS 2024, 1982LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2024 - L 8 R 335/17
1. Eine abhängige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
2. Eine selbstständige Tätigkeit ist maßgeblich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
3. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
VolltextOnline seit 26. Juni
IBRRS 2024, 1967Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 30.05.2024 - Rs. C-677/22
Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass die "ausdrückliche Vereinbarung" einer Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen durch Unternehmer auch in Verträgen zulässig ist, deren Bedingungen von einer der Vertragsparteien allein vorgegeben werden, soweit sich die entsprechende Vertragsbestimmung hinreichend deutlich und unmissverständlich aus den Vertragsunterlagen ergibt, so dass gewährleistet ist, dass die Vertragsparteien sie in vollem Umfang zur Kenntnis genommen haben. Sie darf nicht lediglich durch Auslegung anderer Vertragsbestimmungen oder Deutung des tatsächlichen Verhaltens der Vertragsparteien ermittelt werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 1971
OLG Dresden, Beschluss vom 18.04.2024 - 4 U 67/24
1. Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung wegen der Falschbeantwortung einer Antragsfrage (hier: zur Abgabe einer Vermögensauskunft) liegt auch dann vor, wenn der Versicherungsnehmer diese falsch beantwortet, weil er den erfragten Umstand für unerheblich hält.*)
2. Die Berufung auf Treu und Glauben trotz einer arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer kommt nur dann in Betracht, wenn die Täuschung nur einen geringen Teil des versicherten Schadens betrifft und weitere Billigkeitsmomente zu Gunsten des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen sind.*)
VolltextIBRRS 2024, 1140
BGH, Beschluss vom 06.02.2024 - VIII ZB 6/24
1. Das Rechtsbeschwerdegericht kann im Wege der einstweiligen Anordnung die Vollziehung einer Entscheidung der Vorinstanz aussetzen, wenn hierdurch dem Rechtsbeschwerdeführer (hier: Mieter) größere Nachteile drohen als dem Gegner, die Rechtsbeschwerde zulässig erscheint und die Rechtsbeschwerde nicht von vornherein ohne Erfolgsaussichten sind.
2. Im Rahmen der Abwägung von drohenden Nachteile für die jeweiligen Parteien ist insbesondere der Schutz minderjähriger Kinder zu berücksichtigen.
VolltextOnline seit 25. Juni
IBRRS 2024, 0535OLG Köln, Beschluss vom 13.09.2021 - 7 U 128/20
1. Wird die VOB/C in einen Vertrag mit einem Nicht-Bauunternehmer einbezogen, ist bei der Auslegung der Abrechnungsbestimmungen in Abschnitt 5 der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV DIN 18299 ff.) nicht auf die Verkehrssitte unter Vertragspartnern des Baugewerbes abzustellen. Vielmehr ist entscheidend, wie ein verständiger, redlicher und rechtlich nicht vorgebildeter Nicht-Bauunternehmer die maßgeblichen Regelungen ausgehend vom Wortlaut sowie von Sinn und Zweck her verstehen muss.
2. Ein als natürliche Person agierender Bauherr eines großflächigen Bürokomplexes, der unter Zuhilfenahme eines Architekturbüros Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, ist nicht ohne Weiteres ein gewerblich handelnder Bauunternehmer.
3. Die gewerbliche Verkehrssitte ist nur dann von entscheidender Bedeutung, wenn der Wortlaut sowie Sinn und Zweck nicht zu einem eindeutigen Auslegungsergebnis führen.
VolltextIBRRS 2024, 1949
OLG Köln, Urteil vom 21.06.2024 - 6 U 112/23
1. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedigungen des Käufers: "Spätester Liefertermin ist der .... Bei Nichteinhaltung des spätesten Liefertermins entfallen die gegenseitigen Pflichten der Vertragspartner; eine verspätete Lieferung stellt keine Erfüllung des Vertrags durch den Auftragnehmer dar (absolutes Fixgeschäft)", benachteiligt den Verkäufer/Lieferanten unangemessen und ist unwirksam.
2. Die völlige Freistellung des Klauselverwenders von dem Erfordernis einer Fristsetzung ist auch im kaufmännischen Verkehr nicht wirksam vereinbar.
3. Dem berechtigten Interesse der Käufers, dass "die Auftragnehmer von Beginn an eine einwandfreie, sofort verwendbare Kaufsache anliefern", kann auch ohne eine solche Klausel und mit kurzer Nachfristsetzung Rechnung getragen werden.
VolltextOnline seit 24. Juni
IBRRS 2024, 1932VK Bund, Beschluss vom 08.05.2024 - VK 2-35/24
1. Eine reine Bieterfrage, wie etwa eine Verständnisfrage, stellt keine Rüge dar. Eine Rügenotwendigkeit wird im Regelfall erst ausgelöst durch die Antwort des Auftraggebers auf die Frage. Abzustellen ist jedoch stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls.
2. Hat der Bieter die Vorgaben der Ausschreibung vollständig verstanden, akzeptiert er diese Vorgaben aber inhaltlich nicht und weist in Gestalt einer Frage auf die seines Erachtens damit verbundenen Probleme hin, verlangt er ganz konkret eine Abänderung, so dass eine Rüge vorliegt.
3. Eine Rüge in Gestalt einer Bieterfrage setzt die Frist nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB in Gang.
VolltextIBRRS 2024, 1924
BGH, Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 1370/20
1. Die Frage, ob die auf einer unzulässigen Videoüberwachung beruhenden Erkenntnisse einer Partei bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung verwertet werden dürfen, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung zu beurteilen.*)
2. Der Unionsgesetzgeber hat den Mitgliedstaaten in Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die öffentliche Hand (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 e DSGVO) die Möglichkeit eröffnet, nationale Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, mit denen sie die Anwendung der Vorschriften der DSGVO genauer festlegen und konkretisieren. Die Absätze 2 und 3 enthalten damit Öffnungsklauseln zu Gunsten der Mitgliedstaaten.*)
3. Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung im deutschen Zivilprozess sind die im Lichte des Grundgesetzes auszulegenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Berücksichtigung von Parteivorbringen und Beweisangeboten, insbesondere die § 286 Abs. 1, §§ 355 ff. ZPO.*)
4. Bei der Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um ein besonderes Rechtsinstitut, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Sie ist vom Schmerzensgeld i.S.d. § 253 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung eines der dort genannten Rechtsgüter zu unterscheiden. Führt die Handlung, die eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zur Folge hatte, auch zu einer Verletzung der Gesundheit, so muss die darin liegende Beeinträchtigung zum Gegenstand eines Schmerzensgeldanspruchs gemacht werden und kann nicht stattdessen zur Begründung einer schwer wiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung herangezogen werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 1936
LG Köln, Urteil vom 16.04.2024 - 14 O 89/23
Keine Anpassung der Miethöhe eines gewerblichen Mietvertrags wegen "Wegfalls der Geschäftsgrundlage" im Zuge des Ukraine-Krieges.*)
VolltextIBRRS 2024, 1925
BFH, Beschluss vom 27.05.2024 - II B 78/23 (AdV)
Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019 (BGBl I 2019, 1794) sind bei der im Aussetzungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.*)
VolltextOnline seit 21. Juni
IBRRS 2024, 1916OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.06.2024 - 19 Verg 1/24
1. Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Daher finden ergänzend zu den Regelungen des GWB die allgemeinen Bestimmungen des VwVfG und dessen Rechtsgrundsätze über die Behandlung von Verwaltungsakten Anwendung.
2. Ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts kann bis zum Abschluss des Verfahrens zurückgenommen werden, d. h. bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung, und zwar selbst dann, wenn in der Zwischenzeit gegen den ergangenen Verwaltungsakt Rechtsbehelfe eingelegt worden sind.
3. Ein ergangener und noch nicht bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt wird durch Antragsrücknahme wirkungslos. Entsprechendes gilt für einen Beschluss der Vergabekammer.
4. Die sofortige Beschwerde gegen einen wirkungslos gewordenen Verwaltungsakt ist mangels Beschwer nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.
VolltextIBRRS 2024, 1382
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 10.08.2023 - 33 C 1898/23
1. Der Vermieter darf, um vom Mieter verursachte Blutlachen im Treppenhaus und Eingangsbereich zu beseitigen, eine - teure - Spezialfirma für die Reinigung eines Tatorts nach Suizid oder Unfall mit den Reinigungsarbeiten beauftragen.
2. Der Vermieter muss auch nicht zuvor den Mieter selbst beauftragen, um die Kosten gering zu halten, wenn der Mieter nicht über die ausreichende Qualifikation verfügt, das möglicherweise infektiöse Blut ausreichend gründlich zu entfernen.
3. Es bedarf auch keiner vorherigen Vergleichsangebote, da der Vermieter unverzüglich tätig werden muss, um die Gefahrenquelle zu beseitigen.
4. Ob die vom Vermieter beauftragte Fachfirma für Tatortreinigung möglicherweise unsachgemäß oder unwirtschaftlich gearbeitet hat und dadurch höhere Kosten entstanden sind, bedarf keiner Überprüfung, da ein Schädiger auch solche Kosten vollumfänglich zu ersetzen hat, wenn den Geschädigten kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft.
VolltextIBRRS 2024, 1377
AG München, Urteil vom 19.07.2023 - 1295 C 396/23 WEG
1. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer ist wegen unzureichender Bestimmtheit nur nichtig, wenn er keinen sinnvollen Regelungsgehalt mehr entfaltet.
2. Wird die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Beschlussfassung von einem Fachmann beraten, liegt eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Eigentümer vor.
VolltextIBRRS 2024, 1912
BGH, Urteil vom 22.05.2024 - IV ZR 124/23
Der für die Bejahung des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses ausreichenden Erwartung, der Beklagte werde bereits auf ein Feststellungsurteil hin leisten, steht es nicht entgegen, dass eine erneute gerichtliche Inanspruchnahme des Beklagten zur Durchsetzung der aus dem Feststellungsurteil resultierenden Forderungen nicht ausgeschlossen werden kann (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 13.04.2022 - IV ZR 60/20, IBRRS 2022, 1345 = IMRRS 2022, 1422).*)
VolltextOnline seit 20. Juni
IBRRS 2024, 0790LG Stuttgart, Urteil vom 24.01.2024 - 21 O 380/17
1. Von Baustellen gehen typischerweise Gefahren auch für Nachbaranlagen aus. Nachbarliche grenznahe Anlagen muss der Bauherr daher vor Beschädigungen durch Bauarbeiten schützen und zwar unabhängig davon, ob er weiß, dass sich in der Anlage gegenüber Erschütterungen empfindliche Bauteile befinden.
2. Der Bauherr hat zu überwachen, ob der von ihm mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt Vorkehrungen dagegen trifft, dass nachbarliche grenznahe Anlagen durch die Bauarbeiten nicht beschädigt werden.
3. Um seinen Überwachungspflichten zu genügen, muss der Bauherr zumindest stichprobenartig die Baustelle im Allgemeinen besichtigen.
4. Es sind keine besonderen Kenntnisse erforderlich, um als Bauherr zu erkennen, dass nachbarliche Grenzanlagen durch (grenznahe) Bauarbeiten auf dem eigenen Grundstück beschädigt werden können und dementsprechend Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen.
VolltextIBRRS 2024, 1847
AG Schöneberg, Urteil vom 11.04.2024 - 105 C 226/23
Aufwändig gestaltet ist ein Wohnumfeld, wenn eine über das übliche Maß hinausgehende Gestaltung vorhanden ist. Hierfür ist ein besonderer gärtnerischer und/oder architektonischer Aufwand erforderlich, der in unterschiedlichsten konkreten Ausprägungen erscheinen kann, der aber über grundlegende Strukturen, wie das Vorhandensein befestigter Wege oder bepflanzter Bereiche, signifikant hinausgehen muss.
VolltextIBRRS 2024, 1397
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 11.01.2024 - 29 C 8/23 WEG
Bloße architektonische Disharmonien, wie sie häufig durch den Anbau von Balkonen oder Außenaufzügen entstehen, genügen für die Annahme einer grundlegenden Umgestaltung i.S.d. § 20 Abs. 4 WEG nicht.*)
VolltextIBRRS 2024, 1886
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.10.2023 - 4 U 107/23
1. Die Beweislast für den Eintritt eines unvorhergesehenen Sachschadens trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Versicherungsnehmer (im Anschluss an OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.05.2022 - 5 U 60/21, RuS 2022, 627).
2. Für die Vorhersehbarkeit ausreichend ist das Erkennen des Schadens in seinen wesentlichen Komponenten.
VolltextIBRRS 2024, 1905
BGH, Urteil vom 16.05.2024 - III ZR 196/22
1. Die Berufungsbegründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Er muss die Umstände darlegen, die das Urteil aus seiner Sicht in Frage stellen.
2. Besondere formale Anforderungen werden an die Berufungsbegründung nicht gestellt. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.
3. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.
4. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Ein Gericht darf ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte.
5. Will das Gericht in seiner Entscheidung auf einen "neuen" Gesichtspunkt abstellen, hat es auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen.
6. Es genügt nicht, dass das Gericht allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Es muss die Parteien auf den für entscheidungserheblich erachteten Aspekt unmissverständlich hinweisen und ihnen Gelegenheit zur Abhilfe geben.
VolltextOnline seit 19. Juni
IBRRS 2024, 1881OLG Brandenburg, Urteil vom 29.05.2024 - 11 U 74/18
Hat der Auftraggeber einen Kostenvorschuss erhalten, ist er nach erledigter Mängelbeseitigung rechenschaftspflichtig. Er hat zum Umfang des Kostenerstattungsanspruchs in der Weise vorzutragen, in der er vorzutragen hätte, wenn er den Kostenvorschuss nicht erhalten hätte und er auf die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs angewiesen wäre.
VolltextIBRRS 2024, 1880
EuGH, Urteil vom 13.06.2024 - Rs. C-737/22
Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung genannten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz dem nicht entgegenstehen, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines in Lose unterteilten öffentlichen Auftrags nach den in den Auftragsunterlagen festgelegten Modalitäten dem Bieter mit dem wirtschaftlich zweitgünstigsten Angebot der Zuschlag eines Loses unter der Bedingung erteilt wird, dass er akzeptiert, die Lieferungen und Leistungen in Bezug auf dieses Los zum gleichen Preis zu erbringen wie der Bieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat und der daher den Zuschlag für ein anderes, größeres Los dieses Auftrags erhalten hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 1888
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.06.2024 - 2-13 S 603/23
1. Ob eine beschlossen Maßnahme als Erhaltungsmaßnahme (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG) oder Baumaßnahme (§ 20 WEG) zu behandeln ist, bemisst sich alleine nach objektiv-normativen Kriterien und ist nicht davon abhängig, wie die Wohnungseigentümer die entsprechende Maßnahme einordnen.*)
2. Eine Erhaltungsmaßnahme, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist nicht als Baumaßnahme (§ 20 WEG) mit den Kostenfolgen des § 21 WEG zu behandeln. Herrscht Streit über die Ordnungsgemäßheit der Maßnahme, kann dies gerichtlich nur im Rahmen der Anfechtung des Beschlusses über die Erhaltungsmaßnahme geklärt werden und nicht bei der isolierten Anfechtung des Beschlusses über die Kostenverteilung.*)
VolltextIBRRS 2024, 1489
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 03.05.2024 - 980a C 31/23 WEG
1. Um das (Nicht-)Vorliegen eines "wichtigen Grunds" für die Ablehnung einer Umnutzung zu prüfen und die Beschlussfassung auf eine ausreichende Tatsachengrundlage zu stellen (als Voraussetzung für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung), bedarf es der umfassenden Information der Wohnungseigentümer über das Vorhaben und seine Auswirkungen auf die übrigen Eigentümer sowie das gemeinschaftliche Eigentum.
2. Hängt die konkrete Nutzung der Einheit im Wesentlichen auch von den baulichen Gegebenheiten ab, muss der Eigentümer den übrigen Eigentümern - rechtzeitig - ein zustimmungsfähiges Substrat vorlegen, aus dem hervorgeht, wie genau und in welchem Ausmaß die Räume in seiner drei Etagen umfassenden Einheit umgebaut und anschließend genutzt werden sollen, einschließlich der Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums (wie Treppenhäuser und Aufzug).
3. Entsprechendes kann naturgemäß nur nach Maßgabe bereits erteilten öffentlich-rechtlichen Genehmigungen erfolgen, weswegen der Eigentümer auch diese - geschlossen - den übrigen Wohnungseigentümern zur Verfügung stellen muss.
4. Es reicht indes nicht aus, lediglich im Rechtsstreit zu versichern, bereits über entsprechende Genehmigungen zu verfügen, in diese bei Bedarf Einsicht zu geben, im Widerrufsfall (oder bei einer Versagung noch nicht beantragter Genehmigungen) Rückbaumaßnahmen zu veranlassen und die beabsichtigte Nutzung als "Privatklinik" zu unterlassen.
VolltextIBRRS 2024, 1887
BayObLG, Beschluss vom 29.04.2024 - 102 SchH 23/24
1. Ein Schiedsrichter kann durch gerichtliche Entscheidung abberufen werden, wenn er rechtlich oder tatsächlich außerstande ist, seine Aufgaben zu erfüllen, oder er aus anderen Gründen seinen Aufgaben in angemessener Frist nicht nachkommt.
2. Hat ein Schiedsrichter über einen längeren Zeitraum gar nichts unternommen, kann sich dies in Anbetracht der Gesamtumstände und unter Berücksichtigung der technischen sowie rechtlichen Schwierigkeiten des Falles als schlechthin unannehmbar darstellen.
3. Kommt der Schiedsrichter seinen Aufgaben nicht in angemessener Frist nach, kommt es für die Frage der Amtsbeendigung grundsätzlich nicht auf den Grund an. Auch ein etwaiges Verschulden des Schiedsrichters ist ohne Belang.
VolltextOnline seit 18. Juni
IBRRS 2024, 1665OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.03.2023 - 2 U 929/21
1. Auf die Beantwortung der Frage, ob das Werk mangelhaft ist, kommt es nicht an, wenn schon die rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht vorgetragen sind.
2. Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht grundsätzlich nur dann, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Das gilt sowohl vor als auch nach der Abnahme oder bei Entbehrlichkeit der Abnahme wegen eines bestehenden Abrechnungsverhältnisses.
3. Der Auftraggeber kann als Schadensersatz entweder eine aufgrund des Mangels eingetretene Wertminderung des gesamten Objekts geltend machen oder einen Vorschuss auf die voraussichtlich anfallenden Mangelbeseitigungskosten, über den nach erfolgter Mangelbeseitigung abzurechnen ist (BGH, IBR 2018, 196).
VolltextIBRRS 2024, 1877
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.06.2024 - 2-13 S 48/23
1. Ein Beschluss über eine Baumaßnahme nach § 20 Abs. 1 WEG entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die auf konkreten Tatsachen beruhende Gefahr besteht, dass Eigentümer hierdurch ohne ihr Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt werden.*)
2. Wird einem Eigentümer der Einbau eines technischen Geräts gestattet (hier Klimaanlage), sind insoweit nicht nur die Nachteile durch den unmittelbaren Einbau zu berücksichtigen, sondern auch die Nachteile, die bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu erwarten sind. Die Gemeinschaft hat ggf. durch Auflagen sicherzustellen, dass der Gebrauch nicht zu Beeinträchtigungen i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG führt.*)
VolltextOnline seit 17. Juni
IBRRS 2024, 1337LG Aachen, Urteil vom 10.10.2023 - 7 O 147/22
1. Ein Edelstahl-Schwimmbecken im Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung und ist mangelhaft, wenn es ohne Schallschutzrückkopplung ausgeführt wird und die Lärmimmission des Schwimmbeckens die Nutzung der darunterliegenden Wohnungen beeinträchtigt.
2. Auf etwaige Schallschutzprobleme eines Edelstahl-Schwimmbeckens hat der Unternehmer den Besteller hinzuweisen.
3. Muss sich dem Besteller auch als Laien aufdrängen, dass es bei einem Schwimmbad im Obergeschoss zu Schallschutzproblemen hinsichtlich der darunterliegenden Wohnungen kommt, trifft ihn an der Mägelverursachung ein überwiegendes Mitverschulden, wenn er den Unternehmer nicht mit dem Schallschutz beauftragt.
4. Streiten sich die Parteien eines Bauvertrags über Mängel und schließen sie einen (gerichtlichen) Vergleich, wonach keine gegenseitigen Ansprüche mehr bestehen, wird das Werk des Unternehmers vom Bestellers als im Wesentlichen vertragsgerecht gebilligt und damit konkludent abgenommen.
VolltextIBRRS 2024, 1861
OLG Hamburg, Beschluss vom 06.04.2023 - 1 Verg 1/23
1. Eine Vergabe von Aufträgen im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf erfolgen, wenn der Auftrag zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, dies darauf beruht, dass aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist, es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.
2. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Anbieter zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten zur Leistung in der Lage ist, kommt es nicht darauf an, ob die Leistung sofort, also gleichsam auf der Stelle erbracht werden kann. Das zur aktuellen Erfüllung eines Auftrags erforderliche Material herbeischaffen kann auch ein Unternehmen, das sich das Material innerhalb angemessen kurzer Zeit besorgen kann.
3. Eine Vergabe von Aufträgen im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb setzt ein vorheriges Markterkundungsverfahren voraus. Anderenfalls kann der öffentliche Auftraggeber das Nichtvorhandensein vernünftiger Alternativen oder Ersatzlösungen nicht darlegen und beweisen.
VolltextIBRRS 2024, 1863
OLG Schleswig, Beschluss vom 23.04.2024 - 7 U 150/23
1. Bei einem < 4m hohen Hallenvordach auf einem Betriebsgelände liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten vor, wenn die geringe Höhe des Vordachs für jedermann unschwer erkennbar war und durch orangefarbene Ballons auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen wurde. Weitere Hinweise (z.B. Markierungen auf der Straße; Poller etc.) waren nicht erforderlich.*)
2. Bei einem mit Dachpappe gedecktem Flachdach ist im Wege der Vorteilsanrechnung ein entsprechender Abzug neu für alt gerechtfertigt. Ein solches Dach weist - im Vergleich zu einem Ziegel oder Blechdach - eine geringere Lebensnutzungsdauer auf. Es ist üblicherweise anfällig für Undichtigkeiten und muss regelmäßig gewartet und erneuert werden. Die Nutzungsdauer solcher Bitumendächer kann auf 25 Jahre geschätzt werden.*)
VolltextOnline seit 14. Juni
IBRRS 2024, 1833OLG Bremen, Urteil vom 01.04.2022 - 2 U 40/21
Eine Preisanpassungsklausel in einem Wartungsvertrag, nach der sich die Erhöhung des Leistungsentgelts an dem Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte und dem Tarifindex für Arbeitnehmer des Deutschen Statistischen Bundesamts orientiert, kann bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB standhalten, auch wenn für den (nicht zu erwartenden) Fall des Absinkens der Indices eine Preisanpassung nicht vorgesehen ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 1848
AG Langen, Urteil vom 27.03.2024 - 55 C 72/23
1. Die Feststellung eines Legionellenbefalls in anderen Wohnungen des Gebäudekomplexes stellt keinen Mangel der eigenen Wohnung dar.
2. Von einer konkreten Gesundheitsgefährdung ist erst bei einem Legionellenkonzentrationswert über dem Grenzwert von 1.000 Kbe pro 100 ml auszugehen.
VolltextIBRRS 2024, 1256
VGH Bayern, Urteil vom 09.03.2023 - 13a B 22.1688
1. Die Entscheidung über einen Antrag auf Auskunft über personenbezogene Daten aus dem Liegenschaftskataster nach Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG stellt einen Verwaltungsakt (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) dar.*)
2. Für auf Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG gestützte Auskunftsklagen ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.*)
3. Berechtigtes Interesse i. S. des Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG ist jedes verständige, sachlich gerechtfertigte Interesse des Antragstellers, nicht hingegen die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloße Neugier. Nicht erforderlich ist ein rechtliches Interesse, vielmehr genügt ein bloß tatsächliches, insbesondere auch wirtschaftliches Interesse. Öffentliche Interessen sind zu berücksichtigen und können ein berechtigtes Interesse begründen. Das Interesse des Eigentümers am Schutz seiner personenbezogenen Daten ist gegen das Interesse an der Erteilung der Auskunft bzw. Gewährung der Einsicht abzuwägen. Darlegen des berechtigten Interesses erfordert einen nachvollziehbaren und glaubwürdigen Sachvortrag des Antragstellers, aus dem sich die Verfolgung eines berechtigten Interesses hinreichend erschließt.*)
4. Ein Unternehmen, das mit der Planung und Errichtung von Solarkraftwerken befasst ist, kann ein berechtigtes Interesse i. S. des Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG an der Auskunft aus dem Liegenschaftskataster über Name und Anschrift des Eigentümers bestimmter Grundstücke in der Regel wie folgt hinreichend darlegen: Es muss nachvollziehbar und glaubwürdig vortragen, (1.) es sei als Unternehmen mit der Planung und Errichtung von Solarkraftwerken befasst, (2.) die Grundstücke seien aus seiner unternehmerischen und fachlichen Sicht als Standort für Solarkraftwerke geeignet und (3.) es benötige Name und Anschrift des Grundstückeigentümers, um in einem frühen Planungsstadium in Verhandlung über eine Überlassung des Grundstücks für die Errichtung eines Solarkraftwerks zu treten. (4.) Es muss die fachliche Eignung der Grundstücke für Solarkraftwerke erläutern, beispielsweise durch Vorlage eine „Potentialflächenanalyse“.*)
5. Hingegen ist es zur Darlegung des berechtigten Interesses i. S. des Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 VermKatG nicht erforderlich, dass ein solches Unternehmen eine Stellungnahme der Gemeinde hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Realisierbarkeit des Solarkraftwerks beibringt.*)
6. Will ein Antragsteller durch die Auskunft aus dem Liegenschaftskataster erst herausfinden, wer Eigentümer eines Grundstücks ist, kann von ihm für die Auskunft über Eigentümerdaten regelmäßig nicht verlangt werden, dass er bereits Verhandlungen mit dem (ihm unbekannten) Eigentümer geführt hat.*)
7. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs nach Art. 11 Abs. 1 VermKatG erfüllt, besteht ein Anspruch auf Erteilung der Auskunft. Ein Antragsteller muss sich deshalb auch nicht auf ein Adressmittlungsverfahren verweisen lassen.*)
VolltextOnline seit 13. Juni
IBRRS 2024, 1359OLG Köln, Urteil vom 12.08.2021 - 7 U 144/20
1. Fehlt die nach außen zur Anfüllseite hin erforderliche Sockelabdichtung eines Wärmedämmverbundsystems, ist die Leistung des Auftragnehmers mangelhaft.
2. Werden Teilbereiche vertragswidrig überhaupt nicht geplant und ist der Mangel auf die unterlassene Planung zurückzuführen, kommt eine Mitverantwortung des Auftraggebers wegen eines Planungsverschuldens in Betracht. Voraussetzung für die Anrechnung eines Mitverschuldens ist aber, dass die Planungsverantwortung beim Auftraggeber verblieben ist und nicht ganz bzw. teilweise auf den Auftragnehmer delegiert wurde.
3. Übernimmt der Auftragnehmer Werkleistungen in Kenntnis des Umstands, dass der Auftraggeber keine oder nur eine unzureichende Planung zur Verfügung stellt, kann er sich grundsätzlich nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen.
4. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung ist (ausnahmsweise) entbehrlich, wenn die Mängel erst im Zuge der Beseitigung von (anderen) Mängeln entdeckt wurden und nicht zu erwarten war, dass der Auftragnehmer die Mängel auf eine Mängelbeseitigungsaufforderung hin beseitigt hätte.
VolltextIBRRS 2024, 1779
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2023 - Verg 48/22
1. Der Auftraggeber ist berechtigt, als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers je nach Art, Verwendungszweck und Menge oder Umfang der zu erbringenden Dienstleistungen die Vorlage von geeigneten Referenzen über früher ausgeführte Dienstleistungen zu verlangen.
2. Die in den Referenzen benannten "Referenzaufträge" müssen zum Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit geeignet sein. Welche Art von Aufträgen der Auftraggeber nach Leistungsinhalt und -umfang für "geeignet" hält, kann er vorab unter Berücksichtigung der zu vergebenden Leistungen definieren.
3. Der Auftraggeber kann auch Mindestanforderungen an die Referenzen festlegen. Dabei hat er wie bei der Festlegung der Eignungsanforderungen einen Festlegungsspielraum. Entscheidend ist, ob aus verständiger Sicht der Vergabestelle ein berechtigtes Interesse an der im Verfahren aufgestellten Forderung besteht, so dass diese als sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig erscheint und den Bieterwettbewerb nicht unnötig einschränkt.
4. Der öffentliche Auftraggeber darf diejenigen Anforderungen an den Nachweis stellen, die zur Sicherstellung des Erfüllungsinteresses erforderlich sind, die mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang stehen und die nicht unverhältnismäßig, nicht unangemessen und für den Bieter nicht unzumutbar sind.
VolltextIBRRS 2024, 1825
OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2023 - 4 W 8/23
1. Eine Partei kann die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse u. a. daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt werden, wobei ein rechtliches Interesse anzunehmen ist, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Antragsteller muss die Beweisfragen nicht ausdrücklich formulieren. Es genügt, wenn aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen. Gleichwohl ist ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern.
3. Die Beweistatsachen sind jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zu Grunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
VolltextOnline seit 12. Juni
IBRRS 2024, 1805LG Berlin, Urteil vom 07.09.2023 - 12 O 225/20
1. Die Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 VOB/B, wonach sich die Frist für die Fälligkeit des Anspruchs auf Schlusszahlung auf bis zu 60 Tage verlängert, wenn dies vereinbart wurde und aufgrund der besonderen Merkmale der Vereinbarung sachlich gerechtfertigt ist, ist unwirksam, wenn keine die Fristverlängerung rechtfertigenden Umstände (z. B. die besondere Komplexität des Bauvorhabens) vorliegen.
2. Stellt der Auftragnehmer seine Leistung aufgrund eines Zahlungsverzugs des Auftraggebers berechtigter Weise ein, kann er die Stillstandskosten, die ihm dadurch entstehen, dass er seine Mitarbeiter nicht produktiv einsetzen kann, auf der Grundlage seiner Stundenverrechnungsätze abzüglich des kalkulierten Gewinns berechnen.
3. Macht der Auftragnehmer eine Entschädigung nach § 642 BGB geltend, ist die Vorlage einer bauablaufbezogenen Darstellung des Stillstands nur dann erforderlich, wenn die Behinderung auf andere Weise nicht nachvollzogen werden kann.
4. Sofern die Parteien keine abweichenden Vereinbarungen getroffen haben, obliegt es dem Auftraggeber nicht, ungünstige Witterungseinflüsse (hier: zu niedrige Umgebungstemperaturen) durch die Beheizung des Objekts abzuwehren (Anschluss an BGH, IBR 2017, 302).
VolltextIBRRS 2024, 1783
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2022 - Verg 58/21
1. Der öffentliche Auftraggeber verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn er die Kalkulationsgrundlagen für einen Stundenverrechnungssatz nicht hinreichend eindeutig vorgibt und dadurch ein wesentlicher Umstand für die Preisermittlung unklar bleibt.
2. An der erforderlichen Eindeutigkeit der Vorgaben fehlt es bereits dann, wenn der Auftraggeber differenzierte Angaben in einem Preisblatt fordert, die sich dem fachkundigen Bieter nicht offensichtlich erschließen.
3. Der Auftraggeber muss spätestens mit der Übersendung oder Bekanntgabe der Verdingungsunterlagen den Bietern alle Zuschlagskriterien mitteilen, deren Verwendung er vorsieht, sofern er diese im Voraus festgelegt hat. Dabei hat er in den Vergabeunterlagen detailliert anzugeben, nach welchen Kriterien oder Rechenschritten der niedrigste Preis ermittelt wird.
4. In vergaberechtswidriger Weise nicht mehr eindeutig sind Vergabeunterlagen erst, wenn fachkundigen Unternehmen auch nach Auslegungsbemühungen mehrere Auslegungsmöglichkeiten verbleiben oder das zutreffende Verständnis der Vergabeunterlagen eine besondere Gesamtschau erfordert, die von den Bietern oder Bewerbern im Vergabewettbewerb erfahrungsgemäß nicht geleistet wird oder nicht geleistet werden kann.
VolltextIBRRS 2024, 1802
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.04.2024 - 1 A 10247/23
1. Bei der Errichtung und dem Betrieb einer Kleinwindenergieanlage handelt es sich auch dann um ein der Nutzung der Windenergie dienendes privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, wenn die Anlage nicht der öffentlichen Energieversorgung, sondern allein der Deckung eines privaten Verbrauchs dient.*)
2. Die Errichtung einer Kleinwindenergieanlage im Außenbereich lässt bereits deshalb keinen Wildwuchs derartiger Anlagen zu Lasten der Landschaft befürchten, weil derartige Vorhaben unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur in Betracht kommen, wenn der erzeugte Strom entweder durch einen dort in der Nähe der Anlage vorhandenen Verbraucher abgenommen oder in das Stromnetz eingespeist wird. Dies ist regelmäßig nicht der Fall, da ein Endabnehmer im Außenbereich nur in Ausnahmefällen vorhanden ist und der Bau einer Leitung allein zum Zweck der Einspeisung des mit der Kleinanlage erzeugten Stroms in ein öffentliches Netz unter Rentabilitätsaspekten ausscheidet.*)
VolltextIBRRS 2024, 1663
LG Berlin II, Urteil vom 13.02.2024 - 67 S 186/23
1. Die Rückzahlung der Kaution steht mehreren Mietern als Mitgläubigern zu. Ist der Anspruch eines Mieters verjährt, tangiert dies dementsprechend nicht den Anspruch der anderen Mitmieter.
2. Zwar können auch vorformulierte Klauseln im Einzelfall Gegenstand und Ergebnis von Individualabreden sein, insbesondere wenn sie im Einzelnen ausgehandelt sind. Jedoch liegt ein solches Aushandeln nur vor, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären.
3. Allein die Vornahme einer den Mietern günstigen Änderung und Überarbeitung der vorgesehenen Vertragsbestimmungen ändert nichts an der nachteiligen Wirkung der Schönheitsreparaturklauseln, deren gesetzesfremder Kern durch die damit verbundene Aufnahme einer dem Mieter entgegenkommenden Klausel nicht nach obiger Maßgabe ernsthaft zur Disposition unter Einräumen eigener effektiven vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten der Mieter hinsichtlich des Umfangs der ihnen überbürdeten Schönheitsreparaturen sowie der Quotenklausel gestellt und ausgehandelt wird.
4. Eine AGB-Klausel, wonach Wände und Decken "in dem ursprünglichen Weißton (beim Vermieter zu erfragen)" bei Rückgabe der Mietsache zu streichen sind, ist unwirksam.
5. Auch eine Klausel, wonach die Rückgabe in "gereinigtem Zustand (dazu gehören gereinigte Fenster und Türen, gewischte Böden sowie entkalkte Armaturen etc.)" zu erfolgen hat, ist unwirksam, da ihr die Transparenz bezüglich des tatsächlich geschuldeten Übergabezustands fehlt und der Mieter bei kundenfeindlichster Auslegung auch Reinigungsvorgänge schuldet, die über die allgemein vertraglich geschuldete besenreine Rückgabe im Sinne einer üblichen Reinigung des sich allmählich ansammelnden Schmutzes verbunden mit der Entfernung von groben Verunreinigungen hinausgehen.
VolltextIBRRS 2024, 1664
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.05.2024 - 980a C 18/22 WEG
1. Schließt eine Wohnungseigentümergemeinschaft für das gesamte Gebäude eine Gebäudeversicherung ab, handelt es sich - mit Ausnahme von etwaigem Verbandseigentum - anerkanntermaßen um eine Versicherung auf fremde Rechnung; Versicherungsnehmer ist der rechtsfähige Verband, während Versicherte die einzelnen Wohnungseigentümer sind, und zwar sowohl für ihren ideellen Anteil am Gemeinschaftseigentum als auch für ihr Sondereigentum.
2. Daraus folgt, dass im Schadensfall nur die Gemeinschaft gegenüber dem Gebäudeversicherer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen kann, während der einzelne Wohnungseigentümer weder aktivlegitimiert noch klagebefugt ist.
3. Sofern der geschädigte Wohnungseigentümer also aus Rechtsgründen daran gehindert ist, seinen Schaden selbst beim Gebäudeversicherer zu liquidieren, kann und darf er - insbesondere im Lichte des zwischen ihm und der Gemeinschaft bestehenden Schuldverhältnisses, das auch Schutz- und Rücksichtnahmepflichten umfasst - erwarten, dass "sein" Verband die entsprechenden Interessen und Ansprüche ihres (mit-)versicherten Sondereigentümers pflichtgemäß gegenüber dem Versicherer verfolgt, auch durch eine sorgfältige Prozessführung.
4. Der Verband, der solche Ansprüche gegen den Versicherer bereits klageweise verfolgt, muss den bereits begonnenen Rechtsstreit pflichtgemäß - also unter Beachtung aller zivilprozessualen Grundsätze - fortführen und darf sich nicht darauf beschränken, stattdessen (ohne nachvollziehbare Gründe) nur den geschädigten Eigentümer in Anspruch zu nehmen.
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