Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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IBRRS 2024, 1899OVG Magdeburg, Beschluss vom 05.06.2024 - 3 O 76/24
1. Bei einer Verweisung gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 171 GWB und des Eilverfahrens nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB entsprechend § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde.*)
2. Entscheidet der Vergabesenat des Oberlandesgerichts über einen Antrag nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB und verweist zugleich das Hauptsacheverfahren an das Verwaltungsgericht, ist es dafür zuständig, den Streitwert in dem Verfahren nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB festzusetzen.*)
3. Kann der Rechtsanwalt im Falle einer Verweisung die Gebühr gem. § 15 Abs. 2 RVG nur einmal fordern, bleibt bei verschiedenen Gebührensätzen die höhere Gebühr erhalten.*)
4. Eine unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG liegt nicht vor, wenn der Vergabesenat des Oberlandesgerichts die Vorschriften des Vergaberechts aus dem 4. Teils des GWB nicht für anwendbar hält, und zugleich über einen Antrag nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB selbst entscheidet und das Verfahren hinsichtlich dieses Antrags - anders als das Hauptsacheverfahren - nicht gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Verwaltungsgericht verweist.*)
VolltextIBRRS 2024, 1898
OVG Saarland, Beschluss vom 11.06.2024 - 2 A 49/23
1. Bei der Abgrenzung der maßgeblichen näheren Umgebung eines Baugrundstücks in nicht beplanter Ortslage (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wie auch bei der Beurteilung des Charakters faktischer Baugebiete auf dieser Grundlage rechtfertigt der Umstand, dass die Abgrenzung wie auch die Einordnung der maßgeblichen Umgebungsbebauung nach ihrer Nutzungsart in aller Regel die Verschaffung eines eigenen Eindrucks von den konkreten örtlichen Gegebenheiten voraussetzt und daher von einem Rechtsmittelgericht regelmäßig nicht abschließend allein aufgrund der Aktenlage vorgenommen werden kann, nicht bereits die Annahme, das auf einer Ortsbesichtigung beruhende Ergebnis einer solchen Beurteilung des Verwaltungsgerichts unterläge ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Hat sich das Verwaltungsgericht einen eigenen Eindruck von den baulichen Gegebenheiten vor Ort verschafft und eine nach den Maßstäben der Rechtsprechung nachvollziehbare Bewertung vorgenommen, so kommt eine Zulassung der Berufung nur in Betracht, wenn das Antragsvorbringen besondere Aspekte des konkreten Falles aufzeigt, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des von ihm festgestellten Ergebnisses begründen können.*)
2. Nach der Überleitungsvorschrift des § 245d Abs. 1 BauGB findet § 34 Abs. 2 BauGB auf dörfliche Wohngebiete keine Anwendung, so dass es keine faktischen dörflichen Wohngebiete gibt.*)
3. Ehemalige landwirtschaftliche Betriebe, die von Nichtlandwirten zur Tierhaltung zu Hobbyzwecken und zur Lagerhaltung genutzt werden, können der Qualifizierung eines Gebiets als faktisches allgemeines Wohngebiet entgegenstehen, da Anlagen zur Tierhaltung und zur Lagerung landwirtschaftlicher Produkte in einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 2 und 3 BauNVO weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sind. Ob derartige Anlagen die nähere Umgebung prägen oder als Fremdkörper unbeachtlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.*)
4. Zur näheren Kennzeichnung des bauplanungsrechtlichen Begriffs des freien Berufs kann auf die nicht abschließenden Berufekataloge des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG und des § 1 Abs. 2 Satz 2 PartGG zurückgegriffen werden. Dabei ist die Eigenständigkeit der BauNVO gegenüber dem Steuer- und Partnerschaftsgesellschaftsrecht zu beachten.*)
5. Dass der Kläger über die reine Beratungsleistung hinaus in den Räumlichkeiten seines Ingenieursbüros elektronische Schaltungen entwickelt und realisiert bzw. elektronische Baugruppen als Prototypen oder in Kleinserien fertigt und mechanische Bauteile in 3D-Druckern herstellt, begründet nicht das Vorliegen eines produzierenden Gewerbebetriebs. Auch wenn das Ergebnis der zunächst erbrachten geistigen Ingenieurleistung aufgrund der Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten in 3D-Druckern als mechanisches Bauteil darstellbar oder als Prototyp produzierbar wird, lässt dies nicht den freiberuflichen Charakter der individuellen Ingenieurstätigkeit entfallen, solange der Schwerpunkt der Tätigkeit auf der zu Grunde liegenden Entwicklung liegt.*)
6. Eine gewerbliche Einstufung der Tätigkeit durch die Finanzverwaltung steht der Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit im städtebaulichen Sinne nicht entgegen.*)
7. Die Verfahrensrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) dient nicht einer Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.*)
8. Es ist Sache des Bauherrn, mit der Einleitung eines bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens den Umfang und die Modalitäten seines Vorhabens festzulegen. An diesen Angaben muss er sich festhalten lassen. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Gerichte, das Vorhaben inhaltlich so zu modifizieren, um dieses durch das vom Kläger vermisste Nachfordern von Unterlagen am Maßstab der einschlägigen materiellen Vorschriften insgesamt oder auch nur in Teilen genehmigungsfähig zu machen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1847
AG Schöneberg, Urteil vom 11.04.2024 - 105 C 226/23
Aufwendig gestaltet ist ein Wohnumfeld, wenn eine über das übliche Maß hinausgehende Gestaltung vorhanden ist. Hierfür ist ein besonderer gärtnerischer und/oder architektonischer Aufwand erforderlich, der in unterschiedlichsten konkreten Ausprägungen erscheinen kann, der aber über grundlegende Strukturen, wie das Vorhandensein befestigter Wege oder bepflanzter Bereiche, signifikant hinausgehen muss.
VolltextIBRRS 2024, 1397
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 11.01.2024 - 29 C 8/23 WEG
Bloße architektonische Disharmonien, wie sie häufig durch den Anbau von Balkonen oder Außenaufzügen entstehen, genügen für die Annahme einer grundlegenden Umgestaltung i.S.d. § 20 Abs. 4 WEG nicht.*)
VolltextIBRRS 2024, 1886
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.10.2023 - 4 U 107/23
1. Die Beweislast für den Eintritt eines unvorhergesehenen Sachschadens trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Versicherungsnehmer (im Anschluss an OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.05.2022 - 5 U 60/21, RuS 2022, 627).
2. Für die Vorhersehbarkeit ausreichend ist das Erkennen des Schadens in seinen wesentlichen Komponenten.
VolltextIBRRS 2024, 1900
BGH, Beschluss vom 14.05.2024 - VIII ZR 15/24
Zur Gehörsverletzung im Falle eines fehlerhaften "Protokollurteils" (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23.02.2021 - VIII ZR 213/20, IBRRS 2021, 1069 = IMRRS 2021, 0406).*)
VolltextIBRRS 2024, 1905
BGH, Urteil vom 16.05.2024 - III ZR 196/22
1. Die Berufungsbegründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Er muss die Umstände darlegen, die das Urteil aus seiner Sicht in Frage stellen.
2. Besondere formale Anforderungen werden an die Berufungsbegründung nicht gestellt. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.
3. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.
4. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Ein Gericht darf ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte.
5. Will das Gericht in seiner Entscheidung auf einen "neuen" Gesichtspunkt abstellen, hat es auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen.
6. Es genügt nicht, dass das Gericht allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Es muss die Parteien auf den für entscheidungserheblich erachteten Aspekt unmissverständlich hinweisen und ihnen Gelegenheit zur Abhilfe geben.
VolltextOnline seit 19. Juni
IBRRS 2024, 1881OLG Brandenburg, Urteil vom 29.05.2024 - 11 U 74/18
Hat der Auftraggeber einen Kostenvorschuss erhalten, ist er nach erledigter Mängelbeseitigung rechenschaftspflichtig. Er hat zum Umfang des Kostenerstattungsanspruchs in der Weise vorzutragen, in der er vorzutragen hätte, wenn er den Kostenvorschuss nicht erhalten hätte und er auf die Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs angewiesen wäre.
VolltextIBRRS 2024, 1880
EuGH, Urteil vom 13.06.2024 - Rs. C-737/22
Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung genannten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Transparenz dem nicht entgegenstehen, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines in Lose unterteilten öffentlichen Auftrags nach den in den Auftragsunterlagen festgelegten Modalitäten dem Bieter mit dem wirtschaftlich zweitgünstigsten Angebot der Zuschlag eines Loses unter der Bedingung erteilt wird, dass er akzeptiert, die Lieferungen und Leistungen in Bezug auf dieses Los zum gleichen Preis zu erbringen wie der Bieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot abgegeben hat und der daher den Zuschlag für ein anderes, größeres Los dieses Auftrags erhalten hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 1882
VGH Bayern, Beschluss vom 08.05.2024 - 9 ZB 22.2207
1. Hundesportplätze, die der Erholung und Freizeitgestaltung eines bestimmten Personenkreises dienen, sind nicht im Außenbereich bevorzugt zuzulassen.
2. Eine Privilegierung muss als Bevorzugung zu rechtfertigen sein. Daran fehlt es, wenn gegenüber dem allgemeinen Bedürfnis nach Erholung in der freien Natur, das dem Außenbereich zugeordnet ist, individuelle Erholungs- und Freizeitwünsche bevorzugt werden sollen.
VolltextIBRRS 2024, 1888
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.06.2024 - 2-13 S 603/23
1. Ob eine beschlossen Maßnahme als Erhaltungsmaßnahme (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG) oder Baumaßnahme (§ 20 WEG) zu behandeln ist, bemisst sich alleine nach objektiv-normativen Kriterien und ist nicht davon abhängig, wie die Wohnungseigentümer die entsprechende Maßnahme einordnen.*)
2. Eine Erhaltungsmaßnahme, die nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ist nicht als Baumaßnahme (§ 20 WEG) mit den Kostenfolgen des § 21 WEG zu behandeln. Herrscht Streit über die Ordnungsgemäßheit der Maßnahme, kann dies gerichtlich nur im Rahmen der Anfechtung des Beschlusses über die Erhaltungsmaßnahme geklärt werden und nicht bei der isolierten Anfechtung des Beschlusses über die Kostenverteilung.*)
VolltextIBRRS 2024, 1489
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 03.05.2024 - 980a C 31/23 WEG
1. Um das (Nicht-)Vorliegen eines "wichtigen Grunds" für die Ablehnung einer Umnutzung zu prüfen und die Beschlussfassung auf eine ausreichende Tatsachengrundlage zu stellen (als Voraussetzung für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung), bedarf es der umfassenden Information der Wohnungseigentümer über das Vorhaben und seine Auswirkungen auf die übrigen Eigentümer sowie das gemeinschaftliche Eigentum.
2. Hängt die konkrete Nutzung der Einheit im Wesentlichen auch von den baulichen Gegebenheiten ab, muss der Eigentümer den übrigen Eigentümern - rechtzeitig - ein zustimmungsfähiges Substrat vorlegen, aus dem hervorgeht, wie genau und in welchem Ausmaß die Räume in seiner drei Etagen umfassenden Einheit umgebaut und anschließend genutzt werden sollen, einschließlich der Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums (wie Treppenhäuser und Aufzug).
3. Entsprechendes kann naturgemäß nur nach Maßgabe bereits erteilten öffentlich-rechtlichen Genehmigungen erfolgen, weswegen der Eigentümer auch diese - geschlossen - den übrigen Wohnungseigentümern zur Verfügung stellen muss.
4. Es reicht indes nicht aus, lediglich im Rechtsstreit zu versichern, bereits über entsprechende Genehmigungen zu verfügen, in diese bei Bedarf Einsicht zu geben, im Widerrufsfall (oder bei einer Versagung noch nicht beantragter Genehmigungen) Rückbaumaßnahmen zu veranlassen und die beabsichtigte Nutzung als "Privatklinik" zu unterlassen.
VolltextIBRRS 2024, 1885
LG Duisburg, Urteil vom 05.01.2023 - 22 O 2/22
1. Die Rechtsfolgen einer widerspruchsfreien Entgegennahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens treten nur ein, wenn das Schreiben in seinem Wortlaut mit hinreichender Deutlichkeit auf ernsthafte Vertragsverhandlungen Bezug nimmt, die zumindest aus Sicht des Absenders zu einem gültigen Vertragsschluss geführt haben, und in welchem der Absender seine Auffassung für das Zustandekommen und den Inhalt eines mündlichen, fernmündlichen oder telegrafisch geschlossenen Vertrags mitteilt.
2. Die Bezugnahme kann sich auch aus den Gesamtumständen ergeben. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben muss zwar nicht als solches bezeichnet, aber eindeutig gefasst und erkennbar dazu bestimmt sein, einen Vertragsschluss und den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben sowie verbindlich festzulegen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Absenders.
3. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss zeitnah im Anschluss an die Verhandlungen beim Empfänger eingehen. Ein Zeitabstand von drei Wochen ist dabei als nicht mehr ausreichend anzusehen.
VolltextIBRRS 2024, 1889
AG Reinbek, Beschluss vom 31.05.2024 - 7 M 355/23
Macht ein Gläubiger gegenüber dem Gerichtsvollzieher, etwa weil er ein Feld im Vollstreckungsauftrag versehentlich ankreuzt, widersprüchliche Anträge zur Reihenfolge von Vollstreckungsmaßnahmen, muss der Gerichtsvollzieher nicht beim Gläubiger nachfragen; er darf auslegen, was wohl gemeint ist, auch wenn Meinungsverschiedenheiten über die Gebührenhöhe vorprogrammiert sind.
VolltextIBRRS 2024, 1887
BayObLG, Beschluss vom 29.04.2024 - 102 SchH 23/24
1. Ein Schiedsrichter kann durch gerichtliche Entscheidung abberufen werden, wenn er rechtlich oder tatsächlich außerstande ist, seine Aufgaben zu erfüllen, oder er aus anderen Gründen seinen Aufgaben in angemessener Frist nicht nachkommt.
2. Hat ein Schiedsrichter über einen längeren Zeitraum gar nichts unternommen, kann sich dies in Anbetracht der Gesamtumstände und unter Berücksichtigung der technischen sowie rechtlichen Schwierigkeiten des Falles als schlechthin unannehmbar darstellen.
3. Kommt der Schiedsrichter seinen Aufgaben nicht in angemessener Frist nach, kommt es für die Frage der Amtsbeendigung grundsätzlich nicht auf den Grund an. Auch ein etwaiges Verschulden des Schiedsrichters ist ohne Belang.
VolltextIBRRS 2024, 1883
OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.05.2024 - 6 U 212/23
Die Mitwirkung eines Richters bei einer nicht abschließenden Entscheidung in erster Instanz (hier: Versäumnisurteil) führt in der Berufungsinstanz weder zu einem Ausschluss nach § 41 Nr. 6 ZPO noch begründet sie die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 ZPO.*)
VolltextIBRRS 2024, 1884
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.05.2024 - 3 K 310/20
1. Die Antragsbefugnis eines Planaußenliegers für die Durchführung eines bauplanungsrechtlichen Normenkontrollverfahrens kann sich aus dem Gebietserhaltungsanspruch ergeben.*)
2. Die Annahme der Antragsbefugnis setzt aber voraus, dass dessen Gebietserhaltungsanspruch durch den Bebauungsplan berührt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn der Kreis der zulässigen Arten der baulichen Nutzung durch den Bebauungsplan lediglich eingeschränkt wird.*)
VolltextOnline seit 18. Juni
IBRRS 2024, 1665OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.03.2023 - 2 U 929/21
1. Auf die Beantwortung der Frage, ob das Werk mangelhaft ist, kommt es nicht an, wenn schon die rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht vorgetragen sind.
2. Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht grundsätzlich nur dann, wenn der Auftraggeber dem Auftragnehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Das gilt sowohl vor als auch nach der Abnahme oder bei Entbehrlichkeit der Abnahme wegen eines bestehenden Abrechnungsverhältnisses.
3. Der Auftraggeber kann als Schadensersatz entweder eine aufgrund des Mangels eingetretene Wertminderung des gesamten Objekts geltend machen oder einen Vorschuss auf die voraussichtlich anfallenden Mangelbeseitigungskosten, über den nach erfolgter Mangelbeseitigung abzurechnen ist (BGH, IBR 2018, 196).
VolltextIBRRS 2024, 1857
OLG Hamburg, Beschluss vom 25.09.2023 - 1 Verg 1/23
1. Der Begriff der "Bruttoauftragssumme", die der Streitwertbemessung zugrunde zu legen ist, ist nicht ohne Weiteres identisch ist mit dem Begriff des "Auftragswerts". Maßgeblich ist vielmehr der Preis sein, den der Bieter für seine Leistung vom Auftraggeber als Gegenleistung fordert.
2. Beanstandet ein Bieter, dass kein förmliches Vergabeverfahren stattgefunden hat, so dass er kein konkretes Angebot abgeben konnte, kann nicht nach freier Wahl den vermeintlichen Angebotspreis generieren.
3. Die Kriterien für die Bemessung des Auftragswerts werden durch den Inhalt desjenigen konkreten "Auftrags" begrenzt, der den Streitgegenstand des vergaberechtlichen Nachprüfungs- bzw. Beschwerdeverfahrens bildet.
4. Jedenfalls dann, wenn sich feststellen lässt, auf welchen Inhalt sich der Beschaffungswunsch des öffentlichen Auftraggebers bezogen hat oder beziehen soll, dieser konkrete Beschaffungswunsch für die Bestimmung der dem Auftragswert zugrunde zu legenden Auftragssumme maßgeblich ist.
VolltextIBRRS 2024, 1874
OVG Saarland, Beschluss vom 28.05.2024 - 2 A 39/23
1. Die fehlende Verpflichtung eines Satzungsgebers, eine bestimmte Festsetzung im Bebauungsplan (hier: Errichtung einer Lärmschutzwand) vorzunehmen, besagt nichts darüber, ob ein Drittschutz durch die betreffende Festsetzung gewollt war.*)
2. Maßgeblich ist der in der Begründung des Bebauungsplans zum Ausdruck kommende Wille des Satzungsgebers, den Anwohnern Drittschutz zu vermitteln.*)
3. Durch den Abriss einer im Bebauungsplan festgesetzten Lärmschutzwand versetzt sich die Gemeinde nicht in das Stadium einer Neuplanung des Gebiets mit der Eröffnung eines ihr im Rahmen der Planungshoheit zukommenden Ermessens, sondern sie ist an die vorbehaltlose Festsetzung einer Lärmschutzwand in einem Bebauungsplan gebunden, solange dieser unverändert fortbesteht.*)
4. Ist eine drittschützende Festsetzung einer Lärmschutzwand im Bebauungsplan vorbehaltlos enthalten, besteht der Anspruch auf Durchsetzung des Lärmschutzes unter Umständen selbst dann, wenn die Lärmschutzmaßnahme nach einem späteren Schallschutzgutachten für entbehrlich gehalten wird. Die Verbindlichkeit des Bebauungsplans kann nicht unter Hinweis auf ein neues Schallschutzgutachten in Frage gestellt werden, solange die ursprüngliche Festsetzung nicht durch eine Änderung des Bebauungsplans aufgehoben wurde.*)
5. Die Argumentation, die Klägerin könne nicht verlangen, dass die gesamte Lärmschutzwand also auch entlang der Nachbargrundstücke zu deren Schutz neu errichtet werde, weil sie sich sonst zur Sachwalterin von Rechten Dritter mache, verkennt, dass die Lärmschutzwand als aktive Schallschutzmaßnahme nur in Gänze ihre Wirkung entfalten kann; ein ausreichender Schallschutz ist mit einer auf ihr Grundstück begrenzten Teilerrichtung der Lärmschutzwand nicht gewährleistet.*)
VolltextIBRRS 2024, 1875
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.05.2024 - 10 B 368/24
Die Frage, ob Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung als Nebenanlagen i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO der Eigenart des Baugebiets nicht widersprechen, beurteilt sich nach der örtlichen Situation im jeweiligen Einzelfall (hier: Haltung eines Hahns im allgemeinen Wohngebiet).*)
VolltextIBRRS 2024, 1877
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.06.2024 - 2-13 S 48/23
1. Ein Beschluss über eine Baumaßnahme nach § 20 Abs. 1 WEG entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die auf konkreten Tatsachen beruhende Gefahr besteht, dass Eigentümer hierdurch ohne ihr Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt werden.*)
2. Wird einem Eigentümer der Einbau eines technischen Geräts gestattet (hier Klimaanlage), sind insoweit nicht nur die Nachteile durch den unmittelbaren Einbau zu berücksichtigen, sondern auch die Nachteile, die bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch zu erwarten sind. Die Gemeinschaft hat ggf. durch Auflagen sicherzustellen, dass der Gebrauch nicht zu Beeinträchtigungen i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG führt.*)
VolltextIBRRS 2024, 1876
AG Wolfratshausen, Urteil vom 24.10.2022 - 5 C 274/20
1. Die Einhaltung oder Überschreitung der Grenz- oder Richtwerte der TA-Lärm indiziert die Unwesentlichkeit bzw. die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung.
2. In einem landwirtschaftlich geprägten Ort können Kuhglocken sozialadäquat sein.
VolltextIBRRS 2024, 1871
BGH, Urteil vom 18.01.2024 - IX ZR 6/22
1. Gewährt der Schuldner dem Anfechtungsgegner im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit eine inkongruente Deckung und hat die Inkongruenz ein erhebliches Gewicht, obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis, dass die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, wenn auch letztlich fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs war (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 03.03.2022 - IX ZR 78/20, Rz. 74, IBRRS 2022, 0828). *)
2. Ist der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung nur zu einer kürzeren als der von ihm nach dem Sanierungsgutachten geforderten Prolongation der gewährten Darlehen bereit, kann dies Zweifel am Vertrauen auf einen ernsthaften und erfolgversprechenden Sanierungsversuch begründen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1873
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29.05.2024 - 1 LZ 102/21
1. Die Begründung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss geeignet sein, ein Organisationsverschulden als Ursache der Fristversäumung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen.*)
2. Zu den Aufgaben eines Prozessbevollmächtigten gehört insbesondere die Einrichtung einer wirksamen Ausgangskontrolle.*)
3. Auf ein Organisationsverschulden kommt es dann nicht an, wenn auf andere Weise glaubhaft gemacht wird, dass der Schriftsatz tatsächlich bei der Post aufgegeben wurde.*)
4. Das Abweichen von einer üblichen Vorgehensweise (hier: Aufgabe zur Post statt der Übermittlung per beA) bedarf der Glaubhaftmachung der diese Abweichung rechtfertigenden Gründe.*)
VolltextIBRRS 2024, 1872
OLG Hamburg, Beschluss vom 12.02.2024 - 4 W 65/23
1. Die Vorlage eines Privatgutachtens kann im Kostenfestsetzungsverfahren erforderlich sein, wenn nur auf diese Weise glaubhaft gemacht werden kann, dass der Partei die dafür erstattet verlangten Kosten tatsächlich entstanden sind (Anschluss an BGH, IBR 2013, 319).*)
2. Kosten für privat in Auftrag gegebene Gutachten sind grundsätzlich nicht zu erstatten. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn das Privatgutachten aus der Sicht ex ante prozessbezogen und notwendig war.*)
VolltextOnline seit 17. Juni
IBRRS 2024, 1337LG Aachen, Urteil vom 10.10.2023 - 7 O 147/22
1. Ein Edelstahl-Schwimmbecken im Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung und ist mangelhaft, wenn es ohne Schallschutzrückkopplung ausgeführt wird und die Lärmimmission des Schwimmbeckens die Nutzung der darunterliegenden Wohnungen beeinträchtigt.
2. Auf etwaige Schallschutzprobleme eines Edelstahl-Schwimmbeckens hat der Unternehmer den Besteller hinzuweisen.
3. Muss sich dem Besteller auch als Laien aufdrängen, dass es bei einem Schwimmbad im Obergeschoss zu Schallschutzproblemen hinsichtlich der darunterliegenden Wohnungen kommt, trifft ihn an der Mägelverursachung ein überwiegendes Mitverschulden, wenn er den Unternehmer nicht mit dem Schallschutz beauftragt.
4. Streiten sich die Parteien eines Bauvertrags über Mängel und schließen sie einen (gerichtlichen) Vergleich, wonach keine gegenseitigen Ansprüche mehr bestehen, wird das Werk des Unternehmers vom Bestellers als im Wesentlichen vertragsgerecht gebilligt und damit konkludent abgenommen.
VolltextIBRRS 2024, 1854
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 04.03.2024 - 2-31 O 587/23
Der Auftraggeber einer Rahmenvereinbarung über die Erbringung von Werkleistungen ist jedenfalls dann nicht zum Abruf von Einzelaufträgen verpflichtet, wenn die Rahmenvereinbarung eine Regelung enthält, nach der eine solche Verpflichtung ausdrücklich nicht besteht.
VolltextIBRRS 2024, 1861
OLG Hamburg, Beschluss vom 06.04.2023 - 1 Verg 1/23
1. Eine Vergabe von Aufträgen im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf erfolgen, wenn der Auftrag zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann, dies darauf beruht, dass aus technischen Gründen kein Wettbewerb vorhanden ist, es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsvergabeparameter ist.
2. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Anbieter zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten zur Leistung in der Lage ist, kommt es nicht darauf an, ob die Leistung sofort, also gleichsam auf der Stelle erbracht werden kann. Das zur aktuellen Erfüllung eines Auftrags erforderliche Material herbeischaffen kann auch ein Unternehmen, das sich das Material innerhalb angemessen kurzer Zeit besorgen kann.
3. Eine Vergabe von Aufträgen im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb setzt ein vorheriges Markterkundungsverfahren voraus. Anderenfalls kann der öffentliche Auftraggeber das Nichtvorhandensein vernünftiger Alternativen oder Ersatzlösungen nicht darlegen und beweisen.
VolltextIBRRS 2024, 1792
VGH Bayern, Beschluss vom 03.06.2024 - 1 ZB 23.1762
1. Einem Nachbarn kann auch in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet ein Abwehranspruch gegen erhebliche Verletzungen des Gebietscharakters zustehen. Sind die genehmigten Wohngebäude sowohl in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet als auch in einem reinen Wohngebiet allgemein zulässig und stehen sie nicht in Widerspruch zur Gebietsart, ist ein solcher Anspruch ausgeschlossen.
2. Ob ein Vorhaben, das im konkreten Baugebiet hinsichtlich der Nutzungsart an sich entweder allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist, gleichwohl als gebietsunverträglich vom Nachbarn im (auch faktischen) Plangebiet abgewehrt werden kann, wenn es der allgemeinen Zweckbestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps widerspricht (sog. Gebietsprägungserhaltungsanspruch), kann offen bleiben.
VolltextIBRRS 2024, 1864
LG Berlin II, Beschluss vom 23.05.2024 - 67 T 30/24
Die mit einem Zahlungsverzug begründete Pflichtverletzung des Mieters ist nicht allein deshalb "erheblich" i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil der Zahlungsrückstand summenmäßig über eine Monatsmiete hinausgeht (hier: Zahlungsrückstand i.H.v. 812,23 Euro). Für die Erheblichkeitsprüfung ist vielmehr auf sämtliche Umstände des Einzelfalls abzustellen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1547
AG Bad Salzungen, Urteil vom 22.06.2023 - 1 C 119/22
1. Weicht die zum Vergleichszwecke angegebene Wohnung um 33% von der Wohnfläche der Mietwohnung ab, liegt insoweit eine Flächenabweichung von einem solchen Ausmaß vor, die eine Vergleichbarkeit der Wohnungen ausschließt.
2. Verfügt die Vergleichswohnung über neueste Elektrik nach dem Stand der Technik, während in der Mietwohnung noch alte Alu-Leitungen verlegt sind, und sind im Gegensatz zur Mietwohnung in der Vergleichswohnung zusätzlich die Fußböden und das Bad saniert und die Türen erneuert, weist die Vergleichswohnung einen Qualitätsstandard auf, der derart vom Qualitätsstandard der Mietwohnung abweicht, dass kein Vergleich gerechtfertigt ist.
3. Eine Haushälfte ist kein Vergleichsobjekt für eine Mietwohnung.
VolltextIBRRS 2024, 1863
OLG Schleswig, Beschluss vom 23.04.2024 - 7 U 150/23
1. Bei einem < 4m hohen Hallenvordach auf einem Betriebsgelände liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten vor, wenn die geringe Höhe des Vordachs für jedermann unschwer erkennbar war und durch orangefarbene Ballons auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen wurde. Weitere Hinweise (z.B. Markierungen auf der Straße; Poller etc.) waren nicht erforderlich.*)
2. Bei einem mit Dachpappe gedecktem Flachdach ist im Wege der Vorteilsanrechnung ein entsprechender Abzug neu für alt gerechtfertigt. Ein solches Dach weist - im Vergleich zu einem Ziegel oder Blechdach - eine geringere Lebensnutzungsdauer auf. Es ist üblicherweise anfällig für Undichtigkeiten und muss regelmäßig gewartet und erneuert werden. Die Nutzungsdauer solcher Bitumendächer kann auf 25 Jahre geschätzt werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 1859
BGH, Beschluss vom 17.04.2024 - AnwZ (Brfg) 8/24
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen. Die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten.
VolltextIBRRS 2024, 1862
OLG Bremen, Beschluss vom 13.03.2024 - 2 W 44/23
1. Aufwendungen der Parteien zählen auch dann, wenn sie zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit einem gerichtlich bestellten Sachverständigen getätigt werden, nicht zu den Gerichtskosten im Sinne einer Kostenvereinbarung der Parteien (Anschluss an BGH, IBR 2021, 276).*)
2. Auslegung von Kostenregelungen in einem Vergleich (hier: eigene Aufwendungen einer Partei zur Vor- und Nachbereitung eines Ortstermins mit Bauteilöffnung sind keine Gerichtskosten).*)
VolltextOnline seit 14. Juni
IBRRS 2024, 1833OLG Bremen, Urteil vom 01.04.2022 - 2 U 40/21
Eine Preisanpassungsklausel in einem Wartungsvertrag, nach der sich die Erhöhung des Leistungsentgelts an dem Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte und dem Tarifindex für Arbeitnehmer des Deutschen Statistischen Bundesamts orientiert, kann bei ihrer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr der Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB standhalten, auch wenn für den (nicht zu erwartenden) Fall des Absinkens der Indices eine Preisanpassung nicht vorgesehen ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 1853
VK Bund, Beschluss vom 29.04.2024 - VK 2-33/24
1. Voraussetzung für einen Ausschluss wegen des Fehlens geforderter Unterlagen ist, dass die betreffenden Unterlagen in den Vergabeunterlagen wirksam gefordert worden sind.
2. Welche Anforderungen an eine geforderte „Risikobeurteilung“ zu stellen sind und welche grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen gelten, ergibt sich aus der EG-Maschinenrichtlinie.
3. Eine „alternative Nachweisform“ ersetzt eine Risikobeurteilung i.S. der EG-Maschinenrichtlinie nur dann, wenn dies in den Vergabeunterlagen gestattet ist.
4. Hat ein Bieter seinem Angebot die wirksam geforderte Risikobeurteilung nicht beigefügt, ist ein Angebotsausschluss geboten.
5. Eine Unterlage fehlt nicht und kann dementsprechend nicht nachgefordert werden, wenn sie körperlich vorhanden und auch vollständig ist, ihr Inhalt aber nicht den Erklärungs- oder Beweiswert hat, den die Unterlage nach den Vorgaben des Auftraggebers haben sollte.
6. Ein Unterlage ist nur dann „unvollständig“, wenn sie nicht den physischen Umfang hat, den sie haben sollte.
VolltextIBRRS 2024, 1797
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.03.2024 - 10 A 2791/21
1. Die Erteilung einer Abweichung nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO-NW 2018 ist weder auf die Schaffung neuen Wohnraums im Sinne eigenständiger Wohnungen noch auf besondere Arten von Wohnungen beschränkt.*)
2. Weder der Vorschrift selbst noch der Gesetzesbegründung lässt sich entnehmen, dass das Sonderinteresse im Falle von § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauO-NW 2018 nur dann gegeben sein soll, wenn die Angleichung der Bestandsgebäude an heutige Bauvorschriften ohne die begehrte Abweichung technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist.*)
3. Die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen i.S.v. § 69 Abs. 1 Satz 1 BauO-NW 2018 ist auch in den Fällen von Satz 2 der Vorschrift zu prüfen.*)
4. Zur Frage, ob über den gesetzlichen Wortlaut hinaus zusätzlich eine atypische Grundstückssituation gefordert werden kann (offen gelassen).*)
VolltextIBRRS 2024, 1848
AG Langen, Urteil vom 27.03.2024 - 55 C 72/23
1. Die Feststellung eines Legionellenbefalls in anderen Wohnungen des Gebäudekomplexes stellt keinen Mangel der eigenen Wohnung dar.
2. Von einer konkreten Gesundheitsgefährdung ist erst bei einem Legionellenkonzentrationswert über dem Grenzwert von 1.000 Kbe pro 100 ml auszugehen.
VolltextIBRRS 2024, 1256
VGH Bayern, Urteil vom 09.03.2023 - 13a B 22.1688
1. Die Entscheidung über einen Antrag auf Auskunft über personenbezogene Daten aus dem Liegenschaftskataster nach Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG stellt einen Verwaltungsakt (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) dar.*)
2. Für auf Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG gestützte Auskunftsklagen ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.*)
3. Berechtigtes Interesse i. S. des Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG ist jedes verständige, sachlich gerechtfertigte Interesse des Antragstellers, nicht hingegen die Verfolgung unbefugter Zwecke oder bloße Neugier. Nicht erforderlich ist ein rechtliches Interesse, vielmehr genügt ein bloß tatsächliches, insbesondere auch wirtschaftliches Interesse. Öffentliche Interessen sind zu berücksichtigen und können ein berechtigtes Interesse begründen. Das Interesse des Eigentümers am Schutz seiner personenbezogenen Daten ist gegen das Interesse an der Erteilung der Auskunft bzw. Gewährung der Einsicht abzuwägen. Darlegen des berechtigten Interesses erfordert einen nachvollziehbaren und glaubwürdigen Sachvortrag des Antragstellers, aus dem sich die Verfolgung eines berechtigten Interesses hinreichend erschließt.*)
4. Ein Unternehmen, das mit der Planung und Errichtung von Solarkraftwerken befasst ist, kann ein berechtigtes Interesse i. S. des Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 VermKatG an der Auskunft aus dem Liegenschaftskataster über Name und Anschrift des Eigentümers bestimmter Grundstücke in der Regel wie folgt hinreichend darlegen: Es muss nachvollziehbar und glaubwürdig vortragen, (1.) es sei als Unternehmen mit der Planung und Errichtung von Solarkraftwerken befasst, (2.) die Grundstücke seien aus seiner unternehmerischen und fachlichen Sicht als Standort für Solarkraftwerke geeignet und (3.) es benötige Name und Anschrift des Grundstückeigentümers, um in einem frühen Planungsstadium in Verhandlung über eine Überlassung des Grundstücks für die Errichtung eines Solarkraftwerks zu treten. (4.) Es muss die fachliche Eignung der Grundstücke für Solarkraftwerke erläutern, beispielsweise durch Vorlage eine „Potentialflächenanalyse“.*)
5. Hingegen ist es zur Darlegung des berechtigten Interesses i. S. des Art. 11 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 VermKatG nicht erforderlich, dass ein solches Unternehmen eine Stellungnahme der Gemeinde hinsichtlich der bauplanungsrechtlichen Realisierbarkeit des Solarkraftwerks beibringt.*)
6. Will ein Antragsteller durch die Auskunft aus dem Liegenschaftskataster erst herausfinden, wer Eigentümer eines Grundstücks ist, kann von ihm für die Auskunft über Eigentümerdaten regelmäßig nicht verlangt werden, dass er bereits Verhandlungen mit dem (ihm unbekannten) Eigentümer geführt hat.*)
7. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs nach Art. 11 Abs. 1 VermKatG erfüllt, besteht ein Anspruch auf Erteilung der Auskunft. Ein Antragsteller muss sich deshalb auch nicht auf ein Adressmittlungsverfahren verweisen lassen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1851
BGH, Beschluss vom 07.05.2024 - VI ZB 22/23
Zu den nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO bestehenden Anforderungen an die Übermittlung eines elektronischen Dokuments.*)
VolltextIBRRS 2024, 1852
BayObLG, Beschluss vom 05.06.2024 - 101 AR 63/24
1. Im Fall eines gerichtlichen Zuständigkeitsstreits ist auch die beklagte Partei berechtigt, die Zuständigkeitsfrage in einem Verfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO klären zu lassen.*)
2. Ein Verweisungsbeschluss ist unter Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs ergangen, wenn der Verweisungsantrag zusätzliche Fragen aufwirft, das Gericht aber von einer ergänzenden Anhörung der beklagten Seite absieht und über den Verweisungsantrag entscheidet, ohne ihn der Gegenseite zur Kenntnis gebracht und eine Frist abgewartet zu haben, innerhalb deren eine eventuell beabsichtigte Stellungnahme unter normalen Umständen eingehen kann.*)
3. Ein Verweisungsbeschluss verstößt gegen das Willkürverbot, wenn sich das verweisende Gericht über seine eigene unzweifelhaft und offensichtlich gegebene Zuständigkeit für die Klage hinwegsetzt.*)
4. Nach Klageerhebung bei einem zuständigen Gericht kann die klagende Partei die unter mehreren nicht ausschließlichen Gerichtsständen getroffene Wahl nicht mehr durch Verweisungsantrag abändern. Ist das angerufene Gericht nur für die Klage gegen einen von mehreren Beklagten zuständig, scheidet eine Gesamtverweisung des Rechtsstreits an das ursprünglich gemeinsam zuständige Gericht aus.*)
VolltextOnline seit 13. Juni
IBRRS 2024, 1359OLG Köln, Urteil vom 12.08.2021 - 7 U 144/20
1. Fehlt die nach außen zur Anfüllseite hin erforderliche Sockelabdichtung eines Wärmedämmverbundsystems, ist die Leistung des Auftragnehmers mangelhaft.
2. Werden Teilbereiche vertragswidrig überhaupt nicht geplant und ist der Mangel auf die unterlassene Planung zurückzuführen, kommt eine Mitverantwortung des Auftraggebers wegen eines Planungsverschuldens in Betracht. Voraussetzung für die Anrechnung eines Mitverschuldens ist aber, dass die Planungsverantwortung beim Auftraggeber verblieben ist und nicht ganz bzw. teilweise auf den Auftragnehmer delegiert wurde.
3. Übernimmt der Auftragnehmer Werkleistungen in Kenntnis des Umstands, dass der Auftraggeber keine oder nur eine unzureichende Planung zur Verfügung stellt, kann er sich grundsätzlich nicht auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen.
4. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung ist (ausnahmsweise) entbehrlich, wenn die Mängel erst im Zuge der Beseitigung von (anderen) Mängeln entdeckt wurden und nicht zu erwarten war, dass der Auftragnehmer die Mängel auf eine Mängelbeseitigungsaufforderung hin beseitigt hätte.
VolltextIBRRS 2024, 1779
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.06.2023 - Verg 48/22
1. Der Auftraggeber ist berechtigt, als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers je nach Art, Verwendungszweck und Menge oder Umfang der zu erbringenden Dienstleistungen die Vorlage von geeigneten Referenzen über früher ausgeführte Dienstleistungen zu verlangen.
2. Die in den Referenzen benannten "Referenzaufträge" müssen zum Nachweis der beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit geeignet sein. Welche Art von Aufträgen der Auftraggeber nach Leistungsinhalt und -umfang für "geeignet" hält, kann er vorab unter Berücksichtigung der zu vergebenden Leistungen definieren.
3. Der Auftraggeber kann auch Mindestanforderungen an die Referenzen festlegen. Dabei hat er wie bei der Festlegung der Eignungsanforderungen einen Festlegungsspielraum. Entscheidend ist, ob aus verständiger Sicht der Vergabestelle ein berechtigtes Interesse an der im Verfahren aufgestellten Forderung besteht, so dass diese als sachlich gerechtfertigt und verhältnismäßig erscheint und den Bieterwettbewerb nicht unnötig einschränkt.
4. Der öffentliche Auftraggeber darf diejenigen Anforderungen an den Nachweis stellen, die zur Sicherstellung des Erfüllungsinteresses erforderlich sind, die mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang stehen und die nicht unverhältnismäßig, nicht unangemessen und für den Bieter nicht unzumutbar sind.
VolltextIBRRS 2024, 1788
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 23.05.2024 - 1 LA 154/23
1. Die nach Aufstellung einer Sanierungssatzung erforderliche Konkretisierung der Sanierungsziele erfolgt durch Beschluss des zuständigen Gemeindeorgans, beispielsweise durch Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan oder eine örtliche Bauvorschrift (Gestaltungssatzung). Erweist sich der Bebauungsplan oder die örtliche Bauvorschrift als unwirksam, lässt das die Zielkonkretisierung unberührt, wenn eine Heilung des zur Unwirksamkeit führenden Fehlers möglich ist und die Gemeinde an dem Ziel festhält.*)
2. Der Ausschluss von Fremdwerbeanlagen kann sowohl auf § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO als auch die Ermächtigung zum Erlass örtlicher Bauvorschriften (in Niedersachsen § 84 Abs. 3 Nr. 2 NBauO) gestützt werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 1604
LG Hamburg, Beschluss vom 09.02.2024 - 311 S 89/23
1. Wird der Mangel der Vollmacht gerügt, ist stets der Nachweis nach § 80 ZPO zu führen. Danach ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen.
2. Der Vermieter kann, wenn der Besucher in der Vergangenheit wiederholt den Hausfrieden in erheblichen Maße gestört hat, ein Hausverbot aussprechen.
3. Dies muss der Mieter durchsetzen, sonst droht die Kündigung.
4. Eine strafrechtliche Verurteilung ist nicht Voraussetzung, um dem Verhalten einer Partei bzw. einem ihr zuzurechnenden Verhalten ein derartiges Gewicht zu verleihen, dass es eine Kündigung zu begründen geeignet ist.
VolltextIBRRS 2024, 1804
AG Charlottenburg, Urteil vom 15.05.2024 - 75 C 63/23
1. Ist ein Verwalter nicht bestellt, so ist der Anspruch auf die begehrte Maßnahme nach § 18 Abs. 2 WEG nicht durchsetzbar und eine entsprechende Klage als derzeit unbegründet abzuweisen.
2. Die Einberufung einer Versammlung zur Verwalterbestellung und der Abschluss eines Verwaltervertrags bedürfen keiner Vorbefassung der Versammlung, wenn die Gemeinschaft verwalterlos und auch kein Einberufungsvertreter vorhanden ist.
3. Eine Beschlussersetzungsklage ist nicht nur dann begründet, wenn das Ermessen auf null reduziert ist, sondern vielmehr bereits dann, wenn die Voraussetzungen für die Ersetzung selbst vorliegen.
4. Bei einer verwalterlosen Wohnungseigentümergemeinschaft ohne Einberufungsvertreter ist ein Einberufungsvertreter zwingend zu bestellen, um überhaupt in Zukunft wieder handlungsfähig zu sein.
VolltextIBRRS 2024, 1831
LSG Hessen, Urteil vom 05.02.2024 - L 6 AS 125/23
Für die Benachrichtigung des Leistungsberechtigten, dass die Direktauszahlung der Kosten der Unterkunft und Heizung an den Vermieter nach § 22 Abs. 7 Satz 2 bis 4 SGB II wegen nicht zweckgebundener Mittelverwendung direkt erfolgt, ist ein informatorisches Schreiben der Behörde ausreichend. Es bedarf nicht des Erlass eines Verwaltungsaktes.*)
VolltextIBRRS 2024, 1824
BGH, Beschluss vom 19.03.2024 - X ARZ 119/23
1. Die Unterbrechung des Verfahrens gem. § 240 ZPO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der beklagten Partei steht einem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht entgegen (Bestätigung von BGH, IBR 2022, 659).*)
2. Dem Gericht, bei dem der Rechtsstreit in der Hauptsache anhängig ist, ist es gem. § 249 ZPO während einer Unterbrechung des Verfahrens verwehrt, sich für unzuständig erklären und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht zu verweisen.*)
3. Eine entgegen § 249 ZPO ergangene Entscheidung zur Zuständigkeit kann aber als rechtskräftige Entscheidung i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO anzusehen sein.*)
VolltextIBRRS 2024, 1825
OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2023 - 4 W 8/23
1. Eine Partei kann die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse u. a. daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt werden, wobei ein rechtliches Interesse anzunehmen ist, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Antragsteller muss die Beweisfragen nicht ausdrücklich formulieren. Es genügt, wenn aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen. Gleichwohl ist ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern.
3. Die Beweistatsachen sind jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zu Grunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
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