Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
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IBRRS 2025, 0223
KG, Urteil vom 30.01.2024 - 9 U 110/21
1. Der Zurechnungszusammenhang zwischen einem Ausschreibungsfehler des Planers (hier: produktspezifische Ausschreibung) und Schäden des Bauherrn infolge der Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens fehlt, wenn das Nachprüfungsverfahren nicht durch den Ausschreibungsfehler, sondern einen vergaberechtswidrigen Verstoß gegen des Verhandlungsverbot vom Bauherrn veranlasst wurde. Jedenfalls ist ein ganz überwiegendes Mitverschulden des Bauherrn anzunehmen.
2. Der Planer ist ausschließlich für die Erstellung eines (vergaberechtskonformen) Leistungsverzeichnisses verantwortlich, nicht für eine umfassende vergaberechtliche Beratung und sämtliche Entscheidungen im Vergabeverfahren.

IBRRS 2025, 0703

EuGH, Urteil vom 06.03.2025 - Rs. C-471/23
1. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 (...) ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff "Begünstigter" im Sinne dieser Bestimmung eine Einrichtung fallen kann, die mit der Einleitung oder mit der Einleitung und Durchführung der betreffenden Vorhaben betraut ist, aber keine staatliche Beihilfe i.S.v. Art. 2 Nr. 10 Buchst. a der Verordnung Nr. 1303/2013 erhält, sowie eine Einrichtung, die einen Verwaltungsvertrag über einen Zuschuss nicht "federführend" unterzeichnet hat.*)
2. Art. 2 Nrn. 36 und 37 der Verordnung Nr. 1303/2013 (...) ist dahin auszulegen, dass er weder einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der eine Entscheidung über eine finanzielle Berichtigung wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge an einen anderen Wirtschaftsteilnehmer als denjenigen gerichtet werden kann, der diesen Verstoß begangen hat, noch dem entgegensteht, dass für diese finanzielle Berichtigung eine gesamtschuldnerische Haftung erfolgt, diese Haftung vertraglich zwischen diesem anderen Wirtschaftsteilnehmer und dem Wirtschaftsteilnehmer, der den Verstoß begangen hat, aufgeteilt werden kann oder der Wirtschaftsteilnehmer haftet, der den Verstoß begangen hat, sofern die finanziell verantwortlichen Wirtschaftsteilnehmer wissen können, dass sie im Fall einer Unregelmäßigkeit bei der Durchführung des in Rede stehenden Vorhabens insoweit gegenüber der betreffenden Verwaltungsbehörde für diese finanzielle Berichtigung haften.*)
3. Die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts der guten Verwaltung und der Wahrung der Verteidigungsrechte sowie Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Praxis entgegenstehen, nach der ein Wirtschaftsteilnehmer, der eine Unregelmäßigkeit i.S.v. Art. 2 Nr. 36 der Verordnung Nr. 1303/2013 begangen hat, die zu einer finanziellen Berichtigung geführt hat, deshalb nicht berechtigt ist, sich an dem Verfahren zur Festsetzung dieser finanziellen Berichtigung oder an dem auf deren Anfechtung gerichteten gerichtlichen Verfahren zu beteiligen, weil diesem Wirtschaftsteilnehmer aufgrund eines Partnerschaftsvertrags ein zivilrechtlicher Rechtsbehelf zur Verfügung steht, soweit der Wirtschaftsteilnehmer gegenüber der betreffenden Verwaltungsbehörde für die Durchführung des in Rede stehenden Vorhabens finanziell verantwortlich ist.*)

IBRRS 2025, 0634

VGH Bayern, Beschluss vom 18.02.2025 - 15 CS 25.102
1. Eine Nutzung von Anlagen, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden, kann untersagt werden.
2. Ein Containerlagerplatz ist eine bauliche Anlage. Sie wird im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, wenn sie nicht genehmigt ist.

IBRRS 2025, 0684

OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.03.2025 - 12 U 130/24
1. Grundsätzlich kann ein Grundstückseigentümer nach § 1004 Abs. 1 BGB die Beseitigung einer ohne dingliche Berechtigung in seinem Grundstück verlaufenden fremden Abwasserleitung verlangen.*)
2. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine Duldungspflicht, insbesondere auf Grund des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses, besteht.*)

IBRRS 2025, 0696

OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.03.2025 - 12 U 75/24
1. Solange das Bestehen des Haftpflichtanspruchs nicht rechtskräftig festgestellt ist, kann der Versicherungsnehmer gegen den Haftpflichtversicherer im vorweggenommenen Deckungsprozess auf Feststellung der Verpflichtung zur Gewährung bedingungsgemäßen Deckungsschutzes klagen.*)
2. Die streitige Frage, ob der Haftpflichtversicherer wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens leistungsfrei ist, kann im vorweggenommenen Deckungsprozess nicht entschieden werden. Auch insoweit gilt der Vorrang des Haftpflichtprozesses.*)

IBRRS 2025, 0706

BGH, Urteil vom 06.03.2025 - I ZR 138/24
1. § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB erfasst nicht nur Vereinbarungen der Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus untereinander, sondern jegliche Art vertraglicher Vereinbarungen, durch die unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch des Maklers auf Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn gegenüber der Partei begründet wird, die nicht Partei des Maklervertrags ist.*)
2. Haben sich die Käufer im Innenverhältnis zur Verkäuferin verpflichtet, den Maklerlohn in voller Höhe zu bezahlen, bleibt die Verkäuferin als die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, nicht im Sinne des § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet.*)
3. Eine Vereinbarung, die gegen § 656d BGB verstößt, ist nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion mit der Folge, dass die andere Partei zur Zahlung des hälftigen Maklerlohns verpflichtet bleibt, findet nicht statt.*)

IBRRS 2025, 0705

BGH, Urteil vom 06.03.2025 - I ZR 32/24
1. Um ein Einfamilienhaus im Sinne der §§ 656a ff. BGB handelt es sich, wenn der Erwerb des nachzuweisenden oder zu vermittelnden Objekts für den Makler bei Abschluss des Maklervertrags mit dem Erwerber erkennbar Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts dient.*)
2. Der Annahme, dass ein Einfamilienhaus Wohnzwecken dient, steht nicht entgegen, dass darin eine Einliegerwohnung oder eine anderweitige gewerbliche Nutzungsmöglichkeit von jeweils nur untergeordneter Bedeutung (hier: ein 1/5 der Gesamtfläche umfassender Büroanbau) vorhanden sind.*)
3. Die Vorschrift des § 656c BGB, die lediglich den Fall des Abschlusses von Maklerverträgen zwischen dem Makler einerseits und andererseits jeweils den Parteien des Hauptvertrags regelt, ist entsprechend anzuwenden, wenn anstelle einer Partei des Hauptvertrags ein Dritter den Maklervertrag abschließt.*)

IBRRS 2025, 0697

OLG Frankfurt, Urteil vom 30.01.2025 - 30 W 7/25
Die Ernennung kann auch dadurch erfolgen, dass das Gericht, nachdem der zuerst ernannte Sachverständige mitgeteilt hat, die Beantwortung einer Beweisfrage falle nicht in sein Fachgebiet, weshalb die Hinzuziehung eines von ihm namentlich konkret benannten Sachverständigen erforderlich sei, der Hinzuziehung dieses Sachverständigen ausdrücklich zustimmt. Zum Schutz der Interessen der Parteien sollen diese vor Erteilung der Zustimmung angehört werden.*)

IBRRS 2025, 0664

BGH, Beschluss vom 11.02.2025 - VI ZR 185/24
1. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist verletzt, wenn offenkundig unrichtig überhöhte Anforderungen an die Substantiierungspflicht zum Krankheitswert psychischer Beeinträchtigungen gestellt werden.*)
2. Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind.
3. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.

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IBRRS 2025, 0654
OLG Celle, Urteil vom 28.02.2025 - 14 U 173/24
1. Eine (weitere) Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ist nicht erforderlich, wenn ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist. Der Besteller kann nach dem Bundesgerichtshof auch ohne Abnahme des Werkes berechtigt sein, Mängelrechte nach § 634 Nr. 2 bis 4 BGB geltend zu machen, wenn er nicht mehr die Nacherfüllung verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. So liegt es jedenfalls, wenn eine Partei das Werk als fertiggestellt zur Abnahme angeboten hat und die andere Partei den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat, sodass auf keiner Seite mehr ein Interesse an der (weiteren) Erfüllung des Vertrages besteht.*)
2. Die Beweislast für die Umstände, die eine Unerheblichkeit der Pflichtverletzung gem. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB begründen, trifft den Schuldner. Ob eine Pflichtverletzung erheblich ist, richtet sich nach einer umfassenden Interessenabwägung, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ist. Hierbei sind insbesondere der für die Mangelbeseitigung erforderliche Aufwand zu berücksichtigen und bei einem nicht behebbaren Mangel die von ihm ausgehende funktionelle und ästhetische Beeinträchtigung, aber auch die Schwere des Verschuldens des Schuldners.*)
3. Die Erheblichkeit eines Mangels ist in der Regel zu bejahen, wenn die Kosten der Beseitigung mindestens 5 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachen. Wer eine Kellertreppenüberdachung zum Preis von 12.000 Euro liefern und montieren lässt, darf erwarten, dass diese nicht nur einwandfrei funktioniert und stabil ist, sondern dass diese auch optisch einwandfrei ist und der Gesamteindruck nicht durch Mängel wegen zu großer Spaltmaße, Farbabweichungen oder Einprägungen gestört wird.*)
4. In der Regel begründen auch schon (rein) optische Beeinträchtigungen eine Erheblichkeit.*)

IBRRS 2025, 0568

OLG Celle, Urteil vom 05.02.2025 - 14 U 85/24
Eine unterlassene Verkehrsregelung der beauftragten privaten Baufirma, deren Zweck es war, Straßenbauarbeiten abzusichern, die zur Daseinsfürsorge gehören, zieht eine Haftung des verantwortlichen Hoheitsträgers nach sich.*)

IBRRS 2025, 0668

VK Bund, Beschluss vom 05.02.2025 - VK 2-119/24
1. Auch wenn sich der Auftraggeber auf die Forderung vergleichbarer Referenzen beschränkt und darüber hinaus keine weiteren Spezifikationen zum Vergleichbarkeitsmaßstab vorgibt, ist der Umfang des Referenzauftrags stets ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung zu berücksichtigen ist.
2. Es genügt nicht, dass ein Bieter Erfahrungen in der Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen hat; hinzu kommen muss vielmehr, dass der Bieter über die für die Ausführung des Auftrags erforderlichen Kapazitäten in personeller und sachlicher Hinsicht verfügt.
3. Die Regelung, wonach Bieter keine Nachweise vorlegen müssen, wenn der Auftraggebers bereits im Besitz dieser Nachweise ist, bietet keine Rechtsgrundlage dafür, bieterseitig nicht benannte Referenzen durch eigene Kenntnis des Auftraggebers hiervon zu ersetzen.
4. Die selbständige Ausführung eines Teils des in der Leistungsbeschreibung festgelegten Leistungsumfangs ist das Differenzierungskriterium, welches die Unterauftragnehmerschaft abgrenzt von der bloßen Zurverfügungstellung von Gerät.

IBRRS 2025, 0679

OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.12.2024 - 7 A 828/22
1. Die Umweltverträglichkeitsprüfung hat sich u. a. in Verfahren zur Vorbereitung eines Vorbescheids vorläufig auf die nach dem jeweiligen Planungsstand erkennbaren Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens zu erstrecken. Dies gilt auch für die Durchführung einer (allgemeinen oder standortbezogenen) Vorprüfung, denn erst nach deren Durchführung steht fest, ob für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
2. Die Umweltverträglichkeitsprüfung und damit auch die allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung sind insoweit nicht auf die im Vorbescheidsantrag gestellten Rechtsfragen beschränkt, sondern setzen bei den tatsächlichen Merkmalen an, die hinter den gestellten Rechtsfragen stehen.

IBRRS 2025, 0636

AG München, Urteil vom 18.08.2023 - 173 C 11834/23
Selbst wenn aus der Wohnung eines Mieters Geräusche dringen, darf ein Nachbar nicht durch ständiges Klopfen hierauf reagieren. Vielmehr muss der Nachbar seinerseits gerichtlich gegen den anderen Mieter vorgehen und auf Unterlassung klagen.

IBRRS 2025, 0646

AG Nürnberg, Urteil vom 05.11.2024 - 16 C 1668/24 WEG
1. Eine Gesamtvertretung der Gemeinschaft erfordert die Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer bei der Vertretung und damit gleichgerichtete Erklärungen bei Prozesshandlungen.
2. Die Bestellung eines Verwalters entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung und ist für die Vertretung/Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft regelmäßig erforderlich.
3. Ausnahmsweise sind auch die Eigentümer berechtigt, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, sofern die Einberufung einvernehmlich durch alle Wohnungseigentümer erfolgt.
4. Gibt es keinen Verwalter und keinen Verwaltungsbeirat, so besteht die Möglichkeit einer Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Ermächtigung eines einzelnen Eigentümers zur Einberufung einer Eigentümerversammlung.
5. Es bedarf ausnahmsweise keiner Vorbefassung der Versammlung, wenn die Gemeinschaft verwalterlos ist und auch kein Verwaltungsbeirat existiert.
6. Gibt es zwar einen Einberufungsvertreter, macht dieser davon aber keinen gebrauch, steht die Wohnungseigentümergemeinschaft wie eine solche ohne Einberufungsvertreter.
7. Anders als bei der Anfechtung eines Negativbeschlusses ist eine Beschlussersetzungsklage nicht nur dann begründet, wenn das Ermessen auf null reduziert ist, sondern vielmehr bereits dann, wenn die Voraussetzungen für die Ersetzung selbst vorliegen.

IBRRS 2025, 0685

BFH, Urteil vom 30.10.2024 - II R 15/22
1. Vergütungen für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche unterliegen beim Grundstückserwerb mit noch zu errichtendem Gebäude als zusätzliche Leistungen der Grunderwerbsteuer nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes, wenn ein rechtlicher Zusammenhang mit dem Erwerbsgeschäft vorliegt.*)
2. Die Steuer ist in einem selbständigen Bescheid festzusetzen.*)

IBRRS 2025, 0686

BFH, Urteil vom 30.10.2024 - II R 18/22
1. Vergütungen für nachträglich vereinbarte Sonderwünsche unterliegen beim Grundstückserwerb mit noch zu errichtendem Gebäude als zusätzliche Leistungen der Grunderwerbsteuer nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes, wenn ein rechtlicher Zusammenhang mit dem Erwerbsgeschäft vorliegt.*)
2. Dies gilt nicht für Hausanschlusskosten, wenn der Erwerber des Grundstücks zur Übernahme dieser Kosten sich bereits im Grundstückskaufvertrag verpflichtet hat.*)
3. Die Steuer ist in einem selbstständigen Bescheid festzusetzen.*)

IBRRS 2025, 0682

KG, Beschluss vom 25.09.2024 - 23 W 12/24
1. Befangenheit bedeutet eine unsachliche innere Einstellung, die sich störend auf die gebotene Neutralität auswirkt und die Besorgnis begründet, die gutachterliche Feststellung werde von sachfremden Erwägungen mitgeprägt.
2. Allein die fachliche Ungeeignetheit begründet keine Befangenheit. Anders ist es, wenn die inhaltlichen Unzulänglichkeiten Ausdruck einer Voreingenommenheit sind.
3. Rückt der Sachverständige ohne sachliche Begründung von seinen vorherigen Feststellungen ab, kommt darin die Unfähigkeit, einen Fehler zu korrigieren, und damit eine unsachliche innere Einstellung zum Ausdruck.

IBRRS 2025, 0667

BGH, Beschluss vom 15.01.2025 - XII ZR 5/23
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots stellt einen Gehörsverstoß dar, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet.
2. Steht der Aufnahme des Beweises ein Hindernis von ungewisser Dauer entgegen, so hat das Gericht durch Beschluss eine Frist zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablauf das Beweismittel nur benutzt werden kann, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts dadurch das Verfahren nicht verzögert wird.
3. Es fehlt an einem Hindernis, wenn das Gericht nicht sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die Durchführung der Vernehmung eines (hier: nicht reisefähigen) Zeugen ausschöpft.

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IBRRS 2025, 0655
OLG Stuttgart, Urteil vom 17.12.2024 - 10 U 23/24
1. Einer Klage auf Feststellung der Verpflichtung, die Kosten der Beseitigung des Mangels an einem Bauwerk zu tragen, steht die Möglichkeit, eine Leistungsklage auf Vorschuss gemäß § 637 Abs. 3 BGB oder auf einen abzurechnenden Schadensersatz zu erheben, jedenfalls dann nicht entgegen, wenn eine Sanierung aus vernünftigen Gründen nicht zeitnah begonnen werden soll.*)
2. Ein Architekt/Ingenieur schuldet ohne abweichende Vereinbarung keine Planung nach dem Stand der Technik, sondern nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik.*)
3. Die Ausführungsplanung eines Architekten/Ingenieurs erfüllt ohne abweichende vertragliche Vereinbarung nicht die vertraglich geschuldete Beschaffenheit, wenn sie nicht der ihm bekannten Baugenehmigung und dem Bauordnungsrecht entspricht.*)
4. Allein dass andere Architekten und Fachplaner des Auftraggebers gegen eine mangelhafte Planung eines Architekten/Ingenieurs keine Bedenken geäußert haben, enthaftet den Architekten/Ingenieur nicht, sondern kann zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der anderen Architekten/Fachplaner führen.*)
5. Ist die Ausführung des Werks mangelhaft, weil es nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit entspricht, ist es aber durch ergänzende Maßnahmen funktionstauglich geworden, greift gegenüber einem Vorschussanspruch/Anspruch auf abzurechnenden Schadensersatz in der Regel die Einrede der Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung durch. Die Einrede der Unverhältnismäßigkeit kann dann nicht mit Erfolg erhoben werden, wenn die Ausführung des Werks aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften geändert werden muss.*)
6. Besteht eine Unsicherheit, ob eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung vorliegt, den Mangel der Bauausführung zu beseitigen, ist der Auftraggeber nicht nach Treu und Glauben verpflichtet, auf eigene Kosten die Rechtslage zu klären. Auf Verlangen des mangelhaft leistenden Auftragnehmers ist der Auftraggeber aus dem Kooperationsgebot verpflichtet, dem Auftragnehmer die Klärung der Rechtslage zu ermöglichen.*)
7. Ein Architekt/Ingenieur kann sich gegenüber dem Schadensersatzverlangen seines Auftraggebers nicht auf einen Abzug "neu für alt" berufen, wenn der Auftraggeber sich seit der Abnahme des Werks des bauausführenden Auftragnehmers mit einem nicht funktionstüchtigen Werk begnügen musste und nach Eintritt der Funktionstauglichkeit die seither verstrichene Zeit darauf beruht, dass der Architekt/Ingenieur seine vertragliche Verpflichtung zum Schadensersatz zu Unrecht abgestritten hat.*)
8. Beruht der Mangel des Bauwerks auf einer für den Auftragnehmer erkennbar mangelhaften Planung oder Ausschreibung, wird der Auftragnehmer von seiner Gewährleistungsverpflichtung auch ohne Bedenkenhinweis frei, wenn dem Auftraggeber die Funktionseinschränkung der vereinbarten Ausführung des Werks bekannt ist und er sich in Kenntnis dessen eigenverantwortlich für diese Ausführung entschieden hat.*)
9. Auch wenn der Auftraggeber selbst über Sachkunde verfügt bzw. sich die Sachkunde seines Architekten oder Fachplaners zurechnen lassen muss, führt dies allein nicht zum Wegfall der Haftung des Auftragnehmers. Eine Enthaftung kommt nur dann in Betracht, wenn der Auftragnehmer berechtigterweise auf die größere Fachkenntnis des Auftraggebers vertrauen darf oder er sich sicher sein kann, dass der fachkundige Auftraggeber die Mangelhaftigkeit des Werks gemäß der Planung/Ausschreibung erkannt und bewusst in Kauf genommen hat. Dies setzt voraus, dass der Auftragnehmer verlässlich davon ausgehen darf, dass dem Auftraggeber bzw. dessen (Fach-)Planer trotz deren Fachkunde kein Fehler unterlaufen war.*)
10. Eine Mangelbeseitigungsaufforderung des Auftraggebers ohne Sanierungsplanung ist grundsätzlich wirksam, weil der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Vorlage einer Sanierungsplanung durch den Auftraggeber hat. Anderes gilt lediglich dann, wenn der Auftragnehmer für die Mangelbeseitigung auf Vorgaben des Auftraggebers angewiesen ist (Abgrenzung zu Senat, IBR 2022, 181).*)
11. Mangelbedingten Zahlungsansprüchen des Auftraggebers steht eine Kündigung des Bauvertrags nach § 648a Abs. 5 BGB a.F. bzw. § 650f Abs. 5 BGB n.F. durch den Auftragnehmer nicht entgegen, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung diese mangelbedingten Zahlungsansprüche bereits entstanden waren.*)
12. Der Umfang eines planerischen Mitverschuldens des Auftraggebers richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Der Einwand des Mitverschuldens ist dem Auftragnehmer nur dann abgeschnitten, wenn er die Mangelhaftigkeit seines zu schaffenden Werks positiv gekannt hat oder sich ihm die Mangelhaftigkeit förmlich aufdrängen musste.*)

IBRRS 2025, 0658

OLG Jena, Beschluss vom 08.01.2025 - Verg 8/24
1. Die bestandskräftige Entscheidung einer Vergabekammer, die dem öffentlichen Auftraggeber aufgibt, die Leistung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer in einem vergaberechtskonformen Verfahren auszuschreiben, kann nicht mit einem Zwangsgeld vollstreckt werden, wenn der Auftraggeber nicht zeitnah die entsprechende Ausschreibung beginnt.
2. Aufgrund der Vertragsfreiheit kann und darf der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich nicht dazu gezwungen werden, einen Auftrag an einen geeigneten Bieter zu erteilen.
3. Es ist nicht zulässig, erstmals im Beschwerdeverfahren einen neuen und von dem Antrag vor der Vergabekammer gänzlich abweichenden Vollstreckungsantrag und damit ein gänzlich neues Rechtsschutzbegehren zu erheben.
4. Das Interesse des Antragstellers an der Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen entspricht dem wirtschaftlichen Interesse am Erhalt der Zuschlagschancen und ist pauschaliert mit 5% der Bruttoauftragssumme anzusetzen.

IBRRS 2025, 0614

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.02.2025 - 7 B 981/24
1. Eine Verwirkung behördlicher Eingriffsbefugnisse kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Selbst Fehlverhalten von Amtsträgern, die ein illegales und materiell-rechtswidriges Verhalten zumindest sehenden Auges in Kauf genommen, wenn nicht gar unterstützt haben, hindert die Bauaufsichtsbehörde nicht, darunter einen Schlussstrich zu ziehen und wieder baurechtmäßige Zustände zu bewirken.
2. Die schlichte Hinnahme eines baurechtlich formell illegalen Geschehens für eine längere Zeit hindert die Bauaufsichtsbehörde nicht, ihre bisherige Praxis zu beenden und auf die Herstellung baurechtmäßiger Zustände hinzuwirken.
3. Von der Duldung einer formell illegalen Nutzung ist im Regelfall erst dann auszugehen, wenn die Bauaufsichtsbehörde in Kenntnis der Umstände zu erkennen gibt, dass sie sich auf Dauer oder für einen zum Zeitpunkt des Einschreitens noch nicht abgelaufenen Zeitraum mit der Existenz dieser Nutzung abzufinden gedenkt. Angesichts des Ausnahmecharakters und der weitreichenden Folgen einer solchen Duldung spricht vieles dafür, dass jedenfalls eine länger andauernde Duldung, soll sie Vertrauensschutz vermitteln, schriftlich erfolgen muss.

IBRRS 2025, 0642

AG Bad Urach, Urteil vom 16.01.2025 - 1 C 165/24
Besteht ein Mietverhältnis i.S.d. § 566 BGB, wenn der "Mieter" die Wohnung zuvor vom Veräußerer "gekauft" hat, der "Kaufvertrag" aber nicht beurkundet ist?

IBRRS 2025, 0640

LG Berlin II, Urteil vom 22.01.2025 - 64 S 21/23
1. Der Einbau einer Zentralheizungsanlage an Stelle der bis dahin in den Wohnungen installierten Elektro-Einzelöfen stellt sich auch dann als eine Modernisierungsmaßnahme i.S.v. § 555b Nr. 2 und Nr. 4 BGB dar, wenn die Anlage nicht von dem Vermieter selbst, sondern im Wege des Wärmecontractings von einem Dritten betrieben werden soll. Da die Mieter ihre Wohnungen bis zum Einbau der Zentralheizungsanlage auf eigene Kosten beheizten und dem Vermieter gegenüber keine Betriebskosten für Wärme oder Warmwasser zu tragen hatten, bietet § 556c BGB in einem solchen Fall weder Grundlage noch Regelung für die Umlage der Kosten der Wärmeerzeugung. Sind auch im Mietvertrag keine ausdrücklichen Regelungen über die Beheizung im Wege des Wärmecontractings getroffen, so ergibt sich im Wege ergänzender Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB, dass die Mieter dem Vermieter dem Grunde nach zur anteiligen Erstattung der Wärmekosten sowie zur Leistung von Heizkostenvorschüssen verpflichtet sind. (Anschluss BGH, IMR 2007, 315; Abgrenzung BGH, Urteil vom 22.02.2006 - VIII ZR 362/04, IMRRS 2006, 0847)*)
2. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB ist auch darüber zu befinden, ob der Vermieter die gesamten Contractingkosten einschließlich darin enthaltener Investitions- und Verwaltungskosten sowie des Unternehmergewinns des Wärmelieferanten auf die Mieter umlegen darf, oder ob er sie anteilig selbst tragen muss. Wesentlich kommt es dabei auf die zu erwartende Veränderung der die Mieter treffenden Kosten der Wärmeversorgung an. Ist davon auszugehen, dass die jährlichen Stromkosten für den Betrieb der Einzelöfen deutlich höher waren als die nunmehr auf die Beheizung der Wohnung entfallenden anteiligen Contractingkosten, erschiene es unbillig, der Vermieterin einen von ihr selbst zu tragenden Anteil der Contractingkosten zuzuweisen, um so zu ihren Lasten den Mietern noch weiter gehende Einsparungen zu ermöglichen. Dabei obliegt es den Mietern, zu den in der Vergangenheit angefallenen Stromkosten vorzutragen; sie trifft insoweit zumindest eine sekundäre Darlegungslast, da die Vermieterin auf die den Mietern erteilten Stromrechnungen nicht zugreifen kann.*)

IBRRS 2025, 0672

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.01.2025 - 10 B 880/24
1. Erfolgt die Aufnahme der Wohnnutzung ohne Fertigstellungsanzeige bzw. Gestattung der vorzeitigen Nutzung und trotz brandschutzrechtlicher Bedenken, dann liegt die Annahme nahe, dass ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorliegt.
2. Im Falle drohender Obdachlosigkeit des Bewohners kann die Bauordnungsbehörde auf die Inanspruchnahme kommunaler Hilfsangebote verweisen.

IBRRS 2025, 0675

BFH, Urteil vom 05.12.2024 - V R 16/22
1. Die Inanspruchnahme der in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach § 14c Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) setzt voraus, dass diese an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder dass ihr die Ausstellung anderweitig nach den für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen, zu denen auch das Recht der Stellvertretung gehört, zuzurechnen ist.*)
2. Ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG kann dem Grundstückserwerber nicht nach § 566 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugerechnet werden.*)

IBRRS 2025, 0657

BayObLG, Beschluss vom 15.10.2024 - 102 Sch 118/23
1. Nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts stellt einen Verstoß gegen den ordre public dar. Es muss sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist.
2. Die Befangenheit des Schiedsgerichts kann einen Verstoß gegen die prozessuale Waffengleichheit darstellen, wobei im Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren nur noch besonders schwerwiegende und eindeutige Ablehnungsgründe geltend gemacht werden können.
3. Ein Gehörsverstoß kann darin liegen, dass das Schiedsgericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht. Entsprechendes gilt für die rechtlichen Ausführungen einer Partei, die den Kern des Parteivorbringens darstellen und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung sind.
4. Das Schiedsgericht entscheidet autonom, ob ein Vorbringen die Anforderungen an eine Beweiserhebung erfüllt. Es gilt der Grundsatz des Freibeweises, selbst eine antizipierte Beweiswürdigung und eine daraus abgeleitete Ablehnung des Beweisantrags ist in größerem Umfang als bei staatlichen Gerichten möglich.
5. Die Begründung eines Schiedsspruchs muss lediglich gewissen Mindestanforderungen entsprechen, soweit die Parteien nicht anderes vereinbart haben. Die Begründung darf nicht offenbar widersinnig sein oder im Widerspruch zur Entscheidung stehen und sich nicht auf inhaltsleere Redensarten beschränken. Es genügt, wenn das Schiedsgericht in seiner Begründung eine kurze Zusammenfassung der den Schiedsspruch tragenden Erwägungen gibt.
6. Einem Gläubiger kann die Vollstreckung eines rechtskräftigen, aber materiell unrichtigen Titels in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen, in denen es mit dem Gerechtigkeitsempfinden schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzt, nach § 826 BGB zu versagen sein (hier verneint).

IBRRS 2025, 0628

OLG Braunschweig, Beschluss vom 21.02.2025 - 10 W 1/25
1. Im Falle einer übereinstimmenden Erledigungserklärung mit Blick auf eine Stufenklage ist für die Kostenentscheidung am Maßstab des § 91a Abs. 1 ZPO für die Bemessung des Verhältnisses von Obsiegen und Unterliegen kalkulatorisch jede einzelne Stufe gesondert zu betrachten.*)
2. Im Rahmen der nach § 91a ZPO zu treffenden Billigkeitsentscheidung kann auch ein materiell-rechtlicher Schadensersatz- bzw. Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt werden - etwa als Folge schuldhaft verzögerter Erfüllung eines Auskunftsanspruchs.*)

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IBRRS 2025, 0621
KG, Urteil vom 15.04.2024 - 7 U 152/21
1. Schon vor der Abnahme der Bauleistungen kann ein Anspruch auf Vorschuss für die zur Beseitigung von Mängeln im Wege der Selbstvornahme erforderlichen Aufwendungen verlangt werden; hierdurch erlischt der Erfüllungsanspruch des Bestellers nicht.
2. Der Besteller ist vom Unternehmer deutlich im Sinne eines informierenden und belehrenden Bedenkenhinweises darüber in Kenntnis zu setzen, dass eine abweichende Ausführung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder den Herstellervorgaben entspricht.
3. Ein Unternehmer, der seine Arbeit in engem Zusammenhang mit den Vorarbeiten eines anderen oder aufgrund dessen Planung auszuführen hat, muss prüfen und gegebenenfalls auch geeignete Erkundigungen anstellen, ob diese Vorarbeiten eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können. Der Rahmen dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit, wie sie sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls darstellt.
4. Im Falle eines im Bauwerk realisierten Planungs- und Überwachungsmangels steht dem Besteller gegen den Architekten ein Anspruch auf Vorfinanzierung der Mängelbeseitigung zu. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass dem Architekten Gelegenheit zur Nachbesserung seines eigenen Werkes gegeben wird.
5. Der bauüberwachende Architekt hat bereits vor dem Einbau von Dachfenstern zu überprüfen, ob sie mit der vereinbarten Sonnenschutzverglasung geliefert wurden.
6. Der Hinweis des Architekten auf die mit einer Sonderkonstruktion verbundenen Folgen (hier: Zugluft durch verstärkten Fugendurchlass) schließt dessen Haftung wegen Planungsmängeln nur dann aus, wenn der Besteller zugleich darüber aufgeklärt wurde, dass die Sonderkonstruktion nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.

IBRRS 2025, 0589

OLG Hamm, Urteil vom 17.01.2025 - 7 U 114/23
1. Befindet sich auf der eigenen, nur beschränkt zugänglichen Terrasse des Geschädigten eine Dauerbaustelle, aufgrund derer die Terrassenplatten provisorisch uneben verlegt sind, und kennt der Geschädigte diese Umstände, so liegt je nach Einzelfall - so auch hier - bereits keine abhilfebedürftige Gefahrenquelle vor.*)
2. Eine vollständige Überbürdung des Schadens auf den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens ist nur ausnahmsweise in Betracht zu ziehen, wenn - wie hier - das Handeln des Geschädigten von einer ganz besonderen, schlechthin unverständlichen Sorglosigkeit gekennzeichnet ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 28.04.2015 - VI ZR 206/14, IBRRS 2015, 1111; BGH, Urteil vom 20.06.2013 - III ZR 326/12, IBRRS 2013, 2842; OLG Hamm, Beschluss vom 21.01.2025 - 7 U 3/25, IBRRS 2025, 0597).*)

IBRRS 2025, 0625

VK Südbayern, Beschluss vom 28.01.2025 - 3194.Z3-3_01-24-60
1. Durch die Erklärung des Auftraggebers, er habe das Vergabeverfahren aufgehoben, erledigt sich das Nachprüfungsverfahren.
2. Die Erledigung des Nachprüfungsantrags hat zur Folge, dass das Nachprüfungsverfahren einzustellen und nur noch über die Kosten zu entscheiden ist.
3. Den öffentlichen Auftraggeber trifft aus Gründen der Billigkeit insoweit die Kostenlast, wenn er durch die Aufhebung des Vergabeverfahrens dem Nachprüfungsverfahren die Grundlage entzogen hat und er voraussichtlich im Nachprüfungsverfahren unterlegen wäre.

IBRRS 2025, 0243

OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.01.2025 - 1 KN 1/21
Gemeinden dürfen im sonstigen Sondergebiet Dauerwohnen und Fremdenbeherbergung in ein prozentuales Verhältnis setzen.*)

IBRRS 2025, 0627

VG Hannover, Urteil vom 12.02.2025 - 4 A 1854/23
1. Die Qualität eines Ortsteils i. S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB weist ein Bebauungszusammenhang dann auf, wenn er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht aufweist und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist, was von der Struktur der betreffenden Gemeinde her beurteilt werden muss (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 23.11.2016 - 4 CN 2/16 -, IBRRS 2017, 0259; Urteil vom 17.02.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434).*)
2. Für die Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich ist danach zu fragen, ob der Bebauungszusammenhang im Vergleich zu den sonstigen Ansiedlungen der Gemeinde einerseits und einer unerwünschten Splittersiedlung andererseits einen Umfang erreicht hat, der seine Fortentwicklung als angemessen erscheinen lässt. Auch Splittersiedlungen können einen Bebauungszusammenhang bilden; was ihnen aber fehlt, ist das für die Annahme eines Ortsteils erforderliche Gewicht oder die dafür ebenfalls erforderliche organische Siedlungsstruktur.*)
3. Gegenüber einem Ortsteil stellt sich eine Splittersiedlung als eine bloße planlose Anhäufung von Gebäuden dar (BVerwG, Beschluss vom 17.03.2015 - 4 B 45/14 -, m.w.N., IBRRS 2015, 3588).*)

IBRRS 2025, 0631

AG Zossen, Urteil vom 13.01.2025 - 5 C 63/24
Sittenwidrig ist ein Mietvertrag, der eine nahestehende Person in Erwartung einer zeitnah drohenden Zwangsvollstreckung auf Kosten des zukünftigen Ersteigerers im Besitz der gegenständlichen Wohnung halten soll, ohne dafür einen angemessenen Mietzins zu entrichten, und der im Bewußtsein dessen abgeschlossen worden ist, dass zu dem vereinbarten Mietzins niemals eine vergleichbare Wohnung zu erlangen wäre.*)

IBRRS 2025, 0641

AG Hamburg, Beschluss vom 21.01.2025 - 21 C 7/25
1. Die abstrakte Gefährlichkeit des eingesetzten Mittels (Schusswaffengebrauch im Wohnraum) rechtfertigt für sich genommen noch keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Vermieters bzw. von ihm zu schützenden Personen (andere Hausbewohner) i.S.d. § 940a ZPO.
2. Verfolgt die Antragstellerin eine Regelungsverfügung in Form eines Betretungsverbots der Wohnung samt Schlüsselaustausch und Hinterlegung der Schlüssel bei einem zu bestimmenden Dritten (z.B. Sequester), steht dies in faktischer Wirkung einer Räumungsverfügung gleich, weshalb daran dieselben Maßstäbe wie an eine Räumungsverfügung (§ 940a ZPO) zu stellen sind.

IBRRS 2025, 0650

BGH, Beschluss vom 11.02.2025 - VIII ZB 60/24
Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, da das Gesetz diesen Rechtsbehelf im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vorsieht.

IBRRS 2025, 0626

OVG Sachsen, Beschluss vom 29.01.2025 - 6 B 102/24
Ein Prozessbeteiligter kann erwarten, dass offenkundige Versehen seinerseits, wie das Fehlen einer zur Fristwahrung erforderlichen qualifizierten elektronischen Signatur oder eines sicheren Übermittlungswegs, in angemessener Zeit bemerkt und als Folge der prozessualen oder behördlichen Fürsorgepflicht innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um eine drohende Fristversäumung zu vermeiden.*)

Online seit 7. März
IBRRS 2025, 0598
KG, Beschluss vom 06.01.2025 - 21 W 45/24
1. Die Verurteilung eines Werkbestellers zur Sicherheitsleistung gem. § 650f BGB wird vollstreckt, indem der Unternehmer sich zur Ersatzvornahme ermächtigen und den Besteller zur Zahlung eines hierfür benötigten Vorschusses verpflichten lässt, § 887 Abs. 1 und 2 ZPO.*)
2. Ist die Verurteilung des Werkbestellers rechtskräftig, kann der Unternehmer die Zahlung des Vorschusses gem. § 887 Abs. 2 ZPO an sich selbst beanspruchen (Abgrenzung zu KG, IBR 2024, 402).*)

IBRRS 2025, 0624

OLG Dresden, Beschluss vom 19.12.2024 - Verg 4/24
1. Die Antragsbefugnis entfällt während des laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens, wenn der antragstellende Bieter das von der Fähigkeit getragene Interesse zur Teilnahme am ausgeschriebenen Auftrag verliert.
2. Für den Insolvenzverwalter eines ursprünglich antragsbefugten Bieters, der infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Partei kraft Amtes an die Stelle des Bieters tritt, besteht die Antragsbefugnis nicht ohne Weiteres weiter. Der Insolvenzverwalter hat dafür darzulegen, dass trotz Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Bieters das operative Geschäft weitergeführt werden soll und ein Interesse an der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung besteht.

IBRRS 2025, 0613

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.02.2025 - 10 B 26/25
1. Eine Baugenehmigung muss inhaltlich bestimmt sein. Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung folgenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können.
2. Bei den von den Bewohnern einer Flüchtlingsunterkunft konkret zu erwartenden Geräuschen handelt es sich um typischerweise von Wohngrundstücken ausgehende Geräusche, die bei baurechtlicher Betrachtung auch in einem allgemeinen Wohngebiet und erst recht in einem Mischgebiet unter dem Aspekt der Rücksichtnahme grundsätzlich hinzunehmen sind.

IBRRS 2025, 0630

BGH, Urteil vom 15.01.2025 - XII ZR 29/24
1. Haben die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses vereinbart, dass der Mieter die Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten übernimmt, wenn eine solche anfällt, kann der Vermieter die zusätzliche Zahlung des Umsatzsteuerbetrags nur dann vom Mieter verlangen, wenn er selbst tatsächlich umsatzsteuerpflichtig ist (im Anschluss an Senatsurteil vom 30.09.2020 - XII ZR 6/20, IMR 2021, 66).*)
2. Der Vermieter kann auf die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht nach § 4 Nr. 12 a UStG nur dann verzichten, wenn der Mieter Unternehmer ist und die Mieträume für unternehmerische Zwecke nutzt (im Anschluss an Senatsurteil vom 21.01.2009 - XII ZR 79/07, IMRRS 2009, 0507 = NJW-RR 2009, 593).*)
3. Legt der zum Vorsteuerabzug berechtigte Vermieter bei der Vermietung von Sondereigentum in einer Wohnungseigentumsanlage der Betriebskostenabrechnung umlagefähige Kostenpositionen zu Grunde, die in der vom Verwalter für die Wohnungseigentümergemeinschaft erstellten Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG enthalten sind, muss er diese nicht von den darin enthaltenen Umsatzsteueranteilen befreien, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihrerseits nicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG verzichtet hat.*)

IBRRS 2025, 0622

OLG Brandenburg, Urteil vom 20.11.2024 - 11 U 223/23
1. Voraussetzung einer gesamtschuldnerischen Haftung ist, dass zwischen den Haftenden aufgrund der Gleichstufigkeit der Verpflichtungen eine Tilgungsgemeinschaft besteht. Sie fehlt, wenn der Leistungszweck der einen gegenüber der anderen Verpflichtung subsidiär oder nachrangig ist. Deshalb besteht kein Gesamtschuldverhältnis zwischen dem Schädiger und der Sachversicherung.*)
2. Verspricht der Versicherer einer Gebäudeversicherung Entschädigung für versicherte Sachen, die durch Leitungswasser zerstört oder beschädigt worden sind und definieren die AVB (hier: AWB 87) Leitungswasser als Wasser aus den fest verlegten Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung, ist der Versicherungsschutz nicht auf einen Wasseraustritt aus einem der Versorgung des versicherten Gebäudes dienenden wasserführenden System beschränkt (Anschluss an OLG Bamberg, IMR 2007, 374; Abgrenzung zu OLG Nürnberg, IBR 2021, 212).*)
3. Unter einer Anlage i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG ist eine technische Einrichtung im weitesten Sinne zu verstehen, die ihre Selbständigkeit nicht bereits dadurch verliert, dass sie Teil einer anderen Anlage ist. In diesem Sinne ist der aus der Verbindung des Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage bestehende und zu den Betriebsanlagen des Wasserversorgungsunternehmens gehörende Hausanschluss als eigenständige Anlage zu verstehen (Anschluss an BGH, IBR 2014, 764).*)
4. Zur Frage, wer bei Anschlussleitungen zu den Abnehmern einer Versorgungsanlage Inhaber der Anlage i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2021 - III ZR 249/20, Rz. 9, IBRRS 2022, 0292 = IMRRS 2022, 1705; BGH, IMR 2007, 1100 - nur online).*)

IBRRS 2025, 0637

OVG Münster, Beschluss vom 18.02.2025 - 15 A 454/23
1. Bei der Festsetzung des Straßenausbaubeitrags durch den hier angefochtenen Bescheid handelt es sich um eine gemeinschaftliche Angelegenheit, die i.S.d. § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG a.F. "an alle Wohnungseigentümer in dieser Eigenschaft gerichtet" ist. Steht ein Grundstück im Miteigentum mehrerer Personen, wird der Vorteil allen (Mit-)Eigentümern gemeinsam geboten. Eine Beschränkung auf bestimmte Eigentumsanteile ist nicht möglich.*)
2. Da die Beitragspflicht im Grundstückseigentum und nicht in der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums wurzelt, ist nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beitragspflichtig, sondern jeder einzelne der Wohnungseigentümer.*)
3. Sie haften nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 b KAG-NW i.V.m. § 44 Abs. 1 AO und § 5 Abs. 1 Satz 2 der Satzung über Beiträge für straßenbauliche Maßnahmen der Kommune gesamtschuldnerisch.*)
4. Zur Bestimmtheit eines Abgabebescheides hinsichtlich des bzw. der Adressaten, denn es muss ihm entnommen werden können, für wen er bestimmt ist. Das ergibt sich in der Regel, aber wegen der möglichen Verschiedenheit von Bekanntgabe- und Inhaltsadressat nicht zwingend, aus dem Anschriftenfeld.*)
5. Befinden sich unter den zur Beitragszahlung in Anspruch genommenen Wohnungseigentümern solche, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe aus der Gemeinschaft ausgeschieden waren, kann die Zustellung allenfalls diesen gegenüber ("teilweise") scheitern, sofern nicht noch gemeinschaftliche Verpflichtungen der Wohnungseigentümer aus der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinschaft abzuwickeln sind.*)
6. Die dem Verwalter nach § 27 WEG a.F. eingeräumten Befugnisse dienten gerade dem Zweck, eine vereinfachte wie auch möglichst sichere Abwicklung des Rechtsverkehrs vor allem mit größeren - und dadurch komplexeren - Gemeinschaften zu ermöglichen.*)

IBRRS 2025, 0632

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.12.2024 - I-10 W 100/24
Eine Gesellschaft, deren zum Beurkundungszeitpunkt konkret entfaltete Geschäftstätigkeit auf den Erwerb und die Veräußerung von Wohnimmobilien gerichtet ist, ist auch dann schwerpunktmäßig operativ und nicht vermögensverwaltend i.S.v. § 54 Satz 3 GNotKG tätig, wenn sie während der Haltephase Mieteinkünfte erzielt und in dieser Zeit mit der Verwaltung der Wohnungen befasst ist.*)

IBRRS 2025, 0629

BVerwG, Beschluss vom 06.02.2025 - 11 B 4.24
Für eine Klage gegen eine behördliche Streitwert- und Kostenfestsetzung hinsichtlich der Erstattung von notwendigen Rechtsanwaltskosten im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung gem. § 44b EnWG ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.*)

IBRRS 2025, 0623

VG Augsburg, Beschluss vom 18.12.2024 - 9 K 23.1714
1. Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Ein solcher Antrag ist jedoch nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zulässig; ein danach gestellter Antrag kann aber als Anregung zur Protokollberichtigung behandelt werden.
2. Unrichtigkeiten des Protokolls können jederzeit berichtigt werden. Für die Frage, ob ein Protokoll im Rechtssinne unrichtig ist, kommt es darauf an, ob aus der Sicht des Verhandlungstermins, auf den sich das Protokoll bezieht, der Vorgang protokollierungspflichtig ist, was nur bei wesentlichen Vorgänge der Verhandlung anzunehmen ist.
3. Eine Protokollberichtigung kann zwar auch eine "Unvollständigkeit" des Protokolls umfassen. In Abgrenzung zum Protokollaufnahmeantrag können dies jedoch nur sprachliche Unvollständigkeiten bei der Wiedergabe eines Vorgangs oder einer Äußerung sein, nicht jedoch die vollständig fehlende Wiedergabe eines Vorgangs oder einer Äußerung.

Online seit 6. März
IBRRS 2025, 0615
OLG Frankfurt, Urteil vom 01.07.2022 - 21 U 92/19
1. Ist der Architekt mit der Planung eines Anbaus beauftragt, der nicht als eigenständiges Gebäude konzipiert ist, sondern sich mit dem Bestand zu einem Gebäude zusammenfügen soll, dann wird ein funktionierendes Gesamtgebäude einschließlich hinreichend dimensionierter Entwässerung geschuldet. Dies gilt im Ausgangspunkt unabhängig davon, ob der Architekt mit der Entwässerungsplanung beauftragt ist.
2. Nur ein ordnungsgemäßer Hinweis auf die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Fachplaners entlastet den Architekten (hier verneint).
3. Der Architekt, der den Auftraggeber darauf hingewiesen hat, dass bestimmte Voraussetzungen für sein Werk vorliegen müssen, muss sich vor Ausführung seines Werks grundsätzlich vergewissern, ob diese Voraussetzungen eingehalten wurden. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass das Entwässerungssystem des Bestands auch auskömmlich für zusätzlich aus dem Anbau abzuleitende Wassermengen ist.

IBRRS 2025, 0618

OVG Sachsen, Urteil vom 25.09.2024 - 6 A 118/20
1. Wird der Zuwendungsempfänger dazu verpflichtet, eine bestimmte Verdingungsordnung anzuwenden oder andere Vergabebestimmungen einzuhalten, hat er die Einhaltung dieser Zuwendungsvoraussetzung der Bewilligungsbehörde durch die Vorlage der Vergabedokumentation nachzuweisen.
2. Der Zuwendungsgeber darf den Zuwendungsbescheid (teilweise) widerrufen, wenn der Zuwendungsempfänger eine mit dem Zuwendungsbescheid verbundene Auflage nicht erfüllt hat.
3. Die Unterlassung einer EU-weiten Ausschreibung trotz Überschreiten des Schwellenwerts ist ein schwerer Vergaberechtsverstoß. Gleiches gilt für die Durchführung einer freihändigen Vergabe oder einer beschränkten Ausschreibung ohne Vorliegen der dafür notwendigen Voraussetzungen.

IBRRS 2025, 0607

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.01.2025 - 14 S 376/24
1. Das BauGB stellt im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 2 Satz 4 Hs. 1 BauGB) in der Fassung vom 03.07.2023 (n. F.) allein darauf ab, dass die Bekanntmachung des Entwurfs eines Bauleitplans "vor Beginn der Veröffentlichungsfrist" erfolgen muss.*)
2. Für den Beginn der Veröffentlichungsfrist ist der Beginn des Tages der Veröffentlichung (§ 187 Abs. 2 BGB) maßgebend.*)
3. Für die ortsübliche Bekanntmachung (§ 3 Abs. 2 Satz 4 Hs. 1 BauGB) ist grundsätzlich nicht das ggf. frühere Verteilungs-, sondern das spätere Erscheinungsdatum des Amtsblatts maßgeblich für den Bekanntmachungserfolg.*)
4. Ein Verstoß gegen das Erfordernis, dass die Bekanntmachung "vor Beginn der Veröffentlichungsfrist" erfolgen muss, kann durch die Dauer der auf die ortsübliche Bekanntmachung folgenden Veröffentlichung geheilt werden (Übertragung der Rechtsprechung zu § 3 Abs. 2 BauGB a. F., vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.07.2003 - 4 BN 36.03, NVwZ 2003, 1391 = IBRRS 2003, 2389).*)
5. Zu Vorsorgeschutzabständen als weiche Tabukriterien in der sachlichen Teilflächennutzungsplanung.*)

IBRRS 2025, 0619

AG Kreuzberg, Urteil vom 11.12.2024 - 4 C 5129/24
1. Eine Vermietung zum vorübergehenden Gebrauch liegt nur vor, wenn durch die Anmietung lediglich ein vorübergehender Wohnbedarf, der aus besonderem Anlass entsteht (etwa Urlaub, Um- oder Neubau der eigentlichen Wohnung), gedeckt werden soll, nicht hingegen, wenn ein allgemeiner Wohnbedarf mangels anderweitiger Bleibe lediglich kurzfristig und vorübergehend befriedigt werden kann.
2. Bei Studierenden ist vorübergehender Gebrauch allenfalls dann anzunehmen, wenn sie die Wohnung nur semesterweise anmieten, da sie sich dann ersichtlich einen Wechsel in eine andere Wohnung nach dem Semester vorbehalten wollen.
3. Der im Mietvertrag vereinbarte Vertragszweck "Studium" lässt nicht per se den Schluss auf einen nur vorübergehenden Gebrauch zu.
4. Der Abschluss eines Kettenmietvertrags mit jeweils kurzer Mietdauer über ein Zimmer in einer Wohnung mit einem Studenten als Mieter ist als Versuch der Umgehung der Mietpreisbremse zu werten.
