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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.07.2016 - 22 U 11/16
1. Der Architekt hat spätestens in der LP 2 (Vorplanung) die Planungswünsche des Bauherrn zu ermitteln und im Hinblick auf dessen Vorstellungen und unter Rücksicht auf ihm bekannte Kostenvorstellungen des Bauherrn Varianten für die Ausführung zu entwickeln.*)
2. Die Planung des Architekten muss - indes im Rahmen des vom Gericht vorrangig festzustellenden vertraglichen Leistungssolls - dauerhaft genehmigungsfähig sein. Dabei kann eine Planung auch dann mangelhaft sein, wenn Auflagen (bzw. Grüneintragungen) der Genehmigungsbehörde auf eine vom Vertrag abweichende Bauausführung hinauslaufen.*)
3. Den Bauherrn trifft - zumindest sekundär - eine Darlegungslast dafür, dass sein angeblicher Planungswunsch (hier ein "Saunahaus mit einer als Aufenthaltsraum zu nutzenden Empore über der umgebauten Garage mit Baugenehmigung i.S.v. § 2 Abs. 7, § 48 BauO-NW") auch tatsächlich vertragliches Leistungssoll des Architektenvertrages geworden ist.*)
4. Aus der Verletzung einer Hinweispflicht des Architekten (auf mögliche andere Planungsinhalte) folgt nicht zwangsläufig, dass das - nach einem unterstellt pflichtgemäßen Hinweis des Architekten - von den Bauherrn gewünschte Leistungssoll zugleich die vereinbarte Beschaffenheit bzw. das vertragliche Leistungssoll i.S.v. § 633 BGB darstellt.*)
5. Die Pflicht zur Ermittlung der Vorstellungen des Bauherrn von den zu planenden Werkleistungen bzw. zu deren Ergebnis ist nicht grenzenlos, sondern es bedarf insoweit auch entsprechender, rechtzeitiger Äußerungen des Bauherrn (hier: zum gewünschten Umfang der Nutzung von Emporenbereichen), um dem Architekten Anlass zu geben, weitere Planungsvarianten zu erarbeiten.*)
6. Grundsätzlich gilt im Rahmen des Vorwurfs des Verstoßes gegen eine Beratungs- bzw. Hinweispflicht die (tatsächliche) Vermutung, dass der Mandant bzw. Bauherr bei - unterstellt - nach Inhalt und Umfang pflichtgemäßer Beratung seitens des Beraters bzw. Architekten - dessen Hinweisen gefolgt wäre, sofern für ihn bei objektiv vernünftiger Betrachtungsweise aus damaliger Sicht nur eine bestimmte Entscheidung nahe gelegen hätte. Der Berater bzw. Architekt kann diese Vermutung entkräften, in dem er Tatsachen beweist, die für ein atypisches Verhalten des Mandanten bzw. Bauherrn sprechen; dann besteht wieder die volle Beweislast des Mandanten für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang.*)
7. Die Regeln des Anscheinsbeweises sind unanwendbar, wenn - insbesondere unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten - unterschiedliche Schritte bzw. Handlungsalternativen in Betracht kommen und der Berater bzw. Architekt dem Mandanten bzw. Bauherrn lediglich die erforderliche fachliche Information für eine sachgerechte Entscheidung zu geben hat bzw. wenn individuell geprägte Verhaltensweisen bzw. Entscheidungen zu beurteilen sind.*)
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