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1 Volltexturteil gefunden
IBRRS 2017, 1293; VPRRS 2017, 0119
Mit Beitrag
VergabeVergabe
Vergabestelle muss auf Rügefrist hinweisen!

VK Nordbayern, Beschluss vom 08.02.2017 - 21.VK-3194-44/16

1. Das "erkannt haben" (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB) ist ein subjektiver, innerer Vorgang, der sich zunächst "im Kopf" (von den die Unterlagen prüfenden Personen) abspielt und sich erst durch Akten- oder Gesprächsnotizen oder durch sonstige Indizien, die zwanglos den Schluss auf das Erkannthaben zulassen, nach außen objektiviert und damit als Beleg für die Feststellung, ob und wann der Verstoß positiv erkannt wurde, dienen kann, sofern ein Antragsteller nicht selbst einräumt, den Verstoß zu einem evtl. früheren Zeitpunkt erkannt zu haben.*)

2. Bei der Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB handelt es sich um eine Rechtsbehelfsfrist, auf deren Bestehen der öffentliche Auftraggeber hinzuweisen hat. Ist ein solcher Hinweis durch die Vergabestelle unterblieben, beginnt diese Frist nicht zu laufen.*)

3. Grundsätzlich besteht für einen öffentlichen Auftraggeber auf der Ebene der Angebotswertung ein gewisser Spielraum, der nicht dadurch eingeschränkt werden darf, dass er im Voraus zum Aufstellen mehrstufiger Unterkriterien und in entsprechende Gewichtungen aufgegliederte Bewertungsregeln verpflichtet ist. Daraus ergibt sich auch, dass der öffentliche Auftraggeber nicht nur objektivierbare Kriterien (bspw. Größen- oder Gewichtsangaben) zum Einsatz bringen muss, sondern auch subjektive Eindrücke über den Ausschreibungsgegenstand in die Bewertung einfließen dürfen, solange diese hinreichend transparent kommuniziert wurden und ein willkürliches Ergebnis der Angebotswertung ausgeschlossen ist. Der Bewertungsspielraum findet seine Grenzen dort, wo eine willkürliche Zuschlagserteilung nicht mehr mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann und/oder eine wirksame Überprüfung, ob und inwieweit die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen, nicht möglich ist (vgl. § 127 Abs. 4 GWB). Insbesondere ist es vergaberechtlich unzulässig, wenn Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass die Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien informiert werden und daher von einer willkürlichen bzw. diskriminierenden, also das Transparenzgebot missachtenden Angebotswertung nicht mehr effektiv zu schützen sind.*)