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OVG Sachsen, Urteil vom 09.03.2017 - 1 A 331/16
1. Zur Ermittlung des Regelungsgehalts von Baugenehmigungen ist folgender Maßstab anzulegen: Die Bauaufsichtsbehörde bestimmt Inhalt und Reichweite einer von ihr erteilten Baugenehmigung; Teil dieser Entscheidung ist es, anhand der vom Bauherrn mit dem Bauantrag eingereichten Bauvorlagen den Genehmigungsgegenstand im Einzelnen zu bezeichnen.
2. In diesem Sinne wird der Genehmigungsgegenstand durch den Bauantrag bestimmt, wobei neben der textlichen Bezeichnung der Baumaßnahme vorrangig die mit einem Zugehörigkeitsvermerk versehenen grün gestempelten Bauvorlagen (u. a. Lageplan, Baubeschreibung und Bauzeichnungen) heranzuziehen sind.
3. Wird die Baugenehmigung dem Nachbarn nicht amtlich bekannt gegeben, wird die Widerspruchsfrist von einem Monat (§ 70 Abs. 1 VwGO) nicht in Gang gesetzt. Ein Verlust des Widerspruchs- und Klagerechts durch Zeitablauf tritt aber auch dann ein, wenn der Nachbar seinen Widerspruch nicht innerhalb eines Jahres einlegt.
4. Die Jahresfrist wird ab dem Zeitpunkt in Lauf gesetzt, in dem der Nachbar Kenntnis von der erteilten Baugenehmigung hätte haben müssen, weil sich das Vorliegen der Baugenehmigung aufdrängen musste und es ihm möglich und zumutbar war, sich hierüber etwa durch Nachfrage beim Bauherrn oder der Baubehörde Gewissheit zu verschaffen.