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OLG Hamm, Urteil vom 19.12.2017 - 21 U 112/16
1. Die Beratung wird zur selbstständigen Hauptpflicht des Unternehmers, der Lieferung und Installation eines Blockheizkraftwerks (BHKW) anbietet, wenn er dabei den Besteller zum Vertragsschluss durch konkrete Aussagen zur Amortisation der Investition sowie deren Wirtschaftlichkeit - etwa in Form einer individuell auf das Objekt bezogenen Wirtschaftlichkeitsberechnung - veranlasst; die Beratungspflicht wird verletzt, wenn die Angaben zur Wirtschaftlichkeit falsch sind, so dass sich der Abschluss des insofern nachteiligen Vertrags als auf der Pflichtverletzung beruhender Schaden darstellt (Anschluss an OLG Schleswig, Urteil vom 17.08.2017 - 7 U 13/16, IBRRS 2017, 3167; OLG Oldenburg, Urteil vom 06.01.2016 - 3 U 77/13, IBRRS 2016, 3463).*)
2. Die Beratungspflicht wird gleichermaßen verletzt, wenn die angebotene und empfohlene Anlage mit dem BHKW als Energieerzeuger keine ausreichende Menge an Wärmeenergie bereit stellen kann, um hinsichtlich der Raumtemperaturen einen zeitgemäßen Mindeststandard an Wohnqualität zu gewährleisten (Anschluss an OLG Hamm, IBR 2011, 259).*)
3. Soweit ein Sachverständiger im Rahmen der Beweisaufnahme eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Anlageninvestition nach Maßgabe der VDI-Richtlinie 2067 vornimmt, ist das methodisch nicht zu beanstanden, weil die Annuitätenmethode eine Betrachtung der Wirtschaftlichkeit der Investition unter Berücksichtigung der Lebensdauer der Anlage erlaubt; dabei sind auch Kapitalkosten regelmäßig zu berücksichtigen, weil die für die Investition aufzuwendenden Geldbeträge üblicherweise entweder darlehensfinanziert sind oder zu einem üblichen Zinssatz angelegt würden (Anschluss an BGH, NJW 2012, 2427, 2433).*)
4. Stellt der Abschluss eines wirtschaftlich nachteiligen Vertrags als Folge einer vertraglichen Pflichtverletzung einen Schaden dar, kann regelmäßig der Geschädigte gem. § 249 Abs. 1 BGB Befreiung davon durch Aufhebung des Vertrags verlangen; er kann allerdings auch am Vertrag festhalten und Ersatz des Vertrauensschadens nach Maßgabe der Differenzhypothese beanspruchen (Anschluss an BGH, NJW 1991, 1819, 1820); im Rahmen der dann gebotenen Gesamtbetrachtung ist ein wirtschaftlicher Vorteil in Form eines höheren Werts der infolge des nachteiligen Vertrags erworbenen und behaltenen Anlage zu berücksichtigen.*)
5. Beim Betrieb einer Heizungsanlage mit einem BHKW als Energieerzeuger während dessen Lebensdauer regelmäßig anfallende Mehrkosten, die bei richtiger Beratung nicht entstehen würden, weil ein anderer Energieerzeuger angeschafft worden wäre, der geringere Betriebskosten verursacht hätte, stellen einen ersatzfähigen Schaden dar, der bereits mit Abschluss des nachteiligen Vertrags entstanden ist; bei der Bezifferung des Schadens ist allerdings hinsichtlich solcher Mehrkosten, die sich erst zukünftig realisieren werden, eine Abzinsung nach der sog. Hoffmann'schen Formel vorzunehmen (Anschluss an BGH, NJW 1992, 3274; OLG Düsseldorf, Urteil v. 25.06.2010 - 16 U 191/09, BeckRS 2010, 24310).
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