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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.11.2020 - 2 B 1537/20
1. Die Anforderungen, die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellen sind, hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Gefordert ist eine Interessenabwägung, die am Kriterium der Zumutbarkeit auszurichten ist. Dabei ist entscheidend, ob von einem Bauvorhaben für den Nachbarn, der sich auf eine Verletzung seines subjektiv-öffentlichen Rechts beruft, städtebaulich relevante unzumutbare Beeinträchtigungen ausgehen.
2. Sind die größeren Wirkungen des Baukörpers vom Grundstück des Nachbarn aus gesehen im Wesentlichen der topografischen Situation geschuldet und bringt diese es notwendigerweise mit sich, dass sich eine Bebauung des höher gelegenen Grundstücks auf das Nachbargrundstück intensiver auswirkt, muss dies dem Nachbarn als „Unterlieger“ bei Verwirklichung seines eigenen Bauvorhabens bekannt sein und führt nicht zu einer gesteigerten Rücksichtnahmepflicht des Bauwilligen.
3. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet muss immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb durch das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch die Bebauung zu zusätzlichen Einsichtsmöglichkeiten kommt. Diese sind erst dann ausnahmsweise nicht mehr tolerabel, wenn sie auf dem betroffenen Grundstück keine Rückzugsmöglichkeiten mehr eröffnen.
4. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Verschattung durch einen Baukörper gibt es keinen normativ verbindlichen Maßstab. Die Frage ist nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung zu beurteilen. Aus Sicht des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sind Verschattungseffekte aber regelmäßig hinzunehmen, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächen eingehalten sind, die gerade darauf abzielen, eine ausreichende Belüftung und Besonnung von Nachbargrundstücken sicherzustellen.
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