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OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2020 - 15 Verg 4/20
1. Der öffentliche Auftraggeber hat, wenn er die Tatbestandsvoraussetzungen einer Ausschlussvorschrift als erfüllt ansieht, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen und abzuwägen, ob der Ausschluss eine sachlich gerechtfertigte und mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vereinbarende Reaktion auf den Anlass ist.
2. Diese Ermessensentscheidung des Auftraggebers ist lediglich darauf überprüfbar, ob nicht alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen ermittelt wurden, der Zweck der Ermächtigung verkannt oder ob bewusst aus willkürlichen, unsachlichen Motiven gehandelt wurde.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann offen lassen, ob der Tatbestand einer Ausschlussvorschrift erfüllt ist, wenn trotz einer Tatbestandsverwirklichung kein Anlass besteht, an der Integrität und Eignung des Bieters zu zweifeln.
4. Zwar beträgt die Höchstdauer für die Möglichkeit eines Ausschlusses u. a. wegen einer schweren beruflichen Verfehlung drei Jahre, falls der Bieter keine oder keine ausreichenden Selbstreinigungsmaßnahmen ergriffen hat. Dadurch wird aber nicht ausgeschlossen, dass der öffentliche Auftraggeber vor Ablauf der drei Jahre im Rahmen der Ermessensausübung dazu kommt, dass eventuelle Verstöße des Bieters der Bejahung seiner Eignung nicht entgegenstehen.