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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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AG Seligenstadt, Urteil vom 20.04.2022 - 1 C 622/20
1. Verlangt der Kläger, der Nachbar möge Kameras entfernen, bedarf es nach dem Hessischen Schlichtungsgesetz keines Schlichtungsverfahrens.
2. Bei der Installation der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden.
3. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter liegt nicht nur dann vor, wenn diese durch die Überwachung tatsächlich betroffen sind, sondern bereits dann, wenn Dritte eine Überwachung durch Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen (sog. Überwachungsdruck).
4. Dieser Überwachungsdruck muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls ermittelt werden und sowohl objektiv nachvollziehbar als auch verständlich erscheinen. Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, ist dann gerechtfertigt, wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheinen. Dies ist etwa bei einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit oder weiteren objektiv Verdacht erregenden Umständen der Fall.
5. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte beeinträchtigt hingegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht. Deshalb ist die Installation einer Überwachungsanlage auf einem privaten Grundstück nicht rechtswidrig, wenn objektiv feststeht, dass dadurch öffentliche und fremde private Flächen nicht erfasst werden, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist und wenn auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden.
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