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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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VGH Bayern, Beschluss vom 13.05.2022 - 1 ZB 21.2603
1. Bei der Feststellung eines Bebauungszusammenhangs im sog. unbeplanten Innenbereich ist grundsätzlich auf die tatsächlich vorhandene Bebauung abzustellen.
2. Eine nicht genehmigte Bebauung ist nur zu berücksichtigen, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten abgefunden haben. Das gilt nicht nur im Rahmen eines Verfahrens gegen eine Beseitigungsanordnung, sondern auch im Genehmigungsverfahren.
3. Weicht der Bauherr bei der Ausführung hinsichtlich der Identität des Bauvorhabens und seiner Wesensmerkmale so wesentlich von der Baugenehmigung ab, dass er nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben, nämlich ein "aliud" erstellt, erlischt die Baugenehmigung, ohne dass von ihr im Rechtssinn Gebrauch gemacht worden wäre.
4. Als für die Identität eines Bauvorhabens wesentliche Merkmale sind Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild anzusehen. Ob eine Veränderung dieser für ein Vorhaben charakteristischen Merkmale die Identität von genehmigten und errichteten Vorhaben aufhebt, hängt vom Umfang der Abweichungen und der Bewertung ihrer Erheblichkeit im jeweiligen Einzelfall ab.
5. Ein planabweichend ausgeführtes Vorhaben ist allgemein ein "aliud", wenn durch die Abweichung Belange, die bei der Baugenehmigung zu berücksichtigen waren, neuerdings oder andere zusätzliche Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage des Bauvorhabens neu stellt.
6. Auf ein "aliud" weist auch hin, dass ein Vorhaben ohne Zerstörung seiner Substanz oder wesentlicher Teile mit der erteilten Baugenehmigung nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann.
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