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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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VK Sachsen, Beschluss vom 25.05.2022 - 1/SVK/005-22
1. Wann ein ungewöhnlich niedriger Angebotspreis und mithin eine Aufklärungspflicht des öffentlichen Auftraggebers vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der öffentliche Auftraggeber ist jedoch - unabhängig von anderen konkreten Umständen des Einzelfalls - jedenfalls dann verpflichtet, in die Prüfung der Preisbildung einzutreten, wenn der Abstand zwischen dem Angebot des bestplatzierten und dem Angebot des zweitplatzierten Bieters mindestens 20% beträgt.*)
2. Bezugspunkt für die Berechnung der prozentualen Abweichung der Angebote untereinander ist das nächsthöhere Angebot. Dieses wird mit 100% angesetzt und ausgehend davon der Abstand zum günstigsten Angebot berechnet.*)
3. Die Vergabekammer hat nicht zu bewerten, ob ein Angebot auskömmlich oder unauskömmlich ist, sondern ob die Entscheidung des Auftraggebers, das Angebot als auskömmlich oder unauskömmlich zu bewerten auf Basis eines zutreffend und hinreichend ermittelten Sachverhaltes und einer gesicherten Erkenntnisgrundlage getroffen wurde und im Ergebnis nachvollziehbar und vertretbar ist. Bei dieser Prognoseentscheidung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, welcher nur einer eingeschränkten Nachprüfbarkeit durch die Vergabekammer unterliegt.*)
4. Der Umstand, dass ein Unternehmen einen anderen Auftrag eines komplexen Gesamtbauvorhabens erhalten hat, führt allein nicht zu einer Vorbefassung i.S.d. § 6 EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A 2019.*)