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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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OLG Hamm, Urteil vom 14.06.2024 - 30 U 99/22
1. Führt der Vermieter nicht selbst die Vertragsverhandlungen, sondern lässt wissentlich und willentlich einen Dritten diese führen und auch den Vertrag unterschreiben, so handelt dieser Dritte mit Duldungsvollmacht des Vermieters.
2. Nach § 311b Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Der damit angeordnete Formzwang gilt auch für die Bestellung eines Vorkaufsrechts, und zwar sowohl für das persönliche wie für das dingliche, und erstreckt sich auf die Bestellung selbst wie auch auf die Verpflichtung dazu.
3. Eine Partei kann sich nach Treu und Glauben nicht unter Berufung auf § 139 BGB von ihren Vertragspflichten insgesamt befreien, wenn nur die den anderen Teil begünstigenden Vertragsbestimmungen unwirksam sind und dieser dennoch am Vertrag festhalten will. Der andere Teil kann dann der Geltendmachung der Gesamtnichtigkeit die Einrede der Arglist entgegensetzen.
4. Auch eine Unterzeichnung als Vertreter ohne Vertretungsmacht steht der Wahrung der Schriftform nicht entgegen.
5. Nicht erforderlich für die Wahrung der Schriftform ist, dass sich alle Einzelheiten des Vertragsverhältnisses unmittelbar aus dem Mietvertrag und Ergänzungsvereinbarungen ergeben. Dem Schutzzweck des § 550 BGB genügt es, wenn der potenzielle Erwerber aus den Mietvertragsunterlagen ersehen kann, in welche langfristigen Vereinbarungen er gegebenenfalls eintritt.
6. Ein Mietvertrag entspricht der Schriftform, wenn er die Quadratmetermiete enthält und regelt, dass zunächst 190 qm als Mietfläche angenommen werden, diese später aber noch genau ermittelt wird.
7. Solche Vereinbarungen, die nach dem Willen der Vertragsparteien nur unwesentliche Punkte betreffen, oder Vereinbarungen, die einen Grundstückserwerber nicht (mehr) binden, sind ausnahmsweise nicht formbedürftig. Dies erfasst Vereinbarungen, soweit sie einen Erwerber nach Eintritt in die Vermieterstellung nicht treffen, etwa weil sie durch Erfüllung oder Zeitablauf bereits erledigt sind.
8. Eine Vereinbarung, durch die ein Vormietrecht begründet wird, unterliegt dem Schriftformgebot, wenn sie lediglich (unselbstständiger) Teil eines Mietvertrags ist, der seinerseits formbedürftig gem. § 550 Satz 1 BGB ist.
9. Mit der erfolgten Ausübung des Vormietrechts kommt grundsätzlich ein Vertrag zu den Konditionen des mit dem Dritten geschlossenen Vertrags zu Stande. Eine Gestaltungsfreiheit besteht hier nicht.
10. Die wirksame Ausübung des Vormietrechts setzt voraus, dass der Berechtigte sich ohne Vorbehalte zur Übernahme der Rechte und Pflichten aus dem Erstvertrag bereit erklärt. Daher liegt keine wirksame Ausübung des Vormietrechts vor, wenn der Berechtigte einzelne Vertragsbedingungen ablehnt oder die Änderung des Mietvertrags verlangt.
11. Bei Bestimmungen im Referenzvertrag, die lediglich den Zweck verfolgen, das Vormietrecht zu umgehen oder zu vereiteln, findet § 138 BGB Anwendung mit der Folge, dass die betreffenden Vereinbarungen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sind. Damit tritt an ihre Stelle die gesetzliche Regelung.