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Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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OLG Jena, Beschluss vom 02.10.2024 - Verg 5/24
1. Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn das Unternehmen in Bezug auf die Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen hat.
2. Es spricht einiges dafür, dass § 124 Abs. 1 Nr. 8 GWB als Ausschlussgrund nur bei Falschangaben bzw. unvollständigen Angaben im laufenden Vergabeverfahren zur Anwendung kommt, nicht hingegen bei Falschangaben bzw. unvollständigen Angaben aus vorangegangenen Vergabeverfahren desselben Auftraggebers oder anderer öffentlicher Auftraggeber. Eine schwerwiegende Täuschung des öffentlichen Auftraggebers in einem früheren Vergabeverfahren kann unter dem Gesichtspunkt der nachweislich schweren Verfehlung in späteren Vergabeverfahren Berücksichtigung finden und einen fakultativen Ausschlussgrund darstellen.
3. Selbstreinigungsmaßnahmen können auch nach dem Zeitpunkt der Eignungsprüfung - noch im laufenden Nachprüfungsverfahren - zu berücksichtigen sein.
4. Der öffentliche Auftraggeber hat einen Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob die Selbstreinigungsmaßnahmen des Unternehmens ausreichend sind. Dem Auftraggeber kommt auch bei dieser Prognose ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
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