Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Architekten- & Ingenieurrecht
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Online seit 22. November
IBRRS 2024, 3383OLG Frankfurt, Urteil vom 16.09.2024 - 29 U 61/23
1. Der bauüberwachende Architekt hat dafür zu sorgen, dass das Bauwerk plangerecht und frei von Mängeln entsteht und zur Vollendung kommt. Er schuldet als werkvertraglichen Erfolg eine mangelfreie Überwachung der Bauleistung, nicht aber unmittelbar die Mangelfreiheit der Bauleistung selbst.
2. Um den geschuldeten Werkerfolg zu erreichen, ist der bauüberwachende Architekt verpflichtet, die auszuführenden Arbeiten der Unternehmen in angemessener und zumutbarer Weise zu überwachen und sich durch Kontrollen zu vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Der Architekt ist nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. In der Regel ist aber die Einweisung bei Beginn der Arbeiten, die Durchführung von stichprobenhaften Überprüfungen an Ort und Stelle und die Endkontrolle notwendig.
3. Der Architekt verletzt seine Überwachungspflichten, wenn er nicht erkennt, dass die erforderliche Grundierung des Bodens vor Aufbau eines Teppichbodens unterblieben ist. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass der bauausführende Unternehmer entsprechend dem Leistungsverzeichnis die Verlegung nach den Herstellerrichtlinien vorgenommen hat.
4. Bei der Verlegung von 3.000 qm Teppichboden handelt es sich schon wegen des reinen Umfangs und des damit einhergehenden großen Schadenspotenzials nicht um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit, sondern um eine besonders überwachungspflichtige Arbeit, bei der sich der objektüberwachende Architekt nicht auf eine Endkontrolle beschränken kann, sondern jedenfalls stichprobenartige Prüfungen vornehmen muss.
5. Bei dem gegen den Architekten gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Mängeln des Bauwerks, die auf seine Planungs- oder Überwachungsfehler zurückzuführen sind, handelt es sich der Sache nach um einen Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, denn die Mängel des Bauwerks können, wenn sie bereits eingetreten sind, nicht durch Nacherfüllung der Architektenleistung noch beseitigt werden. Die Bauwerksschäden sind als Folgeschäden anzusehen und ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung erstattungsfähig.*)
6. Dieser Vorschussanspruch ist auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet, auch wenn die Auftraggeberin bisher nur plant, den Werkmangel beseitigen zu lassen und nicht bereits mit einer Verbindlichkeit belastet ist, von der sie Freistellung verlangen könnte.*)
7. Von einer bisher nicht erfolgten Mängelbeseitigung kann nicht auf eine fehlende Mängelbeseitigungsabsicht geschlossen werden. Die Auftraggeberin ist berechtigt, das mangelhafte Werk zu nutzen und mit der Mängelbeseitigung bis zur Zahlung des zweckgebundenen Vorschusses zu warten, selbst wenn sie finanziell zur Tragung der Mängelbeseitigungskosten in der Lage wäre.*)
VolltextOnline seit 19. November
IBRRS 2024, 3360OLG Frankfurt, Urteil vom 11.05.2023 - 22 U 19/22
1. Allein in der Veräußerung des Objekts ist bei verständiger Würdigung aus der Sicht objektiver Personen in der Position der Vertragsparteien (hier) keine Kündigungserklärung zu sehen.
2. Die Kündigung eines nach dem 31.12.2017 geschlossenen Architektenvertrags bedarf der Schriftform. Eine formwidrige Kündigung ist dann folgenlos, wenn die andere Partei die Kündigung hinnimmt. Es ist dann in der Regel eine stillschweigende Vertragsaufhebung anzunehmen.
3. Voraussetzung für die Fälligkeit der Honorarforderung des Architekten ist auch nach der Kündigung eines Vertrags die Abnahme und die Übermittlung einer prüfbaren Schlussrechnung. Im Fall der Kündigung des Architektenvertrags durch den Auftraggeber hat der Architekt im Einzelnen darzulegen, wie sich der Honoraranspruch zusammensetzt. Dabei hat er die erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen im Einzelnen vorzutragen, voneinander abzugrenzen und die entsprechenden Honorarteile - gegebenenfalls im Wege der prozentualen Schätzung - zuzuordnen.
4. Welche ersparten Aufwendungen und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lässt, hat der Architekt vorzutragen und zu beziffern. Trägt er nur einen bestimmten Prozentsatz vor, so genügt das nicht, weil nicht ersichtlich ist, wie er für den konkreten Vertrag gerade zu diesem Prozentsatz gekommen ist und ob er vom richtigen Begriff der Ersparnisse und der anderweitigen Verwendung seiner Arbeitskraft bzw. des böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerbs ausgegangen ist.
5. Von der Objektüberwachung ist die Tätigkeit des Architekten als verantwortlicher Bauleiter nach den Landesbauordnungen zu unterscheiden. Der Bauleiter ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis dafür zuständig, zu überwachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, während der Objektüberwacher eine Ausführung des Objekts gemäß der vertraglichen zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Bauherrn schuldet.
VolltextOnline seit 13. November
IBRRS 2024, 3310VG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2024 - 36 K 6711/24
1. Bauaufsichtsbehörden müssen sich darauf verlassen können, dass ein Ingenieur eine eigens mitgeteilte Tätigkeit als Bauleiter auch wahrnimmt.
2. Behauptet ein Kammermitglied nur, Bauleiter zu sein, ohne entsprechend beauftragt zu sein, liegt ein Verstoß gegen Kardinalspflichten nach der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen vor.
VolltextOnline seit 6. November
IBRRS 2024, 3198OLG Brandenburg, Urteil vom 22.10.2024 - 6 U 58/22
1. Zu dem Kreis der urheberrechtlich geschützten Werke zählen auch Werke der Baukunst, soweit sie persönlich geistige Schöpfungen sind, also einen solchen Grad individueller ästhetischer Prägung erreichen, dass von einer künstlerischen Leistung gesprochen werden kann.
2. Die notwendige Schöpfungshöhe ist erreicht, wenn das Bauwerk nicht das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Bauens ist, sondern die gefundene Lösung vielmehr aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens hinausragt und über die bloße Bewältigung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung einschlägiger, durch den Gebrauchszweck vorgegebener Gestaltungen hinausgeht.
3. Übliche Wohnhäuser und vergleichbare Zweckbauten sind regelmäßig nicht schutzfähig, es sei denn, es liegen besondere gestalterische Elemente vor, die über das vom technisch-konstruktiven oder vom Gebrauchszweck Vorgegebene oder Übliche hinausgehen und die Individualität zum Ausdruck bringen.
4. Das Interesse des Urhebers am Fortbestehen eines Bauwerks tritt in aller Regel hinter die Interessen des Gebäudeeigentümers an einer anderweitigen Gebäudenutzung und einer damit einhergehenden Zerstörung des Kunstwerks zurück, sofern sich nicht aus den Umständen des Einzelfalls etwas anderes ergibt.
5. Durch den Abriss eines Bauwerks kann auch die urheberrechtlich geschützte Wirkung eines Gesamtensembles gegenüber der Außenwelt beeinträchtigt werden. Dies Beeinträchtigung ist jedoch hinzunehmen, wenn nach einer umfassenden Interessenabwägung das Erhaltungsinteresse des Urhebers zurücktritt.
VolltextOnline seit 4. November
IBRRS 2024, 3174BGH, Urteil vom 23.10.2024 - I ZR 67/23
Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG geregelte Panoramafreiheit bezweckt die Freistellung der Nutzung von Werken, wenn und soweit sie Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind. Mit Hilfe einer Drohne angefertigte Luftaufnahmen unterfallen nicht der Panoramafreiheit.*)
VolltextOnline seit 18. Oktober
IBRRS 2024, 3046OLG Naumburg, Urteil vom 16.05.2024 - 2 U 96/23
1. Wird ein sog. Abgrabungsgewässer (hier: der Ententeich) zur Ableitung von Mischwasser (Grund-, Regen- und Schmutzwasser) genutzt, wird es vom Begriff des Ingenieurbauwerks nach § 41 Nr. 2 HOAI 2013 erfasst.*)
2. Beziehen sich ingenieurtechnische Planungen auf die Umwidmung und Umgestaltung des Teichs zu einem Zwischenspeicher für abfließendes Regenwasser, so ist ein Anspruch auf Abrechnung eines Umbauzuschlags nach § 44 Abs. 6 i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 HOAI 2013 begründet.*)
VolltextOnline seit 15. Oktober
IBRRS 2024, 2973KG, Urteil vom 03.03.2023 - 21 U 102/21
1. Der Rahmen der vertraglich übernommenen Verpflichtungen steckt bei einem Werkvertrag zugleich den Umfang der Obhuts- und Beratungspflichten ab.
2. Schuldet der mit der Verlegung von Außenwasserleitungen beauftragte Unternehmer nur den Anschluss an einen Übergabepunkt im Außenbereich, hat er nicht für die Mängelfreiheit der Wasserleitungen im Gebäude und via Vorstreckung bis zu diesem Übergabepunkt einzustehen. Ihn trifft keine Vorprüfungspflicht für das Vorgewerk Sanitär im Gebäude und das in den Außenbereich vorgestreckte Rohr (hier: Einholung von Druckprüfungsprotokollen).
3. Dem Architekten obliegt es in der Leistungsphase 8, die an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten zu koordinieren. Dieser Ausschnitt der allgemeinen Koordinierungspflicht des umfassend beauftragten Architekten erfasst alle von der Bauausführung betroffenen Leistungsbereiche, auch derjenigen, für die besondere Fachbauleiter eingesetzt sind.
4. Der Architekt haftet nicht für Bereiche, die dem Sonderfachmann in Auftrag gegeben wurden und wenn die konkrete fachspezifische Frage nicht zum Wissensbereich des Architekten gehört. Denn der Umfang und die Intensität der Überwachungstätigkeit hängen von den konkreten Anforderungen der Baumaßnahme und den jeweiligen Umständen ab.
5. Der Architekt genügt seiner Koordinierungspflicht, wenn er unter Einbeziehung des eingeschalteten Außenanlagenplaners die Übergabepunkte am vorgestreckten Rohr im Außenbereich festlegt.
Online seit 14. Oktober
IBRRS 2024, 2953LAG Köln, Urteil vom 23.08.2023 - 11 Sa 27/23
1. Jede Partei des Arbeitsvertrags ist zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Aus dem Rücksichtnahmegebot lassen sich auch nachwirkende Schutzpflichten ableiten. Dazu gehört die Pflicht des Arbeitgebers, auf Wunsch und im Interesse des Arbeitnehmers Dritten gegenüber Auskünfte über den Arbeitnehmer zu erteilen.
2. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht wird durch die Grundrechte näher ausgestaltet. Konkurrierende Grundrechte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind grundrechtskonform im Wege der praktischen Konkordanz auszugleichen.
3. Begehrt der ausgeschiedene Arbeitnehmer Bescheinigungen darüber, dass er bestimmte Bauvorhaben während der Ausführungsphase verantwortlich betreut habe, ist im Rahmen der einzelfallbezogenen Abwägung der kollidierenden Grundrechte entscheidend, welche Nachteile die Partei im Falle des Unterliegens zu besorgen hat und ob diese die Nachteile der Gegenseite überwiegen.
VolltextOnline seit 27. September
IBRRS 2024, 2816OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.09.2024 - 21 A 828/23
1. Ein Vermessungsingenieur kann sich nach einer Änderung des Berufsrechts nicht auf eine frühere rechtswidrige Verwaltungspraxis berufen (hier: rückwirkende Erteilung von Vermessungsgenehmigungen).
2. Bei der Ahndung schuldhafter Berufspflichtverletzungen besteht kein Entschließungsermessen.
VolltextOnline seit 25. September
IBRRS 2024, 2833OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.12.2023 - 19 U 103/22
1. Für die Feststellung eines konkludenten Vertragsabschlusses sind unter Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hierbei sind in einer Gesamtbetrachtung die Interessenlage der Parteien sowie alle weiteren Umstände, insbesondere auch etwa vorhandene Dokumente zu bewerten und sodann festzustellen, ob und inwieweit die Parteien übereinstimmend eine vergütungspflichtige Beauftragung gewollt haben.
2. Der Architekt muss die Umstände, nach denen Architektenleistungen nur gegen Vergütung zu erwarten sind, darlegen und beweisen, der Auftraggeber, dass die Leistungen gleichwohl unentgeltlich erbracht werden sollen.
3. Eine Vertragsübernahme (hier: durch eine Projektgesellschaft) kann entweder durch Aufhebung des alten und Abschluss eines neuen Vertrages zu den Bedingungen des aufgehobenen oder ohne Neuabschluss durch Rechtsnachfolge in den alten Vertrag herbeigeführt werden, indem ein Vertragspartner unter Aufrechterhaltung der Identität des Vertrages ausgewechselt wird.
4. Das Umschreiben einer Rechnung besagt insbesondere bei einer engen Verflechtung zwischen zwei Rechnungsadressaten nichts darüber, dass der Architekt mit einer Entlassung des bisherigen Auftraggebers aus seiner Verpflichtung und einer Schuldübernahme durch den Dritten einverstanden ist.
5. Die Vorschriften der HOAI setzen den Bestand eines nach den Vorschriften des BGB begründeten Anspruchs voraus. Sie regeln nicht die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein derartiger Anspruch vertraglich begründet oder wieder aufgehoben werden kann.
6. Im Anwendungsbereich des zwingenden HOAI-Preisrechts ist ein nachträglicher Vergleich über die Vergütungshöhe erst nach Beendigung der Architektentätigkeit möglich.
Online seit 19. September
IBRRS 2024, 2605OLG München, Beschluss vom 23.05.2022 - 20 U 6700/21 Bau
1. Der Architekt ist nicht gehalten, in der Grundlagenermittlung Kostenvorstellung zu erfragen oder in der Vor- und Entwurfsplanung Kostenkontrollen durchzuführen, wenn dem Unternehmer-Auftraggeber aufgrund einer vorangegangenen, bereits als Bauvoranfrage eingereichten Planung eines anderen Architekturbüros die finanzielle Dimension des Vorhabens bekannt ist.
2. Dem Auftraggeber können gegenüber dem Architekten nur dann Rechte wegen Kostenüberschreitung zustehen, wenn zwischen den Parteien eine Baukostenobergrenze vereinbart wurde (hier verneint).
3. Bei Annahme eines Kostenrahmens steht dem Architekten eine Toleranz jedenfalls in Höhe von 30% zu.
VolltextOnline seit 17. September
IBRRS 2024, 2758OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.06.2023 - 21 U 191/22
1. Der Architekt kann selbst dann auf Grundlage der getroffenen Honorarvereinbarung abrechnen, wenn diese wegen Mindestsatzunterschreitung unwirksam sein sollte. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich weder Architekt noch Auftraggeber auf die Unwirksamkeit berufen.
2. Bei einer freien Kündigung trägt der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast für die Vergütung der nicht erbrachten Leistungen. Da er die Interna des Architekten nicht kennt, trifft allerdings den Architekten die Erstdarlegungslast hinsichtlich der Ersparnis und des anderweitigen Erwerbs. Genügt er dieser nicht, führt dies zu einer endgültigen Klageabweisung.
3. Der Architekt muss darlegen, wie der voraussichtliche Projektablauf gewesen wäre, wenn er das Objekt vollends zu betreuen gehabt hätte. Er muss Angaben machen, wie lange sein Büro mit welchen Leistungen bei dem Projekt befasst gewesen wäre. Des Weiteren muss er zur Ersparnis vortragen.
4. Neben projektbezogenen Sachkosten können auch Personalkosten erspart werden, die der Architekt für das Projekt gehabt hätte, wenn der Auftrag nicht gekündigt worden wäre. Grundsätzlich liegt eine Ersparnis allerdings nur dann vor, wenn diese Personalkosten infolge der Kündigung nicht mehr anfallen. Das kann z. B. der Fall sein, wenn das Personal infolge der Kündigung nicht mehr eingestellt werden muss oder bei dem Architekten nicht mehr beschäftigt wird. Auch Überstundenausgleich muss sich der Architekt anrechnen lassen.
5. Dagegen ist es grundsätzlich keine Frage der ersparten Aufwendungen, wenn das Personal weiter beschäftigt und für andere Aufträge eingesetzt wird. Insoweit ist der Unternehmer gehalten, den durch den Einsatz des Personals erzielten anderweitigen Erwerb in Ansatz zu bringen.
6. Beim anderweitigen Erwerb muss nicht zu allen Aufträgen vorgetragen werden, die während der voraussichtlichen Projektlaufzeit des gekündigten Objekts entgegengenommen wurden. Erheblich sind nur solche, die gleichzeitig mit dem gekündigten Auftrag bei gleicher Besetzung des Büros nicht hätten bearbeitet werden können. Wenn es solche sog. "Füllaufträge" gibt, dann muss der Gewinn aus dem zusätzlichen Auftrag von der Restvergütung abgesetzt werden.
7. Um beurteilen zu können, ob es sich um Füllaufträge oder parallel neben dem ursprünglichen Auftrag zu bearbeitende Aufträge gehandelt hat, hat der Architekt zum Inhalt, dem Umfang, dem Volumen und dem zeitlichen Rahmen dieser Aufträge vorzutragen oder die schriftlichen Aufträge vorzulegen.
VolltextOnline seit 10. September
IBRRS 2024, 2692OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2021 - 23 U 81/21
1. Wer Auftraggeber und damit Vertragspartner des Architekten geworden ist (hier: Projektentwicklungsgesellschaft oder deren Tochtergesellschaft), bedarf einer Auslegung aller Umstände des Einzelfalls, wenn weder ein schriftlicher Vertrag existiert noch ein mündlicher Vertragsschluss behauptet wird. Der potenzielle Auftraggeber des Architekten hat, wenn die Unklarheiten in Bezug auf die Person des Auftraggebers aus seiner Sphäre stammen, eindeutige Verhältnisse zu schaffen.
2. Eine Beauftragung mit den Grundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 kann darin zu sehen sein, dass der Auftraggeber diese Leistungen entgegennimmt und den Beginn der Leistungsphase 5 freigibt.
3. Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Andernfalls ist das Architektenwerk mangelhaft. Die Mangelhaftigkeit erfasst das gesamte Architektenwerk, d. h. auch die Leistungsphasen, die der Genehmigungsplanung vorausgehen.
4. Der Architekt hat zwar ein Recht zur Nachbesserung der nicht genehmigungsfähigen Planung. Eine Nachbesserung kommt aber nur in Betracht, wenn die Planung in der beantragten Form dauerhaft genehmigungsfähig hergestellt werden kann. Auf grundlegende Änderungen der Planung zwecks Herstellung der Genehmigungsfähigkeit muss der Auftraggeber sich nachträglich nicht einlassen.
5. Die Schlussrechnung eines Architekten muss zur Prüfbarkeit alle Angaben enthalten, die nach dem geschlossenen Vertrag und der HOAI für eine Überprüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit des Honorars unverzichtbar sind. Die Anforderungen richten sich nach dem Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers, der in die Lage versetzt werden muss, die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu beurteilen. Hierzu gehören jedenfalls Angaben zu den anrechenbaren Kosten, zum Leistungsbild, zur Honorarzone, zur dazugehörigen Honorartafel und zu den erbrachten Leistungen einschließlich ihrer Bewertung.
Online seit 5. September
IBRRS 2024, 2684OLG Schleswig, Urteil vom 17.07.2024 - 12 U 149/20
1. Die volle Vergütung für eine Leistungsphase kann auch dann geschuldet sein, wenn nicht alle Teilleistungen der jeweiligen Leistungsphase erbracht wurden. Denn ein funktionstaugliches, zweckentsprechendes Werk setzt nicht zwingend die Erbringung aller Teilleistungen voraus.
2. Eine Honorarminderung kommt nur in Betracht, wenn ein selbstständiger Arbeitserfolg nicht erbracht wird und der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts erfüllt ist.
3. Eine Fortschreibung der anrechenbaren Kosten aufgrund von allgemeinen Baupreissteigerungen oder Ausschreibungsergebnissen ist grundsätzlich nicht möglich. Bei der Berechnung der anrechenbaren Kosten ist auf denjenigen Planungsstand abzustellen, welcher der jeweils maßgebenden Kostenermittlung zu Grunde zu legen ist.
4. Wird nach dem Abschluss der Entwurfsplanung und Vorliegen der Kostenberechnung vom Auftraggeber eine Kostenreduzierung gefordert oder ändert er seine Anforderungen an Qualität, Quantität oder Zeit und damit die Leistungsziele, kann dies nach § 10 HOAI zu einer Honoraranpassung führen.
5. In welchem Umfang der Architekt zu "optimieren" hat, also wie oft er Planungsleistungen nach unterschiedlichen Anforderungen im Sinne von Varianten/Alternativen vergütungsneutral erbringen muss, ist eine Frage des Einzelfalls und der Zumutbarkeitsgrenze. Als vergütungsfähige Änderungsleistungen sind insofern Planungsleistungen zu verstehen, die vom Architekten auf Veranlassung des Auftraggebers und nach vollständigem oder teilweisem Abschluss der Planung erbracht werden, ohne dass der Architekt dies zu vertreten hat.
6. Ein wichtiger Kündigungsgrund kann in einer schweren schuldhaften Verletzung oder einer sonstigen Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses bestehen, die eine Fortsetzung des Vertrags für den Auftraggeber unzumutbar macht. Ein vertragswidriges Verhalten des Auftragnehmers reicht regelmäßig noch nicht aus.
7. Allgemeine Geschäftskosten eines Architekturbüros stellen keine ersparten Aufwendungen dar, weil sie auch nach Kündigung eines Projekts weiter zu entrichten sind. Dazu gehören Gehälter der ständigen Mitarbeiter, Miete, Versicherungen, allgemeine Sachkosten des Bürobetriebs etc.
8. Ein anderweitiger Erwerb liegt nur dann vor, wenn der Architekt infolge der Kündigung einen Füllauftrag annehmen konnte.
Online seit 2. September
IBRRS 2024, 2650LG Köln, Urteil vom 27.06.2024 - 14 O 259/22
1. In einem Arbeitsvertrag kann vereinbart werden, dass die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Werken eines angestellten Architekten auf den Inhaber des Architekturbüros übergehen und der Mitarbeiter allenfalls ein Benennungsrecht haben soll.
2. Das Urheberbenennungsrecht als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts kann nur der (Mit-)Urheber geltend machen, nicht aber der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes, der selbst nicht schöpferisch tätig war.
3. Als Werke der Baukunst kommen Bauten jeglicher Art in Betracht, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Auf die Art der Konstruktion und Herstellung sowie auf das Material, aus dem sie errichtet sind, kommt es ebenso wenig an wie auf den Gebrauchszweck des Baus.
4. Nicht nur das Bauwerk als Ganzes, sondern auch Teile eines Bauwerks können Gegenstand des Urheberrechtsschutzes sein, sofern sie auch für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung darstellen.
5. Die für eine persönliche geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass sich das Bauwerk nicht nur als das Ergebnis rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse alltäglichen Bauschaffens herausragt. Dies beurteilt sich nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunst einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt. Die architektonische Leistung muss über die Lösung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung der einschlägigen technischen Lösungsmittel hinausgehen.
VolltextIBRRS 2024, 2643
OLG Schleswig, Urteil vom 28.08.2024 - 12 U 15/24
1. Bruchteilseigentümer können zu Zwecken der Errichtung eines Bauvorhabens mit anschließender Ferienwohnungsvermietung eine GbR errichten. Diese ist als Außen-GbR auch partei- und prozessfähig hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den von ihr mit der Planung und Bauüberwachung beauftragten Architekten.
2. Für die ordnungsgemäße Klagerhebung genügt die Bezeichnung des Namens der GbR, wenn eine ausreichende Identifizierung möglich ist. Die Bezeichnung der gesetzlichen Vertreter gehört nicht zum zwingenden Inhalt der Klageschrift.
3. Veräußern die Bruchteilseigentümer das Grundstück nebst Bauvorhaben, führt dies nicht zur Beendigung oder Auflösung der GbR, wenn der Zweck der Gesellschaft noch nicht erreicht ist. So, wenn von der GbR noch Gewährleitungsrechte verfolgt werden.
VolltextOnline seit August
IBRRS 2024, 2634OLG Schleswig, Urteil vom 12.04.2024 - 1 U 66/22
1. Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Daran fehlt es, wenn die Verwendung von Materialien entgegen der Baugenehmigung im Leistungsverzeichnis geplant wird und diese Materialien verbaut werden.
2. Wird ein Architekt (auch) mit der Objektbetreuung entsprechend der Leistungsphase 9 des § 33 HOAI 2009 beauftragt, muss ihm innerhalb des fünfjährigen Zeitraums nach der Abnahme auffallen, dass das verwendete Bodenbelags- und Dämmmaterial nicht der erteilten Baugenehmigung entsprach.
3. Ein Bauherr ist bei der Mängelbeseitigung nicht gehalten, die ursprüngliche Planung beizubehalten, um Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend machen zu können. Unter der Voraussetzung, dass dabei die Mängel beseitigt werden, kann er den Arbeiten eine abweichende Planung zu Grunde legen, etwa dem Bauwerk eine neue Gestaltung geben. Eine fiktive Schadensberechnung liegt nicht vor. Die Höhe des Schadensersatzes ist aber auf den Betrag beschränkt, der bei der Mängelbeseitigung nach der alten Planung angefallen wäre.*)
4. Es gehört zu den Pflichten des Architekten, dem Bauherrn im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebiets bei der Untersuchung und Behebung von Baumängeln zur Seite zu stehen. Als Sachwalter des Bauherrn schuldet er die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und von der sich daraus ergebenden Rechtslage. Das gilt auch dann, wenn die Mängel ihre Ursache auch in Planungs- oder Aufsichtsfehlern des Architekten haben.
5. Verletzt der Architekt schuldhaft diese Untersuchungs- und Beratungspflicht, ist er dem Bauherrn zum Schadensersatz verpflichtet (sog. Sekundärhaftung). Dieser Schadensersatzanspruch geht dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten werkvertraglichen Ansprüche als nicht eingetreten gilt.
6. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Bauherr innerhalb der Verjährungsfrist verjährungshindernde Maßnahmen gegen den Architekten eingeleitet hätte, wenn dieser seine Untersuchungs- und Beratungspflicht erfüllt und den Bauherrn auf eine etwaige eigene Haftung hingewiesen hätte.
VolltextIBRRS 2024, 2622
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.09.2022 - 23 U 209/21
1. Bei der Objektüberwachung handelt es sich um eine besonders wichtige Aufgabe des Architekten. Der Architekt übernimmt die Verpflichtung, das Bauwerk frei von Mängeln entstehen zu lassen, und dadurch das ihm Zumutbare beizutragen.
2. An den Architekten sind bei der Erfüllung der Objektüberwachung erhebliche Anforderungen zu stellen. Die Aufsicht durch den Architekten selbst oder zuverlässiger Mitarbeiter ist daher stets erforderlich, wenn es sich um wichtige Bauvorgänge handelt, die für die Erreichung der Bauaufgabe von wesentlicher Bedeutung sind.
3. Bei der Ausführung von Dach- und Dachdeckerarbeiten, insbesondere bei den damit in Zusammenhang stehenden Abdichtungs- und Isolierungsarbeiten, handelt es sich um besonders gefahrenträchtige Arbeiten, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen und die daher der erhöhten Aufmerksamkeit und intensiven Wahrnehmung der Bauaufsicht durch den bauüberwachenden Architekten bedürfen.
4. Schwer wiegende Ausführungsfehler muss der bauüberwachende Architekt bei ordnungsgemäßer Sichtkontrolle typischerweise erkennen bzw. erkennen können.
5. Liegen schwer wiegende Ausführungsfehler vor, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Überwachungspflichtverletzung des Architekten. In einem solchen Fall braucht der Bauherr nicht anzugeben, inwieweit es der Architekt im Einzelnen an der erforderlichen Überwachung hat fehlen lassen. Vielmehr ist es Sache des Architekten, den Beweis des ersten Anscheins dadurch auszuräumen, dass er seinerseits darlegt, was er an Überwachungsmaßnahmen geleistet hat.
VolltextIBRRS 2024, 2575
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.03.2024 - 7 Sa 56/23
1. Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich von dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit des Verpflichteten. Die Begriffe der Weisungsgebundenheit und Fremdbestimmung sind eng miteinander verbunden und überschneiden sich teilweise.
2. Eine weisungsgebundene Tätigkeit ist in der Regel zugleich fremdbestimmt. Die Weisungsbindung ist das den Vertragstyp im Kern kennzeichnende Kriterium. Es kann, muss aber nicht gleichermaßen Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen.
3. Fehlt es an jedweder Weisungsgebundenheit, liegt in der Regel kein Arbeitsverhältnis vor.
4. Zur Beantwortung der Frage, ob ein technischer Systemplaner, der für ein Planungsbüro Entwürfe erstellt hat und in der Leistungsphase 3 nach HOAI in verschiedenen Projekten tätig war, über die der Auftraggeber abschließend "drüber geschaut" hat, in einem Arbeitsverhältnis stand oder als (selbstständiger) Subplaner tätig war.
VolltextIBRRS 2024, 2433
OLG Oldenburg, Urteil vom 08.11.2022 - 2 U 10/22
1. Werden zeichnerische und rechnerische Unterlagen Vertragsbestandteil, die Widersprüche zum - ebenfalls Vertragsinhalt gewordenen - Angebot des Unternehmers aufweisen, geht das zeitlich nachfolgende, konkrete Angebot den Plänen im Rahmen der Auslegung des Vertrags vor.
2. Eine konkludente Abnahme setzt ein Verhalten des Auftraggebers bzw. seines Bevollmächtigten voraus, dem zu entnehmen ist, dass er die Leistung als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt. Dies kann überhaupt nur in Betracht kommen, wenn das Werk im Wesentlichen mangelfrei fertig gestellt ist.
3. Eine Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung kommt nur in Betracht, wenn die Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der durch die Mängelbeseitigung erzielbare Erfolg zu dem durch sie verursachten Geldaufwand außer Verhältnis steht. Sie ist regelmäßig nur dann gerechtfertigt, wenn einem objektiv geringem Interesse des Auftraggebers an der mangelfreien Leistung ein ganz erheblicher und damit unangemessener Aufwand gegenübersteht, so dass die Forderung nach der vertragsgemäßen Leistung letztlich gegen Treu und Glauben verstieße.
4. Von einer Anscheinsvollmacht ist auszugehen, wenn der Auftraggeber dem Architekten allein die Vertragsverhandlungen mit dem Unternehmer überlässt, dieser bereits den Vertrag verhandelt und unterzeichnet hat oder in anderer Weise dem Architekten völlig freie Hand bei der Durchführung des Bauvorhabens lässt, ohne sich selbst um den Bau zu kümmern (beides hier bejaht).
5. Umfang und Intensität der von einem Architekten geschuldeten Überwachung hängen von den Anforderungen der Baumaßnahme sowie den konkreten Umständen ab. Einfache Arbeiten bedürfen keiner Überwachung, während der Architekt kritischeren und wichtigeren Bauabschnitten eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken muss. Erst recht sind an die Überwachungspflicht des Architekten höhere Anforderungen zu stellen, wenn sich im Verlaufe der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel zeigen.
6. Die Überwachung von Wärmedämmarbeiten unterliegt höheren Anforderungen, denen der Architekt nicht gerecht wird, wenn er lediglich Stichproben durchführt.
7. Der durch den überwachenden Architekten geschuldete Werkerfolg besteht u. a. darin, ein den Leistungszielen des Auftraggebers und damit der (auch mit den Unternehmern vereinbarten Beschaffenheit, im Übrigen der üblichen Beschaffenheit und damit auch den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechendes, funktionierendes Bauwerk entstehen zu lassen. Verkörpert sich im Bauwerk infolge der unzureichenden Überwachung ein davon abweichendes Ergebnis handelt es sich um einen ohne Fristsetzung zu erstattenden Mangelfolgeschaden.
IBRRS 2024, 2434
OLG Köln, Beschluss vom 10.08.2023 - 9 U 241/22
1. Der Architekt verletzt seine beruflichen Kardinalpflichten, wenn er bei der Planung der kompletten Instandsetzung eines Gebäudes, das älter als 40 Jahre ist, die Funktionstauglichkeit der vorhandenen Abdichtung nicht prüft und die sich aus der DIN 18195 ergebenden Abdichtungsanforderungen missachtet.
2. Das Haftpflichturteil entfaltet im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht. Es ist im Deckungsprozess nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zu Grunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH, IBR 2004, 547).
3. Eine wissentliche Pflichtverletzung, die zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führt, begeht nur der Versicherungsnehmer, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherungsnehmer die Pflichten zutreffend gesehen hat und das Bewusstsein hatte, pflichtwidrig zu handeln.
4. Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer. Er muss darlegen, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen. Dies bedeutet, dass zunächst der Versicherer einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet.
5. Der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien ist nach ständiger Rechtsprechung dann entbehrlich, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann (hier bejaht). Diese Grundsätze gelten auch für den Direktanspruch gegen die Versicherung gem. § 115 VVG.
VolltextIBRRS 2024, 2334
OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.05.2023 - 4 U 336/21
1. Für die Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Unternehmerhandeln ist grundsätzlich die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts entscheidend. Dabei kommt es maßgeblich auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Parteien bei Vertragsschluss an.
2. Dient das abgeschlossene Rechtsgeschäft der Verwaltung eigenen Vermögens, wozu auch der Erwerb oder die Verwaltung einer Immobilie gehört, ist es regelmäßig dem privaten Bereich zuzuordnen. Ausschlaggebend für die im Einzelfall vorzunehmende Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, so liegt eine gewerbliche Betätigung vor.
3. Der zeitliche und organisatorische Aufwand, der mit dem Verkauf und der Vermietung von maximal sieben Wohnungen in einem aus zwei Häusern bestehenden Gebäudekomplex verbunden ist, ist nicht so groß, dass dieser nur durch Unterhaltung eines Büros oder einer geschäftsmäßigen Organisation bewerkstelligt werden könnte und so das Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs vermitteln würde. Dies gilt erst recht, wenn der Vermieter/Verkäufer beabsichtigt, in dem zu verwaltenden Gebäudekomplex zu wohnen.
4. Derjenige, der sich auf die Verbrauchereigenschaft beruft, muss darlegen und beweisen, dass er mit dem Geschäft tatsächlich objektiv einen privaten Zweck verfolgt hat. Steht fest, dass objektiv ein Verbrauchergeschäft vorlag, so trifft den Vertragspartner die Beweislast für die Umstände, aus denen er auf ein Unternehmergeschäft schließen durfte. Zweifel gehen insoweit zu Lasten des Vertragspartners, weil bei natürlichen Personen grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen ist.
5. Ein kausales Schuldanerkenntnis (hier: "Wir erkennen Ihre Forderungen aus der Schlussrechnung an") schließt nur diejenigen Einwendungen aus, die der Schuldner bei Abgabe seiner Erklärung kannte oder mit denen er zumindest gerechnet hat.
6. Ein Anerkenntnis von Honorarforderungen führt nicht dazu, dass sich die Ausübung eines Widerrufsrechts als rechtsmissbräuchlich darstellen würde.
7. Durch den Widerruf eines Architektenvertrags entfällt die Pflicht zur Zahlung des vereinbarten Architektenhonorars ersatzlos.
IBRRS 2024, 2333
OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2022 - 4 U 142/20
1. Fehlt eine schriftliche Honorarvereinbarung, wird nach § 7 Abs. 5 HOAI 2013 unwiderleglich vermutet, dass die Mindestsätze vereinbart sind.
2. Die Stellung einer Schlussrechnung, in der die Honorarforderung nicht vollständig ausgewiesen ist, beinhaltet regelmäßig keinen konkludenten Verzicht auf die weitergehende Forderung.
3. Der Einwand widersprüchlichen Verhaltens steht der Geltendmachung eines Mindestsatzhonorars nur dann entgegen, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraut hat und vertrauen durfte und er sich darauf in einer Weise eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann.
4. Wird der Architekt mit der Einholung der Baugenehmigung beauftragt, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass damit auch die übrigen Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 4 erbracht werden sollen. Entscheidend ist vielmehr, was die Parteien tatsächlich als Leistungen vereinbart haben.
5. Ein Anspruch auf Ersatz eines Verzögerungsschadens setzt voraus, dass dem Auftraggeber infolge des von ihm behaupteten Verzugs ein Schaden entstanden ist.
6. Für den vom geschädigten Auftraggeber zu führenden Beweis eines entgangenen Gewinns gilt ein objektiver Maßstab. Abzustellen ist auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge, wobei stets die individuellen Verhältnisse maßgebend sind. Die bloße Möglichkeit eines Gewinns genügt als Nachweis noch nicht.
IBRRS 2024, 2357
LG Karlsruhe, Urteil vom 08.05.2024 - 6 O 300/17
1. Grundsätzlich hat der Bauherr den bauüberwachenden Architekten ordnungsgemäße Ausführungspläne auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag als Obliegenheit zur Verfügung zu stellen. Ist diese Obliegenheit zur Leistungspflicht erhoben worden, so haben die bauüberwachenden Architekten einen durchsetzbaren Anspruch und die Verletzung dieser Pflicht der Besteller kann auch zu einem Schadensersatzanspruch führen.*)
2. Hat der planende Architekt wegen des Kelleraltbestands ohne sichere Kenntnis von den konkreten Umständen der Kellerwand anfangs Ausführungspläne erstellt, dann hat er sich ab Offenlage der Kellerwand ein klares Bild über die konkrete Situation - am besten vor Ort – zu verschaffen, um die Ausführungspläne, der Dynamik des Baugeschehens folgend, entsprechend anpassen zu können. Auch hat er dafür zu sorgen, dass die bauüberwachenden Architekten nicht nur Vorabzüge dieser Pläne, die für das Bauen nicht maßgeblich sind, sondern „definitive“ Ausführungspläne erhalten, die auch eindeutig als „definitiv“ erkennbar sind.*)
3. Die bauüberwachenden Architekten haben während der gesamten Bauzeit jederzeit vor Ort den besten Überblick über die tatsächliche Situation. Dann hätten sie wegen der Leistungspflicht des Bauherrn, auch „definitive“ und ordnungsgemäße Ausführungspläne einfordern bzw. sogar einklagen und sich auch weigern können, die Arbeit fortzusetzen. Indem sie dies nicht taten und auf der Grundlage selbst erstellter Ausführungspläne die Arbeit fortsetzten, haben auch sie eine wesentliche Ursache für die unzureichende Abdichtung gesetzt.*)
VolltextOnline seit Juli
IBRRS 2024, 2359OLG Bamberg, Beschluss vom 11.09.2023 - 12 U 24/23
1. Verspricht ein Projektbetreuer gegenüber dem Bauherrn, für die Einhaltung einer bestimmten Bausumme einzustehen, kann seine Erklärung einen unterschiedlichen Inhalt haben, der stets im Einzelfall durch Auslegung festzustellen ist.
2. Für die Annahme einer selbständigen Garantie, bei der der Auftragnehmer verschuldensunabhängig - auch bei unvorhersehbaren Geschehensabläufen - für sämtliche die Garantiesumme übersteigenden Kosten haftet, sind hohe Anforderungen zu stellen.
3. Eine Baukostengarantie wird gegenstandslos, wenn die ursprüngliche Planung einvernehmlich geändert und in erweitertem Umfang ausgeführt wird.
4. Ein individuelles Aushandeln kann anzunehmen sein, wenn die streitgegenständliche Klausel im Zuge der Vertragsverhandlungen auf einen entsprechenden Wunsch des Verwendungsgegners abgeändert wird (hier bejaht).
VolltextIBRRS 2024, 2210
OLG Schleswig, Urteil vom 09.03.2022 - 12 U 16/21
1. Der Architekt hat nicht die am besten geeignete Lösung auszuwählen. Es stellt keinen Planungsfehler dar, wenn ein Architekt nicht die "Ideallösung" erbringt.
2. Entscheidend sind vielmehr die Vorgaben des Bauherrn. Wird von diesen abgewichen, führt dies regelmäßig zu einer mangelhaften Planung, auch wenn dem Architekten ein gewisses Maß an planerischem Ermessen zuzugestehen ist. Die Vorgaben des Bauherrn sind für den Architekten verbindlich.
3. Hat die vom Architekten vorgeschlagene und realisierte Planungsvariante zu Mehrkosten geführt, kann eine Pflichtverletzung nicht angenommen werden, wenn sich die Mehrkosten in einem Toleranzrahmen von 30% halten.
4. Bei der Verletzung von Aufklärungs- bzw. Beratungspflichten kann nicht ohne Weiteres ein beratungsgerechtes Handeln unterstellt werden. Eine typisierende Betrachtungsweise, wonach davon auszugehen sei, dass sich der Auftraggeber bei der geschuldeten Aufklärung sachgerecht verhalten hätte, verbietet sich.
5. Der Architekt muss solchen Baumaßnahmen besondere Aufmerksamkeit widmen, bei denen sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben. Er muss insbesondere eine regelmäßige und angemessene Überwachung der Bauleistungen vornehmen.
6. Besonders wichtige Bauabschnitte, von denen das Gelingen des ganzen Werks abhängt, muss der Architekt persönlich überwachen und sich sofort nach der Ausführung der Arbeiten von deren Ordnungsmäßigkeit überzeugen.
7. Drainagearbeiten zu besonders schwierigen und gefahrträchtigen Arbeiten, die besonders beobachtet und überprüft werden müssen.
8. Der Architekt kann sich auf die Unverhältnismäßigkeit der Beseitigung von im Bauwerk verkörperter planungsbedingter Baumängel berufen. Unverhältnismäßig hohe Kosten der Mängelbeseitigung sind nicht zu ersetzen. Die Grenze liegt dort, wo Kosten als unnötig, unzweckmäßig oder überteuert anzusehen sind.
9. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Bauherrn an der ordnungsgemäßen Erfüllung im Verhältnis zum dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt.
10. Besteht nur ein objektiv geringes Interesse des Bauherrn an einer mangelfreien Vertragsleistung und steht diesem ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Kostenaufwand gegenüber, kann von einer Unverhältnismäßigkeit gesprochen werden.
IBRRS 2024, 2162
LG Köln, Urteil vom 16.05.2024 - 24 O 211/23
1. In der Architektenhaftpflichtversicherung ist der Versicherer verpflichtet, den Architekten von Ansprüchen freizustellen, die von einem Dritten aufgrund der Verantwortlichkeit des Architekten für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache geltend gemacht werden, und unbegründete Ansprüche abzuwehren.
2. Der Haftpflichtversicherungsschutz besteht unabhängig davon, inwieweit die gegen den Architekten erhobenen Ansprüche begründet sind. Soweit der Architekt zu Unrecht in Anspruch genommen wird, ist der Versicherer verpflichtet, diese Ansprüche für den Architekten abzuwehren.
3. Eine Abweichung von der halbzwingenden Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1, § 28 Abs. 3 und 4 VVG zum Nachteil des Architekten stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (vgl. BGH, Urteil vom 02.04.2014 - IV ZR 58/13, IBRRS 2014, 3244).
VolltextOnline seit Juni
IBRRS 2024, 1991OLG Celle, Urteil vom 02.12.2021 - 8 U 91/21
1. Ein Fußbodenbelag ist so zu verlegen, dass sich keine erheblichen Ansteigungen zur Raummitte und Absenkungen zu den Feldrändern ergeben. Anderenfalls ist die Leistung des Bodenverlegers mangelhaft.
2. Der Bodenverleger hat vor der Ausführung seiner Leistung die Belegreife des Estrichs zu prüfen. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass es (auch) dem bauplanenden und -überwachenden Architekten obliegt, die Belegreife zur prüfen.
3. Der Bodenverleger ist von seiner eigenen Prüfpflicht nur dann befreit, wenn ihm der Bauplaner ausdrücklich die Belegreife bestätigt.
VolltextIBRRS 2024, 1780
OLG Köln, Beschluss vom 14.02.2023 - 8 U 193/22
1. Verträge mit Architekten, Bauingenieuren, Statikern u.s.w. sind zwar in der Regel Werkverträge. Abweichendes gilt dann, wenn die Aufgabe des Architekten oder der anderen Baufachleute sich auf eine bauleitende, überwachende oder beratende Tätigkeit beschränkt und nicht die Bauführung umfasst.
2. Auch der Vertrag mit einem Sachverständigen über die Erstattung eines Gutachtens ist als Werkvertrag zu qualifizieren, da der Gutachter ein geistiges Werk schuldet. Wird der Sachverständige aber über längere Zeit hinweg beratend oder überwachend tätig, liegt ein Dienstvertrag vor.
3. Ein Auftrag über die Dokumentation des Zustands eines Weges hat mit Blick auf den geschuldeten Erfolg werkvertraglichen Charakter. Umfasst der überwiegende Teil der beauftragten und erbrachten Leistungen indes die Beratung des Auftraggebers im Hinblick auf Ursachen und erforderliche Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden am Weg, ist im Schwerpunkt kein bestimmter Erfolg oder ein konkretes geistiges Werk geschuldet, sondern eine laufende (beratende) Tätigkeit im Interesse des Auftraggebers.
4. Dem Dienstherrn stehen grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche zu. Insbesondere ist auch eine Minderleistung nicht als "nicht vertragsgemäße" Leistung zu sehen, die den Dienstherrn berechtigen würde, die Vergütung nicht zu zahlen.
5. Der Dienstverpflichtete hat keinen Anspruch auf Vergütung, wenn die erbrachten Dienste infolge einer von ihm zu vertretenden Schlechtleistung für den Dienstherrn ohne Interesse (im Sinne von völlig unbrauchbar) sind. Dann steht dem Dienstherrn ein Schadensersatzanspruch zu, der auf Befreiung von der Vergütungspflicht gerichtet ist.
VolltextIBRRS 2024, 1757
OLG Köln, Urteil vom 15.12.2022 - 7 U 3/22
1. Mit der Darstellung der Mängelerscheinung (hier: Feuchtigkeit im Dachschichtenpaket) macht der Auftraggeber den Mangel selbst zum Gegenstand seines Vortrags. Eine Beschränkung auf die angegebenen Stellen oder die vom Auftraggeber bezeichneten oder vermuteten Ursachen ist mit der Bezeichnung einer Mängelerscheinung nicht verbunden. Die tatsächlichen Ursachen sind vielmehr vollständig erfasst.
2. Sämtliche Mängelbeseitigungsmaßnahmen, die zur Beseitigung dieses Mangelsymptoms erforderlich sind, werden von der Hemmung der Verjährung durch Einleitung des Rechtsstreits umfasst.
3. Eine sog. Subsidiaritätsklausel (hier: "Wird der Architekt wegen eines Schadens in Anspruch genommen, den auch ein Dritter zu vertreten hat, kann er vom Bauherrn verlangen, dass der Bauherr sich gemeinsam mit ihm außergerichtlich erst bei dem Dritten ernsthaft um die Durchsetzung seiner Mängelansprüche bemüht.") begründet kein Leistungsverweigerungsrecht, wenn Planungsfehler vorliegen.
4. Ein hinreichendes Bemühen im Sinne der Subsidiaritätsklausel ist anzunehmen, wenn der Auftraggeber den Dritten unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auffordert und der Dritte eine Gewährleistungspflicht unmittelbar ablehnt.
Online seit Mai
IBRRS 2024, 1597OLG Stuttgart, Urteil vom 26.03.2024 - 10 U 103/23
1. Wird bei Abbrucharbeiten ein stromführendes Bauteil im Keller belassen und dieser verfüllt, kann dies eine Haftung von Bauherrn, Architekten und ausführendem Unternehmer auch für einen Arbeitsunfall begründen, zu dem es Jahre später bei weiteren Bauarbeiten kommt.*)
2. Bei einer durch Abbrucharbeiten verursachten nicht ohne weiteres erkennbaren Gefahr im Erdboden endet die Verantwortlichkeit weder für den Bauherrn mit dem Verkauf des Grundstücks noch für Architekt und Unternehmer mit dem Abschluss der Arbeiten, sofern die Gefahr fortbesteht und die Verantwortlichkeit nicht durch entsprechende Information an einen Dritten übertragen wird.*)
3. Zum Gesamtschuldner-Innenausgleich der für einen Arbeitsunfall verantwortlichen Bauherren, Architekten und Unternehmer.*)
VolltextIBRRS 2024, 1273
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.04.2024 - 2-31 O 78/23
1. Ein Vertrag über Planungsleistungen ist als Fernabsatzvertrag zu qualifizieren, wenn die für den Vertragsschluss konstitutiven Willenserklärungen per E-Mail ausgetauscht werden. Dass nach Vertragsschluss ein gemeinsamer Ortstermin stattfindet, ist unschädlich.
2. Will der Architekt die Annahme eines Fernabsatzvertrags verhindern, kann er mittels CAD oder Lichtbildern eine virtuelle Begehung durchführen, damit ein gemeinsamer "Ortstermin" vor Vertragsschluss vorliegt.
3. Das Vorliegen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems widerleglich vermutet, so dass der Unternehmer Gegenteiliges darzulegen und zu beweisen hat.
4. Von einer Widerrufsbelehrung kann auch dann nicht abgesehen werden, wenn der Verbraucher als Anwalt rechtskundig ist. Eine Differenzierung nach der "Art" des Verbrauchers ist dem Gesetz fremd.
5. Bei einem Vertrag über Planungsleistungen handelt es sich nicht um einen Verbraucherbauvertrag, weshalb kein Wertersatz nach § 357e BGB - weder in direkter noch in analoger Anwendung - zu leisten ist.
6. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben sind im Verbraucherwiderrufsrecht überaus hoch. Abgesehen von dem Fall, dass der Verbraucher den Vertrag von vorneherein in Schädigungsabsicht abschließt, um den Unternehmer nach Leistungserbringung mittels Widerruf um seine Vergütung zu "prellen", wird von einem treuwidrigen Verbraucherverhalten kaum je auszugehen sein.
7. Für die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben müsste der Auftragnehmer jedenfalls darlegen, dass er die Widerrufsbelehrung des Verbrauchers nur fahrlässig unterlassen hat, die ausgeführten Leistungen mangelfrei sind und vom Verbraucher genutzt werden sowie, dass der beanspruchte Wertersatz sowohl aus Sicht des Verbrauchers wie eines objektiven Dritten nicht unangemessen ist (hier verneint).
IBRRS 2024, 1521
OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2024 - 20 U 36/23
1. Auch ein öffentlicher Platz kann als Werk der Baukunst angesehen werden, soweit er die im Urheberrecht vorausgesetzte Individualität aufweist. Die für eine persönliche geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass sich das Bauwerk nicht nur als Ergebnis rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse alltäglichen Bauschaffens herausragt.
2. Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.
3. Liegt eine relevante Beeinträchtigung der Werksintegrität vor, ist die indizierte Gefährdung der geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers mit den kollidierenden Eigentümerinteressen im Wege der Abwägung der jeweils betroffenen Interessen in Ausgleich zu bringen.
VolltextIBRRS 2024, 1520
OLG Köln, Beschluss vom 02.03.2023 - 19 U 55/22
1. Beim Einzug und der Nutzung eines Gebäudes handelt es sich um einen typischen Sachverhalt, auf den eine konkludente Abnahme gestützt werden kann.
2. Die ausstehende Ausführung von Restarbeiten sowie das Vorliegen einzelner Mängelrügen stehen einer konkludenten Abnahme nicht zwingend entgegen. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.
3. Die Verjährung hemmende Verhandlungen erfordern einen ernsthaften Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen. Das ist anzunehmen, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein.
4. Der Architekt ist verpflichtet, Mängelursachen zu klären und den Bauherrn sachkundig über das Ergebnis der Untersuchungen und der sich daraus ergebenden Rechtslage zu unterrichten. Das schließt seine eigene Haftung ein.
5. Verletzt der Architekt diese Pflicht, kann ihm eine Berufung auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich zutage getretener Mängel verwehrt sein, wenn dies für den Eintritt der Verjährung mitursächlich geworden ist (sog. Sekundärhaftung).
Online seit April
IBRRS 2024, 1329LG Frankenthal, Urteil vom 25.01.2024 - 7 O 13/23
1. Ein Energieberatungsvertrag über die Beratung in fachlicher Hinsicht zu den Möglichkeiten der energetischen Modernisierung des Objekts, deren Wirtschaftlichkeit und Förderungsfähigkeit sowie die Unterstützung bei der Fördermittelbeantragung ist kein Werkvertrag, sondern eine entgeltliche Geschäftsbesorgung.
2. Ein Architekt, der bei energetischen Gebäudesanierungen seinen Auftraggeber nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch zum Erhalt von Fördermitteln berät, muss für Schäden einstehen, wenn er die Fördervoraussetzungen fehlerhaft einschätzt.
3. Die beratende Tätigkeit eines Architekten zur Erlangung der (persönlichen) eigentumsmäßigen Voraussetzungen zur Erlangung der Förderfähigkeit ist eine unzulässige Rechtsdienstleistung.
4. Der Architekt wie auch der Energieberater muss den Auftraggeber darauf hinweisen, dass ihm eine rechtsberatende Tätigkeit nicht erlaubt ist und sich der Auftraggeber insoweit an einen Rechtsanwalt zu wenden hat.
VolltextIBRRS 2024, 1297
OLG Köln, Urteil vom 08.04.2024 - 11 U 215/22
1. Die gegenüber einem Verbraucher bestehende Belehrungspflicht des § 7 Abs. 2 HOAI 2021 auf die Möglichkeit der Vereinbarung eines über oder unter dem Basishonorarsatz liegenden Honorars gilt auch bei Vereinbarung eines Zeithonorars oder Pauschalhonorars.*)
2. Belehrt der Architekt oder Ingenieur den Verbraucher nicht ordnungsgemäß gem. § 7 Abs. 2 HOAI 2021 über die Möglichkeit, ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln vereinbarten Werte zu vereinbaren, führt dieser Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung, sondern nur dazu, dass das Honorar nach oben durch das Honorar nach den Basishonorarsätzen der HOAI begrenzt ist.*)
3. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Falle eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht des § 7 Abs. 2 HOAI 2021 das vereinbarte Honorar unter dem sich aus den Basishonorarsätzen ergebenden Honorar liegt, trägt der Architekt bzw. Ingenieur.*)
4. Die auf das vereinbarte Honorar gestützte Klage ist nur schlüssig, wenn der Architekt oder Ingenieur neben dem vereinbarten Honorar auch das sich aus den Basishonorarsätzen ergebende Honorar schlüssig darlegt.*)
VolltextIBRRS 2024, 1038
KG, Urteil vom 19.12.2023 - 21 U 24/23
1. Für die Einstufung der Leistungen eines Architekten als Dienst- oder Werkvertrag kommt es darauf an, ob ein Erfolg oder nur ein für das Arbeitsergebnis mittelbarer bedeutsamer Arbeitseinsatz geschuldet ist.
2. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Architekten, nach der dem Architekten ein Erfolgshonorar i.H.v. 10% des allein von ihm geschätzten Einsparpotenzials zusteht, räumt dem Architekten in unzulässiger Weise ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein und ist unwirksam.
3. Gleichfalls unwirksam ist eine Regelung, nach der das Honorar 30 Tage nach Vorlage des Berichts über die vom Architekten ermittelten Einsparpotenziale fällig wird, weil sie dem gesetzlichen Leitbild in § 641 BGB widerspricht.
IBRRS 2024, 1117
OLG Celle, Urteil vom 06.03.2023 - 6 U 35/22
Ein Leitungswasserschaden wegen teilweise fehlender Isolierung an den Pressfittingen der verbauten Warmwasserleitungen verletzt nicht das durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte Integritätsinteresse für den geltend gemachten Schaden. Die Stoffgleichheit mit dem Mangelunwert ist gegeben. Der behauptete Mangel war "nicht in wirtschaftlich vertretbarer Weise zu beheben" (BGH, Urteil vom 23.02.2021 - VI ZR 21/20, Rz. 16, IBRRS 2021, 0841), weil die Wasserleitung mit Fußboden, Wand und Estrich in der Weise verbunden war, dass ein Auswechseln nur unter Zerstörung der anderen Bauteile möglich war. Die Bestellerin der Werkleistung hat bei Fertigstellung ein Gebäude erhalten, bei dem nicht nur die Wasserleitungen, sondern auch die damit verbundenen Teile des Fußbodens und der Wände vom Mangel betroffen waren und die Fehlstellen bis zum Eintritt der Leckage weder geortet waren noch mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand hätten beseitigt werden können, sondern nur durch Komplettaustausch.*)
VolltextIBRRS 2024, 1002
OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.05.2023 - 11 U 144/22
1. Eine wissentliche Pflichtverletzung des Architekten führt zum Leistungsausschluss der Architektenhaftpflichtversicherung. Ein Verstoß gegen elementare Berufspflichten, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsträger vorausgesetzt werden kann, indiziert die Wissentlichkeit.
2. Zur Geltendmachung eines Deckungsanspruchs aus dem Versicherungsvertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherten ist der geschädigte Dritte nicht aktivlegitimiert. Bei Haftpflichtversicherungsverträgen handelt es sich nicht um Verträge zu Gunsten Dritter. Der Geschädigte ist als möglicher Haftpflichtgläubiger auch kein Versicherter i.S.d. §§ 43 ff. VVG.
3. Zwischen Haftpflichtverhältnis und Deckungsverhältnis ist streng zu trennen (Trennungsprinzip). Rechtskräftige Entscheidungen im Haftpflichtprozess entfalten Bindungswirkung im späteren Deckungsprozess, soweit sie identische Voraussetzungen betreffen. Keine Bindungswirkung besteht, wenn der Geschädigte den Haftpflichtversicherer nach § 115 Abs. 1 Satz 1 BGB im Wege der Direktklage in Anspruch nimmt.
4. Macht der Geschädigte gegen den Versicherer einen Direktanspruch klageweise geltend, hat er neben den Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Satz 1 VVG auch alle Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Haftpflichtanspruch gegen den versicherten Schädiger begründen.
VolltextIBRRS 2024, 0966
OLG Köln, Beschluss vom 22.12.2021 - 16 U 182/20
1. Bei schwer wiegenden, unvorhersehbaren und nicht vom Architekten zu vertretenden Bauzeitverzögerungen besteht ein Anspruch auf Anpassung des Architektenhonorars nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (hier verneint).
2. Die konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe ist auch Voraussetzung für die schlüssige Darlegung eines Honoraranpassungsanspruchs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.
VolltextOnline seit März
IBRRS 2024, 0943BGH, Beschluss vom 14.02.2024 - VII ZR 221/22
Das zwingende Preisrecht der HOAI 2013 ist bei Aufstockungsklagen auch gegenüber öffentlichen Auftraggebern weiterhin anwendbar.
IBRRS 2024, 0876
OLG Nürnberg, Urteil vom 30.11.2022 - 2 U 2012/14
1. Der Bauherr hat gegen den Architekten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, einen Schadensersatzanspruch auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrages (BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 = IBRRS 2018, 0964).
2. Bei der Frage, welche Sanierungslösung dem geschädigten Bauherrn zuzumuten ist (hier: Versickerung oder Abdichtung), ist insbesondere auf die Risiken, Erschwernisse und Belastungen des Bauherrn abzustellen.
3. Der geschädigte Bauherr ist auf Sanierungsmaßnahmen beschränkt, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Bauherrn zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Auch ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch wird nicht den Aufwand einer sich über Jahre hinweg und immer teurer werdenden Sanierungslösung hinnehmen, die letztlich nicht sicher zum Erfolg führt.
4. Eine merkantile Wertminderung des Grundstücks ist nicht in den Vorschussanspruch einzubeziehen. Sie gehört nicht zu den Kosten der Mängelbeseitigung, sondern stellt einen zusätzlichen Schadensposten dar.
5. Eine vorbehaltlose Zahlung auf die Honorarschlussrechnung kann eine konkludente Abnahme der (gesamten) geschuldeten Leistungen darstellen. Dabei kommt es darauf an, wie wichtig die noch ausstehenden Teile der geschuldeten Leistung für den Bauherrn sind. Gerade die Leistungsphase 9, die die ordnungsgemäße Kontrolle hinsichtlich möglicher Mängel des Bauwerks betrifft, ist für den Bauherrn wichtig.
IBRRS 2024, 0860
LG Krefeld, Urteil vom 28.06.2023 - 5 O 303/21
1. Die Prüfbarkeit der Rechnung gem. § 650g Abs. 4 Satz 2 BGB ist kein Selbstzweck, vielmehr ist auf das Informationsinteresse des Bestellers abzustellen, wie es sich aus seiner substantiiert vorgetragenen Einwendung ergibt.
2. Eine pauschal vorgetragene Rüge reicht nicht, sondern der Besteller muss deutlich machen, inwieweit ihm Informationen aus der Rechnung fehlen. Die Rüge muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Besteller wegen der beanstandeten fehlenden Prüfbarkeit nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, in eine inhaltliche Prüfung der Rechnungspositionen einzusteigen.
3. § 650q Abs. 2 Satz 2, § 650c BGB ist anwendbar, wenn die Leistungen nicht vom Anwendungsbereich der HOAI erfasst sind. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach den tatsächlich erforderlichen Kosten, wobei der Mehraufwand des Unternehmers meist in zusätzlich aufgewendeter Arbeitszeit besteht. Haben die Parteien einen Stundenlohnsatz vereinbart, muss für die zusätzlich aufgewandte Arbeitszeit auch dieser Stundensatz berücksichtigt werden.
VolltextIBRRS 2024, 0829
OLG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2022 - 29 U 108/20
1. Ein Vertrag über die Dokumentation von Baumängeln und deren monetärer Bewertung ist als Werkvertrag zu qualifizieren. Das gilt auch dann, wenn es im Angebot heißt, dass auf den Vertrag die Vorschriften über den Dienstvertrag Anwendung finden.
2. Die Erklärung des Auftraggebers "Hau ab! Ich bin fertig mit Dir!", kann als fristlose Kündigung verstanden werden. Für die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung ist aber nicht nur die Kündigungserklärung erforderlich, sondern auch das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrunds.
3. Haben die Parteien eines Werkvertrags vereinbart, dass der Vertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, kann eine aus wichtigem Grund erklärte Kündigung nicht in eine sog. freie Kündigung umgedeutet werden, wenn kein wichtiger Kündigungsgrund vorliegt.
VolltextIBRRS 2024, 0811
OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.01.2024 - 21 U 49/23
1. Bei einem per E-Mail geschlossen Architektenvertrag handelt es sich um ein Fernabsatzgeschäft, wenn die Parteien für den Vertragsschluss ausschließlich per Fernkommunikationsmittel kommuniziert haben.
2. Ein Verbraucher hat ein Widerrufsrecht, wenn er einen Fernabsatzvertrag geschlossen hat. Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage.
3. Der Verbraucher ist nach einem erklärten Widerruf nicht zur Zahlung von Architektenhonorar oder Wertersatz verpflichtet, wenn der Architekt den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie über die Pflicht zur Zahlung eines angemessenen Betrags für den Fall des Widerrufs informiert hat.
4. Einem Verbraucherwiderruf steht nicht entgegen, dass der Widerrufende als Rechtsanwalt tätig ist und somit über rechtliche Kenntnisse verfügt. Denn auch eine als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin berufstätige Person ist grundsätzlich Verbraucher.
VolltextIBRRS 2024, 0741
OLG Celle, Urteil vom 27.02.2024 - 13 U 57/23
Bei Werken der Baukunst gehen die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks den Interessen des Urhebers am Erhalt des Werks bei der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung in der Regel vor. Etwas anderes kann bei der Abwägung zwischen dem Erhaltungsinteresse des Urhebers einer Platzgestaltung und dem Interesse der Gemeinde an einer Umgestaltung des Platzes für eine geänderte Nutzung gelten, solange die Gemeinde weder Planungen für die endgültige Platzgestaltung erstellt hat noch die Planungen für eine beabsichtigte Zwischennutzung - über eine Ideenskizze hinaus - näher konkretisiert wurden.*)
VolltextIBRRS 2024, 0726
OLG Frankfurt, Beschluss vom 02.03.2023 - 21 U 69/21
1. Der Architekt hat bei der Prüfung der Schlussrechnung grundsätzlich nur die bautechnischen und baubetrieblich-kalkulatorischen Voraussetzungen für die Berechtigung der geltend gemachten Werklohnforderung zu prüfen.
2. Es liegt grundsätzlich außerhalb der Prüfungspflicht des Architekten, ob dem Nachtrag nach dem Ergebnis der erforderlichen Vertragsauslegung eine Mehrvergütungsansprüche rechtfertigende Änderung des Bauentwurfs zugrunde gelegen hat und die übrigen rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Mehrvergütungsanspruch vorgelegen haben.
3. Die Beantwortung der Frage, ob eine Nachtragsforderung des bauausführenden Unternehmers berechtigt ist, liegt außerhalb der Fragestellungen, für deren Richtigkeit der rechnungsprüfende Architekt mit seiner Rechnungsprüfung im Verhältnis zum Auftraggeber einzustehen hat. Geprüft werden muss allein das Zahlenwerk, nicht das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen eines möglichen Nachtragsanspruchs.
Online seit Februar
IBRRS 2024, 0545OLG München, Beschluss vom 16.08.2022 - 28 U 3011/22 Bau
1. Dem Auftraggeber steht für geleistete Abschlagszahlungen ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch zu, soweit diese den Honoraranspruch des Architekten übersteigen.
2. Ein fälliger Honoraranspruch setzt voraus, dass ein Architektenvertrag geschlossen wurde, der Architekt die geschuldete Leistung erbracht hat, die Abnahme erklärt wurde und eine prüfbare Schlussrechnung vorliegt. Der Architekt muss zu diesen Voraussetzungen auch dann substantiiert vortragen, wenn eine (außerordentliche) Kündigung erfolgt ist.
3. Im Fall einer sog. freien Kündigung gelten erhöhte Anforderungen an die Honorarschlussrechnung. Der Architekt muss ermitteln, welche Leistungen erbracht wurden und welche Vergütung hierauf entfällt. Dann muss ermittelt werden, welche Leistungen nicht erbracht wurden.
4. Für die nicht erbrachten Leistungen schuldet der Architekt sodann die Darlegung, was er sich anrechnen lässt infolge der Aufhebung des Vertrags in Richtung von ersparten Aufwendungen oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft.
VolltextIBRRS 2024, 0591
VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2024 - 36 K 8276/23.U
"Unter der Leitung" des Unterzeichners angefertigt im Sinne der Berufspflicht aus § 33 Abs. 2 Nr. 10 BauKaG-NW ist ein Entwurf oder eine Bauvorlage nur dann, wenn der Unterzeichner eine tatsächliche und rechtlich abgesicherte Möglichkeit der Einflussnahme auf die Entstehung des Entwurfs oder der Bauvorlage hat. Andernfalls stellt die Unterzeichnung eine Berufspflichtverletzung dar.
VolltextIBRRS 2024, 0529
KG, Urteil vom 28.04.2023 - 7 U 154/21
Macht der Auftraggeber eines Architektenvertrags Schadensersatz gegen den Architekten mit der Begründung geltend, dieser sei der ihm übertragenen vollumfassenden Bauüberwachung nur unvollständig nachgekommen, hat er darzulegen und zu beweisen, dass und in welchem Umfang der Architekt mit Bauüberwachungspflichten betraut wurde und welche Verpflichtungen er verletzt hat.
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