Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
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Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 21.06.2024 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit heute
IBRRS 2024, 2042![Schiedswesen Schiedswesen](/include/css/ibr-online/zielgrp9/9gr.jpg)
OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.03.2024 - 26 SchH 8/23
1. Die Begründung der Zuständigkeit staatlicher Gerichte bedarf – auch im internationalen Geschäftsverkehr - keiner ausdrücklichen Vereinbarung. Der Weg zu den staatlichen Gerichten im Umfang ihrer Gerichtsbarkeit steht grundsätzlich jedem Rechtssuchenden offen, sofern dem nicht im Einzelfall konkrete Regelungen – wie beispielsweise eine wirksame Schiedsvereinbarung – entgegenstehen. Eine solche bedarf der Schriftform.
2. Vertragliche Vereinbarungen, die Erklärungen der Parteien an eine besondere Form binden, können auch konkludent abbedungen werden. Dass eine formfreie Absprache gelten soll, muss aber klar erkennbar sein.
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Online seit gestern
IBRRS 2024, 2020![Vergabe Vergabe](/include/css/ibr-online/zielgrp1/1gr.jpg)
VK Südbayern, Beschluss vom 29.05.2024 - 3194.Z3-3_01-24-8
1. Die Entscheidung über die Aufhebung des Vergabeverfahrens ist eine Ermessensentscheidung. Die Bieter haben daher Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung durch den Auftraggeber. Die Nachprüfungsinstanzen können die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers insoweit auf eine korrekte Ausübung des Ermessens überprüfen.*)
2. Die Aufhebung einer Aufhebungsentscheidung kann dann veranlasst sein, wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund fehlt und die Entscheidung sich daher als willkürlich darstellt oder der öffentliche Auftraggeber das ihm hinsichtlich der Entscheidung über die Verfahrensaufhebung zustehende Ermessen nicht oder fehlerhaft ausgeübt hat.*)
3. Willkürlich ist ein Verwaltungshandeln dann, wenn es unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass es auf sachfremden Erwägungen beruht. Willkür liegt vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in eklatanter Weise missdeutet wird.*)
4. Die Vergabekammer kann das Ermessen über die Aufhebung eines Vergabeverfahrens nicht anstelle des Auftraggebers ausüben und demzufolge auch keine möglicherweise bestehenden anderen Begründungsansätze für eine zumindest wirksame Aufhebung des Verfahrens heranziehen. Dies ist Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers.*)
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IBRRS 2024, 2024
![Sachverständige Sachverständige](/include/css/ibr-online/zielgrp8/8gr.jpg)
LG Würzburg, Beschluss vom 28.05.2024 - 73 O 819/22
1. Eine Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses i.H.v. 20 % stellt keine überhebliche Überschreitung i.S.v. § 8a Abs. 4 JVEG dar.*)
2. Die Sachverständigenvergütung steht frühestens und erst dann in einem erheblichen Missverhältnis zum Streitwert i.S.v. § 8a Abs. 3 JVEG, wenn der Streitwert um das Doppelte überschritten wird. Der Rechtsgedanke des BGH zur Auslegung eines "auffälligen Missverhältnisses" i. S. des § 138 Abs. 2 BGB ist entsprechend anzuwenden. Wenn bereits bei einem (sittenwidrigen) Wuchergeschäft ein Missverhältnis erst beim Überschreiten des Doppelten angenommen werden kann, darf bei einer rechtmäßigen Beweisaufnahme im Rahmen eines Zivilprozesses kein strengerer Maßstab gelten.*)
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IBRRS 2024, 2021
![Prozessuales Prozessuales](/include/css/ibr-online/zielgrp9/9gr.jpg)
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 24.01.2023 - 5 W 29/22
1. Es ist im selbständigen Beweisverfahren im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung hinsichtlich des erforderlichen rechtlichen Interesses grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, ob sich die beantragte Beweiserhebung in einem späteren Hauptsacheverfahren als ganz oder teilweise nutzlos herausstellen könnte; das gilt jedenfalls, solange sich das Beweisverfahren nicht von vornherein offensichtlich und ohne jeden Zweifel als völlig nutzlos darstellt (Anschluss BGH, IBR 2004, 733). Insoweit darf die Frage der Zweckmäßigkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens, die im Einzelfall durchaus zweifelhaft sein mag, aber vom Antragsteller in eigener Verantwortung beurteilt werden muss, nicht mit der Frage seiner Zulässigkeit, über die das Gericht zu entscheiden hat, vermengt werden (Anschluss BGH, Beschluss vom 19.05.2020 - VI ZB 51/19, IBRRS 2020, 1792 = IMRRS 2020, 1557).*)
2. Das rechtliche Interesse i. S. des § 485 Abs. 2 ZPO ist vielmehr weit zu verstehen und bereits dann anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, auch wenn möglicherweise eine abschließende Klärung durch das einzuholende Sachverständigengutachten nicht möglich ist und weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen (Anschluss BGH, IBR 2014, 57). So reicht insbesondere die Möglichkeit aus, dass der Antragsteller nach einem negativen Ausgang der Begutachtung von einer Klageerhebung absieht (Anschluss KG, Beschluss vom 11.09.2006 - 20 W 35/06, BeckRS 2007, 1948).*)
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Online seit 1. Juli
IBRRS 2024, 2006![Bauvertrag Bauvertrag](/include/css/ibr-online/zielgrp7/7gr.jpg)
OLG Koblenz, Urteil vom 07.07.2022 - 1 U 1473/20
1. Ein Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Sofern nicht ein anderer Standard oder eine andere Ausführung vereinbart ist, verpflichtet sich der Unternehmer in der Regel stillschweigend zur technisch einwandfreien Herstellung des Werks.
2. Zur technisch einwandfreien Herstellung des Werks gehört die Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Andernfalls liegt auch ohne Schaden oder ohne konkrete Beeinträchtigung der Funktion ein Mangel vor.
3. Die Beachtung der anerkannten Regeln der Technik wird flankiert von der Einhaltung der gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen. Dazu gehören alle Regelungen des privaten und öffentlichen Rechts, wie beispielsweise die Bauordnungen der Länder, Brandschutzvorschriften, das Wasserhaushaltsgesetz, das Bundesimmissionsschutzgesetz sowie die Wärmeschutzverordnung oder die Energieeinsparverordnung.
4. Der Besteller kann erwarten, dass der Unternehmer bei der Herstellung des Werks sämtliche öffentlich-rechtliche Vorschriften einhält, d. h. auch die Vorschriften der einschlägigen Garagenverordnung.
5. Die Unterbreitung von Bauplänen an einen bautechnischen Laien lässt nicht den Schluss zu, dass dieser mit einer Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik einverstanden ist. Hierfür bedarf es einer ausdrücklichen vorherigen Aufklärung auch bezüglich der zu erwartenden Folgen für die tatsächliche Benutzbarkeit.
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IBRRS 2024, 2009
![Vergabe Vergabe](/include/css/ibr-online/zielgrp1/1gr.jpg)
VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.04.2024 - 1 VK 10/24
1. Der Auftraggeber hat ein freies Wahlrecht zwischen einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und einer funktionalen Leistungsbeschreibung.
2. Stehen dem Auftraggeber beide Möglichkeiten der Beschreibung der Leistung gleichrangig zur Verfügung, muss er nicht begründen, warum er die Leistung funktional und nicht detailliert ausschreibt.
3. Setzt der Auftraggeber für die Erstellung statischer Berechnungen etc. keine angemessene Entschädigung fest, muss der Bieter dies rechtzeitig rügen. Andernfalls ist er mit diesem Einwand präkludiert.
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IBRRS 2024, 1037
![Zwangsvollstreckung Zwangsvollstreckung](/include/css/ibr-online/zielgrp5/5gr.jpg)
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.01.2024 - 4 U 68/23
Schuldrechtlich kann dem Sicherungsgeber aufgrund der Sicherungsabrede nach Erlöschen der gesicherten Forderung zunächst ein durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingter Rückgewähranspruch gegen den aus der Grundschuld Berechtigten zustehen. Dieser Anspruch kann nach Wahl des Gläubigers auf Übertragung, Verzicht oder Aufhebung gerichtet sein.
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IBRRS 2024, 2001
![Prozessuales Prozessuales](/include/css/ibr-online/zielgrp9/9gr.jpg)
OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.02.2023 - 12 W 3/23
1. Während eines Streitverfahrens ist ein Antrag einer Partei auf Inaugenscheinnahme ohne Zustimmung des Gegners nur möglich, wenn zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.
2. Augenschein ist jede eigene und gegenständliche Wahrnehmung des Gerichts zu beweiserheblichen und streitigen Tatsachen über die Beschaffenheit von Sachen und im Einzelfall auch von Personen.
3. Das Gericht kann sich bei der Inaugenscheinnahme auch eines sog. Augenscheinsgehilfen, wie beispielsweise eines Sachverständigen, bedienen. Dieser berichtet dann grundsätzlich aber nur von Tatsachen, die das Gericht nicht anders hätte wahrnehmen können, wenn es selbst das Augenscheinsobjekt einer näheren Betrachtung unterzogen hätte.
4. Kommt es auf die besondere Sachkunde an, um die entsprechenden Feststellungen treffen zu können, kommt die Inaugenscheinnahme in der Regel nicht in Betracht.
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Online seit 28. Juni
IBRRS 2024, 1991![Bauvertrag Bauvertrag](/include/css/ibr-online/zielgrp2/2gr.jpg)
OLG Celle, Urteil vom 02.12.2021 - 8 U 91/21
1. Ein Fußbodenbelag ist so zu verlegen, dass sich keine erheblichen Ansteigungen zur Raummitte und Absenkungen zu den Feldrändern ergeben. Anderenfalls ist die Leistung des Bodenverlegers mangelhaft.
2. Der Bodenverleger hat vor der Ausführung seiner Leistung die Belegreife des Estrichs zu prüfen. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass es (auch) dem bauplanenden und -überwachenden Architekten obliegt, die Belegreife zur prüfen.
3. Der Bodenverleger ist von seiner eigenen Prüfpflicht nur dann befreit, wenn ihm der Bauplaner ausdrücklich die Belegreife bestätigt.
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IBRRS 2024, 1032
![Zwangsvollstreckung Zwangsvollstreckung](/include/css/ibr-online/zielgrp5/5gr.jpg)
BVerfG, Beschluss vom 10.01.2024 - 2 BvR 26/24
1. Trotz der Formulierung in einem Attest, dass bei einer Räumung eine Suizidgefahr "nicht ausgeschlossen werden könne", muss das Vollstreckungsgericht vor dem Hintergrund des Lebensschutzgebots in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine weitere Sachaufklärung betreiben.
2. Dies gilt auch dann, wenn in Bezug auf den Krankheitsverlauf des Räumungsschuldners keine Änderung der Sachlage eintritt.
3. Der Staat ist verpflichtet, negative Auswirkungen auf das Lebensschutzgebot durch eine Räumung bestmöglich auszuschließen; dieses Gebot darf nicht durch das Anlegen von im Verfassungsauftrag "kleinlich" erscheinenden Maßstäben konterkariert werden.
4. Der Räumungsgläubiger hat es vor dem Hintergrund des Lebensschutzes hinzunehmen, dass sich ggf. der Räumungstermin zeitlich nach hinten verschiebt.
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Online seit 27. Juni
IBRRS 2024, 1982![Bauarbeitsrecht Bauarbeitsrecht](/include/css/ibr-online/zielgrp4/4gr.jpg)
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2024 - L 8 R 335/17
1. Eine abhängige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
2. Eine selbstständige Tätigkeit ist maßgeblich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
3. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
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Online seit 26. Juni
IBRRS 2024, 1967![Bauvertrag Bauvertrag](/include/css/ibr-online/zielgrp4/4gr.jpg)
Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 30.05.2024 - Rs. C-677/22
Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass die "ausdrückliche Vereinbarung" einer Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen durch Unternehmer auch in Verträgen zulässig ist, deren Bedingungen von einer der Vertragsparteien allein vorgegeben werden, soweit sich die entsprechende Vertragsbestimmung hinreichend deutlich und unmissverständlich aus den Vertragsunterlagen ergibt, so dass gewährleistet ist, dass die Vertragsparteien sie in vollem Umfang zur Kenntnis genommen haben. Sie darf nicht lediglich durch Auslegung anderer Vertragsbestimmungen oder Deutung des tatsächlichen Verhaltens der Vertragsparteien ermittelt werden.*)
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IBRRS 2024, 1971
![Versicherungsrecht Versicherungsrecht](/include/css/ibr-online/zielgrp3/3gr.jpg)
OLG Dresden, Beschluss vom 18.04.2024 - 4 U 67/24
1. Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung wegen der Falschbeantwortung einer Antragsfrage (hier: zur Abgabe einer Vermögensauskunft) liegt auch dann vor, wenn der Versicherungsnehmer diese falsch beantwortet, weil er den erfragten Umstand für unerheblich hält.*)
2. Die Berufung auf Treu und Glauben trotz einer arglistigen Täuschung durch den Versicherungsnehmer kommt nur dann in Betracht, wenn die Täuschung nur einen geringen Teil des versicherten Schadens betrifft und weitere Billigkeitsmomente zu Gunsten des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen sind.*)
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IBRRS 2024, 1140
![Zwangsvollstreckung Zwangsvollstreckung](/include/css/ibr-online/zielgrp9/9gr.jpg)
BGH, Beschluss vom 06.02.2024 - VIII ZB 6/24
1. Das Rechtsbeschwerdegericht kann im Wege der einstweiligen Anordnung die Vollziehung einer Entscheidung der Vorinstanz aussetzen, wenn hierdurch dem Rechtsbeschwerdeführer (hier: Mieter) größere Nachteile drohen als dem Gegner, die Rechtsbeschwerde zulässig erscheint und die Rechtsbeschwerde nicht von vornherein ohne Erfolgsaussichten sind.
2. Im Rahmen der Abwägung von drohenden Nachteile für die jeweiligen Parteien ist insbesondere der Schutz minderjähriger Kinder zu berücksichtigen.
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Online seit 25. Juni
IBRRS 2024, 0535![Bauvertrag Bauvertrag](/include/css/ibr-online/zielgrp4/4gr.jpg)
OLG Köln, Beschluss vom 13.09.2021 - 7 U 128/20
1. Wird die VOB/C in einen Vertrag mit einem Nicht-Bauunternehmer einbezogen, ist bei der Auslegung der Abrechnungsbestimmungen in Abschnitt 5 der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV DIN 18299 ff.) nicht auf die Verkehrssitte unter Vertragspartnern des Baugewerbes abzustellen. Vielmehr ist entscheidend, wie ein verständiger, redlicher und rechtlich nicht vorgebildeter Nicht-Bauunternehmer die maßgeblichen Regelungen ausgehend vom Wortlaut sowie von Sinn und Zweck her verstehen muss.
2. Ein als natürliche Person agierender Bauherr eines großflächigen Bürokomplexes, der unter Zuhilfenahme eines Architekturbüros Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, ist nicht ohne Weiteres ein gewerblich handelnder Bauunternehmer.
3. Die gewerbliche Verkehrssitte ist nur dann von entscheidender Bedeutung, wenn der Wortlaut sowie Sinn und Zweck nicht zu einem eindeutigen Auslegungsergebnis führen.
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IBRRS 2024, 1949
![Kaufrecht Kaufrecht](/include/css/ibr-online/zielgrp4/4gr.jpg)
OLG Köln, Urteil vom 21.06.2024 - 6 U 112/23
1. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedigungen des Käufers: "Spätester Liefertermin ist der .... Bei Nichteinhaltung des spätesten Liefertermins entfallen die gegenseitigen Pflichten der Vertragspartner; eine verspätete Lieferung stellt keine Erfüllung des Vertrags durch den Auftragnehmer dar (absolutes Fixgeschäft)", benachteiligt den Verkäufer/Lieferanten unangemessen und ist unwirksam.
2. Die völlige Freistellung des Klauselverwenders von dem Erfordernis einer Fristsetzung ist auch im kaufmännischen Verkehr nicht wirksam vereinbar.
3. Dem berechtigten Interesse der Käufers, dass "die Auftragnehmer von Beginn an eine einwandfreie, sofort verwendbare Kaufsache anliefern", kann auch ohne eine solche Klausel und mit kurzer Nachfristsetzung Rechnung getragen werden.
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Online seit 24. Juni
IBRRS 2024, 1932![Vergabe Vergabe](/include/css/ibr-online/zielgrp1/1gr.jpg)
VK Bund, Beschluss vom 08.05.2024 - VK 2-35/24
1. Eine reine Bieterfrage, wie etwa eine Verständnisfrage, stellt keine Rüge dar. Eine Rügenotwendigkeit wird im Regelfall erst ausgelöst durch die Antwort des Auftraggebers auf die Frage. Abzustellen ist jedoch stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls.
2. Hat der Bieter die Vorgaben der Ausschreibung vollständig verstanden, akzeptiert er diese Vorgaben aber inhaltlich nicht und weist in Gestalt einer Frage auf die seines Erachtens damit verbundenen Probleme hin, verlangt er ganz konkret eine Abänderung, so dass eine Rüge vorliegt.
3. Eine Rüge in Gestalt einer Bieterfrage setzt die Frist nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB in Gang.
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IBRRS 2024, 1924
![Wohnraummiete Wohnraummiete](/include/css/ibr-online/zielgrp5/5gr.jpg)
BGH, Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 1370/20
1. Die Frage, ob die auf einer unzulässigen Videoüberwachung beruhenden Erkenntnisse einer Partei bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung verwertet werden dürfen, ist unter Berücksichtigung der Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung zu beurteilen.*)
2. Der Unionsgesetzgeber hat den Mitgliedstaaten in Art. 6 Abs. 2 und 3 DSGVO hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die öffentliche Hand (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 e DSGVO) die Möglichkeit eröffnet, nationale Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen, mit denen sie die Anwendung der Vorschriften der DSGVO genauer festlegen und konkretisieren. Die Absätze 2 und 3 enthalten damit Öffnungsklauseln zu Gunsten der Mitgliedstaaten.*)
3. Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der gerichtlichen Entscheidungsfindung im deutschen Zivilprozess sind die im Lichte des Grundgesetzes auszulegenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Berücksichtigung von Parteivorbringen und Beweisangeboten, insbesondere die § 286 Abs. 1, §§ 355 ff. ZPO.*)
4. Bei der Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um ein besonderes Rechtsinstitut, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Sie ist vom Schmerzensgeld i.S.d. § 253 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung eines der dort genannten Rechtsgüter zu unterscheiden. Führt die Handlung, die eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zur Folge hatte, auch zu einer Verletzung der Gesundheit, so muss die darin liegende Beeinträchtigung zum Gegenstand eines Schmerzensgeldanspruchs gemacht werden und kann nicht stattdessen zur Begründung einer schwer wiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung herangezogen werden.*)
IBRRS 2024, 1936
![Gewerberaummiete Gewerberaummiete](/include/css/ibr-online/zielgrp5/5gr.jpg)
LG Köln, Urteil vom 16.04.2024 - 14 O 89/23
Keine Anpassung der Miethöhe eines gewerblichen Mietvertrags wegen "Wegfalls der Geschäftsgrundlage" im Zuge des Ukraine-Krieges.*)
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IBRRS 2024, 1925
![Steuerrecht Steuerrecht](/include/css/ibr-online/zielgrp9/9gr.jpg)
BFH, Beschluss vom 27.05.2024 - II B 78/23 (AdV)
Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019 (BGBl I 2019, 1794) sind bei der im Aussetzungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.*)
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Online seit 21. Juni
IBRRS 2024, 1916![Vergabe Vergabe](/include/css/ibr-online/zielgrp1/1gr.jpg)
OLG Brandenburg, Beschluss vom 04.06.2024 - 19 Verg 1/24
1. Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Daher finden ergänzend zu den Regelungen des GWB die allgemeinen Bestimmungen des VwVfG und dessen Rechtsgrundsätze über die Behandlung von Verwaltungsakten Anwendung.
2. Ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts kann bis zum Abschluss des Verfahrens zurückgenommen werden, d. h. bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung, und zwar selbst dann, wenn in der Zwischenzeit gegen den ergangenen Verwaltungsakt Rechtsbehelfe eingelegt worden sind.
3. Ein ergangener und noch nicht bestandskräftig gewordener Verwaltungsakt wird durch Antragsrücknahme wirkungslos. Entsprechendes gilt für einen Beschluss der Vergabekammer.
4. Die sofortige Beschwerde gegen einen wirkungslos gewordenen Verwaltungsakt ist mangels Beschwer nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.
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IBRRS 2024, 1382
![Wohnraummiete Wohnraummiete](/include/css/ibr-online/zielgrp5/5gr.jpg)
AG Frankfurt/Main, Urteil vom 10.08.2023 - 33 C 1898/23
1. Der Vermieter darf, um vom Mieter verursachte Blutlachen im Treppenhaus und Eingangsbereich zu beseitigen, eine - teure - Spezialfirma für die Reinigung eines Tatorts nach Suizid oder Unfall mit den Reinigungsarbeiten beauftragen.
2. Der Vermieter muss auch nicht zuvor den Mieter selbst beauftragen, um die Kosten gering zu halten, wenn der Mieter nicht über die ausreichende Qualifikation verfügt, das möglicherweise infektiöse Blut ausreichend gründlich zu entfernen.
3. Es bedarf auch keiner vorherigen Vergleichsangebote, da der Vermieter unverzüglich tätig werden muss, um die Gefahrenquelle zu beseitigen.
4. Ob die vom Vermieter beauftragte Fachfirma für Tatortreinigung möglicherweise unsachgemäß oder unwirtschaftlich gearbeitet hat und dadurch höhere Kosten entstanden sind, bedarf keiner Überprüfung, da ein Schädiger auch solche Kosten vollumfänglich zu ersetzen hat, wenn den Geschädigten kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft.
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IBRRS 2024, 1377
![Wohnungseigentum Wohnungseigentum](/include/css/ibr-online/zielgrp5/5gr.jpg)
AG München, Urteil vom 19.07.2023 - 1295 C 396/23 WEG
1. Ein Beschluss der Wohnungseigentümer ist wegen unzureichender Bestimmtheit nur nichtig, wenn er keinen sinnvollen Regelungsgehalt mehr entfaltet.
2. Wird die Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Beschlussfassung von einem Fachmann beraten, liegt eine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die Eigentümer vor.
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IBRRS 2024, 1912
![Prozessuales Prozessuales](/include/css/ibr-online/zielgrp9/9gr.jpg)
BGH, Urteil vom 22.05.2024 - IV ZR 124/23
Der für die Bejahung des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses ausreichenden Erwartung, der Beklagte werde bereits auf ein Feststellungsurteil hin leisten, steht es nicht entgegen, dass eine erneute gerichtliche Inanspruchnahme des Beklagten zur Durchsetzung der aus dem Feststellungsurteil resultierenden Forderungen nicht ausgeschlossen werden kann (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 13.04.2022 - IV ZR 60/20, IBRRS 2022, 1345 = IMRRS 2022, 1422).*)
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