Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Vergaberecht
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 19.11.2024 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit 20. Dezember
IBRRS 2024, 3582VK Südbayern, Beschluss vom 22.10.2024 - 3194.Z3-3_01-24-38
1. Wird der Entwurf eines Nachprüfungsantrags kurz vor Einreichung des Nachprüfungsantrags an den öffentlichen Auftraggeber als Rüge übermittelt, so genügt dies der Rügeobliegenheit des § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB. Wird sofort nach der Rüge ein Nachprüfungsantrag gestellt, ohne dem Auftraggeber irgendeine Reaktionszeit einzuräumen, so ist dies über eine Kostentragungspflicht des Antragstellers zu lösen, wenn der Auftraggeber sofort einlenkt.*)
2. Bei Objektplanungsleistungen kann die Bewertung eines mündlichen Vortrags hinsichtlich der Vortragsfähigkeiten des Referenten den gem. § 127 Abs. 3 GWB geforderten Auftragsbezug eines Zuschlagskriteriums haben, wenn die Tätigkeit der referierenden Personen im zu vergebenden Auftrag gerade auch das Präsentieren bzw. Vortragen beinhaltet.*)
3. Werden die Vortrags- bzw. Präsentationsfähigkeiten von künftigen Auftragnehmern im Rahmen der Zuschlagskriterien bewertet, so muss der öffentliche Auftraggeber sicherstellen, dass die bewerteten Personen dann bei der Leistungserbringung auch die entsprechenden Vortrags- bzw. Präsentationstätigkeiten übernehmen.*)
VolltextOnline seit 18. Dezember
IBRRS 2024, 3627OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.12.2024 - Verg 24/24
1. Die Teilnahme eines Unternehmens am Vergabeverfahren, das den Auftraggeber bereits in dessen Vorfeld beraten oder unterstützt hat, kann grundsätzlich als Gefährdung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs angesehen werden. Trotz dieser Gefahren ist die Teilnahme vorbefasster Unternehmen an dem Vergabeverfahren grundsätzlich zulässig. Dem Auftraggeber obliegt dabei die Verpflichtung, den Wissensvorsprung des einen Bieters durch Information aller anderen Bieter auszugleichen.
2. Es liegt grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, welche Maßnahmen er zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs ergreift und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu bewerten, ob bei einer Beteiligung des Projektanten der Grundsatz des fairen Wettbewerbs gewahrt wird. Da der öffentliche Auftraggeber dafür Sorge zu tragen hat, dass dem Projektanten im Vergleich zu seinen Wettbewerbern kein überlegenes Angebot ermöglicht wird, dürfen dem Projektanten aufgrund seines Wissensvorsprungs auch durch die festgelegten Eignungs- und Zuschlagskriterien keine Wertungsvorteile entstehen.
3. Der rügende Bieter als derjenige, die eine unzureichende Mitteilung gesammelter Informationen durch vorbefasste Personen geltend macht, hat darzulegen, welche Informationen dies sein sollen und jedenfalls im Ansatz darzutun, dass diese Informationen wettbewerbsrelevant sind.
4. Bei der Bewertung kommt dem öffentlichen Auftraggeber systemimmanent ein Beurteilungsspielraum zu. Sie muss allerdings in sich und in Relation zu den übrigen Angeboten nachvollziehbar sein. Es muss klar sein, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Bewertung eingegangen sind. Der Auftraggeber ist daher verpflichtet, die Gründe für seine Auswahlentscheidung eingehend zu dokumentieren.
5. Die Bewertungsentscheidungen ist daraufhin überprüfbar, ob die jeweilige Bewertung im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurde. Es muss nachvollziehbar sein, weshalb ein Mitbewerber besser bewertet wurde; die Wertungen müssen im Quervergleich mit den besser bewerteten Angeboten stimmig sein, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Dabei dürfen aber im Interesse der Handhabbarkeit keine allzu hohen Anforderungen an die Bewertungsbegründung gestellt werden, eine Nachvollziehbarkeit genügt.
6. Präkludierte Verstöße dürfen nicht von Amts wegen aufgegriffen werden. Während das Aufgreifen eines zwar nicht präkludierten, aber sich auch nicht aufdrängenden Vergabeverstoßes dadurch geheilt werden kann, dass sich der Antragsteller die amtswegigen Überlegungen der Vergabekammer im Beschwerdeverfahren zu eigen macht, steht § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB als Präklusionsvorschrift gerade nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten.
VolltextOnline seit 13. Dezember
IBRRS 2024, 3583VK Südbayern, Beschluss vom 08.05.2024 - 3194.Z3-3_01-24-10
1. Wird ein präqualifizierter Bieter von einem bei den Eignungskriterien verlinkten Formblatt weder explizit angesprochen, weil sich dieses nur an nicht-präqualifizierte Bieter richtet, noch weist die Gestaltung des Formblatts darauf hin, dass hier eine Mindestanforderung hinsichtlich der Nachweise an die Eignung aufgestellt wird, die auch für präqualifizierte Bieter einschlägig sein soll, darf ein präqualifizierter Bieter bereits auf Grund der Überschrift davon ausgehen, dass dieses Formblatt keine für ihn relevanten Informationen enthält. Er ist insbesondere nicht gehalten es nach versteckten Hinweisen auf Mindestanforderungen, die auch für ihn gelten könnten, zu durchsuchen.*)
2. Fehlen für präqualifizierte Bieter aufgrund eines Bekanntmachungsdefizites wirksam aufgestellte Eignungsanforderungen oder Nachweise, muss das Vergabeverfahren in den Stand vor Bekanntmachung zurückversetzt werden, wenn der Zuschlag auf das Angebot eines ungeeigneten Bieters droht. Ein präqualifizierter Bieter wäre dann als ungeeignet anzusehen, wenn er die für nicht-präqualifizierte Bieter aufgestellten Eignungsanforderungen nicht mit dem von ihm im PQ-Verzeichnis hinterlegten Angaben und Nachweisen erfüllen kann.*)
3. Die von einer Vergabestelle geforderten vergleichbaren Referenzen müssen nicht zwingend Referenzen für die Komplettleistung sein, sondern eine Vergabestelle kann die technische Leistungsfähigkeit eines Bieter auch anhand von Referenzen für einzelne Leistungsbereiche bejahen, wenn die Einzelreferenzen über Leistungen erteilt wurden, welche mit den ausgeschriebenen Teilleistungen vergleichbar sind und die Vergabestelle in einer fehlerfreien Prognoseentscheidung festgestellt hat, dass die Summe der Einzelreferenzen die ordnungsgemäße Erfüllung der Gesamtmaßnahme erwarten lässt.*)
4. Da zur Vergleichbarkeit einer Leistung jedoch auch der Umfang der erbrachten Leistung gehört, erscheint es im Regelfall jedoch ausgeschlossen, dass mehrere Teilleistungen hinsichtlich des Umfangs einer der Art vergleichbaren Leistung vom selben Bieter zusammengenommen werden können, um eine nach Art und Umfang vergleichbare (Teil-)Leistung nachzuweisen.*)
5. Den Aussagen eines Bieters im Rahmen einer Preisaufklärung kommt ein bedeutender Erklärungswert darüber zu, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen wollte und mit welchem Inhalte er es kalkuliert hat. Will ein Bieter von Erklärungen, die er im Rahmen der Preisaufklärung getätigt hat später abrücken, so obliegt es ihm hinreichende Nachweise dafür bringen, dass die Kalkulation seines Angebots ursprünglich tatsächlich etwas anderes beinhaltete als er (versehentlich) in der Aufklärung erklärt hat.*)
6. Hat ein Bieter in seinem Angebot abschließend erklärt, eine bestimmte (Teil-)Leistung selbst zu erbringen, kann er für diese Leistung nachträglich keinen Unterauftragnehmer mehr benennen, da dies eine unzulässige inhaltliche Änderung seines Angebots darstellen würde. Das Angebot ist jedoch nicht auszuschließen, sondern so zu werten, wie es eingegangen ist, also dass die Leistung im eigenen Betrieb ausgeführt wird.*)
VolltextOnline seit 12. Dezember
IBRRS 2024, 3577VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.11.2024 - 1 VK 67/24
1. Fehlt einem Bieter die Eignung, ist er in jeder Phase des Vergabeverfahrens auszuschließen.
2. Bei festgestellter Eignung kann der Bieter nachträglich Schadensersatz gegen den Auftraggeber geltend machen, jedoch nicht darauf vertrauen, dass er nicht ausgeschlossen wird (entgegen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.03.2021 - Verg 9/21, IBRRS 2021, 2415).
VolltextOnline seit 11. Dezember
IBRRS 2024, 3575BGH, Urteil vom 17.09.2024 - KRB 101/23
Bei einer Submissionsabsprache beginnt die nach nationalem Prozessrecht zu beurteilende Verfolgungsverjährung nicht schon mit dem sich aus der wettbewerbsbeschränkenden Absprache ergebenden Vertragsschluss, sondern erst mit der vollständigen Vertragsabwicklung; daran ist auch nach der Entscheidung des EuGH vom 14.01.2021 (Rs. C-450/19 - Eltel, IBRRS 2021, 0183 = VPRRS 2021, 0016) festzuhalten (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 25.08.2020 - KRB 25/20 - Unterlassenes Angebot, m.w.N., IBRRS 2020, 2702 = VPRRS 2020, 0286).*)
VolltextOnline seit 6. Dezember
IBRRS 2024, 3541VK Nordbayern, Beschluss vom 08.12.2023 - RMF-SG21-3194-8-25
1. Ein öffentlicher Auftraggeber ist aufgrund eines einmal eingeleiteten Vergabeverfahrens grundsätzlich nicht zur Zuschlagserteilung verpflichtet. Auch dann, wenn kein gesetzlich normierter Aufhebungsgrund vorliegt, kann er von einem Vergabeverfahren Abstand nehmen.
2. Nur in Ausnahmefällen kann ein Anspruch auf Fortsetzung des Vergabeverfahrens angenommen werden. Das ist der Fall, wenn die Aufhebungsentscheidung willkürlich ist oder wenn die Aufhebung bei fortbestehender Beschaffungsabsicht nur zu dem Zweck erfolgt, Bieter zu diskriminieren.
3. Willkürlich ist die Aufhebung des Vergabeverfahrens nur dann, wenn sie unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Willkür liegt erst vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm in eklatanter Weise nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in eklatanter Weise missdeutet wird.
4. Die fehlende Wirtschaftlichkeit stellt ein grundsätzlich anerkennenswertes Motiv dar. Ein unwirtschaftliches Ergebnis der Ausschreibung aufgrund eines Angebots, das den ordnungsgemäß ermittelten Auftragswert deutlich übersteigt, stellt einen schwer wiegenden Grund dar, der den Auftraggeber zur Aufhebung der Ausschreibung berechtigt.
5. Die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit erfordert eine aktuelle und ordnungsgemäße Ermittlung des Auftragswerts.
6. Auch mit angemessener Sorgfalt durchgeführte Schätzungen sind nur Prognoseentscheidungen. Bei der Ordnungsgemäßheit der Kostenschätzung geht es nicht vorrangig darum, dass die Preise tatsächlich den Marktpreisen entsprechen. Es kommt darauf an, dass die Methodik der Kostenermittlung grundsätzlich geeignet ist, Marktpreise im Voraus zu schätzen.
VolltextOnline seit 27. November
IBRRS 2024, 3409OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.08.2024 - 15 Verg 8/24
Ein Angebot kann nicht wegen Abweichung von den Vergabeunterlagen ausgeschlossen werden, wenn der öffentliche Auftraggeber in zulässiger Weise ein Leitfabrikat vorgibt und das vom Bieter angebotene Fabrikat den Gleichwertigkeitsanforderungen genügt.
VolltextOnline seit 26. November
IBRRS 2024, 3393OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2022 - Verg 35/21
1. In Fällen, in denen der Auftraggeber den betreffenden Vergabeverfahrensabschnitt erneut durchführt, hat der Bieter den Vergabefehler ein weiteres Mal zu rügen.
2. Künftige Vergabefehler können nicht vorsorglich gerügt werden.
3. Grundsätzlich kann sich ein Bewerber oder Bieter zum Nachweis seiner Eignung auf andere Unternehmen stützen - ungeachtet des rechtlichen Charakters der zwischen ihm und diesem Unternehmen bestehenden Verbindung (Eignungsleihe). Dabei ist eine Eignungsleihe auch für Teilleistungen möglich.
4. Ob die Summe vorgelegter Referenzen für Teilleistungen eine Qualifikation für die ausgeschriebene Gesamtleistung begründen kann, hängt zum einen von der ausgeschriebenen Leistung und zum anderen von den konkret vorgelegten Einzelqualifikationen ab. Im Einzelfall können mehrere sog. Kleinreferenzen, die sich über mehrere kleine und lediglich Teilbereiche umfassende, verhältnismäßig kurzzeitige Aufträge verhalten, nicht mit komplexen Großaufträgen zu vergleichen sein.
VolltextOnline seit 25. November
IBRRS 2024, 3413OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.08.2024 - Verg 6/24
1. Ist eine Fachlosbildung (hier: Fahrbahnrückhaltesystem, Verkehrssicherung und Weißmarkierung) möglich, weil für diese Leistungen ein eigener Markt besteht, kommt eine Gesamtvergabe nur ausnahmsweise in Betracht. Der gesetzliche Regelfall ist die losweise Vergabe, sie ist grundsätzlich vorrangig.
2. Der öffentliche Auftraggeber hat sich daher, wenn ihm eine Ausnahme von dem Grundsatz der losweisen Vergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegensprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen. Er hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründen nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
3. Technische Gründe sind solche, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen (hier verneint).
4. Wirtschaftliche Gründe liegen vor, wenn eine Aufteilung in Lose mit wirtschaftlich nachteiligen Folgen für den Auftraggeber verbunden ist, die über das übliche in Kauf zu nehmende Maß hinausgehen (hier verneint).
5. Bei seiner Entscheidung hat der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum. Der Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen unterliegt insofern allein, ob die Entscheidung auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Fehlbeurteilung, namentlich auf Willkür, beruht. Dabei müssen die für eine Gesamtlosvergabe angeführten Gründe auf den konkreten Auftrag bezogen und tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sein.
6. Eine nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln ist nur dann möglich, wenn die Vergabestelle ihre Erwägungen im Laufe des Nachprüfungsverfahrens lediglich ergänzt und präzisiert.
Online seit 22. November
IBRRS 2024, 3391OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2023 - Verg 45/22
1. Für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter des angesprochenen Personenkreises ist bei Anwendung der üblichen Sorgfalt und üblichen Kenntnis bei laienhafter rechtlicher Bewertung nicht feststellbar, ob die Fristverlängerung nach Ablauf der Angebotsfrist auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet. Vertiefte rechtliche Kenntnisse, die es erlauben, die Vergaberechtskonformität einer Wiedereröffnung der Angebotsphase - einschließlich einer Differenzierung zwischen wirksamer und rechtmäßiger Wiedereröffnung - zu beurteilen, können von einem durchschnittlichen Bieter nicht erwartet werden.
2. Die erst nach Ablauf der ursprünglichen Angebotsfrist mitgeteilte Fristverlängerung stellt vergaberechtlich eine Wiedereröffnung der Angebotsfrist in Form einer Teilrückversetzung des Vergabeverfahrens (horizontale Teilaufhebung) dar.
3. Ein öffentlicher Auftraggeber kann grundsätzlich nicht verpflichtet werden, einen Auftrag auf der Grundlage einer Ausschreibung zu erteilen, die er als fehlerhaft erkannt hat. Eine bereits erfolgte Submission schließt eine solche Fehlerkorrektur nicht aus.
4. Notwendige Voraussetzung für eine vollständige oder auch nur teilweise Aufhebung einer Ausschreibung ist lediglich, dass der öffentliche Auftraggeber für seine (Teil-) Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt.
5. Gleiches gilt für die Aufhebung einzelner Verfahrensabschnitte des Vergabeverfahrens (horizontale Teilaufhebung), durch die das Vergabeverfahren in einen bestimmten Verfahrensstand zurückversetzt wird.
VolltextOnline seit 21. November
IBRRS 2024, 3390VK Nordbayern, Beschluss vom 11.09.2024 - RMF-SG21-3194-9-18
1. Aus dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot resultiert grundsätzlich die Verpflichtung, Antworten auf Bieterfragen allen Bietern zur Verfügung zu stellen.
2. Mitteilungsbedürftig sind damit insbesondere Bieterfragen, die zu einer Änderung der Vergabeunterlagen führen oder solche Antworten, die Auswirkungen auf die Kalkulation der Angebote haben. Das Absehen von der Übermittlung der Antworten an die anderen Bieter stellt vor dem Hintergrund des vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Ausnahme dar, die nur unter bestimmten Umständen angenommen werden kann.
3. Die ausschließlich private Beantwortung der Fragen des rügenden Bieters verletzt diesen in seinen Rechten, da es ist nicht auszuschließen ist, dass die anderen Bieter bei Erhalt dieser Informationen ihre Angebote so verändert hätten, dass sich dies zugunsten des rügenden Bieters ausgewirkt hätte.
4. Eine ursprünglich eindeutige Leistungsbeschreibung kann nachträglich intransparent werden, wenn die Antworten auf gestellte Bieterfragen der Leistungsbeschreibung widersprechen.
VolltextOnline seit 19. November
IBRRS 2024, 3364VK Bund, Beschluss vom 23.07.2024 - VK 1-64/24
1. Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Der Auftraggeber kann insoweit auch Mindestanforderungen festlegen.
2. Als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers kann der öffentliche Auftraggeber Angaben über die Ausführung von Leistungen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, verlangen.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann einen Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, die mit dem Angebot vorzulegen waren, nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, es sei denn, er hat eine Nachforderung ganz oder teilweise ausgeschlossen.
4. Unternehmensbezogene Unterlagen wie Referenzen "fehlen", wenn sie (körperlich) nicht im Angebot enthalten sind, nicht rechtzeitig vorgelegt wurden oder in formaler Hinsicht mangelhaft sind.
5. Ein inhaltlicher Mangel der Referenzen stellt kein physisches Fehlen von Unterlagen dar.