Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile zum Architekten- & Ingenieurrecht
Folgende wichtige Entscheidungen wurden ab dem 06.01.2025 im Volltext bei ibr-online eingestellt
Online seit gestern
IBRRS 2025, 0286OLG Köln, Urteil vom 08.05.2023 - 19 U 79/22
1. Eine Erhöhung der (anrechenbaren) Kosten gegenüber den in einem Vergabeverfahren zu Kalkulationszwecken angegebenen Kosten begründet für sich genommen noch keinen Anspruch auf Honoraranpassung.
2. Um einen Anspruch wegen Mindestsatzunterschreitung geltend zu machen, ist eine substantiierte Darlegung erforderlich. Dabei ist das sich bei Anwendung der HOAI-Mindestsätze ergebende Honorar dem vertraglich vereinbarten Honorar gegenüberzustellen.
3. Eine Honoraranpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage kommt bei Pauschalhonoraren nur in Betracht, wenn Mehrleistungen zu einem unerträglichen oder unzumutbaren Missverhältnis von Gesamtleistung und Pauschalpreis führen. Eine Anpassung scheidet außerdem aus, wenn die Parteien eine vertragliche Regelung für das eingetretene Risiko getroffen haben
4. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 HOAI 2013 setzt eine Einigung der Parteien über den Umfang der beauftragten Leistungen voraus. Eine Einigung kann auch konkludent erfolgen, indem der Auftragnehmer eine "Anordnung" des Auftraggebers ausführt.
5. Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung setzt voraus, dass eine rechtsverbindliche Willenserklärung des Auftraggebers zur Beauftragung des Auftragnehmers substantiiert dargelegt wird. Das beinhaltet insbesondere handelnde Personen, Zeiten, Kommunikationsform und Inhalt von Äußerungen umfasst.
VolltextOnline seit 3. Februar
IBRRS 2024, 3580LG Erfurt, Urteil vom 07.11.2024 - 9 O 455/23
1. Die von Hochschulen akkreditierten Architektur-Studiengänge erfüllen nicht automatisch die Voraussetzungen zum Führen der Bezeichnung Architekt.
2. Da nicht jede Hochschule ihre Studiengänge auf das Berufsrecht abstimmt, müssen Studenten sich selbst informieren.
VolltextOnline seit 30. Januar
IBRRS 2025, 0182KG, Urteil vom 17.11.2022 - 27 U 1046/20
1. Ein Architekt schuldet eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Hierfür kann der Architekt sein Honorar nur einmal verlangen, gleichgültig, wie viele Entwürfe bzw. Planungsleistungen er dafür erbringen muss.
2. Der Architekt muss auf konkrete Risiken und rechtliche Schwierigkeiten der Genehmigungsfähigkeit hinweisen, auf ein Verschulden des Architekten kommt es insoweit nicht an. Jedoch müssen Hindernisse bei der Genehmigungsfähigkeit des geplanten Bauvorhabens für den Architekten erkennbar bzw. vorhersehbar gewesen sein.
VolltextOnline seit 27. Januar
IBRRS 2025, 0206LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.01.2025 - 2-31 O 186/24
1. Sind Sonderfachleute vom Auftraggeber beauftragt, ist der Architekten zur Prüfung der Planung anderer fachlich Beteiligter allenfalls insoweit verpflichtet, als der betroffene Fachbereich dem allgemeinen Wissensstand des Architekten zugeordnet werden kann und es sich insoweit um offensichtliche Fehler handelt, die für den Architekten auch ohne Spezialkenntnisse erkennbar sind (hier bejaht für Prüfung der statischen Berechnungen und Positionspläne auf Übereinstimmung mit der eigenen Ausführungsplanung).
2. Der bauüberwachende Architekt muss zumindest stellenweise bei der Ausführung des Rohbaus anwesend sein. Dabei ist der Architekt gehalten, stichprobenhaft die statischen Berechnungen und Pläne zu sichten und vor Ort deren Einhaltung zu prüfen.
3. Der Tragwerksplaner ist im Verhältnis des Auftraggebers zum Architekten nicht Erfüllungsgehilfe, wenn der Architekt auf der Grundlage einer für ihn erkennbar fehlerhaften Statik plant und die Planung deshalb fehlerhaft wird.
VolltextOnline seit 24. Januar
IBRRS 2025, 0221BGH, Urteil vom 19.12.2024 - VII ZR 130/22
1. Der nach einer freien Kündigung des Bestellers bestehende Anspruch des Unternehmers gem. § 649 Satz 2 BGB a.F. (§ 648 Satz 2 BGB) ist ein einheitlicher Anspruch, der auf die Zahlung der vereinbarten Vergütung gerichtet ist.
2. Hat der Unternehmer vor der freien Kündigung bereits Leistungen erbracht und Voraus- oder Abschlagszahlungen erhalten, ist der Vergütungsanspruch mit der Schlussrechnung in der Weise zu ermitteln, dass von der Gesamtvergütung, die sich aus den Rechnungsposten für erbrachte und gegebenenfalls nicht erbrachte Leistungen ergibt, die Voraus- und Abschlagszahlungen abzuziehen sind.
3. Ein Vergütungsanspruch kann nur zuerkannt werden, wenn ein positiver Saldo zu Gunsten des Unternehmers verbleibt. Bei den dem Vergütungsanspruch zu Grunde liegenden Rechnungsposten für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen handelt es sich nicht um selbstständige Forderungen oder Forderungsteile, sondern nur um unselbstständige Aktivposten einer saldierten Abrechnung.
4. Eine Teilklage auf Vergütung gem. § 649 Satz 2 BGB a.F. ist unzulässig, wenn mit ihr nicht ein abgrenzbarer Teilbetrag aus dem Schlussrechnungssaldo, sondern lediglich einzelne unselbstständige Rechnungsposten geltend gemacht werden.*)
VolltextIBRRS 2025, 0183
OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2023 - 14 U 1678/22
1. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt.
2. Die Verletzung einer Bedenkenhinweispflicht wegen Mängeln der Vorleistung scheidet aus, wenn die Mängel für den Auftragnehmer nicht erkennbar waren.
3. Eine Mängelbeseitigungsaufforderung unter Fristsetzung ist entbehrlich, wenn sie bloße Förmelei wäre. Das ist anzunehmen, wenn der Auftragnehmer die Mängel - selbst noch im Prozess - nachhaltig bestreitet.
4. Der Auftraggeber kann Vorschuss nur für diejenigen Kosten verlangen, die dazu erforderlich sind, ein mangelfreies Werk entstehen zu lassen. Er kann die Mängelbeseitigungskosten für andere Maßnahmen nur ausnahmsweise abrechnen, wenn sich zwischenzeitlich infolge des Auftretens von Mängeln und der in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse herausstellt, dass eine andere Maßnahme zweckmäßiger ist, das mit dem Vertrag verfolgte Ziel zu erreichen.
5. Der Architekt ist zwar nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss jedoch die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Es genügt nicht, vor Beginn der Arbeiten Anweisungen zu geben und dann das Ergebnis zu kontrollieren, denn der bauüberwachende Architekt schuldet keine Prüfung, sondern Überwachung.
6. Im Rahmen seiner Koordinierungspflicht hat ein Architekt das harmonische Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer und den zeitlich richtigen Ablauf der einzelnen Baumaßnahmen sicherzustellen.
VolltextOnline seit 23. Januar
IBRRS 2025, 0185OLG München, Beschluss vom 08.12.2023 - 28 U 3311/23 Bau
1. Die Entwicklung von Vertragsentwürfen stellt eine Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes dar.
2. Die Erstellung eines Vertrags ist keine zulässige Nebentätigkeit. Die in der HOAI genannten Tätigkeiten umfassen nicht die Tätigkeit eines vertragsgestaltenden Juristen.
3. Im Wege der Auslegung ist zu klären, ob sich die Unwirksamkeit auf den gesamten Vertrag erstreckt (hier bejaht).
4. Bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche für erbrachte Planungs- oder Überwachungsleistungen scheiden aus, wenn der Vertrag nicht nur gesetzes-, sondern zugleich sittenwidrig ist (hier bejaht).
VolltextOnline seit 22. Januar
IBRRS 2025, 0188VGH Bayern, Beschluss vom 04.09.2024 - 22 ZB 22.2563
1. Die Beurteilung ausländischer Studienabschlüsse für eine Eintragung als Architekt liegt in der Verantwortung des Eintragungsausschusses.
2. Zur Einschätzung von Studienabschlüssen können Stellungnahmen der ZAB eingeholt werden, müssen jedoch eigenständig gewürdigt werden.
3. Im Verhältnis zum Eintragungsausschuss sind Mitarbeiter der Kammer als eigenständige Verwaltungsbehörde unabhängig.
VolltextOnline seit 15. Januar
IBRRS 2025, 0134OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2024 - 22 U 142/23
1. Kosten für Gutachten, die der Bauherr zur Aufklärung nur vermeintlicher Mängel aufwendet, die entweder nicht bestehen oder für die der Architekt nicht einzustehen hat, sind dem Bauherrn vom Architekten nicht zu erstatten. Nur soweit dem Bauherrn Schadensersatzansprüche zustehen, gehören die Gutachterkosten zum Schaden.
2. Hat der Architekt die Bauüberwachung mangelhaft erbracht und haben sich deshalb Mängel im Bauwerk realisiert, ist der Architekt dem Bauherrn zum Schadensersatz verpflichtet. Zu dem zu ersetzenden Schaden gehören auch die außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung.
VolltextOnline seit 6. Januar
IBRRS 2025, 0030OLG Köln, Urteil vom 29.11.2024 - 6 U 43/24
1. Eine Fassadengestaltung genießt keinen Werkschutz, wenn alle wesentlichen Elemente einem vorbekannten Formenschatz entspringen und auch die Komposition der einzelnen Elemente nicht zu einem neuen Werk führt.
2. Zwar ist originelles (persönlich geprägtes) Schaffen auch möglich, wenn bekannte Stilelemente übernommen, eine schöpferische Leistung durch Neubildung oder Kombination mit neuen oder anderen vorbekannten Elementen erbracht wird.
3. Dafür genügt noch nicht jede Variation des Formenschatzes. Es ist vielmehr eine Gestaltung erforderlich, die über das bloße handwerkliche Können hinausgeht und deren ästhetischer Gehalt einen Grad erreicht, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer "künstlerischen" Leistung gesprochen werden kann (hier verneint).
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