Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Hervorzuhebende Urteile in allen Sachgebieten
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Online seit 10. September
IBRRS 2024, 2611VG Freiburg, Urteil vom 11.07.2024 - 4 K 1957/23
1. Sieht eine städtische Abfallwirtschaftssatzung die gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Abfallgebührenschuldner - hier u. a. Mieter als Wohnungsnutzer und Vermieter als Wohnungseigentümer - sowie die vorrangige Heranziehung eines Gesamtschuldners - hier des tatsächlichen Wohnungsnutzers - vor, erfordert dies nicht das Ergreifen von Vollstreckungsmaßnahmen gegen den vorrangig heranzuziehenden Gebührenschuldner.*)
2. Gebührengläubiger haben bei einer Gesamtschuldnerschaft für Kommunalabgaben grundsätzlich alle Möglichkeiten zur Durchsetzung des Abgabenanspruches zu nutzen und dürfen von der Inanspruchnahme eines - weiteren - Gesamtschuldners nicht allein schon deswegen absehen, weil für diesen Gesamtschuldner Schwierigkeiten bei der Realisierung seines Ausgleichsanspruchs im Innenverhältnis zu befürchten stehen.*)
3. Bittet ein Gesamtschuldner um die eigene vorrangige Heranziehung, um die Gebühren sodann im Innenverhältnis selbst zeitnah mit anderen Gesamtschuldnern abzurechnen - zum Beispiel in einem Mietverhältnis über die Nebenkostenabrechnung -, muss die Gebührenschuldnerin in ordnungsgemäßer Ermessensausübung regelmäßig eben diese Person vorrangig heranziehen.*)
4. Alle Gebührenschuldner haben aus dem allgemeinen Rechtssatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Zusammenhang mit dem öffentlich-rechtlichen Gebührenschuldverhältnis einen Auskunftsanspruch über das Bestehen und die Höhe der Gebührenschuld.*)
VolltextOnline seit 9. September
IBRRS 2024, 2702BGH, Urteil vom 11.07.2024 - VII ZR 127/23
1. Fordert der Besteller eine Werklohnvorauszahlung zurück, nachdem der Unternehmer Leistungen erbracht hat, muss der Besteller schlüssig die Voraussetzungen eines Saldoüberschusses aus einer Schlussabrechnung vortragen. Ausreichend ist eine Abrechnung, aus der sich ergibt, in welcher Höhe der Besteller Voraus- und Abschlagszahlungen geleistet hat und dass diesen Zahlungen ein entsprechender endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht gegenübersteht. Der Besteller kann sich auf den Vortrag beschränken, der bei zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen seinem Kenntnisstand entspricht. Hat der Besteller nach diesen Grundsätzen ausreichend vorgetragen, muss der Unternehmer darlegen und beweisen, dass er berechtigt ist, die Voraus- und Abschlagszahlungen endgültig zu behalten (Bestätigung von BGH, Urteil vom 11.02.1999 - VII ZR 399/97, IBRRS 2024, 2702; Urteil vom 24.01.2002 - VII ZR 196/00, IBR 2002, 235; Urteil vom 22.11.2007 - VII ZR 130/06, IBR 2008, 98).*)
2. Welcher Vortrag vom Besteller im Fall der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags ohne Detailpreisverzeichnis unter zumutbarer Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Quellen verlangt werden kann, um eine Werklohnvorauszahlung zurückzufordern, richtet sich nach den Gesamtumständen, insbesondere nach dem Inhalt des Vertrags und vorvertraglicher Absprachen. Kennt der Besteller die Kalkulation des Unternehmers nicht und kann er nicht aufgrund anderer Umstände das vertragliche Preisniveau darstellen, obliegt dem Unternehmer insoweit die Darlegungslast.*)
3. Diese Darlegungslastverteilung gilt in einem Rechtsstreit zwischen dem Besteller und einem Bürgen, der sich verpflichtet hat, für einen Anspruch auf Rückzahlung der Werklohnvorauszahlung einzustehen, entsprechend. Der Bürge kann den Besteller nicht darauf verweisen, entsprechende Informationen beim Unternehmer einzufordern.*)
VolltextIBRRS 2024, 2710
VK Südbayern, Beschluss vom 04.04.2024 - 3194.Z3-3_01-23-68
1. Im Streitfall über die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB muss die Vergabestelle den Nachweis der Tatbestandsvoraussetzungen des Ausschlussgrunds führen, nämlich dass eine erhebliche oder fortdauernde Schlechtleistung zur Kündigung oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat. Es genügt nicht, dass der Auftraggeber gekündigt hat, es muss vielmehr mit hinreichender Sicherheit feststehen, dass dies auch zu Recht erfolgt ist.*)
2. Im Nachprüfungsverfahren gilt der insbesondere in § 167 GWB verankerte Beschleunigungsgrundsatz. Die Vergabekammer bzw. der -senat ist daher nicht gehalten, die Rechtmäßigkeit der streitigen Kündigung selbst im Wege einer vollumfänglichen Inzidentprüfung mit unter Umständen langwieriger Beweisaufnahme wie in einem Bauprozess zu klären. Vielmehr hat die Vergabekammer anhand des Vorbringens der Beteiligten und der eingereichten Unterlagen zu prüfen, ob der öffentliche Auftraggeber den Nachweis der Tatbestandsvoraussetzungen des Ausschlussgrunds auch mit hinreichender Sicherheit führen kann.*)
3. Einem Unternehmen kann sein Verhalten bei Erfüllung eines öffentlichen Auftrags als Mitglied einer Bietergemeinschaft, an die ein Auftrag vergeben wurde, im Rahmen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB zugerechnet werden, wenn ihm ein individueller Beitrag zu den während der Vertragsausführung auftretenden Mängeln zugerechnet werden kann und dieses individuelle Verhalten fehlerhaft oder fahrlässig war.*)
4. Hat ein Auftragnehmer mit rechtlichen Schritten gedroht oder solche unternommen, die er zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer noch ungeklärten Rechtslage für zulässig halten konnte, so ist bei der Prognoseentscheidung im Rahmen einer Ausschlussentscheidung vom öffentlichen Auftraggeber zu Gunsten des Auftragnehmers zu prüfen und zu berücksichtigen, ob dieser einer vertretbaren Rechtsauffassung folgte.*)
VolltextIBRRS 2024, 2715
OVG Niedersachsen, Urteil vom 07.08.2024 - 1 KN 161/21
1. Auch im Anwendungsbereich des § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB sind die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen.*)
2. Auch mit Bebauungsplänen, die im Normalverfahren aufgestellt werden, kann ein Zusammenhang mit der Folge bestehen, dass die zulässigen Grundflächen zu addieren sind und das beschleunigte Verfahren nicht anwendbar ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 2469
AG Norden, Urteil vom 10.01.2024 - 5 C 2018/23
1. Ein Beschluss über den Rückbau einer vermeintlich nicht genehmigten baulichen Veränderung genügt möglicherweise dem Bestimmtheitsgebot nicht.
2. Dieses Risiko besteht insbesondere dann, wenn nicht jedem objektiven Dritten unmissverständlich einleuchtet, welche konkreten Maßnahmen vom einzelnen Eigentümer erwartet werden.
VolltextIBRRS 2024, 2712
OLG Celle, Urteil vom 31.07.2024 - 14 U 104/23
1. Nach dem Zweck des § 531 Abs. 2 ZPO soll der entscheidungsrelevante Sach- und Streitstoff bereits in erster Instanz vollständig unterbreitet werden. Mit dieser Zweckbestimmung wäre es grundsätzlich nicht vereinbar, das Bestreiten einer in erster Instanz noch unstreitig gestellten Tatsache in der Berufungsinstanz zuzulassen, nachdem die gegnerische Partei ihrerseits das neue Vorbringen bestritten hat (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).*)
2. Für die Erstreckung der Interventionswirkung in subjektiver Hinsicht auf Rechtsnachfolger der im Vorprozess Beteiligten gilt § 325 ZPO entsprechend. Nach § 325 Abs. 1 ZPO wirkt das rechtskräftige Urteil u. a. für und gegen die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Hierunter fällt auch der Übergang des materiellen Rechts kraft Gesetzes, wie im vorliegenden Fall nach § 86 VVG.*)
3. Für die Eigenschaft einer mit Wischarbeiten in einem Hotel beschäftigten Reinigungskraft als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Dienstvertrags (§ 278 Satz 1 Alt. 2, § 611 BGB) des mit der Säuberung der Hotelräumlichkeiten beauftragten Reinigungsunternehmens kommt es nicht entscheidend auf das Bestehen etwaiger (arbeits-)vertraglicher Beziehungen zwischen ihnen beiden an. Denn die Art der zwischen dem Schuldner und dem Erfüllungsgehilfen bestehenden rechtlichen Beziehung ist gleichgültig.*)
4. Maßgeblich ist allein, dass der Erfüllungsgehilfe als Hilfsperson nach den tatsächlichen Verhältnissen objektiv für den Schuldner tätig geworden ist, dass also der Schuldner sich im eigenen Interesse eines Dritten zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient hat.*)
VolltextOnline seit 5. September
IBRRS 2024, 2684OLG Schleswig, Urteil vom 17.07.2024 - 12 U 149/20
1. Die volle Vergütung für eine Leistungsphase kann auch dann geschuldet sein, wenn nicht alle Teilleistungen der jeweiligen Leistungsphase erbracht wurden. Denn ein funktionstaugliches, zweckentsprechendes Werk setzt nicht zwingend die Erbringung aller Teilleistungen voraus.
2. Eine Honorarminderung kommt nur in Betracht, wenn ein selbstständiger Arbeitserfolg nicht erbracht wird und der Tatbestand einer Regelung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder des werkvertraglichen Gewährleistungsrechts erfüllt ist.
3. Eine Fortschreibung der anrechenbaren Kosten aufgrund von allgemeinen Baupreissteigerungen oder Ausschreibungsergebnissen ist grundsätzlich nicht möglich. Bei der Berechnung der anrechenbaren Kosten ist auf denjenigen Planungsstand abzustellen, welcher der jeweils maßgebenden Kostenermittlung zu Grunde zu legen ist.
4. Wird nach dem Abschluss der Entwurfsplanung und Vorliegen der Kostenberechnung vom Auftraggeber eine Kostenreduzierung gefordert oder ändert er seine Anforderungen an Qualität, Quantität oder Zeit und damit die Leistungsziele, kann dies nach § 10 HOAI zu einer Honoraranpassung führen.
5. In welchem Umfang der Architekt zu "optimieren" hat, also wie oft er Planungsleistungen nach unterschiedlichen Anforderungen im Sinne von Varianten/Alternativen vergütungsneutral erbringen muss, ist eine Frage des Einzelfalls und der Zumutbarkeitsgrenze. Als vergütungsfähige Änderungsleistungen sind insofern Planungsleistungen zu verstehen, die vom Architekten auf Veranlassung des Auftraggebers und nach vollständigem oder teilweisem Abschluss der Planung erbracht werden, ohne dass der Architekt dies zu vertreten hat.
6. Ein wichtiger Kündigungsgrund kann in einer schweren schuldhaften Verletzung oder einer sonstigen Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses bestehen, die eine Fortsetzung des Vertrags für den Auftraggeber unzumutbar macht. Ein vertragswidriges Verhalten des Auftragnehmers reicht regelmäßig noch nicht aus.
7. Allgemeine Geschäftskosten eines Architekturbüros stellen keine ersparten Aufwendungen dar, weil sie auch nach Kündigung eines Projekts weiter zu entrichten sind. Dazu gehören Gehälter der ständigen Mitarbeiter, Miete, Versicherungen, allgemeine Sachkosten des Bürobetriebs etc.
8. Ein anderweitiger Erwerb liegt nur dann vor, wenn der Architekt infolge der Kündigung einen Füllauftrag annehmen konnte.
VolltextIBRRS 2024, 2682
OLG Celle, Beschluss vom 27.08.2024 - 13 Verg 3/24
Wenn eine gemeinnützige GmbH, die ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie betreibt, Erlöse aus Krankenhausleistungen, Wahlleistungen und ambulanten Leistungen erzielt, handelt es sich nicht um eine öffentliche Finanzierung i.S.d. § 99 Nr. 2 a GWB, sondern um Entgelte für spezifische Gegenleistungen für die Behandlung von Patienten.*)
VolltextIBRRS 2024, 2677
OLG Naumburg, Urteil vom 29.01.2024 - 12 U 75/23
1. Bebauungsvorschriften, die nachbarschützenden Charakter besitzen, stellen gleichzeitig Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dar.*)
2. Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BauO-SA zur Standsicherheit hat nachbarschützende Wirkung.*)
3. Sie gilt nicht nur für die Errichtung, sondern auch für den Abriss einer baulichen Anlage.*)
VolltextOnline seit 4. September
IBRRS 2024, 2680BGH, Urteil vom 25.07.2024 - VII ZR 84/21
Die durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22.08.2013 (IBR 2014, 49) veranlasste ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Bauunternehmers zum Leistungsempfänger (Bauträger) wird nicht dadurch beeinflusst, dass es - etwa wegen eingetretener Festsetzungsverjährung - nicht mehr zu einer Steuerfestsetzung kommen wird und der Bauunternehmer daher keine Umsatzsteuer mehr an den Fiskus abführen muss.*)
VolltextIBRRS 2024, 2676
OLG Rostock, Beschluss vom 18.07.2024 - 17 Verg 1/24
1. Das Absehen von der Losaufteilung kommt nur dann in Betracht, wenn sich der Auftraggeber im Einzelnen mit dem grundsätzlichen Gebot der Fachlosvergabe einerseits und den im konkreten Fall dagegen sprechenden Gründen auseinandersetzt und sodann eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange trifft, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe überwiegen müssen. Objektiv zwingender Gründe für die zusammenfassende Vergabe bedarf es demgegenüber nicht.*)
2. Bei der Prognose der Vor- und Nachteile der Losvergabe, deren Gewichtung und der Abwägung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu.*)
3. Bei der Abwägung der für und gegen die Losaufteilung sprechenden Gründe sind die typischen Vor- und Nachteile mit der vom Gesetzgeber vorgegebenen Gewichtung zu berücksichtigen und um die im Einzelfall bestehenden Besonderheiten zu ergänzen.*)
Online seit 3. September
IBRRS 2024, 2532OLG Dresden, Urteil vom 16.07.2024 - 4 U 1582/23
1. Die Auseinandersetzung einer faktisch beendeten Miteigentümergemeinschaft (hier: an einem mit einem Mehrfamilienmietshaus bebauten Grundstück) nach Bruchteilen hat mittels einer Auseinandersetzungsklage zu erfolgen, bei der die einzelnen Ansprüche, die von beiden Parteien gegeneinander erhoben werden als unselbstständige Rechnungsposten einer Schlussrechnung aufgeführt werden.*)
2. Einzelne Forderungen aus dieser Schlussrechnung unterliegen hingegen einer Durchsetzungssperre; eine hierauf gerichtete Klage ist als derzeit unbegründet abzuweisen.*)
3. Die Durchsetzungssperre erfasst auch Ansprüche auf Feststellung von in die Schlussrechnung aufzunehmenden Einzelposten.*)
VolltextIBRRS 2024, 2647
OLG Frankfurt, Urteil vom 20.06.2024 - 15 U 230/22
1. Nur eine zulässige Streitverkündung führt zum Eintritt der Verjährungshemmung.
2. Eine Streitverkündungsschrift ist ein bestimmender Schriftsatz, so dass der Schriftsatz ein Rubrum enthalten soll.
3. Zur Annahme der Wirksamkeit einer Streitverkündung ist zumindest erforderlich, dass identifizierbar ist, wer Partei des Prozesses ist, dem beigetreten werden soll und wer die streitverkündende Partei ist.
VolltextOnline seit 2. September
IBRRS 2024, 2643OLG Schleswig, Urteil vom 28.08.2024 - 12 U 15/24
1. Bruchteilseigentümer können zu Zwecken der Errichtung eines Bauvorhabens mit anschließender Ferienwohnungsvermietung eine GbR errichten. Diese ist als Außen-GbR auch partei- und prozessfähig hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen gegen den von ihr mit der Planung und Bauüberwachung beauftragten Architekten.
2. Für die ordnungsgemäße Klagerhebung genügt die Bezeichnung des Namens der GbR, wenn eine ausreichende Identifizierung möglich ist. Die Bezeichnung der gesetzlichen Vertreter gehört nicht zum zwingenden Inhalt der Klageschrift.
3. Veräußern die Bruchteilseigentümer das Grundstück nebst Bauvorhaben, führt dies nicht zur Beendigung oder Auflösung der GbR, wenn der Zweck der Gesellschaft noch nicht erreicht ist. So, wenn von der GbR noch Gewährleitungsrechte verfolgt werden.
VolltextOnline seit 30. August
IBRRS 2024, 2399OLG Köln, Beschluss vom 08.05.2023 - 17 U 70/22
1. Der Unternehmer kann eine Bauhandwerkersicherheit unabhängig davon verlangen, ob Ansprüche auf Vergütung oder Abschlagszahlung fällig sind.
2. Das Sicherungsverlangen ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Dass mit dem Sicherungsverlangen nicht zugleich die Kostenübernahme angeboten wird, ist ebenso unschädlich wie der Umstand, dass die Art der Sicherheit offengelassen wird.
3. Ein überhöhtes Sicherheitsverlangen begründet nicht dessen Unwirksamkeit. Vielmehr ist es dann grundsätzlich am Besteller, eine angemessene Sicherheit zu leisten.
4. Das Verlangen einer Bauhandwerkersicherheit ist nicht wegen Übersicherung unwirksam, wenn der Unternehmer zuvor im Wege der einstweiligen Verfügung die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek erwirkt hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Hypothek vollwertig ist.
5. ...
VolltextOnline seit 29. August
IBRRS 2024, 2634OLG Schleswig, Urteil vom 12.04.2024 - 1 U 66/22
1. Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Daran fehlt es, wenn die Verwendung von Materialien entgegen der Baugenehmigung im Leistungsverzeichnis geplant wird und diese Materialien verbaut werden.
2. Wird ein Architekt (auch) mit der Objektbetreuung entsprechend der Leistungsphase 9 des § 33 HOAI 2009 beauftragt, muss ihm innerhalb des fünfjährigen Zeitraums nach der Abnahme auffallen, dass das verwendete Bodenbelags- und Dämmmaterial nicht der erteilten Baugenehmigung entsprach.
3. Ein Bauherr ist bei der Mängelbeseitigung nicht gehalten, die ursprüngliche Planung beizubehalten, um Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend machen zu können. Unter der Voraussetzung, dass dabei die Mängel beseitigt werden, kann er den Arbeiten eine abweichende Planung zu Grunde legen, etwa dem Bauwerk eine neue Gestaltung geben. Eine fiktive Schadensberechnung liegt nicht vor. Die Höhe des Schadensersatzes ist aber auf den Betrag beschränkt, der bei der Mängelbeseitigung nach der alten Planung angefallen wäre.*)
4. Es gehört zu den Pflichten des Architekten, dem Bauherrn im Rahmen seines jeweils übernommenen Aufgabengebiets bei der Untersuchung und Behebung von Baumängeln zur Seite zu stehen. Als Sachwalter des Bauherrn schuldet er die unverzügliche und umfassende Aufklärung der Ursachen sichtbar gewordener Baumängel sowie die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und von der sich daraus ergebenden Rechtslage. Das gilt auch dann, wenn die Mängel ihre Ursache auch in Planungs- oder Aufsichtsfehlern des Architekten haben.
5. Verletzt der Architekt schuldhaft diese Untersuchungs- und Beratungspflicht, ist er dem Bauherrn zum Schadensersatz verpflichtet (sog. Sekundärhaftung). Dieser Schadensersatzanspruch geht dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten werkvertraglichen Ansprüche als nicht eingetreten gilt.
6. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Bauherr innerhalb der Verjährungsfrist verjährungshindernde Maßnahmen gegen den Architekten eingeleitet hätte, wenn dieser seine Untersuchungs- und Beratungspflicht erfüllt und den Bauherrn auf eine etwaige eigene Haftung hingewiesen hätte.
VolltextIBRRS 2024, 2629
BVerwG, Beschluss vom 23.07.2024 - 4 B 20.23
1. Das allgemeine Rechtsstaatsprinzip verlangt für die hinreichende Bestimmtheit einer Baugenehmigung, dass sie Inhalt, Reichweite und Umfang der getroffenen Regelung eindeutig erkennen lässt, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn zulässigen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können.
2. Eine dem Bestimmtheitsgebot genügende Regelung muss der Baugenehmigung selbst, gegebenenfalls durch Auslegung, entnommen werden können, wobei die mit einem Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des objektiven Erklärungsinhalts der Baugenehmigung heranzuziehen sind.
3. Ist der Regelungsgehalt einer Baugenehmigung - auch durch Auslegung - nicht eindeutig feststellbar, ist sie rechtswidrig.
VolltextIBRRS 2024, 2599
AG Gelnhausen, Urteil vom 04.03.2024 - 52 C 76/24
Der Grundstückseigentümer kann von dem Nachbarn bereits die Unterlassung der Überwachung seines Grundstücks verlangen, wenn es möglich ist, dass diese das Grundstück erfassen oder auf dieses geschwenkt werden kann.*)
VolltextIBRRS 2024, 2534
OLG Koblenz, Beschluss vom 09.02.2022 - 2 U 619/21
1. Die Verjährung wird u. a. durch die Erhebung der Klage auf Feststellung des Anspruchs gehemmt. Gegenstand der Klage muss das Bestehen eines Anspruchs und nicht lediglich die Feststellung eines diesem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses sein.
2. Der Versicherer kann vor seiner Leistung nicht auf Feststellung seines (künftigen) Anspruchs klagen, sondern nur auf Feststellung der Ersatzpflicht des Schädigers gegenüber dem Versicherungsnehmer. Denn der Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG findet nur statt, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt.
3. Das festzustellende Rechtsverhältnis muss nicht unmittelbar zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehen, vielmehr ist jedes zwischen einer Partei und einem Dritten bestehende Rechtsverhältnis einer Feststellung zugänglich, wenn und soweit die Klagepartei gerade gegenüber dem Beklagten ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung nachzuweisen vermag.
4. Mit der Klage auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Schädiger und dem Versicherungsnehmer (hier: Schadensersatzanspruch) werden nicht nur sämtliche Schadensersatzansprüche des Versicherungsnehmers, sondern auch die zu einem späteren Zeitpunkt auf den Versicherer übergegangenen Ansprüche gehemmt.
5. Das Feststellungsinteresse des Versicherers kann in der Hemmung der Verjährung begründet liegen.
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