Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile zum Öffentlichen Bau- & Umweltrecht
Online seit gestern
IBRRS 2024, 2235OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.06.2024 - 2 L 7/23
Zu einer erheblichen Beeinträchtigung einer als Denkmalbereich geschützten Altstadt kann im Einzelfall auch ein einzelnes Fenster in einer Dachschräge führen.*)
VolltextIBRRS 2024, 2187
VG Schleswig, Beschluss vom 02.07.2024 - 8 B 14/24
1. Eine formell rechtswidrige Nutzung darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig bzw. bei verfahrensfreien Vorhaben offensichtlich zulässig ist.
2. Bei einem Streit um die materielle Rechtmäßigkeit einer Nutzung kann eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit von vornherein nur in Betracht kommen, wenn bereits ein entsprechender Antrag gestellt worden ist.
3. Bei Ferienwohnungen, die typischerweise auf Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet sind, handelt es sich nicht um kleine Beherbergungsbetriebe, sondern um nur ausnahmsweise zulässige sonstige nicht störende Gewerbebetriebe.
4. Eine durchgängig rechtswidrige Nutzung kann keinen Bestandsschutz begründen.
5. Die Kenntnis der Behörde von der formellen Illegalität steht einer Nutzungsuntersagungsverfügung nicht entgegen. Erforderlich ist vielmehr, dass die Baubehörde in Kenntnis der formellen und ggf. materiellen Illegalität eines Vorhabens zu erkennen gibt, dass sie sich auf Dauer mit dessen Existenz abzufinden gedenkt (sog. aktive Duldung).
6. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet die Behörde grundsätzlich nicht, in einem Bereich, in dem sie baurechtswidrige Zustände beobachtet hat, schlagartig gegen alle vorzugehen. Die Behörde darf sich vielmehr auf ein Vorgehen gegen einzelne Störer beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe hat.
VolltextOnline seit 18. Juli
IBRRS 2024, 2146VGH Bayern, Beschluss vom 24.06.2024 - 9 CS 24.280
1. Die Dachform oder sonstige Gestaltungsmerkmale sind kein Einfügenskriterium nach § 34 Abs. 1 BauGB. Um derartigen, die Dachform und die Fensterformate betreffende Gestaltungsvorgaben, die von § 34 Abs. 1 BauGB nicht erfasst werden, Rechtsverbindlichkeit zu verleihen, bedürfte es einer eigenen (Gestaltungs-)Satzung.
2. Eine vom Bürgermeister unterschriebenen Ortsgestaltungsrichtlinie ist keine ordnungsgemäß in Kraft gesetzte Rechtsnorm, sondern lediglich Verwaltungsvorschrift.
VolltextIBRRS 2024, 2183
VG Ansbach, Urteil vom 24.05.2023 - 3 K 21.01809
1. Wird nicht nur der bloße Abriss angeordnet, sondern der Rückbau gemäß den eingereichten Bauvorlagen, mithin ein Wiederaufbau entsprechend der Unterlagen, gefordert, ist Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO als bauaufsichtsrechtliche Generalklausel einschlägig.
2. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Beseitigungsanordnung vor, muss die Behörde in der Regel über den Willen zur Schaffung rechtmäßiger Zustände hinaus nicht besonders begründen, weshalb sie von der Eingriffsbefugnis Gebrauch macht. Vielmehr genügt es, wenn sie zum Ausdruck bringt, dass der beanstandete Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit zu beseitigen ist.
3. Eine tiefergehende Ermessensausübung für ein Einschreiten gegen rechtswidrige oder auch nur ordnungswidrige Zustände kann in Ausnahmesituationen dann geboten sein, wenn die Behörde durch ihr Verhalten - insofern auch unter Berücksichtigung einer Zeitkomponente - gegenüber dem Betroffenen einen besonderen Vertrauenstatbestand gesetzt hat und sich mit dem Erlass einer bauordnungsrechtlichen Verfügung in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzen würde.
VolltextOnline seit 17. Juli
IBRRS 2024, 2207BVerwG, Beschluss vom 24.04.2024 - 4 C 2.23
1. Die Betrachtung der Funktionslosigkeit einer Festsetzung kann auf ein Teilgebiet des Bebauungsplans begrenzt werden, wenn die betroffene Festsetzung ihre Wirkung nach der Plankonzeption der Gemeinde in diesem Bereich auch ungeachtet benachbarter Bereiche entfalten soll.*)
2. Der Verlust der Steuerungsfähigkeit einer Festsetzung ist offenkundig, wenn auf der Grundlage des ausermittelten Sachverhalts und nach einer durch Fachkenntnisse geprägten Betrachtung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse die nachträglich eingetretenen Abweichungen im maßgeblichen Betrachtungsraum nach Quantität und Qualität ein Ausmaß erreicht haben, aufgrund dessen sich der Schluss aufdrängt, dass ein Vertrauen in die Fortgeltung der Festsetzung nicht mehr schutzwürdig ist.*)
3. Das Einzelfallerfordernis in § 31 Abs. 3 BauGB verlangt einen atypischen Sonderfall.*)
VolltextOnline seit 16. Juli
IBRRS 2024, 2174OVG Niedersachsen, Urteil vom 10.06.2024 - 1 LB 51/22
1. Bei der Bestimmung der nach § 34 Abs. 1 BauGB für das Einfügen eines Vorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung maßgeblichen näheren Umgebung ist zwischen den einzelnen Seiten eines überschaubaren Straßengevierts nur dann zu differenzieren, wenn diese - etwa infolge der Trennung durch einen hinreichend gewichtigen unbebauten Blockinnenbereich oder bei Erkennbarkeit zweier klar voneinander abgegrenzter, in sich im Wesentlichen homogener Bebauungsmuster - jeweils erkennbar ein Eigenleben führen.*)
2. Bei Beurteilung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung i. S. des § 34 Abs. 1 BauGB ist für die absolute Größe und das Verhältnis der Gebäude zur umgebenden Freifläche (Bebauungsdichte) jeweils separat nach Referenzobjekten zu suchen. Allerdings sind bei der Bestimmung der Bebauungsdichte neben der Grundfläche der Gebäude auch ihre Höhe und Geschossigkeit zu berücksichtigen.*)
3. Für die Bestimmung des Verhältnisses eines Gebäudes zu den umgebenden Freiflächen können dem Vorhaben Teile von Nachbargrundstücken nur zugerechnet werden, wenn diese nicht als umgebende Freiflächen eines vorhandenen oder realisierbaren Nachbargebäudes angesehen werden können. Umgekehrt sind diejenigen Teile des Vorhabengrundstücks keine umgebenden Freiflächen, die ihrer Lage nach das Verhältnis des Vorhabens zu Nachbarbaukörpern nicht prägen können; dies gilt insbesondere für Zufahrtsstreifen von Hinterliegergrundstücken.*)
4. Ein Vorhaben fügt sich mit Blick auf das Verhältnis der Gebäude zu umliegenden Freiflächen nicht bereits dann ein, wenn seine Abstände zu Nachbargebäuden in der näheren Umgebung ein Vorbild haben.*)
VolltextOnline seit 15. Juli
IBRRS 2024, 2160OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24.06.2024 - 2 L 126/23
Eine Befreiung von einer planerischen Festsetzung über eine mit einem Geh- und Fahrrecht zu belastenden Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB zur Erschließung von Hinterliegegrundstücken in Gestalt einer Änderung des Verlaufs der Zuwegung kommt nicht in Betracht, wenn der Verlauf im Angesicht des Falles genau so gewollt war in der irrigen Annahme, ein dort vorhandenes Gebäude würde zeitnah beseitigt.*)
VolltextOnline seit 12. Juli
IBRRS 2024, 1798VGH Bayern, Beschluss vom 06.05.2024 - 9 CS 24.253
1. Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Planbetroffene werden durch die Maßfestsetzungen eines Bebauungsplans nicht in gleicher Weise zu einer "Schicksalsgemeinschaft" verbunden, wie das für die Festsetzung der Art der Nutzung angenommen wird.
2. Ob Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung auch darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen, hängt maßgeblich vom Willen der Gemeinde als Plangeberin ab. Sie darf dies regelmäßig selbst und ohne Bindung an das Eigentumsrecht des Nachbarn entscheiden.
3. Ob die Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung nach dem Willen der planenden Gemeinde nicht nur aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde, sondern (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich dienen soll, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln.
4. Ein entsprechender Wille kann sich unmittelbar aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung, aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung oder aus einer wertenden Beurteilung des Festsetzungszusammenhangs ergeben.
VolltextIBRRS 2024, 2147
VG Karlsruhe, Urteil vom 31.05.2024 - 2 K 224/23
Die Anordnung des Auf-den-Stock-Setzens von Hainbuchen, die in eine im Außenbereich unzulässige Einfriedung eingewachsen sind, kann auf der Grundlage von § 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 bzw. § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO-BW oder § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG bei Beachtung der maßgeblichen naturschutzrechtlichen Vorgaben zulässig sein.*)
VolltextOnline seit 11. Juli
IBRRS 2024, 2127OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.07.2024 - 2 L 94/23
Fehlt es bei einer nachträglich durchzuführenden UVP-Vorprüfung mit Bezug auf den insoweit maßgeblichen, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt an einer hinreichenden Bestandserfassung, können die Umweltauswirkungen eines Vorhabens weder ordnungsgemäß prognostiziert noch im Wege einer tragfähigen worst-case-Betrachtung eingeschätzt werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 2129
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2024 - 2 L 146/23
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt, wenn lediglich tatsächliche und/oder rechtliche Feststellungen des Verwaltungsgerichts pauschal in Frage gestellt werden, das schlichte Gegenteil behauptet wird oder hierzu ausschließlich bisheriges Vorbringen wiederholt wird.*)
2. Eröffnet eine gesetzliche Regelung der Behörde keinen Ermessensspielraum, vermag daran auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Behörde von einer Ermessensermächtigung ausgeht und in dieser Annahme eine Entscheidung trifft; es bleibt - auch für die Widerspruchsbehörde - eine gebundene Entscheidung.*)
3. In den Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hätte, der ein Ermessens-, Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum nicht innewohnt, ist ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids zu verneinen. Dies gilt auch für den Nachbarn, der gegen eine Baugenehmigung Widerspruch erhoben hat, über den die Widerspruchsbehörde nicht in angemessener Frist entschieden hat.*)
VolltextOnline seit 10. Juli
IBRRS 2024, 2122OVG Niedersachsen, Beschluss vom 10.05.2024 - 1 LA 98/23
1. Erweist sich eine Festsetzung der Zahl zulässiger Betriebe in einem Sondergebiet als unwirksam, so kann eine gleichzeitig festgesetzte vorhabenbezogene Verkaufsflächenbeschränkung geltungserhaltend als grundstücksbezogene Verkaufsflächenbeschränkung ausgelegt werden, sofern im Plangebiet nur ein als Betriebsgrundstück geeignetes Grundstück vorhanden ist (BVerwG, IBR 2020, 97). Das gilt auch dann, wenn auf dem Betriebsgrundstück mehrere Betriebe errichtet werden könnten, sofern diese Möglichkeit vom mutmaßlichen Willen des Plangebers gedeckt ist.*)
2. Zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Berufung auf die Unwirksamkeit eines für das eigene Vorhaben aufgestellten Bebauungsplans.*)
VolltextOnline seit 9. Juli
IBRRS 2024, 2104OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.07.2024 - 10 A 2224/22
1. Ein Verstoß gegen Vorgaben des Nachbarrechtsgesetzes betrifft zivilrechtliche Erfordernisse, die im öffentlich-rechtlichen Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen sind. Die Baugenehmigung wird unbeschadet der Rechte Dritter erteilt.
2. Brandschutzrechtliche Vorgabe sind vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen.
3. Ein Nachbar ist durch die Baugenehmigung hinsichtlich der nicht geprüften Vorschriften regelmäßig nicht in seinen Rechten betroffen, sondern gehalten, einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen.
VolltextIBRRS 2024, 2053
OLG Brandenburg, Urteil vom 12.06.2024 - 4 U 183/22
1. Der Wert des Beschwerdegegenstands bemisst sich im Fall der Einlegung der Berufung gegen die Verurteilung zur Erteilung einer neuen Heizkostenabrechnung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, die die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, nicht aber nach dem Wert des Auskunftsanspruchs.
2. Fehlen - in atypischer Weise - in einem Vertrag über Wärmecontracting nähere Angaben zu den Grundlagen der Berechnung des Entgelts, müssen solche Angaben in der Abrechnung gemacht werden, da der Wärmecontractor andernfalls das Entgelt willkürlich festlegen könnte. In diesem Fall muss der Wärmecontractor in der Abrechnung auch nähere Angaben zum Vorwegabzug machen.
3. Die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenVO stellt Fläche und Kubatur gleichberechtigt nebeneinander und bringt damit zum Ausdruck, dass eine der beiden Alternativen nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der konkreten Gestaltung der Wohnanlage zur Abrechnung herangezogen werden kann.
4. Weisen zwei Wohnungen eine deutlich höhere Raumhöhe (6,68 m gegenüber 3,5 m sonst) auf, betragen die Flächen mit großer Raumhöhe aber weniger als 3% der Gesamtfläche, wird die Wahl der Fläche als Abrechnungsmaßstab dadurch nicht unbillig.
5. Das in § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB (ausschließlich) für Wohnraummietverhältnisse normierte Jährlichkeitsgebot der Heizkostenabrechnung findet beim Wärmecontracting einer Wohnungseigentümergemeinschaft keine Anwendung.
VolltextOnline seit 8. Juli
IBRRS 2024, 2087VGH Bayern, Beschluss vom 26.06.2024 - 15 ZB 24.263
Vergnügungsstätten, zu denen auch Wettbüros zählen, können sich negativ auf ihre Umgebung auswirken. Konkrete Anzeichen für einen eintretenden oder eingetretenen Trading-Down-Effekt sind als Nachweis nicht erforderlich.
VolltextIBRRS 2024, 1257
VG Düsseldorf, Urteil vom 30.11.2023 - 28 K 8865/22
Nach dem Inkrafttreten des § 2 EEG sind die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die nach § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW durchzuführende Schutzgüterabwägung einzubringen und kann der Denkmalschutz nur ausnahmsweise auf Grund besonderer Umstände ein zum Nachteil der erneuerbaren Energien gehendes Ergebnis erfordern.*)
VolltextOnline seit 5. Juli
IBRRS 2024, 2074OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.06.2024 - 1 B 10359/24
1. Zur hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit einer Baugenehmigung für einen innerörtlichen Festplatz im Hinblick auf die Vermeidung unzumutbarer Lärmimmissionen (hier verneint).*)
2. Soweit die Bewältigung möglicher Lärmschutzkonflikte durch einen mittels Bebauungsplan festgesetzten Festplatz im Bebauungsplanverfahren zulässigerweise dem nachfolgenden Verwaltungsverfahren überlassen worden ist, hat diese in einer nachfolgenden Baugenehmigung grundsätzlich abschließend zu erfolgen.*)
VolltextOnline seit 4. Juli
IBRRS 2024, 2051VGH Bayern, Beschluss vom 11.06.2024 - 15 CS 24.757
1. Im Rahmen einer Duldungsanordnung kommt mangels dinglicher Berechtigung des Pächters nur auf die Wirksamkeit - und nicht auf die Rechtmäßigkeit - der Nutzungsuntersagung gegenüber dem Grundstückseigentümer an.
2. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Nutzungsuntersagung wegen Brandschutzmängeln entfällt erst dann, wenn zweifelsfrei nachgewiesen ist, dass sämtliche Mängel brandschutzkonform beseitigt worden sind. Die Vorlage der Rechnung einer Firma für Innenausbau und Renovierung ist hierfür weder aussagekräftig noch stellt sie einen ordnungsgemäßen und prüffähigen Nachweis dar.
VolltextOnline seit 3. Juli
IBRRS 2024, 2010VGH Bayern, Urteil vom 14.05.2024 - 1 N 23.2256
Wer seine ursprüngliche Planung abändert, um die Baugenehmigung zu erhalten und sich anschließend nicht an die genehmigte Planung hält, sondern seine im Genehmigungsverfahren fallen gelassene Planung verwirklicht, kann sich nicht darauf berufen, dass seine bauliche Anlage zum Zeitpunkt der Errichtung genehmigungsfähig gewesen wäre und damit Bestandsschutz genießt. Eine derartige Berufung verstößt gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben.*)
VolltextOnline seit 2. Juli
IBRRS 2024, 2008OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.2024 - 2 B 178/24
1. Selbst im Falle der Missachtung einer sich aus § 1 Abs. 3 BauGB ergebenden Planungspflicht bedarf es für den Erfolg der Nachbarklage einer konkreten drittschützenden Norm, da es ein subjektives Recht des Einzelnen auf eine (Änderung der) Bauleitplanung nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht gibt.
2. Eine gebietsfremde Nutzung mit Bezug auf ein bestimmtes Baugebiet (hier: das festgesetzte reine Wohngebiet) kann regelmäßig nur innerhalb desselben Baugebietes abgewehrt werden.
3. Bei einer "Fläche für die Landwirtschaft" handelt es sich nicht um ein "Baugebiet", dessen Festsetzung aus sich heraus dem Schutz nachbarlicher Interessen dient
4. Ist die Baugenehmigung nicht offensichtlich nachbarrechtswidrig, geht die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus.
VolltextOnline seit 1. Juli
IBRRS 2024, 1919VGH Bayern, Beschluss vom 17.06.2024 - 9 ZB 23.1836
1. Ein Vorhaben liegt im Außenbereich, wenn es nicht Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. Ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs ist, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört.
2. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen. Maßgeblich dabei, ob diese besonderen topografischen oder geografischen Umstände den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zugehörigkeit einer Fläche zum Bebauungszusammenhang vermitteln.
3. Ebenso wie ein Bebauungszusammenhang nicht unmittelbar mit dem letzten Baukörper zu enden braucht, verbietet sich umgekehrt die Annahme, dass notwendigerweise das letzte Grundstück in seinem gesamten Umfang vom Zusammenhang erfasst wird. Wie weit der Bebauungszusammenhang im Einzelfall reicht, kann nur das Ergebnis einer Bewertung des konkreten Sachverhalts sein.
4. Für die Beurteilung ausschlaggebend ist grundsätzlich die tatsächlich vorhandene Bebauung. Bebauung ist indes nicht jede beliebige Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen.
5. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder "Nebenanlagen" zu einer landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen.
VolltextOnline seit 28. Juni
IBRRS 2024, 1992BVerwG, Beschluss vom 23.05.2024 - 4 BN 29.23
1. Die Gemeinde hat das Abwägungsmaterial so genau und vollständig zu ermitteln, dass eine sachgerechte Planungsentscheidung möglich ist. Umfang und Tiefe der Sachermittlungspflicht sind von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig. Dafür kann auch von Bedeutung sein, dass Fachbehörden und Träger öffentlicher Belange den Planentwurf unbeanstandet gelassen und potentiell Betroffene hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben haben.
2. Ob eine Gemeinde im Anschluss an substantiierte Anregungen zu einem Gutachten gehalten ist, weitere Ermittlungen anzustellen und etwa ein ergänzendes Gutachten einzuholen, beurteilt sich nach den konkreten Umständen in der jeweiligen Planungssituation.
3. Fehler und Irrtümer, die die Zusammenstellung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials, die Erkenntnis und Einstellung aller wesentlichen Belange in die Abwägung oder die Gewichtung der Belange betreffen und die sich etwa aus Akten, Protokollen, aus der Entwurfs- oder Planbegründung oder aus sonstigen Unterlagen ergeben, sind offensichtlich. Sie betreffen die „äußere" Seite des Abwägungsvorgangs und sind objektiv feststellbar.
VolltextOnline seit 27. Juni
IBRRS 2024, 1980OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.06.2024 - 1 LB 126/23
1. Kennzeichnend für die Baulast i.S.v. § 81 NBauO ist ihre baurechtliche Relevanz, die in einer Erleichterung oder Erweiterung der Bebauungs- bzw. Nutzungsmöglichkeiten liegt.*)
2. Das öffentliche und private Interesse am Erhalt der Baulast entfällt, wenn eine Baulast keine baurechtliche Relevanz mehr entfaltet. Das ist insbesondere der Fall, wenn dem Baulastbegünstigten ein rechtlich gesicherter und baurechtlich besserer Weg nicht nur offensteht, sondern schon verwirklicht ist, er mithin für seine Grundstücksnutzung in rechtlicher Hinsicht nicht mehr auf die Baulast angewiesen ist.*)
3. Ein "besserer" Weg kann auch in einer nachträglich erteilten weiteren Baulast liegen, die sich rechtlich oder tatsächlich als günstiger darstellt.*)
VolltextOnline seit 26. Juni
IBRRS 2024, 1968BVerwG, Beschluss vom 13.05.2024 - 4 BN 26.23
1. Eine nutzungsbeschränkende Festsetzung in einem Bebauungsplan kann aufgrund der Betroffenheit wirtschaftlicher Belange abwägungsfehlerhaft sein und sogar an einem Mangel im Abwägungsergebnis leiden, wenn nach Lage der Dinge eine Rentabilität der verbleibenden zulässigen Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann.
2. Ob ein Bebauungsplan im Ergebnis an einem Abwägungsfehler leidet, weil private Belange auch angesichts der Unwägbarkeiten einer zukunftsgerichteten Betrachtung nicht angemessen berücksichtigt worden sind, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und deshalb nicht verallgemeinerungsfähig.
3. In einem - zur Bewältigung der Auswirkungen „besonderer Eigenschaften“ von Betrieben und Anlagen - intern durch Lärmemissionskontingente gegliederten Gewerbegebiet muss es ein hinreichend großes Teilgebiet ohne Emissionsbeschränkung oder mit solchen Emissionskontingenten geben, die bei typisierender Betrachtung ausreichend hoch sind, um die zulässigen und nicht wirksam ausgeschlossenen Nutzungen zu verwirklichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.2021 - 4 CN 8.19, IBRRS 2021, 2967).
4. Im Fall einer gebietsübergreifenden Gliederung gelten dieselben Maßstäbe.
5. Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für Gliederungen zu anderen Zwecken.
VolltextOnline seit 25. Juni
IBRRS 2024, 1950OVG Niedersachsen, Urteil vom 10.06.2024 - 1 LB 150/22
1. Angesichts der verhältnismäßig weitreichenden Rechtsfolge sind die Anforderungen an eine zur Annahme eines Einkaufszentrums erforderliche, äußerlich in Erscheinung tretende gemeinsame Organisation und Kooperation verschiedener Einzelhandelsbetriebe an einem Standort nicht zu gering anzusetzen (wie Senatsurteil vom 09.07.2020 - 1 LB 79/18 -, BeckRS 2020, 17701).*)
2. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen beabsichtigter Führung eines Amtshaftungsprozesses setzt voraus, dass ein solcher nicht offensichtlich aussichtslos ist. Von offensichtlicher Aussichtslosigkeit kann nur gesprochen werden, wenn ohne eine ins einzelne gehende Prüfung erkennbar ist, dass der behauptete Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann (vgl. Senatsurteil vom 25.06.2019 - 1 LB 160/17 -, BeckRS 2019, 28668; im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 28.08.1987 - 4 C 31.86 -, NJW 1988, 826 m.w.N.).*)
VolltextIBRRS 2024, 1933
VG Hamburg, Urteil vom 04.06.2024 - 12 K 3917/20
1. Zur Funktionslosigkeit der Festsetzung rückwärtiger Baugrenzen in einer Doppelhaussiedlung infolge einer jahrzehntelangen umfangreichen Befreiungspraxis der Bauaufsichtsbehörde.*)
2. Zur Berücksichtigungsfähigkeit von Anbauten in unterschiedlichen Geschossen bei der Bestimmung der nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen faktischen Bebauungstiefe bei teilweiser Hanglage der betroffenen Grundstücke.*)
VolltextOnline seit 24. Juni
IBRRS 2024, 1923OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.05.2024 - 10 D 110/22
1. Dient ein Angebotsbebauungsplan als planungsrechtliche Grundlage für ein konkret umrissenes Vorhaben, begegnet es grundsätzlich keinen durchgreifenden Bedenken, wenn der Rat vor allem dieses Vorhaben zur realitätsnahen Abschätzung der absehbar planbedingten Auswirkungen heranzieht (hier aus zwei Kleinspielfeldern für Fuß- und Basketball sowie drei Tischtennisplatten bestehende Multifunktionsanlage).*)
2. Die Ermittlung und Beurteilung der planbedingten Lärmimmissionen erfolgte in der der Abwägung zugrunde liegenden schalltechnischen Untersuchung zutreffend auf Grundlage des Freizeitlärmerlasses NRW. Bei der Multifunktionsanlage handelt es sich um eine Einrichtung, die dazu bestimmt ist, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass sie nach den Festsetzungen weiterhin auch im Schulbetrieb genutzt werden kann, rechtfertigt keine andere Betrachtung.*)
3. Der Rat konnte die ordnungsgemäße Nutzung der Multifunktionsanlage seiner Abwägungsentscheidung zugrunde legen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es bereits in der Vergangenheit zu einer missbräuchlichen Nutzung der Anlage gekommen ist.*)
4. Es führt nicht zu einem Abwägungsmangel, dass der Rat die Festlegung der Nutzungszeiten der Multifunktionsanlage dem Genehmigungsverfahren überlassen hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 1920
VG Hamburg, Urteil vom 03.06.2024 - 12 K 265/24
1. Ein Boardinghaus stellt eine Übergangsform zwischen Wohnnutzung und Beherbergungsbetrieb dar, wobei die schwerpunktmäßige Zuordnung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. In einem Fall, in dem sowohl eine Wohnnutzung als auch eine Nutzung als Beherbergungsbetrieb in Betracht kommt, kommt es (jedenfalls im Regelfall) maßgeblich auf das Nutzungskonzept an, das durch den Bauherrn bestimmt wird.*)
2. Zur Ermittlung der planerischen Grundkonzeption eines Bebauungsplans können neben der zeichnerischen Darstellung auch der Textteil des Bebauungsplans und seine Begründung sowie die Planaufstellungsakten herangezogen werden.*)
3. Die Ausweisung von Baufenstern abseits einer emissionsträchtigen Straße kann einen Grundzug der Planung darstellen, wenn sich aus den Planaufstellungsunterlagen ergibt, dass der Plangeber die Wohnbebauung zur Reduzierung ihrer Immissionsbelastung von der Straße abrücken wollte.*)
VolltextOnline seit 21. Juni
IBRRS 2024, 1914OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.05.2024 - 10 B 186/24
Eine planbedingte Überschreitung der Immissionswerte von etwa 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts kann im Einzelfall hinzunehmen sein, etwa dann, wenn in einem besonders lärmvorbelasteten Bereich die Erhöhungen der Immissionspegel unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle für das menschliche Ohr liegen, die bezogen auf einen rechnerisch ermittelten Dauerschallpegel bei Pegelunterschieden von 1 bis 2 dB(A) anzusetzen ist.*)
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