Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile zum Vergaberecht
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IBRRS 2024, 2620OLG Jena, Beschluss vom 12.06.2024 - Verg 1/24
1. Die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen unterliegt der Nachprüfung durch die Vergabekammern. Die Regelungen des 4. Teils des GWB sind jedoch nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden, § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Die Vorschrift ist unionsrechtskonform.
2. Hat sich der öffentliche Auftraggeber entschieden, von der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB Gebrauch zu machen, ist der Rechtsweg zu den Nachprüfungsinstanzen nicht eröffnet. Für den Rechtsstreit sind die Verwaltungsgerichte zuständig.
VolltextOnline seit 21. August
IBRRS 2024, 2567VK Bund, Beschluss vom 04.03.2024 - VK 1-6/24
1. Einem Sektorenauftraggeber stehen - auch im Rahmen der Verfahrensaufhebung - erhebliche Spielräume für die individuelle Organisation eines Vergabewettbewerbs zu. Gleichwohl darf ein Vergabeverfahren auch im Sektorenbereich nicht ohne Weiteres beendet werden. Die Grenze der fehlerfreien Ermessensausübung ist dort zu ziehen, wo eine Aufhebung als willkürlich anzusehen ist.
2. Die Nichtbekanntmachung von Eignungskriterien sowie die Aufstellung unklarer Vorgaben sind Vergabefehler.
3. Einem (Sektoren-)Auftraggeber ist es vergaberechtlich regelmäßig unbenommen, seinen Beschaffungsbedarf selbst zu bestimmen und im Vergleich zu früheren Beschaffungsvorhaben - gegebenenfalls sogar grundlegend - zu ändern. Erfolgt diese Änderung aber in einem laufenden Vergabeverfahren, in dem sich die Bieter schon auf den ursprünglichen Beschaffungsbedarf eingerichtet hatten, sind die entsprechenden Folgen der Sphäre des Auftraggebers zuzurechnen.
VolltextOnline seit 20. August
IBRRS 2024, 2552VGH Bayern, Beschluss vom 26.07.2024 - 12 CE 24.1035
1. Wendet sich ein Anbieter gegen die Vergabe einer Dienstleistungskonzession für den Betrieb eines Rettungswagens an einen Konkurrenten und erstrebt er zugleich die Vergabe an sich selbst, muss er sowohl die durch Verwaltungsakt bekanntgegebene Vergabeentscheidung mit der Anfechtungsklage angreifen, wie auch die Vergabe der Konzession an sich selbst im Wege einer Verpflichtungsklage erstreiten (sog. verdrängende Konkurrentenklage).*)
2. Hat der übergangene Anbieter gegen die zu seinen Lasten ergangene Vergabeentscheidung einen entsprechenden Anfechtungsantrag gestellt bzw. Anfechtungsklage erhoben, kommt dieser Klage nach § 80 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO aufschiebende Wirkung zu mit der Folge, dass der Rettungszweckverband die Auswahlentscheidung ohne Anordnung des Sofortvollzugs nicht durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit dem ausgewählten Anbieter vollziehen darf.*)
3. Bestreitet der Rettungszweckverband den Eintritt der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Auswahlentscheidung oder droht deren faktischer Vollzug, kommt dem übergangenen Konkurrenten vorläufiger Rechtsschutz nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 VwGO durch Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zu (Fortführung von BayVGH, Beschluss vom 15.11.2018 – 21 CE 18.854 –, VPRRS 2019, 0004).*)
VolltextOnline seit 19. August
IBRRS 2024, 2543VK Südbayern, Beschluss vom 18.07.2024 - 3194.Z3-3_01-24-27
1. Lädt der Auftraggeber zu Verhandlungsgesprächen ein, macht er damit aus Sicht eines verständigen Bieters deutlich, dass er von einem in der Bekanntmachung enthaltenen Vorbehalt nach § 17 Abs. 11 VgV keinen Gebrauch macht. Dies führt zu einer Verpflichtung des Auftraggebers zur Durchführung von Verhandlungen nach § 17 Abs. 10 VgV und zur Aufforderung zu einem finalen Angebot nach § 17 Abs. 14 VgV.*)
2. Ein Bieter ist auch dann in seinen Rechten verletzt, wenn zwar die Bewertung seines eigenen Angebots vom Beurteilungsspielraum des Auftraggebers gedeckt ist, die Bewertung des Angebots des zum Zuschlag vorgesehenen Bieters aber derart fehlerhaft ist, dass sich eine andere Bieterreihenfolge ergeben könnte.*)
3. Bei der Umrechnung von Preisen in Bewertungspunkte muss der Auftraggeber eine mathematisch nachvollziehbare Methode vor Kenntnis der Angebote festgelegt haben und diese auch anwenden. Eine Preisbewertungsmethode darf wegen der hohen Manipulationsgefahr nicht nachträglich in Kenntnis der Angebote festgelegt werden.*)
4. Auch bei der Preisbewertung von Honorarangeboten von Architekten und Ingenieuren, die in Anlehnung an die Vorschriften der HOAI erstellt werden, dürfen nur solche Methoden eingesetzt werden, die zum einen rechnerisch nachvollziehbar sind und zum anderen die relativen Preisabstände zwischen den Angeboten widerspiegeln können.*)
5. Die Angebotswertung ist ureigene Aufgabe des Auftraggebers und darf nicht vollständig an einen Verfahrensbetreuer delegiert werden. Aus diesem Grund darf der Verfahrensbetreuer auch nicht nach Befassung des zuständigen Gremiums des Auftraggebers die diesem vorgelegte Benotung eines Angebots eigenmächtig ändern.*)
6. Nimmt der Auftraggeber bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen Formulierungen wie „es werden keine Planungsleistungen erwartet“ in die Vergabeunterlagen auf, die dafür sorgen sollen, dass die Bieter keine Ansprüche auf eine angemessene Vergütung für Lösungsvorschläge nach § 77 Abs. 2 VgV geltend machen können, darf er nicht gleichzeitig für eine gute Bewertung des Angebots voraussetzen, dass die Bieter überobligatorisch und ohne Vergütung fundierte Lösungsvorschläge i.S.d. § 77 Abs. 2 VgV einreichen.*)
VolltextOnline seit 16. August
IBRRS 2024, 2537VK Bund, Beschluss vom 21.06.2024 - VK 1-48/24
Aus der Formulierung von § 56 Abs. 2 Satz 1 VgV, wonach auch "fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen" korrigiert werden können, kann nicht geschlossen werden, dass das Nachreichen inhaltlich nachgebesserter Unterlagen möglich und der öffentliche Auftraggeber zu einer Nachforderung vor Ausschluss des Angebots oder Teilnahmeantrags verpflichtet ist.
VolltextOnline seit 14. August
IBRRS 2024, 2503Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 07.03.2024 - Rs. C-652/22
1. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und das Transparenzgebot stehen jeglicher Verhandlung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und einem Bewerber im Laufe eines Vergabeverfahrens entgegen. Ist ein Angebot eingereicht worden, kann es nicht mehr geändert werden, weder auf Betreiben des öffentlichen Auftraggebers noch auf Betreiben des Bieters.
2. Ist ein öffentlicher Auftraggeber der Auffassung, dass ein Angebot ungenau ist oder eine technische Spezifikation nicht erfüllt, darf er vom Bieter keine Präzisierung oder Erläuterungen verlangen. Anderenfalls könnte der Eindruck entstehen, dass der öffentliche Auftraggeber dieses Angebot mit dem betreffenden Bieter insgeheim und unter Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung ausgehandelt hat.
3. Der Grundsatz der Gleichbehandlung steht der Berichtigung oder Ergänzung der Angaben in einem Angebot nicht entgegen, wenn offenkundige sachliche Fehler richtigzustellen sind. Damit dies bejaht werden kann, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen darf eine Aufforderung zur Erläuterung nicht auf eine so wesentliche Änderung des Angebots hinauslaufen, dass es in Wirklichkeit als neues Angebot angesehen werden kann. Zum anderen muss sich eine solche Aufforderung grundsätzlich in gleicher Weise an alle Bieter richten, die sich in der gleichen Situation befinden.
4. Die Vorlage neuer Unterlagen über die technische und berufliche Leistungsfähigkeit eines Bieters unter Angabe von im ursprünglichen Angebot nicht enthaltenen Arbeiten stellt keine Korrektur, Präzisierung oder Erläuterung dar. Es handelt sich vielmehr um eine erhebliche Änderung dieses Angebots, ohne die es abgelehnt würde.
VolltextOnline seit 13. August
IBRRS 2024, 2492VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 29.09.2023 - VK-SH 11/23
1. Bei der Preisprüfung nach § 60 VgV ist bei der Frage der Angemessenheit entscheidend, ob der betreffende Bieter zum angebotenen Preis voraussichtlich ordnungsgemäß und vertragsgerecht leisten wird oder infolge einer zu geringen Vergütung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und den Auftrag deshalb nicht vollständig ausführen kann oder versucht sein könnte, sich des Auftrags so unaufwändig wie möglich und insoweit auch nicht vertragsgerecht zu entledigen, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten oder die Ressourcen seines Unternehmens auf besser bezahlte Aufträge zu verlagern, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet.*)
2. Der Bieter ist in Textform zur Aufklärung aufzufordern. Für den Bieter muss aus dem Aufklärungsersuchen ersichtlich sein, dass der Auftraggeber in die Aufklärung des Preises eingetreten ist. Er muss in Textform über die Angemessenheit des Preises angehört werden. Dem Bieter kann zur Beantwortung eine zumutbare Frist gesetzt werden.
3. Bei der Preisaufklärung genügen bloß oberflächliche Begründungen oder die unkritische Übernahme von Erklärungen des Bieters für die Annahme einer ordnungsgemäßen Preisprüfung nicht.*)
4. Eine Preisprüfung wäre aufgrund der auftraggeberseitigen Interessen, aber auch im Hinblick auf die scharfe Sanktion eines Ausschlusses unverhältnismäßig und unangemessen verkürzt, wenn der Vergabestelle mehrfache Nachfragen verwehrt wären, wenn sich durch eine anfangs allgemeine Fragestellung oder durch vorgelegte Unterlagen und Daten weitere Detailfragen ergeben.*)
5. Sind die von der Vergabekammer zur Akteneinsicht freigegebenen Inhalte mit dem Unternehmen, dessen Informationen betroffen sind, abgestimmt, bedarf es keines gesonderten Zwischenverfahrens.*)
VolltextOnline seit 8. August
IBRRS 2024, 2440VGH Bayern, Beschluss vom 26.07.2024 - 12 CE 24.1067
1. Bilden zwei Unternehmen, die beide hinreichend leistungsfähig sind und die mit Blick auf den Gegenstand der Ausschreibung in unmittelbarer Konkurrenz stehen, eine sog. horizontale Bietergemeinschaft, besteht die Vermutung einer unzulässigen wettbewerbsbeschränkenden Absprache, die von den beteiligten Unternehmen zu entkräften ist.
2. Dient die Beteiligung an einer Bietergemeinschaft lediglich dem Zweck, die Chancen auf einen Zuschlag zu steigern oder mit Hilfe der Bietergemeinschaft Synergiepotenziale oder -effekte zu realisieren, ist eine unzulässige wettbewerbsbeschränkende Absprache zu bejahen.
VolltextOnline seit 7. August
IBRRS 2024, 2424VGH Bayern, Urteil vom 21.06.2024 - 5 BV 22.1295
Der Schutz der Vertraulichkeit der Dokumentation über die Wertung von Teilnahmeanträgen und Angeboten gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 VgV besteht nicht gegenüber dem Unternehmen, das das betreffende Angebot abgegeben hat, soweit die Dokumentation keine Rückschlüsse auf die Inhalte der Angebote Dritter zulässt.*)
VolltextOnline seit 5. August
IBRRS 2024, 2391VK Niedersachsen, Beschluss vom 13.03.2024 - VgK-2/2024
1. Der öffentliche Auftraggeber nicht nur die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen bekannt zu geben, sondern auch die zur Ausfüllung eines Zuschlagskriteriums aufgestellten Unterkriterien und deren konkrete Gewichtung. Dies gilt auch, wenn der Auftraggeber die Gewichtung von Unterkriterien erst im Nachhinein aufgestellt hat und nicht auszuschließen ist, dass sie die Vorbereitung hätten beeinflussen können.
2. Es unterfällt dem Beurteilungsspielraum des öffentlichen Auftraggebers, wie er die Bewertung organisiert und strukturiert. Allerdings darf die Methode unter Beachtung des Transparenz- und Wettbewerbsgrundsatzes nicht zu einer Abweichung von den zuvor festgelegten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung führen. Der Auftraggeber darf daher insbesondere keine untaugliche Methode anwenden, seine Bewertungsmethode nicht auf sachwidrige Erwägungen stützen oder unzulässige Kriterien verwenden.
VolltextOnline seit 2. August
IBRRS 2024, 2384VG Köln, Urteil vom 14.06.2024 - 16 K 3854/20
1. Das Erfordernis, vor einem geförderten Breitbandausbau ein Markterkundungsverfahren hinsichtlich der Ausbauabsichten privater Unternehmen innerhalb der nächsten drei Jahre durchzuführen, begründet nicht zugleich eine Durchführungsfrist für den Abschluss des Förderverfahrens.*)
2. Rechtsträger eines öffentlich-rechtlichen Zuwendungsvertrags und damit richtiger Beklagter der Nichtigkeitsfeststellungsklage eines Konkurrenten ist nur die die Zuwendung bewilligende Behörde. Eine zugleich gegen den Zuwendungsempfänger gerichtete Feststellungsklage ist insoweit unzulässig.*)
VolltextOnline seit 1. August
IBRRS 2024, 2362VK Rheinland, Beschluss vom 23.07.2024 - VK 28/24
1. Die Rüge ist eine zwingend von den Vergabekammern von Amts wegen zu beachtende Sachentscheidungsvoraussetzung. Ohne vorherige Rüge ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig.*)
2. Für eine den Anforderungen des § 160 GWB genügende Rüge ist erforderlich, dass aus ihr für den Auftraggeber unmissverständlich hervorgeht, welches Verhalten als Vergaberechtsverstoß angesehen wird und inwiefern der Bieter vom Auftraggeber Abhilfe verlangt.*)
3. Für eine fristgemäße Rüge ist deren Zugang beim Auftraggeber relevant und nicht deren Absendung. Der "O.K."-Vermerk auf dem Sendebericht ist jedenfalls dann irrelevant, wenn der Empfänger den Zugang substanziiert bestreitet.*)
4. Der Rügende trägt das Risiko, dass die Rüge nicht bzw. nicht vollständig zugeht. Er ist dafür darlegungs- und beweispflichtig.*)
Online seit 31. Juli
IBRRS 2024, 2348VK Südbayern, Beschluss vom 06.02.2024 - 3194.Z3-3_01-23-58
1. Der öffentliche Auftraggeber kann auch dann in eine Preisprüfung eintreten, wenn zwar die sog. Aufgreifschwelle nicht erreicht ist, das Angebot aber aus anderen Gründen konkreten Anlass zur Preisprüfung gibt. Entscheidet sich der öffentliche Auftraggeber in einem solchen Fall für eine Preisprüfung, kann diese Entscheidung nur daraufhin geprüft werden, ob sie gegen das Willkürverbot verstößt.
2. Es ist einem Bieter nicht schlechthin verwehrt, einzelne Positionen unter seinen Kosten anzubieten. Dies bedeutet aber nicht, dass der Bieter seine zu deckenden Gesamtkosten nach Belieben einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses zuordnen darf.
3. Eine Angebotsstruktur, bei der deutlich unter den zu erwartenden Kosten liegenden Ansätzen bei bestimmten Positionen auffällig hohe Ansätze bei anderen Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechen, indiziert eine Preisverlagerung. Kann der Bieter die Indizwirkung nicht erschüttern, rechtfertigt dies die Annahme, dass das Angebot nicht die geforderten Preisangaben enthält und daher auszuschließen ist.
4. Es ist für das Vorliegen einer Mischkalkulation nicht zwingend notwendig, dass der Auftraggeber eine Konnexität zwischen ab- und aufgepreisten Preispositionen nachweist, allerdings muss für den Eintritt der Indizwirkung wenigstens ein logischer Zusammenhang zwischen den Positionen bestehen, der über eine reine Zufälligkeit hinausgeht.
5. Bei Leistungsverzeichnissen mit mehreren hundert Positionen wird jeder Bieter mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer oder mehreren Positionen einmal den günstigsten und auch den teuersten Preis im Vergleich aller Bieter anbieten, so dass allein das Vorhandensein von Positionen mit niedrigen und hohen Ansätzen an beliebigen Stellen des Leistungsverzeichnisses noch keine Mischkalkulation mit der Folge der Beweislastumkehr indiziert.
VolltextOnline seit 30. Juli
IBRRS 2024, 2279OLG Rostock, Urteil vom 13.03.2024 - 2 U 10/23
1. Eine privatrechtlich organisierte Wohnungsbaugesellschaft kann Auftraggeberin i. S. des Vergaberechts sein. Dies gilt insbesondere, wenn ihr wesentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge übertragen sind und die Gemeinde sämtliche Geschäftsanteile innehat.*)
2. Der Auftrag der städtischen Wohnungsbaugesellschaft gegenüber einem Dienstleister zur Vorbereitung des Glasfasernetzausbaus von der Netzebene 3 auf die Netzebene 4 durch anlasslose und damit nicht bedarfsabhängige Herstellung der Leitungen vom Glasfaseranschlusspunkt bis zum Etagenverteiler kann ein Auftrag i. S. des Vergaberechts zur Erteilung einer Dienstleistungskonzession sein, der über die bloße Ausgestaltung der Duldungspflicht nach § 145 Abs. 1 TKG hinausgeht. Er erfordert danach im Unterschwellenbereich wenigstens die Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens.*)
3. Im Unterschwellenbereich besteht die Möglichkeit auch nach Zuschlagserteilung im Falle einer sog. de-facto-Vergabe im Wege der einstweiligen Verfügung den Primärrechtsanspruch auf Durchführung eines diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens vorläufig zu sichern, wenn hinreichende Anhaltspunkte für ein willkürliches Verhalten des öffentlichen Auftraggebers dargetan und glaubhaft gemacht sind.*)
4. Ein Fall der Selbstwiderlegung der Dringlichkeitsvermutung scheidet aus, wenn dem Antragsteller zuvor notwendige Unterlagen nicht vorlagen und ihm dies aufgrund des Verhaltens des Antragsgegners nicht vorzuwerfen ist.*)
VolltextOnline seit 29. Juli
IBRRS 2024, 2282VK Sachsen, Beschluss vom 25.04.2023 - 1/SVK/010-23
1. Eine Rüge muss, wenn sich der Vergaberechtsverstoß nicht vollständig der Einsichtsmöglichkeit eines Bieters entzieht, zumindest Anknüpfungstatsachen oder Indizien vortragen, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen, um nicht als unzulässige Rüge ins Blaue hinein angesehen zu werden. Zweifelt der Bieter unter Nutzung seiner Branchen- und Marktkenntnis und unter Bezugnahme auf konkrete Umstände das Wertungsergebnis an, ist dies regelmäßig keine Rüge "ins Blaue hinein".*)
2. Der Vergabestelle kommt bei der Prüfung der Eignung eines Bieters grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die Vergabekammer entscheidet dementsprechend nicht über die Eignung eines Unternehmens. Sie prüft lediglich nach, ob die Entscheidung, einem Unternehmen die Eignung zu- oder abzusprechen, den eigenen Vorgaben des Auftraggebers gerecht wird, eine rechtlich und tatsächlich tragfähige Grundlage hat und vertretbar ist.*)
3. Die Möglichkeit zur Nachforderung nach § 56 Abs. 2 VgV findet keine Anwendung, wenn ein Nachweis oder eine geforderte Erklärung nicht fehlt, sondern lediglich inhaltlich hinter geforderten Mindestanforderungen zurückbleibt.*)