Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
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IBRRS 2025, 0220OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.01.2025 - 9 U 75/24
1. § 130d Satz 2 ZPO enthält keine unmittelbare Verpflichtung zur Ersatzeinreichung; kann eine Frist im Wege der Ersatzeinreichung aber noch gewahrt werden, scheidet eine Wiedereinsetzung aus.*)
2. Das Ausweichen auf eine andere als die gewählte Übermittlungsart kann geboten sein, wenn der Zusatzaufwand geringfügig und zumutbar ist und diese von dem Prozessbevollmächtigten in der Vergangenheit bereits aktiv zum Versand von Schriftsätzen genutzt wurde, er also mit seiner Nutzung vertraut ist.*)
VolltextIBRRS 2025, 0007
OLG München, Beschluss vom 12.01.2023 - 27 U 5299/22 Bau
1. Die Berufungsbegründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt.
2. Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und muss sich mit den rechtlichen und tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will.
3. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.
VolltextIBRRS 2025, 0201
OLG München, Beschluss vom 20.01.2025 - 36 W 67/24
Mit der Versetzung des Einzelrichters an die Staatsanwaltschaft verliert dieser die Eigenschaft als gesetzlicher Richter für das Verfahren und ist an der Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag verhindert.
VolltextOnline seit 28. Januar
IBRRS 2025, 0236OLG Oldenburg, Urteil vom 24.01.2025 - 14 U 59/24
1. Vorformulierte Sicherungsabreden benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind unwirksam, wenn der Auftraggeber missbräuchlich eigene Interessen durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Auftragnehmers hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Die unangemessene Benachteiligung kann sich auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben.
2. Regelmäßig ist eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers anzunehmen, wenn die Vertragserfüllungssicherheit 10 % und die Gewährleistungssicherheit 5 % der Bruttoauftragssumme übersteigen. Eine solche Überschreitung kann sich auch aus dem Zusammenwirken von Vertragserfüllungssicherheit und einer Regelung zur Bezahlung von Abschlagsrechnungen ergeben.
3. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers liegt auch dann vor, wenn sich der Auftraggeber über das "Höchstmaß" der zu stellenden Sicherheiten hinaus die Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche des Auftragnehmers gegen seine Nachunternehmer zur Sicherheit abtreten lässt (entgegen OLG Frankfurt, IBR 2024, 14).
VolltextIBRRS 2025, 0204
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.04.2024 - Verg 24/23
1. Es besteht keine anlasslose Prüfpflicht des öffentlichen Auftraggebers im Hinblick auf die Bieterangaben zu leistungsbezogenen Zuschlagskriterien.
2. In der Wahl seiner Überprüfungsmittel ist der öffentliche Auftraggeber im Grundsatz frei. Das gewählte Mittel muss jedoch geeignet und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen getroffen worden sein.
3. Zwar kann einer unzutreffenden oder unterbliebenen Schätzung des Auftragswerts auch bei der Prüfung von unangemessenen Preisen Bedeutung zukommen, insoweit begründet das Unterbleiben der Schätzung allein aber noch keine Rechtsverletzung.
4. Die Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist im Zweifel höher zu gewichten als das Interesse des Bieters an einer Akteneinsicht.
VolltextIBRRS 2025, 0229
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 21.01.2025 - 1 MN 125/24
1. Anders als bei der Bekanntmachung durch Aushang bedarf es für die ortsübliche Bekanntmachung auf der Internetseite der Gemeinde keiner (Einstellungs-)Frist; die Bekanntmachung ist, sofern in der Hauptsatzung nichts Abweichendes geregelt ist, mit der Einstellung bewirkt.*)
2. Der Wirksamkeit einer ortsüblichen Bekanntmachung steht nicht entgegen, dass zusätzlich zu der in der Hauptsatzung vorgesehenen Bekanntmachungsform noch andere Bekanntmachungsmedien genutzt werden.*)
3. Für die zum Erlass einer Veränderungssperre hinreichende Konkretisierung der gemeindlichen Planungsabsichten hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ist die abschließende Festlegung auf einen von mehreren "verwandten" Baugebietstypen nicht stets erforderlich. Das gilt insbesondere, wenn die Planung auf eine Festschreibung des vorhandenen Bestandes abzielt.*)
VolltextIBRRS 2025, 0089
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2024 - 5 S 2374/22
Zur fehlenden Ergebnisrelevanz im Sinne des § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB einer unterlassenen Ermittlung der CO²-Auswirkungen eines Straßenbauvorhabens im Einzelfall.*)
VolltextIBRRS 2025, 0208
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.01.2025 - 980a C 21/24 WEG
1. Ein Eigentümer kann gegen einen anderen vermietenden Eigentümer vorgehen, dass dieser auf seinen störenden Mieter einwirkt.
2. Der vermietende Wohnungseigentümer muss nicht zwingend seinem Mieter kündigen, wenn er auf andere Art und Weise erfolgreich auf diesen einwirken kann, um zukünftige Beanstandungen zu verhindern.
3. Lautes Herumschreien im Treppenhaus, aggressives und lautes Klopfen an die Haustür sowie Tätlichkeiten sind nachteilige Beeinträchtigungen. Ein Wohnungseigentümer muss nicht hinnehmen, in dieser Art und Weise durch die Handlungen eines Mieters beeinträchtigt zu werden.
4. Bestreitet eine Partei trotz des Bestehens einer Informationspflicht mit Nichtwissen, ist dies unzulässig und führt dazu, dass der Vortrag des Gegners als zugestanden gilt.
VolltextIBRRS 2025, 0207
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.01.2025 - 980a C 16/24 WEG
1. Eine Teilanfechtung von Beschlüssen über die Anpassung der Vorschüsse oder die Einforderung von Nachschüssen ist nicht möglich.
2. Ein sog. Korrekturvorbehalt führt zur Unbestimmtheit eines Abrechnungsbeschlusses, weil einem solchen Beschluss nicht mit hinreichender Sicherheit und Genauigkeit zu entnehmen ist, in welcher konkreten Höhe die Kosten im Zeitpunkt der Beschlussfassung auf die jeweiligen Eigentümer verteilt worden sind.
3. Werden Kosten der Fassadenarbeiten nach Einheiten verteilt, statt wie in der Teilungserklärung vorgesehen nach Miteigentumsanteilen, so ist die Jahresabrechnung unwirksam, wenn dies zu einer Mehrbelastung eines Eigentümers führt.
VolltextIBRRS 2024, 3292
LG Berlin II, Beschluss vom 29.10.2024 - 67 T 89/24
Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nach § 887 ZPO sind mit Ausnahme des Erfüllungseinwandes sämtliche sonstigen materiellen Einwendungen des zur Mangelbeseitigung verurteilten Vermieters - wie die der Unmöglichkeit der Erfüllung, des mieterseitigen Verzuges der Annahme der Mängelbeseitigung, der treuwidrigen Vereitelung der Mangelbeseitigung durch den Mieter oder des Überschreitens der "Opfergrenze" - unbeachtlich. Sie können vom Vermieter nicht im Vollstreckungsverfahren nach § 887 ZPO, sondern allein in einem neuerlichen Erkenntnisverfahren mit der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend gemacht werden.*)
VolltextIBRRS 2025, 0222
LSG Hessen, Beschluss vom 17.01.2025 - L 2 SF 45/24 K
1. Kosten für die Anwendung von Software zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten sind übliche Gemeinkosten im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 JVEG.*)
2. Kosten für die Anwendung von Software zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten sind keine besonderen Kosten im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG.*)
VolltextIBRRS 2025, 0239
BGH, Beschluss vom 19.12.2024 - IX ZB 41/23
1. Hat ein Prozessbevollmächtigter wegen vorübergehender technischer Unmöglichkeit der Einreichung eines elektronischen Dokuments die Ersatzeinreichung nach den allgemeinen Vorschriften veranlasst, ist er nicht gehalten, sich bis zur tatsächlichen Vornahme der Ersatzeinreichung weiter um eine elektronische Übermittlung des Dokuments zu bemühen.*)
2. Zur Glaubhaftmachung einer vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf es der anwaltlichen Versicherung des Scheiterns einer oder mehrerer solcher Übermittlungen nicht, wenn sich aus einer Meldung auf den Internetseiten der Bundesrechtsanwaltskammer, des elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs oder aus einer anderen zuverlässigen Quelle ergibt, dass der betreffende Empfangsserver nicht zu erreichen ist, und nicht angegeben ist, bis wann die Störung behoben sein wird.*)
VolltextIBRRS 2025, 0199
OLG Dresden, Beschluss vom 11.10.2024 - 5 W 647/24
Leistungsklagen, mit denen fällige Ansprüche verfolgt werden, sind grundsätzlich ohne Darlegung eines besonderen Interesses an einem Urteil zulässig. Nur wenn das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise aus besonderen Gründen fehlt, ist eine solche Klage als unzulässig abzuweisen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Kläger bereits einen vollstreckbaren Titel über die Klageforderung besitzt und daraus unschwer die Zwangsvollstreckung betreiben kann (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2006, XI ZR 113/06, Rz. 10, IBRRS 2007, 3056; Urteil vom 21.04.2016, I ZR 100/15, Rz. 13, IBRRS 2016, 2624).*)
VolltextOnline seit 27. Januar
IBRRS 2025, 0181OLG Dresden, Urteil vom 09.05.2023 - 14 U 1343/22
1. Bei Umlagen für die Bauwesenversicherung einerseits und Baustrom sowie Bauwasser andererseits handelt es sich um Preishauptabreden, die der AGB-Inhaltskontrolle entzogen sind.
2. Der Auftraggeber ist nicht berechtigt, einen (vereinbarten) Abzug für die Bauwesenversicherung vorzunehmen, wenn er auf Verlangen des Auftragnehmers nicht nachweisen kann, dass er eine Bauwesenversicherung abgeschlossen hat.
3. Optische Fehler (hier: Unebenheiten einer Tiefgaragenbeschichtung) sind nur dann als Mängel zu qualifizieren, wenn bestimmte qualitative oder gestalterische Anforderungen an Oberflächen als Beschaffenheit vereinbart sind (Abgrenzung zu OLG Hamburg, IBR 2019, 14).
IBRRS 2025, 0206
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.01.2025 - 2-31 O 186/24
1. Sind Sonderfachleute vom Auftraggeber beauftragt, ist der Architekten zur Prüfung der Planung anderer fachlich Beteiligter allenfalls insoweit verpflichtet, als der betroffene Fachbereich dem allgemeinen Wissensstand des Architekten zugeordnet werden kann und es sich insoweit um offensichtliche Fehler handelt, die für den Architekten auch ohne Spezialkenntnisse erkennbar sind (hier bejaht für Prüfung der statischen Berechnungen und Positionspläne auf Übereinstimmung mit der eigenen Ausführungsplanung).
2. Der bauüberwachende Architekt muss zumindest stellenweise bei der Ausführung des Rohbaus anwesend sein. Dabei ist der Architekt gehalten, stichprobenhaft die statischen Berechnungen und Pläne zu sichten und vor Ort deren Einhaltung zu prüfen.
3. Der Tragwerksplaner ist im Verhältnis des Auftraggebers zum Architekten nicht Erfüllungsgehilfe, wenn der Architekt auf der Grundlage einer für ihn erkennbar fehlerhaften Statik plant und die Planung deshalb fehlerhaft wird.
VolltextIBRRS 2025, 0203
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.04.2023 - Verg 26/22
1. Die Feststellung, dass ein Preis ungewöhnlich niedrig ist, kann sich aus dem Preis- und Kostenabstand zu den Konkurrenzangeboten ergeben, aus Erfahrungswerten, die der öffentliche Auftraggeber beispielsweise aus vorangegangenen vergleichbaren Ausschreibungen gewonnen hat, oder aus dem Abstand zur Auftragswertschätzung.
2. Anerkannt sind Aufgreifschwellen, bei deren Erreichen eine Verpflichtung des Auftraggebers angenommen wird, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten. Diese Aufgreifschwelle ist nach der Rechtsprechung des Senats in der Regel erst bei einem Preisabstand von 20 Prozent zum nächsthöheren Angebot erreicht. Im Bereich zwischen 10 und 20 Prozent kann eine Nachforschung im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers stehen.
3. Die Entscheidung darüber, ob der Angebotspreis angemessen und der Bieter in der Lage ist, den Vertrag ordnungsgemäß durchzuführen, prognostiziert der öffentliche Auftraggeber aufgrund gesicherter tatsächlicher Erkenntnisse, wobei ihm ein dem Beurteilungsspielraum rechtsähnlicher und von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Wertungsspielraum zukommt.
4. Kann der öffentliche Auftraggeber die geringe Höhe des angebotenen Preises nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Dabei ist zu beachten, dass es Sache des Bieters ist, den Nachweis der Seriosität seines Angebots erbringen.
VolltextIBRRS 2024, 3673
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.11.2024 - 22 D 227/23
Auch für den Eigentümer eines "Naturhotels" ist - im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichts (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 26.07.2024 - 8 D 169/22 -, und vom 27.04.2023 - 8 D 368/21 -) - die bloße Hoffnung, dass im Umkreis seines Grundstücks dauerhaft keine Windenergieanlagen errichtet werden, die im Außenbereich gem. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässig sind und hier konkret zudem planerisch Vorrang genießen, und die dortige Landschaft insoweit künftig unverändert bleibt, rechtlich nicht geschützt.*)
VolltextIBRRS 2025, 0170
LG Landshut, Urteil vom 08.01.2025 - 15 S 339/23
1. Entsteht während der Mietzeit ein Mangel der Mietsache, schuldet der Vermieter dessen Beseitigung im Rahmen seiner Erfüllungspflicht unabhängig davon, ob die Mangelursache in seinem eigenen oder im Gefahrenbereich des Mieters zu suchen ist.
2. Die Pflicht des Vermieters zur Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands entfällt, soweit der Mieter den Mangel der Mietsache zu vertreten hat, also hierfür die Ursache gesetzt hat.
3. Eine schuldhafte Schimmelverursachung durch den Mieter kommt nur bei unzureichendem Heiz- und Lüftungsverhalten in Betracht, da der Mieter nur diese Parameter beeinflussen kann. Der Mieter muss allerdings grundsätzlich nicht wissen, in welchem Maß er heizen und lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden.
4. Sofern der Vermieter kein an die konkrete Nutzung angepasstes Lüftungskonzept zur Verfügung stellt, schuldet der Mieter im Rahmen seiner Obhutspflicht nur das, was im Rahmen der Verkehrssitte allgemein üblich ist.
5. Es ist grundsätzlich üblich, zweimal täglich für ca. 10 Minuten zu lüften und Feuchtespitzen gesondert abzuführen. Solche Feuchtespitzen sind zum Beispiel Duschen, Kochen, Wäschetrocknen und Ähnliches.
6. Mussten bisher aufgrund alter, undichter Fenster nur Feuchtespitzen durch Lüften abgeführt werden, genügt - nach Austausch der Fenster - der Hinweis des Vermieters, dass nun vermehrt und richtig gelüftet werden muss.
VolltextIBRRS 2024, 3526
AG Köln, Urteil vom 04.09.2024 - 206 C 17/23
1. Aufgrund der besonderen Gefahren von Schimmelpilz für die Rechtsgüter des Mieters und der weiteren Bewohner der Wohnung, insbesondere für ihre Gesundheit und ihr Eigentum, ist die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung bei Auftreten von Schimmel ohne Weiteres nicht unerheblich beeinträchtigt.
2. Der Vermieterseite obliegt der Beweis, dass der Schimmel nicht bauwerksbedingt ist, dass also aus technisch-handwerklicher Sicht auszuschließen ist, dass der Schimmel auf Mängel in der Bausubstanz zurückzuführen ist und dass die Wohnung durch zumutbares Nutzungsverhalten schimmelfrei gehalten werden kann. Erst wenn der Vermieter diesen Beweis geführt hat, muss die Mieterseite beweisen, dass der Schimmel nicht durch ein vertragswidriges Nutzungsverhalten entstanden ist.
3. Kann die Wohnung bei zumutbarem Nutzungsverhalten schimmelfrei gehalten werden, liegt kein Mangel vor.
4. Allein die psychische Gewissheit, dass es wieder zum Auftreten von Schimmel kommen werde, führt nicht zu einer Minderung der Gebrauchstauglichkeit der Wohnung.
VolltextIBRRS 2025, 0214
LSG Thüringen, Beschluss vom 28.10.2024 - L 1 JVEG 195/24
1. § 8a Abs. 3 JVEG i. V. m. § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO findet in gerichtskostenfreien Verfahren nach § 183 SGG keine Anwendung.*)
2. Für die Erstellung des Gutachtens ist nicht die individuelle Arbeitsweise des Sachverständigen und damit die tatsächlich aufgewandte Zeit maßgeblich, sondern gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG die für die Erstattung des Gutachtens erforderliche Zeit (vgl. BVerfG, IBR 2008, 186).*)
3. Welche Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG auf die Vergütung entfällt und gesondert zu ersetzen ist, bestimmt sich allein nach dem UStG. Ob die Vergütung für ein in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten mit dem 19%-igen Umsatzsteuersatz oder mit dem ab dem 01.07.2020 herabgesetzten Satz von 16% zu versteuern ist, hängt daher davon ab, wann es bei Gericht eingegangen ist.*)
4. Umsatzsteuer ist auch für Fremdleistungen zu erstatten ist, für die - wie bei Portokosten - selbst keine Umsatzsteuer zu zahlen ist.*)
VolltextIBRRS 2025, 0224
BGH, Urteil vom 11.11.2024 - AnwZ (Brfg) 17/23
Wer als Syndikusrechtsanwalt für einen Arbeitgeber zugelassen wurde, muss hinnehmen, dass er mit dessen Namen im bundeseinheitlichen Anwaltsverzeichnis genannt wird.
VolltextIBRRS 2025, 0225
OLG Koblenz, Beschluss vom 02.09.2024 - 3 W 322/24
§ 380 ZPO ist dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen einen ordnungsgemäß geladenen und im Termin nicht erschienenen Zeugen dann nicht in Betracht kommt, wenn das Ausbleiben des Zeugen sowohl für die Parteien als auch das Gericht keine nachteilige Wirkung hatte und sich die Vernehmung des Zeugen erübrigt (hier: durch den Abschluss eines Vergleichs).*)
VolltextOnline seit 24. Januar
IBRRS 2025, 0221BGH, Urteil vom 19.12.2024 - VII ZR 130/22
1. Der nach einer freien Kündigung des Bestellers bestehende Anspruch des Unternehmers gem. § 649 Satz 2 BGB a.F. (§ 648 Satz 2 BGB) ist ein einheitlicher Anspruch, der auf die Zahlung der vereinbarten Vergütung gerichtet ist.
2. Hat der Unternehmer vor der freien Kündigung bereits Leistungen erbracht und Voraus- oder Abschlagszahlungen erhalten, ist der Vergütungsanspruch mit der Schlussrechnung in der Weise zu ermitteln, dass von der Gesamtvergütung, die sich aus den Rechnungsposten für erbrachte und gegebenenfalls nicht erbrachte Leistungen ergibt, die Voraus- und Abschlagszahlungen abzuziehen sind.
3. Ein Vergütungsanspruch kann nur zuerkannt werden, wenn ein positiver Saldo zu Gunsten des Unternehmers verbleibt. Bei den dem Vergütungsanspruch zu Grunde liegenden Rechnungsposten für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen handelt es sich nicht um selbstständige Forderungen oder Forderungsteile, sondern nur um unselbstständige Aktivposten einer saldierten Abrechnung.
4. Eine Teilklage auf Vergütung gem. § 649 Satz 2 BGB a.F. ist unzulässig, wenn mit ihr nicht ein abgrenzbarer Teilbetrag aus dem Schlussrechnungssaldo, sondern lediglich einzelne unselbstständige Rechnungsposten geltend gemacht werden.*)
VolltextIBRRS 2025, 0183
OLG Dresden, Urteil vom 18.04.2023 - 14 U 1678/22
1. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck der Herstellung eines Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt.
2. Die Verletzung einer Bedenkenhinweispflicht wegen Mängeln der Vorleistung scheidet aus, wenn die Mängel für den Auftragnehmer nicht erkennbar waren.
3. Eine Mängelbeseitigungsaufforderung unter Fristsetzung ist entbehrlich, wenn sie bloße Förmelei wäre. Das ist anzunehmen, wenn der Auftragnehmer die Mängel - selbst noch im Prozess - nachhaltig bestreitet.
4. Der Auftraggeber kann Vorschuss nur für diejenigen Kosten verlangen, die dazu erforderlich sind, ein mangelfreies Werk entstehen zu lassen. Er kann die Mängelbeseitigungskosten für andere Maßnahmen nur ausnahmsweise abrechnen, wenn sich zwischenzeitlich infolge des Auftretens von Mängeln und der in diesem Zusammenhang gewonnenen Erkenntnisse herausstellt, dass eine andere Maßnahme zweckmäßiger ist, das mit dem Vertrag verfolgte Ziel zu erreichen.
5. Der Architekt ist zwar nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Er muss jedoch die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Es genügt nicht, vor Beginn der Arbeiten Anweisungen zu geben und dann das Ergebnis zu kontrollieren, denn der bauüberwachende Architekt schuldet keine Prüfung, sondern Überwachung.
6. Im Rahmen seiner Koordinierungspflicht hat ein Architekt das harmonische Zusammenwirken der verschiedenen Unternehmer und den zeitlich richtigen Ablauf der einzelnen Baumaßnahmen sicherzustellen.
VolltextIBRRS 2025, 0202
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2024 - Verg 35/23
1. Die Zuschlagskriterien spiegeln wider, wie der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten möchte, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet.
2. Der Auftraggeber verstößt gegen das Gebot, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, wenn er bezüglich eines Kriteriums vorsieht, dass der Bewerber mit dem besten Wertungsergebnis in diesem Kriterium 5 Punkte und der Bewerber mit dem schlechtesten Wertungsergebnis 0 Punkte erhält - unabhängig davon, welchen Punkteabstand sein Angebot zu dem am besten bewerteten Angebot hat.
3. Das gilt nicht nur dann, wenn zwei Angebote eingegangen sind, sondern auch, wenn das Bewertungssystem unabhängig von der Anzahl der eingegangenen Angebote die Bewertung des schlechtesten Angebots mit null Punkten vorsieht und diese Bewertung mit null Punkten unabhängig davon erfolgt, welchen Punkteabstand dieses Angebot zu den anderen Angeboten hat.
4. Auch Wertungssysteme, welche null Punkte für den schlechtesten Bieter in einem Wertungskriterium vorsehen, können eine transparente und wettbewerbskonforme Auftragsvergabe gewährleisten. Voraussetzung dafür ist aber, dass nicht das schlechteste Angebot völlig unabhängig von seinem Punkteabstand zu den anderen Angeboten mit null Punkten bewertet wird.
VolltextIBRRS 2025, 0088
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.10.2024 - 7 D 429/21
1. Eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms gehört auch unterhalb der Grenzwerte grundsätzlich zum Abwägungsmaterial und kann damit die Antragsbefugnis des Eigentümers eines außerhalb des Plangebiets gelegenen Grundstücks begründen.
2. Die in einem Bebauungsplan zu Lärmpegelbereichen getroffenen textlichen Festsetzungen in Kombination mit der zeichnerischen Darstellung der Lärmpegelbereiche sind jedenfalls dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie die Planbetroffenen im Unklaren lassen, in welchem Bereich der Sondergebiete SO 1 und SO 2 welcher Lärmpegelbereich maßgeblich ist und welche daran anknüpfenden Anforderungen an die Luftschalldämmung der Außenbauteile mithin zu beachten sind.
3. Die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans führt dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (hier verneint).
VolltextIBRRS 2025, 0210
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.01.2025 - 980b C 24/24 WEG
1. Auch nach Wegfall des sog. Neben- oder Betriebskostenprivilegs können die Wohnungseigentümer beschließen, für alle Eigentümer einen Sammelvertrag mit einem Kabel-Anbieter zu schließen, auch wenn vermietende Eigentümer diese Kosten nicht mehr auf ihre Mieter umlegen können und auch selbst davon nicht profitieren.
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Kostenbelastung sehr gering ist (hier: ca. 27 Euro/Jahr).
VolltextIBRRS 2025, 0209
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.01.2025 - 980b C 20/24 WEG
1. Jeder Beschluss muss inhaltlich bestimmt und klar sein und durchführungsfähigen Inhalt haben, damit er nach - positiver - Abstimmung auch in die Praxis umgesetzt werden kann; es dürfen keine Zweifelsfragen offen bleiben.
2. Diese Grundsätze gelten auch für einen sog. Grundbeschluss.
3. Die Fragen, ob die baulichen Veränderungen von der Gemeinschaft (Vornahme) oder von einzelnen Eigentümern (Gestattung) vorgenommen werden dürfen und welche Maßnahmen im Einzelnen in Betracht kommen, können zwar schon in dem Grundbeschluss geregelt werden; ihr Fehlen führt aber nicht zur Unbestimmtheit, sondern diese können im Rahmen des Ausführungsbeschlusses nachgeholt werden.
VolltextIBRRS 2025, 0186
OLG München, Beschluss vom 06.12.2024 - 11 W 1793/24
1. Auch wenn der Rechtspfleger grundsätzlich an die Kostengrundentscheidung gebunden ist, ist er gehalten, bei darin enthaltenen Unklarheiten eine Auslegung vorzunehmen.
2. Das Kostenfestsetzungsverfahren hat nur den Zweck, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern und ist deshalb auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände ausgelegt, nicht aber auf die Klärung komplizierter materiell-rechtlicher Fragen (hier: Abgeltung der Sachverständigenkosten durch einen Prozessvergleich).
3. Ergibt die Auslegung kein klares Ergebnis, geht das zulasten desjenigen, der die Glaubhaftmachungslast trägt.
4. Sachverständigenkosten sind mangels Prozessbezogenheit keine Kosten des Rechtsstreits, wenn die Heranziehung des Sachverständigen auf Streitvermeidung gerichtet war.
VolltextIBRRS 2025, 0147
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2024 - 5 S 673/24
1. Im Anwendungsbereich des § 70 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 3a VwVfG in der Fassung vom 21.06.2019 ist die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehene elektronische Einreichungsform kein Unterfall der Schriftform.*)
2. Ein nach diesen Vorschriften an das elektronische Behördenpostfach übermitteltes elektronisches Dokument, das nicht der dafür vorgesehenen elektronischen Form genügt, ist dort nur (formunwirksam) elektronisch und nicht zugleich "schriftlich" eingegangen. Ein ohne notwendige qualifizierte elektronische Signatur in elektronischer Form erhobener Widerspruch kann deshalb nicht nach den in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien als trotz fehlender eigenhändiger Unterschrift formwirksamer schriftlicher Widerspruch aufrechterhalten werden.*)
VolltextOnline seit 23. Januar
IBRRS 2025, 0185OLG München, Beschluss vom 08.12.2023 - 28 U 3311/23 Bau
1. Die Entwicklung von Vertragsentwürfen stellt eine Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes dar.
2. Die Erstellung eines Vertrags ist keine zulässige Nebentätigkeit. Die in der HOAI genannten Tätigkeiten umfassen nicht die Tätigkeit eines vertragsgestaltenden Juristen.
3. Im Wege der Auslegung ist zu klären, ob sich die Unwirksamkeit auf den gesamten Vertrag erstreckt (hier bejaht).
4. Bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche für erbrachte Planungs- oder Überwachungsleistungen scheiden aus, wenn der Vertrag nicht nur gesetzes-, sondern zugleich sittenwidrig ist (hier bejaht).
VolltextIBRRS 2025, 0159
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.12.2024 - 11 Verg 7/24
1. Gegen einen Zwischenbeschluss der Vergabekammer über einen Antrag auf Ablehnung eines Mitglieds der Vergabekammer wegen der Besorgnis der Befangenheit findet keine sofortige Beschwerde entsprechend § 46 Abs. 2 ZPO statt. Die Entscheidung kann allein im Rahmen einer Überprüfung der Hauptsacheentscheidung überprüft werden.*)
2. Ist der Ausgang des Nachprüfungsverfahrens zum Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens durch Aufhebung der zugrundeliegenden Ausschreibung offen, kann eine Kostenaufhebung der Billigkeit entsprechen.*)
VolltextIBRRS 2025, 0152
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.07.2024 - 8 A 10085/24
1. Die Festsetzungen eines Bebauungsplans sind als Ergebnis der bauleitplanerischen Abwägungsentscheidung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB nach den im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan geltenden Maßstäben zu beurteilen, § 214 Abs 3 BauGB. Eine nachträgliche Änderung der Rechtslage, hier: der mit Wirkung zum 29.07.2022 gesetzlich festgeschriebene Vorrang erneuerbarer Energien gemäß § 2 Satz 1 EEG, hat auf die einmal getroffene Abwägungsentscheidung des Satzungsgebers daher keinen Einfluss mehr.*)
2. Der in § 2 Satz 1 EEG vorgesehene Abwägungsvorrang erneuerbarer Energien kommt nur dann zum Tragen, wenn der Behörde ein Ermessensspielraum eröffnet ist. Bei der Entscheidung über eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB ist die Wertentscheidung des § 2 Abs. 1 EEG demnach ohne Belang, wenn der behördliche Ermessensspielraum aufgrund der Berührung der Planungsgrundzüge von vornherein nicht eröffnet ist.*)
VolltextIBRRS 2025, 0173
OLG Schleswig, Urteil vom 20.11.2024 - 12 U 64/20
1. Zu den Anforderungen an eine Saldoklage.
2. Ordnet der Vermieter Zahlungen bzw. Gutschriften nicht jeweils bestimmten Monaten zu, hat eine gesetzliche Verrechnung auf die ältesten Nebenkostenvorauszahlungsforderungen stattzufinden.
3. Bei dem Vortrag, Guthaben hätten nicht existiert, weil die Vorauszahlungen nicht geleistet worden seien, handelt es sich nicht um eine bloße Neuzuordnung von Zahlungen, sondern um die Behauptung, dass einzelne Positionen des Saldos nicht existent bzw. unrichtig seien. Dabei handelt es sich um neuen Vortrag, der in der Berufungsinstanz verspätet ist.
4. Fasst der Kläger mehrere Ansprüche in einer Klage zusammen, hat er dies auch differenziert zu begründen und dem jeweiligen Lebenssachverhalt zuzuordnen.
5. Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten Rückstand ist die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete, auch wenn diese gemindert ist.
6. Fällt der Entschuldigungsgrund nachträglich weg und leistet der Schuldner nicht, tritt insofern - auch ohne erneute Mahnung - Schuldnerverzug ein.
7. Wenn erst der vollständige Zahlungsausgleich des Rückstands das Kündigungsrecht beseitigt, kann es nicht treuwidrig sein, vorher zu kündigen, bloß weil eine Zahlung angekündigt wird.
8. Mit einer zeitweiligen Beeinträchtigung durch eine geänderte Verkehrsführung und innerstädtische Bauarbeiten muss, insbesondere bei einer Altstadt, wo durch die Enge der Straßen ohnehin eine angespannte Verkehrssituation besteht, gerechnet werden.
VolltextIBRRS 2025, 0032
AG München, Urteil vom 02.05.2024 - 1294 C 10399/24 WEG
1. Ein Wohnungseigentümer kann Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, die auf die Abwehr von Störungen des Sondernutzungsrechts gerichtet sind, weiterhin selbst geltend machen.
2. Dies gilt auch dann, wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum von den Störungen betroffen sein sollte.
3. Abwehransprüche gegen einen anderen Wohnungseigentümer können sich sowohl aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG als auch aus § 1004 BGB ergeben, wenn eine Verdunkelung der zu dem Sondereigentum gehörenden Räume oder Flächen durch den Gebrauch einer anderen Einheit oder durch eine von einem anderen Wohnungseigentümer herbeigeführte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums herbeigeführt wird.
4. Liegt durch das dauerhafte Aufstellen eines Paravents eine dauerhafte Veränderung vor, insofern als zuvor die Dachterrasse wesentlich heller war und nach dem Aufstellen des Paravents wesentlich dunkler ist, also eine Verdunkelung vorliegt, handelt es sich um eine bauliche Veränderung.
VolltextIBRRS 2025, 0192
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.09.2024 - 24 U 85/23
1. In einer Vergütungsvereinbarung muss eindeutig festgelegt werden, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber die vereinbarte Vergütung zahlen soll. Insbesondere muss geregelt werden, ob die Vergütungsvereinbarung nur für das derzeitige Mandat oder auch für zukünftige Mandate, insbesondere Weiterungen des bestehenden Mandates gelten soll. Fehlt eine solche Festlegung in der Vergütungsvereinbarung, gilt sie nur für das bei ihrem Abschluss bestehende Mandat.
2. In der Regel besteht keine zivilrechtliche Pflicht des Rechtsanwalts, den Mandanten ungefragt über die Kosten der Inanspruchnahme aufzuklären. Eine solche Hinweispflicht kann sich aus den Umständen des Einzelfalls nach Treu und Glauben ergeben (hier verneint).
3. Die berufsrechtliche Hinweispflicht des § 49b Abs. 5 BRAO entsteht erst dann, wenn sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Dabei muss nicht über die Höhe der sich aus dem Gegenstandswert ergebenden Gebühren aufgeklärt werden, vielmehr genügt allein der Hinweis, dass sich diese nach dem Gegenstandswert richten. Der Mandant muss den Rechtsanwalt aktiv dazu befragen, wenn für ihn Unklarheiten bestehen oder er weitere Auskünfte erhalten möchte
4. Im Übrigen muss ein Rechtsanwalt grundsätzlich ungefragt keine Hinweise zur Höhe des Gegenstandswerts, der sich daraus ergebenden Gebühren und infolgedessen auch nicht dazu machen, welche Abrechnungsweise für den Auftraggeber günstiger ist.
VolltextIBRRS 2025, 0073
OLG Dresden, Beschluss vom 14.11.2024 - 4 U 366/24
1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör kann nicht abgeleitet werden, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Entscheidungsgründen befassen muss.*)
2. Die inhaltliche Richtigkeit einer Entscheidung ist nicht Gegenstand einer Anhörungsrüge.*)
VolltextIBRRS 2025, 0125
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2024 - 4 W 64/24
1. Im Fall einer einseitigen Erledigungserklärung hält der Kläger nicht mehr an seinem ursprünglichen Rechtsschutzziel fest, sondern beantragt nunmehr festzustellen, dass die Klage im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen und erst durch dieses unzulässig oder unbegründet geworden ist.
2. Gegenstand des Rechtsstreits ist weiterhin die Frage, ob die Klageforderung ursprünglich bestand. Wird dies bejaht, benötigt der Beklagte die Aufrechnungsforderung, um die Klageforderung zum Erlöschen zu bringen. Verneint das Gericht die Wirksamkeit der Aufrechnung, wird damit festgestellt, dass die Gegenforderung dem Beklagten jedenfalls nicht im Verhältnis zum Kläger zusteht. Insoweit erwächst die Entscheidung des Gerichts auch in Rechtskraft mit der Folge der Rechtskrafterstreckung nach § 322 Abs. 2 ZPO.
VolltextOnline seit 22. Januar
IBRRS 2025, 0166KG, Beschluss vom 22.08.2023 - 27 U 40/23
1. Führt der Auftragnehmer eine technisch (zwingend) notwendige Zusatzleistung aus, ohne dass eine diesbezügliche Anordnung des Auftraggebers vorliegt, steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Aufwendungsersatz (§§ 677, 683 BGB) zu.
2. Setzt die mangelfreie Ausführung der Leistung eine entsprechende Zertifizierung des Auftragnehmers voraus, führt der Umstand, dass der Auftragnehmer nach der Abnahme seine Zertifizierung verliert nicht dazu, dass die Leistung mangelhaft ist.
3. Hat der Auftraggeber durch die Ausführung eigener Arbeiten Mängel an der Leistung des Auftragnehmer verursacht und nimmt er diesen auf Mängelbeseitigung in Anspruch, hat der Auftraggeber in Abgrenzung der von ihm verursachten Mängel darzulegen und zu beweisen, für welche konkreten Mängel der Auftragnehmer einstandspflichtig ist.
4. Ein Gehörsverstoß wegen Missachtung der richterlichen Hinweispflicht liegt nicht vor, wenn die betroffene Partei durch eingehenden und offenbar von ihr auch verstandenen Vortrag der Gegenseite zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war.
5. Ein über das beA eingereichtes elektronisches Dokument ist wirksam bei Gericht eingegangen, wenn es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist. Ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte, ist unerheblich.
VolltextIBRRS 2025, 0188
VGH Bayern, Beschluss vom 04.09.2024 - 22 ZB 22.2563
1. Die Beurteilung ausländischer Studienabschlüsse für eine Eintragung als Architekt liegt in der Verantwortung des Eintragungsausschusses.
2. Zur Einschätzung von Studienabschlüssen können Stellungnahmen der ZAB eingeholt werden, müssen jedoch eigenständig gewürdigt werden.
3. Im Verhältnis zum Eintragungsausschuss sind Mitarbeiter der Kammer als eigenständige Verwaltungsbehörde unabhängig.
VolltextIBRRS 2025, 0084
OLG Jena, Beschluss vom 07.05.2024 - Verg 3/24
1. Für den Lauf der Präklusionsfrist ist nicht auf einen möglicherweise zu erwartenden Verstoß gegen Vergabevorschriften abzustellen, sondern auf den bereits eingetretenen oder vollzogenen Verstoß. Ebenso wenig wie einen vorsorglichen Nachprüfungsantrag gibt es eine Obliegenheit zu einer vorsorglichen Rüge, die zur Verhinderung bevorstehender Vergabeverstöße anzubringen wäre.
2. Zwischenentscheidungen, die geeignet sind, mit Blick auf die Auftragschancen der Bewerber oder Bieter Rechtswirkungen zu entfalten, sind rügefähig. Lediglich vorbereitende Handlungen des Auftraggebers unterfallen nicht der Rügeobliegenheit (hier bejaht für ein "Anhörungsschreiben" wegen beabsichtigten Ausschlusses).
VolltextIBRRS 2025, 0191
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.01.2025 - 10 B 877/24
Ist (noch) kein erforderlicher zweiter Rettungsweg vorhanden und erfolgt dessen ungeachtet die Aufnahme der Wohnnutzung ohne Fertigstellungsanzeige bzw. ohne deren vorzeitige Gestattung, kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung untersagen und die sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung anordnen.
VolltextIBRRS 2025, 0006
OVG Thüringen, Urteil vom 29.02.2024 - 1 KO 587/19
1. Wird eine Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis tätig, ist sie grundsätzlich nicht befugt, einen ihren Ausgangsbescheid abändernden Widerspruchsbescheid anzufechten; etwas anderes gilt, wenn der Widerspruchsbescheid unmittelbar korrigierend in Rechte der Gemeinde, insbesondere die zum Selbstverwaltungsrecht gehörende Finanzhoheit eingreift.*)
2. Beschneidet die Widerspruchsbehörde die Gebührenforderung der Gemeinde aus Amtshandlungen des übertragenen Wirkungskreises, stehen der Gemeinde dagegen die allgemein gewährten Rechtsbehelfe zu.*)
3. Eine Bauantragstellung durch eine Thüringer Hochschule löst eine Gebührenpflicht der Hochschule aus.*)
VolltextIBRRS 2024, 3679
OLG Schleswig, Urteil vom 23.10.2024 - 12 U 8/23
1. Formularvertragliche Minderungsbeschränkungen in Geschäftsraummietverträgen, die den Mieter auf einen Rückzahlungsanspruch nach Maßgabe des § 812 BGB verweisen, halten einer AGB-rechtlichen Überprüfung stand, da sie den Mieter nicht unangemessen benachteiligen.
2. Dies ist auch dann der Fall, wenn sie mit der Einschränkung der Aufrechnung und Zurückbehaltung auf unbestrittene, entscheidungsreife oder rechtskräftig festgestellte Forderungen kombiniert werden.
3. Die Möglichkeit, ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben, kann im Gewerbemietvertrag formularmäßig ausgeschlossen werden. Der formularmäßige Ausschluss ist insofern, wie der Ausschluss der Minderung, zulässig, wenn hiervon unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Gegenforderungen ausgenommen sind.
4. Auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrags unterfällt einem solchen Zurückbehaltungsausschluss.
5. Eine Klausel, die die Aufrechnung mit unbestrittenen Forderungen nicht ausschließt, ist dahingehend auszulegen, dass sie auch die Aufrechnung mit im Streit stehenden entscheidungsreifen Forderungen zulässt.
6. Ist ein Mietobjekt aus Büro, Lagerhalle und Freifläche vermietet, so ist für die Frage, ob Feuchtigkeitserscheinungen im Gebäude erhebliche Mängel sind, allein auf die Beeinträchtigung des Mietgebrauchs am Gebäude abzustellen.
VolltextIBRRS 2025, 0172
AG Paderborn, Urteil vom 18.03.2024 - 51 C 135/23
Im Hinblick auf das Durchbohren der Wandfliesen - anders als bei der Anbringung von Dübellöchern im Allgemeinen - gilt, dass dies vom Vermieter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs nur dann hinzunehmen ist, wenn nicht die Platzierung des Bohrlochs in den Fliesenfugen möglich gewesen wäre, da dies mit der weit weniger beeinträchtigenden Einwirkung auf die Sachsubstanz der Mietwohnung einherginge.
VolltextIBRRS 2025, 0174
OLG Koblenz, Urteil vom 25.07.2024 - 2 U 462/23
1. Das "Wegerecht" umfasst als Oberbegriff das "Fahrrecht" und das "Gehrecht" als jeweils eigenständige - voneinander losgelöste - Rechte.
2. Ist im Grundbuch als Grunddienstbarkeit ein Fahrrecht eingetragen und spricht auch die Eintragungsbewilligung nur von einem Recht "zu fahren", schließt dies nicht die Befugnis zum Begehen des belasteten Grundstücks ein. Dies gilt selbst dann, wenn ein Begehen des dienenden Grundstücks durch den Voreigentümer des herrschenden Grundstücks in ständiger Übung geduldet wurde.
VolltextIBRRS 2025, 0194
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12.08.2024 - L 7 KO 8/21
Reine Rechtsfragen sind einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht zugänglich und ihre Beantwortung durch den Sachverständigen ist daher auch nicht vergütungsfähig. Die gerichtliche Einholung von Rechtsgutachten ist, soweit nicht die in § 293 ZPO geregelten Ausnahmefälle eingreifen, unzulässig.
VolltextIBRRS 2025, 0193
BGH, Beschluss vom 14.01.2025 - I ZR 92/24
1. Eine Anhörungsrüge muss Ausführungen dazu enthalten, aus welchen Umständen sich die entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Gericht ergeben soll. Wendet sich die Anhörungsrüge gegen die Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde, bedarf es dazu Ausführungen in Bezug auf die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision.
2. Die Anhörungsrüge ist insoweit nur zulässig, wenn die Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, das Verfahrensgrundrecht auf rechtliches Gehör neu und eigenständig verletzt. Sie muss sich damit auseinandersetzen und in diesem Zusammenhang die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG darlegen.
3. Die schlichte Behauptung einer Gehörsverletzung reicht nicht aus, sondern es ist erforderlich, dass die Umstände vorgetragen werden, aus denen sich ergibt, dass der Bundesgerichtshof bei seiner Entscheidung das Vorbringen des Beschwerdeführers übergangen haben muss.
VolltextIBRRS 2025, 0187
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.12.2024 - 13 S 1456/24
1. Über den Antrag eines Beteiligten auf Gestattung der Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung nach § 102a Abs. 2 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach nicht vorgeprägtem, pflichtgemäßem Ermessen. Bei der Ermessensentscheidung kann unter anderem die Eignung des Zuschaltorts berücksichtigt werden.*)
2. Videoverhandlungen mit dem Ausland berühren regelmäßig die territoriale Souveränität des ausländischen Staates und sind daher grundsätzlich nur im Weg der Rechtshilfe zulässig.*)
3. Der Einsatz von Videokonferenztechnik im gerichtlichen Verfahren dient nicht dazu, den Verfahrensbeteiligten eine größere Flexibilität für Urlaubsreisen zu ermöglichen.*)
VolltextOnline seit 21. Januar
IBRRS 2025, 0167KG, Urteil vom 04.05.2023 - 27 U 111/21
1. Mängelrechte können auch ohne Abnahme geltend gemacht werden, wenn das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Verlangt der Auftraggeber Vorschuss für die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen, kann ein Abrechnungsverhältnis nur dann angenommen werden, wenn er den (Nach-)Erfüllungsanspruch aus anderen Gründen nicht mehr mit Erfolg geltend machen kann.
2. Der Auftragnehmer hat vor der Abnahme die Mangelfreiheit seiner Leistungen zu beweisen. Das gilt auch dann, wenn der Auftraggeber die Mängel im Wege der Ersatzvornahme bereits hat beseitigen lassen.
3. Eine Beweisvereitelung, die Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast zur Folge haben kann, liegt vor, wenn der Auftraggeber dem beweispflichtigen Auftragnehmer die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht.
4. Einer Mängelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung bedarf es nicht, wenn sich der Auftragnehmer bei der Bauausführung als so unzuverlässig erwiesen und nachlässig verhalten hat, dass dem Auftraggeber die Vornahme der Mängelbeseitigung durch diesen Auftragnehmer nicht (mehr) zumutbar ist, wobei der Auftraggeber hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt.
5. Der Auftraggeber hat die Erforderlichkeit der Mängelbeseitigung und deren Kosten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, wobei an die Darlegung grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind. Es besteht keine Vermutung, dass sämtliche von einem Drittunternehmer im Zuge einer Mängelbeseitigungsmaßnahme durchgeführten Arbeiten ausschließlich der Mängelbeseitigung dienen.
6. Bei einem Anspruch auf Ersatz der Fertigstellungsmehrkosten nach einer Kündigung wegen Mängeln vor Abnahme ist für den Verjährungsbeginn der Kündigungszeitpunkt.