Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit 25. November
IBRRS 2024, 3413OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.08.2024 - Verg 6/24
1. Ist eine Fachlosbildung (hier: Fahrbahnrückhaltesystem, Verkehrssicherung und Weißmarkierung) möglich, weil für diese Leistungen ein eigener Markt besteht, kommt eine Gesamtvergabe nur ausnahmsweise in Betracht. Der gesetzliche Regelfall ist die losweise Vergabe, sie ist grundsätzlich vorrangig.
2. Der öffentliche Auftraggeber hat sich daher, wenn ihm eine Ausnahme von dem Grundsatz der losweisen Vergabe aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen erforderlich erscheint, mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegensprechenden Gründen intensiv auseinanderzusetzen. Er hat eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange vorzunehmen, als deren Ergebnis die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden Gründen nicht nur anerkennenswert sein, sondern überwiegen müssen.
3. Technische Gründe sind solche, die eine Integration aller Leistungsschritte in einer Hand zur Erreichung des vom Auftraggeber angestrebten Qualitätsniveaus notwendig machen (hier verneint).
4. Wirtschaftliche Gründe liegen vor, wenn eine Aufteilung in Lose mit wirtschaftlich nachteiligen Folgen für den Auftraggeber verbunden ist, die über das übliche in Kauf zu nehmende Maß hinausgehen (hier verneint).
5. Bei seiner Entscheidung hat der öffentliche Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum. Der Kontrolle durch die Nachprüfungsinstanzen unterliegt insofern allein, ob die Entscheidung auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Fehlbeurteilung, namentlich auf Willkür, beruht. Dabei müssen die für eine Gesamtlosvergabe angeführten Gründe auf den konkreten Auftrag bezogen und tatsächlich vorhanden (festzustellen und notfalls erwiesen) sein.
6. Eine nachträgliche Heilung von Dokumentationsmängeln ist nur dann möglich, wenn die Vergabestelle ihre Erwägungen im Laufe des Nachprüfungsverfahrens lediglich ergänzt und präzisiert.
IBRRS 2024, 3345
VGH Bayern, Beschluss vom 25.10.2024 - 15 ZB 24.1346
1. Ferienwohnungen erfüllen nicht den Begriff des Wohnens.
2. Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung gehören typischerweise zur Grundkonzeption eines Bebauungsplans und stellen dementsprechend einen Grundzug der Planung dar, zumal, wenn diese (wie hier) über eine Feinsteuerung noch zusätzlich ausgearbeitet sind.
VolltextIBRRS 2024, 3399
VG Schleswig, Beschluss vom 08.11.2024 - 2 B 34/24
1. Eine formell rechtwidrige Nutzung darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ganz ausnahmsweise dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist.
2. Zur Verhinderung einer Umgehung des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens kann bei einem Streit um die materielle Rechtmäßigkeit einer Nutzung eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit von vornherein nur in Betracht kommen, wenn bereits ein entsprechender Bauantrag gestellt worden ist.
VolltextIBRRS 2024, 3423
LG Mönchengladbach, Urteil vom 22.10.2024 - 4 S 95/23
Die Verwendung einer verbotswidrigen Preisanpassungsklausel betrifft selbst bei rechtskräftiger gerichtlicher Feststellung nur zukünftig fällig werdende Beträge und hat auf bereits fällige und rechtshängige Mietforderungen keine Auswirkungen. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Regelung zu § 8 PreisklG und der Gesetzesmaterialien ist für eine einschränkende Auslegung der Norm kein Raum.*)
VolltextIBRRS 2024, 3385
AG Bottrop, Urteil vom 23.09.2024 - 12 C 44/24
1. Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens liegt insbesondere dann vor, wenn eine Vertragspartei Straftaten begeht; hierunter fällt insbesondere der Straftatbestand der Bedrohung.
2. Hierbei muss die Straftat einen Bezug zum Mietverhältnis haben; der Bezug zum Mietverhältnis besteht nicht nur, wenn sich die Straftat gegen den Vertragspartner als Opfer richtet, sondern auch, wenn von ihr Dritte, dem Vertragspartner persönlich nahestehende Personen oder solche Personen betroffen sind, die Berührung mit der Vertragsdurchführung haben.
3. Droht der Mieter der Tochter des Vermieters, diese zu erschießen, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung.
4. Die fristlose Kündigung wäre auch gerechtfertigt, wenn es sich nicht um die Tochter des Vermieters, sondern "lediglich" um eine Mitmieterin handeln würde.
VolltextIBRRS 2024, 3421
OLG Köln, Beschluss vom 11.10.2024 - 19 Sch 19/23
1. Der Antrag auf auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens kann nur bis zur Bildung des Schiedsgerichts gestellt werden. Die Bildung setzt voraus, dass der oder die Schiedsrichter bzw. Schiedsrichterinnen die Annahme ihres Amts erklärt haben.
2. Eine Unwirksamkeit einer Schiedsklausel ist nur anzunehmen, wenn selbst eine weitgehende Auslegung keinen Schluss darüber zulässt, ob und auf welches Schiedsgericht sich die Parteien geeinigt haben. Haben die Parteien irrtümlich ein nicht existentes Schiedsgericht bestimmt oder gerät ein Schiedsgericht nachträglich in Wegfall, ist aber zu prüfen, ob die Schiedsklausel im Sinne der Zuständigkeit eines anderen Schiedsgerichts ergänzend ausgelegt werden kann (hier bejaht).
3. Die wirksame Einbeziehung einer Schiedsvereinbarung durch Bezugnahme gemäß § 1031 Abs. 3 ZPO setzt voraus, dass auf das Dokument, welches die Schiedsvereinbarung beinhaltet, so Bezug genommen wird, dass der Vertrag, der die Bezugnahme enthält, seinerseits dem Formerfordernis von § 1031 Abs. 1 bzw. Abs. 2 ZPO genügt.
4. Für und gegen Dritte entfaltet eine Schiedsvereinbarung nur ausnahmsweise dann rechtliche Wirkungen, soweit diese dritten Personen durch eine mit dem Vertragspartner geschlossene Vereinbarung verpflichtet oder berechtigt werden können. Neben der originären Bindung kann eine Einbeziehung Dritter in den Geltungsbereich einer Schiedsvereinbarung für den Fall eintreten, dass dieser Rechtsnachfolger einer Partei des Schiedsvertrages ist oder andere Gründe ausnahmsweise eine Bindung an den Vertrag rechtfertigen.
5. Eine Einbeziehung von Dritten in eine Schiedsvereinbarung ist auch dann möglich und zulässig, sofern die Einbeziehung nicht zu dessen Lasten, sondern ausschließlich zu dessen Gunsten etwa in der Weise erfolgt, dass die Gerichtspflichtigkeit des Dritten vor dem Schiedsgericht von seiner Mitwirkung und Zustimmung abhängig gemacht, es also ihm überlassen wird, ob der betreffende Streitfall durch ein Schiedsgericht oder ein ordentliches Gericht entschieden werden soll.
VolltextIBRRS 2024, 3411
OLG München, Beschluss vom 30.10.2024 - 11 W 1520/24
Wird eine ursprünglich ergangene Kostengrundentscheidung abgeändert, nach deren Vorgabe bereits ein Kostenfestsetzungsbeschluss ergangen ist, so ist bei Erlass des nunmehr gebotenen Festsetzungsbeschlusses in geeigneter Weise klarzustellen, ob und gegebenenfalls inwieweit der erste Kostenfestsetzungsbeschluss noch Gültigkeit hat bzw. vollstreckbar ist.*)
VolltextOnline seit 22. November
IBRRS 2024, 3383OLG Frankfurt, Urteil vom 16.09.2024 - 29 U 61/23
1. Der bauüberwachende Architekt hat dafür zu sorgen, dass das Bauwerk plangerecht und frei von Mängeln entsteht und zur Vollendung kommt. Er schuldet als werkvertraglichen Erfolg eine mangelfreie Überwachung der Bauleistung, nicht aber unmittelbar die Mangelfreiheit der Bauleistung selbst.
2. Um den geschuldeten Werkerfolg zu erreichen, ist der bauüberwachende Architekt verpflichtet, die auszuführenden Arbeiten der Unternehmen in angemessener und zumutbarer Weise zu überwachen und sich durch Kontrollen zu vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Der Architekt ist nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. In der Regel ist aber die Einweisung bei Beginn der Arbeiten, die Durchführung von stichprobenhaften Überprüfungen an Ort und Stelle und die Endkontrolle notwendig.
3. Der Architekt verletzt seine Überwachungspflichten, wenn er nicht erkennt, dass die erforderliche Grundierung des Bodens vor Aufbau eines Teppichbodens unterblieben ist. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass der bauausführende Unternehmer entsprechend dem Leistungsverzeichnis die Verlegung nach den Herstellerrichtlinien vorgenommen hat.
4. Bei der Verlegung von 3.000 qm Teppichboden handelt es sich schon wegen des reinen Umfangs und des damit einhergehenden großen Schadenspotenzials nicht um eine handwerkliche Selbstverständlichkeit, sondern um eine besonders überwachungspflichtige Arbeit, bei der sich der objektüberwachende Architekt nicht auf eine Endkontrolle beschränken kann, sondern jedenfalls stichprobenartige Prüfungen vornehmen muss.
5. Bei dem gegen den Architekten gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Mängeln des Bauwerks, die auf seine Planungs- oder Überwachungsfehler zurückzuführen sind, handelt es sich der Sache nach um einen Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, denn die Mängel des Bauwerks können, wenn sie bereits eingetreten sind, nicht durch Nacherfüllung der Architektenleistung noch beseitigt werden. Die Bauwerksschäden sind als Folgeschäden anzusehen und ohne Fristsetzung zur Nacherfüllung erstattungsfähig.*)
6. Dieser Vorschussanspruch ist auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet, auch wenn die Auftraggeberin bisher nur plant, den Werkmangel beseitigen zu lassen und nicht bereits mit einer Verbindlichkeit belastet ist, von der sie Freistellung verlangen könnte.*)
7. Von einer bisher nicht erfolgten Mängelbeseitigung kann nicht auf eine fehlende Mängelbeseitigungsabsicht geschlossen werden. Die Auftraggeberin ist berechtigt, das mangelhafte Werk zu nutzen und mit der Mängelbeseitigung bis zur Zahlung des zweckgebundenen Vorschusses zu warten, selbst wenn sie finanziell zur Tragung der Mängelbeseitigungskosten in der Lage wäre.*)
VolltextIBRRS 2024, 3391
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.05.2023 - Verg 45/22
1. Für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter des angesprochenen Personenkreises ist bei Anwendung der üblichen Sorgfalt und üblichen Kenntnis bei laienhafter rechtlicher Bewertung nicht feststellbar, ob die Fristverlängerung nach Ablauf der Angebotsfrist auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet. Vertiefte rechtliche Kenntnisse, die es erlauben, die Vergaberechtskonformität einer Wiedereröffnung der Angebotsphase - einschließlich einer Differenzierung zwischen wirksamer und rechtmäßiger Wiedereröffnung - zu beurteilen, können von einem durchschnittlichen Bieter nicht erwartet werden.
2. Die erst nach Ablauf der ursprünglichen Angebotsfrist mitgeteilte Fristverlängerung stellt vergaberechtlich eine Wiedereröffnung der Angebotsfrist in Form einer Teilrückversetzung des Vergabeverfahrens (horizontale Teilaufhebung) dar.
3. Ein öffentlicher Auftraggeber kann grundsätzlich nicht verpflichtet werden, einen Auftrag auf der Grundlage einer Ausschreibung zu erteilen, die er als fehlerhaft erkannt hat. Eine bereits erfolgte Submission schließt eine solche Fehlerkorrektur nicht aus.
4. Notwendige Voraussetzung für eine vollständige oder auch nur teilweise Aufhebung einer Ausschreibung ist lediglich, dass der öffentliche Auftraggeber für seine (Teil-) Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung einzelner Bieter ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder nur zum Schein erfolgt.
5. Gleiches gilt für die Aufhebung einzelner Verfahrensabschnitte des Vergabeverfahrens (horizontale Teilaufhebung), durch die das Vergabeverfahren in einen bestimmten Verfahrensstand zurückversetzt wird.
VolltextIBRRS 2024, 3353
VGH Bayern, Beschluss vom 16.10.2024 - 15 ZB 24.1414
1. Die Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften nach erfordert das Vorliegen einer atypischen Situation. Dabei ist auf die topographische Situation und die Lage des Baugrundstücks abzustellen. Eine Alternativenprüfung findet im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht statt.
2. Ein Abwehranspruch unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots kann allenfalls dann gegeben sein, wenn eine vom Nachbarn behauptete Wertminderung die Folge einer Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks ist (hier verneint).
VolltextIBRRS 2024, 3367
LG Neuruppin, Urteil vom 30.10.2024 - 4 S 30/24
1. Die formularmäßig vereinbarte Schönheitsreparaturenklausel mit dem Wortlaut "Die Schönheitsreparaturen sind fachgerecht auszuführen und umfassen das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen." regelt nicht hinreichend deutlich, dass das Streichen der Fenster nur von innen geschuldet wird, und führt daher zur Unwirksamkeit der Klausel (so auch AG Charlottenburg, IMR 2024, 98, und AG Hamburg, IMR 2023, 182).
2. Eine formularmäßige Quotenabgeltungsklausel in einem Wohnraummietvertrag benachteiligt den Mieter unangemessen und ist daher unwirksam, weil sie von dem Mieter bei Vertragsabschluss verlangt, zur Ermittlung der auf ihn bei Vertragsbeendigung zukommenden Kostenbelastung mehrere hypothetische Betrachtungen anzustellen, die eine sichere Einschätzung der tatsächlichen Kostenbelastung nicht zulassen (vgl. BGH, IMR 2024, 185).
3. Zur Beseitigung der von ihm zu vertretenden Schäden an der Mietsache ist der Mieter auch ohne vertragliche Übertragung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen heranzuziehen.
4. Selbst übermäßiges Rauchen kann als vertragsgemäß angesehen werden, jedoch nur solange sich die Spuren durch (einfache) Schönheitsreparaturen beseitigen lassen.
5. Das Rauchen in einer Mietwohnung geht jedoch über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus und begründet eine Schadensersatzpflicht des Mieters, wenn dadurch Verschlechterungen der Wohnung verursacht werden, die sich nicht mehr durch Schönheitsreparaturen beseitigen lassen, sondern darüberhinausgehende Instandsetzungsarbeiten erfordern.
6. Dies ist zu bejahen, wenn der Putz an den Wänden teilweise erneuert werden muss.
7. Der Mieter schuldet Ersatz des Mietausfalls bis zum zügigen Abschluss der Renovierung.
VolltextIBRRS 2024, 3398
VGH Bayern, Beschluss vom 28.10.2024 - 6 ZB 24.1040
1. Erschlossen ist ein Grundstück, wenn ihm die Anlage in erschließungsbeitragsrechtlicher Weise, d.h. in einer auf die bauliche oder vergleichbare Nutzbarkeit der Grundstücke gerichtete Funktion die Zugänglichkeit vermittelt.
2. Die Frage des Erschlossenseins eines Grundstücks hängt in erster Linie davon ab, welche Anforderungen an die Form der Erreichbarkeit zu stellen sind. Dies wird wesentlich vom Bebauungsrecht bestimmt. Fehlen besondere planerische Festsetzungen richten sich die bebauungsrechtlichen Erreichbarkeitsanforderungen für Grundstücke in beplanten wie unbeplanten Gebieten im Grundsatz nach dem jeweiligen (festgesetzten oder faktischen) Gebietscharakter.
VolltextIBRRS 2024, 3410
OLG Schleswig, Beschluss vom 10.10.2024 - 7 U 64/24
1. Ein Rechtsanwalt darf die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft übertragen. Macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, hat er durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden.
2. Hierzu gehört die allgemeine Anordnung, bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine grundsätzlich etwa einwöchige Vorfrist zu notieren.
VolltextIBRRS 2024, 3416
BGH, Beschluss vom 23.10.2024 - XII ZB 411/23
1. Ein von einem Rechtsanwalt mit einfacher Signatur versehener und über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichter Antrag auf Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist erfüllt auch dann die nach § 130d Satz 1 ZPO erforderliche elektronische Form, wenn er beim unzuständigen Ausgangsgericht eingegangen ist. Für die fristwahrende Wirkung kommt es hingegen darauf an, wann das Dokument beim zuständigen Gericht eingegangen ist.*)
2. Die postalische Weiterleitung eines beim unzuständigen Gericht ordnungsgemäß in elektronischer Form eingereichten Fristverlängerungsantrags führt nicht zur Formunwirksamkeit des Antrags.*)
VolltextOnline seit 21. November
IBRRS 2024, 3342OLG Frankfurt, Urteil vom 25.09.2024 - 16 U 46/24
1. Die Frage, ob sich aus einem Rahmenvertrag eine Verpflichtung des Bestellers zur Erteilung von Einzelaufträgen gegenüber dem Unternehmer ergibt, beurteilt sich nach den im Rahmenvertrag dazu getroffenen Regelungen.
2. Enthält der Rahmenvertrag eine ausdrückliche Regelung, wonach eine Verpflichtung zur Erteilung von Einzelaufträgen für den Besteller nicht besteht, ist für eine Auslegung kein Raum.
VolltextIBRRS 2024, 3390
VK Nordbayern, Beschluss vom 11.09.2024 - RMF-SG21-3194-9-18
1. Aus dem Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot resultiert grundsätzlich die Verpflichtung, Antworten auf Bieterfragen allen Bietern zur Verfügung zu stellen.
2. Mitteilungsbedürftig sind damit insbesondere Bieterfragen, die zu einer Änderung der Vergabeunterlagen führen oder solche Antworten, die Auswirkungen auf die Kalkulation der Angebote haben. Das Absehen von der Übermittlung der Antworten an die anderen Bieter stellt vor dem Hintergrund des vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Ausnahme dar, die nur unter bestimmten Umständen angenommen werden kann.
3. Die ausschließlich private Beantwortung der Fragen des rügenden Bieters verletzt diesen in seinen Rechten, da es ist nicht auszuschließen ist, dass die anderen Bieter bei Erhalt dieser Informationen ihre Angebote so verändert hätten, dass sich dies zugunsten des rügenden Bieters ausgewirkt hätte.
4. Eine ursprünglich eindeutige Leistungsbeschreibung kann nachträglich intransparent werden, wenn die Antworten auf gestellte Bieterfragen der Leistungsbeschreibung widersprechen.
VolltextIBRRS 2024, 3352
VGH Bayern, Beschluss vom 21.10.2024 - 1 CS 24.1297
1. Es entspricht regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet. Sie darf aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Dies ist nur der Fall, wenn ohne ins Einzelne gehende Prüfung beurteilt werden kann, ob die geänderte Nutzung zulässig ist. Die baurechtliche Prüfung in einem Genehmigungsverfahren ist grundsätzlich nicht vorwegzunehmen.
2. Die Nutzungsuntersagungsverfügung beinhaltet nicht nur das Gebot, die beanstandete Nutzung (einmalig) einzustellen, sondern auch das Verbot, auf Dauer dieselbe oder eine vergleichbare Nutzung dort wieder aufzunehmen. Es handelt sich um einen Dauerverwaltungsakt, maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Überprüfung ist die gerichtliche Entscheidung.
3. Auch die Einzelfallprüfung des dem Handwerksbetriebs innewohnenden Störpotentials ist auf das Ausmaß der typischerweise bei einer solchen Betriebsform auftretenden Störungen auszurichten. Nicht entscheidend ist, ob mit der konkreten Nutzung die immissionsschutzrechtlich vorgegebenen Lärmwerte eingehalten werden können.
VolltextIBRRS 2024, 3293
LG Berlin II, Urteil vom 22.10.2024 - 65 S 139/24
1. Ist ein Mieter zur Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten verpflichtet, heißt das nicht, dass er die Wohnung auf bloßes Verlangen des Vermieters während der Bauarbeiten räumen muss. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um einen alten, gebrechlichen Mieter handelt.
2. Die Rücksichtnahmepflicht des Vermieters auf die besonderen Bedürfnisse des Mieters besteht unabhängig davon, ob der Mieter fristgerecht einen Härteeinwand geltend gemacht hat.
VolltextIBRRS 2024, 3388
OLG Naumburg, Urteil vom 06.11.2023 - 12 U 84/23
Durch die Angabe der tatsächlichen Mieterträge in einer dem Kaufvertrag als Anlage beigefügten Mieterliste kann eine konkludente Vereinbarung insofern liegen, als die Vermietbarkeit einer bestimmten Anzahl von Wohneinheiten als Beschaffenheit vereinbart ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 3412
OLG München, Urteil vom 11.11.2024 - 19 U 200/24
1. Textnachrichten oder Attachments in Gestalt von Textverarbeitungs- oder PDF-Dateien oder ausreichend guter Fotos per WhatsApp wahren bei rechtsgeschäftlich vereinbarter Schriftform die Voraussetzungen des § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies gilt nicht bei WhatsApp-Sprachnachrichten oder Video- oder Audio-Attachments.*)
2. Eine Willenserklärung kann auch mittels Zeichen kundgetan werden, d.h. auch durch digitale Piktogramme - wie Emojis. Ob der Verwender von Emojis einen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck bringen oder lediglich seine Stimmungs- oder Gefühlslage mitteilen möchte, ist eine Frage der Auslegung.*)
3. Faktoren wie Nationalität und Muttersprache, kultureller Hintergrund sowie Alter, Geschlecht oder Persönlichkeitsstruktur können sowohl die Nutzung als auch das Verständnis von Emojis beeinflussen.*)
4. Emojis bergen die Gefahr von Missverständnissen und Fehlschlüssen, weil die konkret verwendeten Symbole möglicherweise auf einem spezifischen "Emoji-Soziolekt" beruhen, der bloß innerhalb einer bestimmten Gruppe existiert.*)
5. Zu Bestimmung des Bedeutungsgehalts von Emojis kann der Rechtsanwender gegebenenfalls Emoji-Lexika zurate ziehen. Hinweise auf das Verständnis eines Emojis können auch aus dem Begleittext folgen.*)
IBRRS 2024, 2969
BGH, Beschluss vom 04.09.2024 - IV ZB 31/23
1. Bei Einreichung einer Berufung in Schriftform hat der Rechtsanwalt zur vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung mittels beA vorzutragen und diese glaubhaft zu machen.
2. Die Übersendung einer Berufungsschrift mit lediglich einer einfachen Signatur des Prozessbevollmächtigen über das beA eines anderen Rechtsanwalts stellt keine wirksame Einlegung des Rechtsmittels dar.
3. Der Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts über gesetzliche Erfordernisse ist regelmäßig nicht unverschuldet. Ein Rechtsanwalt muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der Verfahrensbevollmächtigte die volle von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen.
4. Selbst wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen. Von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert. Dazu besteht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt. Ein Rechtsirrtum ist nur ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen, wenn er auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war.
VolltextIBRRS 2024, 3396
OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.09.2024 - 1 W 49/24
1. Wie für jedes Rechtsmittel bedarf es auch für die Beschwerde gegen eine zu niedrige Streitwertfestsetzung des Vorliegens einer Beschwer.
2. Eine zu geringe Streitwertfestsetzung führt lediglich dazu, dass der Kläger einen geringeren Gerichtskostenvorschuss zu entrichten hat. Darin liegt keine Beschwer.
VolltextOnline seit 20. November
IBRRS 2024, 3221OLG Koblenz, Urteil vom 10.10.2024 - 2 U 41/24
In einem Bauvertrag mit einem Verbraucher-Bauherrn sind folgende Klauseln unwirksam:
1. "Die Nacherfüllung ist fehlgeschlagen, wenn der Mangel auch nach dem zweiten Nacherfüllungsversuch noch nicht beseitigt ist."
2. "Die Gewährleistungsansprüche sind auf das Recht der Nacherfüllung beschränkt, wobei dem Bauherrn ausdrücklich das Recht vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nacherfüllung Herabsetzung der Vergütung zu verlangen. (...) Soweit Gegenstand der Gewährleistung aber eine Bauleistung ist, steht dem Bauherrn bei Fehlschlagen der Nacherfüllung nur ein Anspruch auf Herabsetzung der Vergütung zu."
IBRRS 2024, 3373
LG Darmstadt, Urteil vom 08.11.2024 - 19 O 73/24
Wird die Kapazität eines Energiespeichers per Fernwartung auf 70% der Maximalkapazität heruntergefahren, liegt darin ein Mangel der Werkleistung bzw. Sache.*)
VolltextIBRRS 2024, 3376
VK Bund, Beschluss vom 29.05.2024 - VK 1-42/24
1. Solange nicht rechts- oder bestandskräftig festgestellt wurde oder unstreitig ist, dass ein Bieter wesentliche Anforderung eines Auftrags fortdauernd mangelhaft erfüllt hat, kann dem Bieter regelmäßig nicht vorgeworfen werden, dass für ihn seine eigene Beurteilung der Sachlage maßgeblich bleibt, so dass er keine positive Kenntnis über eigene Schlechtleistungen hat.
2. Auch wenn der Auftraggeber Kenntnis von Schlechtleistungen eines Bieters in früheren Reinigungsaufträgen für andere Auftraggeber hat, kann sich dafür entscheiden, den Bieter nicht vom Vergabeverfahren auszuschließen.
3. Ein Bieter muss nicht deshalb vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, weil er keine Selbstreinigungsmaßnahmen i. S. des § 125 GWB nachgewiesen hat.
VolltextIBRRS 2024, 3344
VGH Bayern, Beschluss vom 29.10.2024 - 1 ZB 23.1194
1. Soweit Anlagen nicht genehmigungsbedürftig sind und auch nicht (bestandskräftig) genehmigt wurden, widersprechen sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei "bloßer" materieller Illegalität.
2. Entsprechend den für Bebauungspläne entwickelten allgemeinen Grundsätzen können Darstellungen eines Flächennutzungsplans wegen veränderter tatsächlicher Verhältnisse ebenfalls funktionslos werden. Dies gilt dann, wenn die (tatsächliche) Entwicklung des Baugeschehens den Darstellungen des Flächennutzungsplans in einem sowohl qualitativ wie quantitativ so erheblichen Maß zuwiderläuft, dass die Verwirklichung der ihnen zu Grunde liegenden Planungsabsichten entscheidend beeinträchtigt ist.
VolltextIBRRS 2024, 3339
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.07.2024 - 8 S 1529/22
1. Weder § 9 Abs. 3 Satz 2 BauGB noch § 16 Abs. 5 BauNVO, wonach in einem Bebauungsplan für (sonstige) Teile baulicher Anlagen gesonderte bzw. unterschiedliche Festsetzungen getroffen werden können, ermöglicht die Festsetzung für (prozentuale) Anteile (im Anschluss an BVerwG, IBR 1991, 338).*)
2. Zu im Bebauungsplan unzulässigen unmittelbaren Regelungen der Zulässigkeit von Gebäudeteilen, die das festgesetzte Maß der baulichen Nutzung oder die festgesetzte überbaubare Grundstücksfläche überschreiten, und zu zulässigen unterschiedlichen Festsetzungen für solche Gebäudeteile.*)
VolltextIBRRS 2024, 3288
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 15.02.2024 - 122 C 9/23
Für eine ordentliche Kündigung reicht bereits ein geringerer Rückstand, als er für eine außerordentliche fristlose Kündigung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB erforderlich ist. Es genügt ein Rückstand von mehr als einer Monatsmiete und eine Verzugsdauer von mindestens einem Monat.
VolltextIBRRS 2024, 3290
KG, Urteil vom 01.02.2024 - 12 U 113/22
1. Die Annahme eines Wohnraummietverhältnisses setzt voraus, dass die Nutzungsüberlassungspflicht des Vermieters sich (auch) auf Räumlichkeiten bezieht, die die Anforderungen an "Wohnraum" erfüllen, mithin ein von Boden, Wänden und Dach umschlossenes Bauwerk oder ein entsprechender Teil davon.
2. Daran fehlt es, wenn sich die Nutzungsüberlassungspflicht des Verpächters nicht auf eine auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlage (hier in Gestalt einer Wohnlaube), sondern nur auf das Grundstück selbst bezieht.
3. Zur Frage, ob Mieterschutzvorschriften für Wohnraummietverhältnisse (entsprechende) Anwendung finden, wenn der Pächter eines Grundstücks darauf ein Gebäude errichtet und bewohnt, das als Scheinbestandteil des Grundstücks in seinem Eigentum steht.
4. Der Umstand, dass der Pächter das Grundstück seit über 50 Jahren bewohnt und dass dieses sich in einer mit Einfamilienhäusern bebauten Wohnsiedlung befindet, lassen keinen Rückschluss darauf zu, dass nach dem bei Vertragsschluss übereinstimmendem Willen der Parteien die Frage der Beendigungsmöglichkeiten der Gebrauchsüberlassung anderen als den im schriftlichen Pachtvertrag niedergelegten Regelungen unterliegen sollte.
VolltextIBRRS 2024, 3281
OLG München, Beschluss vom 02.02.2024 - 27 U 3563/23 Bau
1. "Freistellung" bedeutet eine Handlung, durch die der Anspruchsgegner eine Schuld des Anspruchstellers zum Erlöschen bringt.
2. Die Feststellung der Verpflichtung zur Freistellung kann auch bei noch offenen Schäden und erst drohender Inanspruchnahme begehrt werden.
3. Eine Partei genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der anderen Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen.
4. In der Berufungsinstanz neu sind alle Verteidigungsmittel, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz nicht vorgebracht worden sind. Neues Vorbringen liegt auch vor, wenn es im ersten Rechtszug nur angedeutet worden war und erst im Berufungsrechtszug substantiiert wurde.
5. Ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen ist dann nicht neu, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus erster Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird, was nicht nur für schlüssiges Vorbringen der darlegungs- und beweisbelasteten Partei, sondern ebenso für erhebliches Vorbringen des Gegners gilt.
VolltextOnline seit 19. November
IBRRS 2024, 3360OLG Frankfurt, Urteil vom 11.05.2023 - 22 U 19/22
1. Allein in der Veräußerung des Objekts ist bei verständiger Würdigung aus der Sicht objektiver Personen in der Position der Vertragsparteien (hier) keine Kündigungserklärung zu sehen.
2. Die Kündigung eines nach dem 31.12.2017 geschlossenen Architektenvertrags bedarf der Schriftform. Eine formwidrige Kündigung ist dann folgenlos, wenn die andere Partei die Kündigung hinnimmt. Es ist dann in der Regel eine stillschweigende Vertragsaufhebung anzunehmen.
3. Voraussetzung für die Fälligkeit der Honorarforderung des Architekten ist auch nach der Kündigung eines Vertrags die Abnahme und die Übermittlung einer prüfbaren Schlussrechnung. Im Fall der Kündigung des Architektenvertrags durch den Auftraggeber hat der Architekt im Einzelnen darzulegen, wie sich der Honoraranspruch zusammensetzt. Dabei hat er die erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen im Einzelnen vorzutragen, voneinander abzugrenzen und die entsprechenden Honorarteile - gegebenenfalls im Wege der prozentualen Schätzung - zuzuordnen.
4. Welche ersparten Aufwendungen und welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen lässt, hat der Architekt vorzutragen und zu beziffern. Trägt er nur einen bestimmten Prozentsatz vor, so genügt das nicht, weil nicht ersichtlich ist, wie er für den konkreten Vertrag gerade zu diesem Prozentsatz gekommen ist und ob er vom richtigen Begriff der Ersparnisse und der anderweitigen Verwendung seiner Arbeitskraft bzw. des böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerbs ausgegangen ist.
5. Von der Objektüberwachung ist die Tätigkeit des Architekten als verantwortlicher Bauleiter nach den Landesbauordnungen zu unterscheiden. Der Bauleiter ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis dafür zuständig, zu überwachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, während der Objektüberwacher eine Ausführung des Objekts gemäß der vertraglichen zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Bauherrn schuldet.
VolltextIBRRS 2024, 3364
VK Bund, Beschluss vom 23.07.2024 - VK 1-64/24
1. Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Der Auftraggeber kann insoweit auch Mindestanforderungen festlegen.
2. Als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers kann der öffentliche Auftraggeber Angaben über die Ausführung von Leistungen in den letzten bis zu fünf abgeschlossenen Kalenderjahren, die mit der zu vergebenden Leistung vergleichbar sind, verlangen.
3. Der öffentliche Auftraggeber kann einen Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, die mit dem Angebot vorzulegen waren, nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, es sei denn, er hat eine Nachforderung ganz oder teilweise ausgeschlossen.
4. Unternehmensbezogene Unterlagen wie Referenzen "fehlen", wenn sie (körperlich) nicht im Angebot enthalten sind, nicht rechtzeitig vorgelegt wurden oder in formaler Hinsicht mangelhaft sind.
5. Ein inhaltlicher Mangel der Referenzen stellt kein physisches Fehlen von Unterlagen dar.
IBRRS 2024, 3338
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.05.2024 - 10 D 236/21
1. Ein ordnungsgemäßer Aufstellungsbeschluss stellt keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den späteren Bebauungsplan dar.*)
2. Da ein alter Bebauungsplan seine frühere rechtliche Wirkung ohne weiteren Rechtsakt automatisch verliert, wenn die Gemeinde diesen durch einen neuen rechtswirksam ersetzt, bedarf es insofern keines besonderen Hinweises der Gemeinde.*)
3.Das Planungsermessen der Gemeinde erstreckt sich auch auf die räumliche Festlegung des Geltungsbereichs des Bebauungsplans.*)
VolltextIBRRS 2024, 3341
VGH Bayern, Beschluss vom 14.10.2024 - 13a ZB 24.1052
Ein zivilgerichtliches Urteil, mit dem ein Grundstückseigentümer gem. § 919 Abs. 1 BGB zur Zustimmung zu einer Abmarkung entlang einer konkret bezeichneten Grenze verurteilt wird, enthält keine Festlegung eines Grenzverlaufs i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AbmG.*)
VolltextIBRRS 2024, 3370
OLG Schleswig, Urteil vom 25.09.2024 - 12 U 74/23
1. Nutzt der Mieter Außengastronomieflächen außerhalb der vereinbarten Fläche und außerhalb der durch die Baugenehmigung genehmigten Flächen, so kann der Vermieter nach entsprechender Abmahnung kündigen.
2. Baut der Miete eine nicht ausreichend dimensionierte Fettabluftanlage ein, kann der Vermieter ebenfalls nach vorheriger Abmahnung fristlos kündigen.
3. Auch eine fehlende, aber erforderliche Haftpflichtversicherung berechtigt den Vermieter nach vorheriger Abmahnung zur fristlosen Kündigung.
VolltextIBRRS 2024, 3380
OLG Frankfurt, Urteil vom 16.08.2024 - 19 U 67/23
Errichtet ein Grundstückseigentümer im Traufbereich zweier auf dem Nachbargrundstück vor 90 Jahren ohne Einhaltung des Grenzabstands gepflanzter Eichen einen offenen Pool, kann er keine Kostenbeteiligung des Nachbarn (Laubrente) hinsichtlich des erhöhten Reinigungsaufwands verlangen.
VolltextIBRRS 2024, 3372
OLG Frankfurt, Urteil vom 15.05.2024 - 5 U 133/22
1. Werden Urkunden entgegen § 593 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt, ist auf Rüge des Prozessgegners zu vertagen und nicht die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abzuweisen.*)
2. Ein Vertrag zur Implementierung eines auf Standardsoftware basierenden Enterprise-Resource-Planning-Systems ist regelmäßig ein gemischter Vertrag, der werk- und dienstvertragliche Elemente aufweist.*)
VolltextIBRRS 2024, 3340
OLG Schleswig, Beschluss vom 04.10.2024 - 7 W 15/24
1. Beschlüsse des erstinstanzlichen Gerichts während des laufenden Verfahrens über eine Rubrumsberichtigung sind mit der sofortigen Beschwerde nicht anfechtbar.*)
2. Eine Rubrumsberichtigung vor Urteilserlass in Beschlussform ist im Gesetz nicht vorgesehenen. Insoweit handelt es sich nur um eine prozessleitende Verfügung, die jederzeit abgeändert werden kann.*)
3. Wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die grundsätzlich auslegungsfähig ist.*)
4. Die Zuordnung zur richtigen Prozesspartei (hier der gegnerischen Haftpflichtversicherung) kann schon aufgrund einer Schadennummer zweifelsfrei gegeben sein. Bei einer Schadenaußenstelle handelt es sich nicht um eine eigenständige juristische Person.*)
5. Die Rüge der fehlenden Passivlegitimation durch einen Versicherungskonzern kann treuwidrig sein. Eine Versicherung, die ihre einzelnen Sparten als selbständige juristische Personen organisiert, nach außen hin aber einheitlich auftritt, ruft entsprechende Verwechslungsgefahren hervor, die sich hier verwirklicht hat. Die jedes Versicherungsrechtsverhältnis beherrschenden Grundsätze von Treu und Glauben gebieten es, die bei dem Kunden eintretenden Nachteile möglichst gering zu halten.*)
VolltextOnline seit 18. November
IBRRS 2024, 3077OLG Brandenburg, Urteil vom 18.09.2024 - 4 U 34/24
1. Der Anspruch des Bauunternehmers auf Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bestellers gem. § 650e BGB entfällt nicht dadurch, dass der Bauvertrag durch Kündigung beendet worden ist.
2. Auch der Umstand, dass Teilleistungen nicht abgenommen worden sind, steht dem Sicherungsverlangen des Unternehmers nicht entgegen. Die Fälligkeit der zu sichernden Forderungen ist nicht Anspruchsvoraussetzung des § 650e BGB.
3. Einer fehlenden (Teil-)Abnahme kommt allerdings insoweit Bedeutung zu, als der Unternehmer die Last der Darlegung und Glaubhaftmachung der Mangelfreiheit der nicht abgenommenen Leistungen trägt.
4. Bei einem gekündigten Pauschalpreisvertrag ist die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Vertrag geschuldeten Gesamtleistung zu bemessen. Es muss deshalb der Preisansatz für die Teilleistung im Rahmen der vereinbarten Pauschalvergütung dargelegt werden.
5. Soweit der Vertrag kein Detailpreisverzeichnis enthält und Anhaltspunkte aus der Zeit vor Vertragsschluss nicht vorhanden oder nicht ergiebig sind, muss im Nachhinein im Einzelnen dargelegt werden, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind.
VolltextIBRRS 2024, 3371
LG Darmstadt, Urteil vom 08.11.2024 - 19 O 98/22
1. Ein Gerüstbauvertrag ist ein typengemischter Vertrag, der mit- und werkvertragliche Elemente aufweist.
2. Die Werkleistung bezieht sich bei einem Gerüstbauvertrag auf den Aufbau des Gerüsts. Die Abnahme ist bei der Ingebrauchnahme nach Aufbau anzunehmen.
3. Wer über neun Jahre hinweg ein Baugerüst am Haus stehen hat und jährlich unbeanstandet Abschlagsrechnungen begleicht, die die Gerüstfläche ausweisen, kann nicht nach Abbau des Gerüsts im Abrechnungsprozess einwenden, die Gerüstfläche habe nicht zugetroffen. Ein solcher Einwand verstößt gegen Treu und Glauben.*)
VolltextIBRRS 2024, 3354
EuGH, Urteil vom 07.11.2024 - Rs. C-683/22
1. Art. 43 der Richtlinie 2014/23/EU (...) ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach der öffentliche Auftraggeber eine Konzession während ihrer Laufzeit in Bezug auf die Person des Konzessionsnehmers und den Konzessionsgegenstand ändern kann, ohne ein neues Konzessionsvergabeverfahren durchzuführen, sofern diese Änderung nicht unter Art. 43 Abs. 5 dieser Richtlinie fällt und der öffentliche Auftraggeber die Gründe dargelegt hat, aus denen er der Auffassung war, dass er zur Durchführung eines solchen Verfahrens nicht verpflichtet sei.*)
2. Art. 43 der Richtlinie 2014/23 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach der öffentliche Auftraggeber eine Konzession während ihrer Laufzeit ändern kann, ohne die Zuverlässigkeit des Konzessionsnehmers beurteilt zu haben, wenn diese Änderung weder unter Art. 43 Abs. 1 Unterabs. 1 d Ziff. ii noch unter Art. 43 Abs. 5 dieser Richtlinie fällt. Es ist Sache jedes Mitgliedstaats, die Regeln festzulegen, die es dem öffentlichen Auftraggeber ermöglichen, einzuschreiten, wenn der Konzessionsnehmer während der Durchführung des Konzessionsvertrags eine schwer wiegende Vertragsverletzung begangen hat oder begangen haben soll, die seine Zuverlässigkeit infrage stellt.*)
IBRRS 2024, 3319
VGH Bayern, Beschluss vom 21.10.2024 - 1 CS 24.1295
1. Werden bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, kann diese Nutzung untersagt werden. Es entspricht regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Bauaufsichtsbehörde eine formell illegale Nutzung durch den Erlass einer Nutzungsuntersagung unterbindet. Sie darf nur dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist.
2. Die Nutzungsuntersagungsverfügung beinhaltet nicht nur das Gebot, die beanstandete Nutzung (einmalig) einzustellen, sondern auch das Verbot, auf Dauer dieselbe oder eine vergleichbare Nutzung dort wieder aufzunehmen.
3. Ein Sattler- und Polsterbetrieb ist in einem (faktischen) allgemeinen Wohngebiet nicht offensichtlich genehmigungsfähig.
VolltextIBRRS 2024, 3303
OLG München, Beschluss vom 23.10.2024 - 34 Wx 255/24
Zur Frage der Eintragungsfähigkeit eines Haftungsausschlusses nach § 25 Abs. 2 HGB bei Partnerschaftsgesellschaften*)
VolltextIBRRS 2024, 3320
LG Berlin, Urteil vom 04.07.2023 - 65 S 163/22
1. Eine Eigenbedarfskündigung, um lediglich einen Raum der gekündigten Wohnung in die eigene als Arbeitszimmer zu integrieren, ist unwirksam. Für einen Teilbedarf sieht das Gesetz eine Kündigungsmöglichkeit nicht vor, der Bedarf muss sich auf die gesamte Wohnung beziehen.
2. Eine Auswechselung des - zwingend - schriftlich zu fixierenden Kündigungsgrunds ist dem Vermieter versagt. Lediglich den Kündigungsgrund ausfüllende, ergänzende oder beweisende Tatsachen können als sog. Ergänzungstatsachen auch im Prozess auf Verlangen des Mieters noch nachgeschoben werden.
3. Ein Kläger, der sein Räumungsbegehren zusätzlich auf eine weitere Kündigung stützt, führt einen neuen Streitgegenstand in den Prozess ein, nämlich ein Räumungsbegehren, das auf die weitere Kündigung und den darin geltend gemachten Kündigungsgrund gestützt wird. Die auf diese Weise herbeigeführte Klagehäufung ist wie eine Klageänderung nach den Regeln der §§ 263, 533 ZPO zu behandeln.
4. Nach § 533 ZPO muss der Gegner in die Klageänderung einwilligen oder das Gericht diese für sachdienlich halten und diese (kumulativ) auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zu Grunde zu legen hat.
VolltextIBRRS 2024, 3366
AG Brandenburg, Urteil vom 04.11.2024 - 30 C 90/23
Feuchtigkeit in einem Keller eines im Jahre 1896 errichteten Hauses ist in der Regel kein wichtiger Grund, der für sich allein eine fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Mieter gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB rechtfertigt.*)
VolltextIBRRS 2024, 3301
OLG München, Beschluss vom 08.10.2024 - 34 Wx 234/24
1. Auch im Falle der Löschung eines zugunsten einer GbR eingetragenen Rechts bedarf es gem. § 47 Abs. 2 GBO i.V.m. Art. 229 § 21 Abs. 1 EGBGB der Voreintragung der GbR im Gesellschaftsregister und der anschließenden Eintragung der eGbR im Grundbuch.*)
2. Eine teleologische Reduktion der Eintragungsvorschriften ist in diesem Fall wegen des abschließenden Charakters der in Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB enthaltenen Ausnahmeregelungen nicht vorzunehmen.*)
3. Aufgrund der Aufhebung des § 899a BGB und der Neufassung des § 47 Abs. 2 GBO zum 01.01.2024 kann der Nachweis der Bewilligungsbefugnis nur noch aufgrund der Eintragung im Gesellschaftsregister erbracht werden.*)
VolltextIBRRS 2024, 3374
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.07.2024 - 10 W 58/24
1. Der Sachverständige erhält die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses, wenn die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich übersteigt und er nicht rechtzeitig auf diesen Umstand hingewiesen hat.
2. Die Vorschrift des § 8a Abs. 4 JVEG hat auch ein pönales Element. Es ist aber nicht gerechtfertigt, den Sachverständigen durch Begrenzung seiner Vergütung dafür zu bestrafen, dass das Gericht trotz seiner der Höhe nach zutreffenden vorläufigen Kostenschätzung einen zu geringen Kostenvorschuss angefordert hat.
VolltextIBRRS 2024, 3309
VG Karlsruhe, Urteil vom 11.09.2024 - A 3 K 4398/23
1. Ist bei fristgebundenen Schriftsätzen die nach § 55d Satz 1 VwGO vorgeschriebene Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, gebietet es die anwaltliche Sorgfalt, rechtzeitig von der durch § 55d Satz 3 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen.*)
2. Von einem Rechtsanwalt ist zu erwarten, dass er bzw. sie die Möglichkeit des § 55d Satz 3 VwGO kennt und zur Fristwahrung nutzt.*)
VolltextIBRRS 2024, 3283
BayObLG, Beschluss vom 07.11.2024 - 102 SchH 135/24
1. Für die Beurteilung der Ablehnung eines Schiedsrichters gelten trotz unterschiedlicher gesetzlicher Fassungen im Schiedsverfahren im Wesentlichen die gleichen Maßstäbe wie für die Befangenheit eines staatlichen Richters.
2. Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn vom Standpunkt einer Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen eines vernünftigen Menschen geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des (Schieds-)Richters zu erregen. Rein subjektive Vorstellungen sind dabei nicht maßgeblich. Nicht erforderlich ist, dass der (Schieds-)Richter tatsächlich befangen ist; bereits der böse Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität soll vermieden werden.
3. Die Partei, die einen Schiedsrichter ablehnen will, hat innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihr ein berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassender Umstand bekannt geworden ist, dem Schiedsgericht schriftlich die Ablehnungsgründe darzulegen. Ein Ablehnungsgesuch kann aber auch auf früher bekannte und noch nicht geltend gemachte Umstände gestützt werden, wenn die Partei aus der Gesamtbetrachtung mehrerer Umstände in der Summe die Besorgnis herleiten möchte oder wenn die Umstände einen engen Zusammenhang zu den weiteren, nicht verwirkten Ablehnungsgründen dergestalt aufweisen, dass sie als Teilakte eines Gesamttatbestandes aufgefasst werden können.
4. Gibt es keine Regelung in der Schiedsordnung (hier: SOBau 2009) oder Parteivereinbarung, ist ein Schiedsgericht ohne Weiteres nicht zur Protokollierung verpflichtet.
5. Weder aus dem Umstand, dass das Schiedsgericht zu bestimmten Punkten (vorläufig) die Einschätzungen zur Sach- und Rechtslage nicht teilt, noch aus dem Umstand, dass das (Schieds-)Gericht solche Einschätzungen geäußert hat, noch aus dem Umstand, dass diese (vorläufigen) Einschätzungen nicht in einer Weise begründet wurden, die alle vom Antragsteller vorgetragenen Umstände ausdrücklich erwähnt und widerlegt, lässt sich grundsätzlich eine Voreingenommenheit des Schiedsrichters ableiten.
6. Verfahrensverstöße (hier: unterschiedlicher Umgang mit Fristverlängerungsanträgen), die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Lediglich qualifizierte Verfahrensfehler können die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie sich unmittelbar zum Nachteil eines Beteiligten auswirken und deswegen den Schluss zulassen, der (Schieds-)Richter sei nicht unparteiisch, sondern gegen den betroffenen Beteiligten eingestellt.
VolltextIBRRS 2024, 3325
OLG Jena, Beschluss vom 26.07.2024 - 4 W 296/23
Gegen Entscheidungen, durch die die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt indes nicht, soweit das Gericht das Verfahren in Verbindung mit einer - jedenfalls eigenen - Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung ausgesetzt hat. Nichts anderes kann für den Fall gelten, dass eine bereits erfolgte Aussetzung zwecks Vorlageersuchen aufgehoben oder der Antrag auf eine solche Aussetzung abgelehnt wird.
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