Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Aktuelle Urteile in allen Sachgebieten
Online seit gestern
IBRRS 2025, 0862
KG, Urteil vom 18.03.2025 - 21 U 110/24
1. Haben die Parteien eines Bauvertrags eine Vergütung nach Einheitspreisen vereinbart, ist die Höhe des Sicherungsanspruchs gem. § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB wenn möglich auf Grundlage der einvernehmlichen Prognose der Parteien über die Gesamthöhe der Vergütung zu bestimmen, die in einem Leistungsverzeichnis oder einem Kostenanschlag enthalten sein kann.*)
2. Fehlt es an einer einvernehmlichen Prognose der Parteien über die Gesamthöhe der Vergütung, ist es für die Höhe des Sicherheitsanspruchs gem. § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB maßgeblich, wie die Gesamtvergütungshöhe aus Sicht einer objektiven Partei auf Basis der Vereinbarung bei Vertragsschluss zu veranschlagen gewesen wäre. Alternativ dazu kann der Unternehmer in einem solchen Fall die Sicherungshöhe gem. § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB auch darlegen, indem er schlüssig vorträgt, welche Leistungen er bislang tatsächlich erbracht hat und wie diese preislich zu bewerten sind.*)

IBRRS 2025, 0855

OLG Dresden, Beschluss vom 17.03.2025 - Verg 4/24
1. Die Anhörungsrüge ist nur im Hinblick auf die Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör eröffnet, nicht aber in Bezug auf andere Verfahrensgrundrechte, wie etwa die Gewährung des gesetzlichen Richters.
2. Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, weswegen zur Darlegung des Gehörsverstoßes gehört, dass im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.

IBRRS 2025, 0852

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.02.2025 - 8 A 10317/24
1. Von einer Nachbarrechte verletzenden maßgeschneiderten Baugenehmigung ist dann auszugehen, wenn ein nach typisierender Betrachtungsweise im jeweiligen Baugebiet unzulässiges Vorhaben durch eine Vielzahl schwer zu überwachender Nebenbestimmungen an die Umgebung angepasst wird.*)
2. Zur Relevanz von Verfahrensfehlern des Verwaltungsgerichts im Berufungsverfahren.*)
3. Zur nachbarrechtlichen Ausprägung des Bestimmtheitsgebots.*)
4. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine gebietsübergreifende Wirkung des Gebietserhaltungsanspruchs angenommen werden kann.*)

IBRRS 2025, 0806

VG Neustadt, Urteil vom 02.02.2024 - 4 K 894/23
1. Ist zwischen einem Bauherr und der Bauaufsichtsbehörde streitig, ob ein geplantes genehmigungsfreies Vorhaben, hier: eine Garage, die Anforderungen einhält, die durch baurechtliche und sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften an bauliche Anlagen gestellt werden (§ 62 Abs. 3 LBO-RP) und kündigt die Bauaufsichtsbehörde für den Fall der Errichtung des genehmigungsfreien Vorhabens den Erlass einer Beseitigungsanordnung an, kann der Bauherr statthaft eine vorbeugende Feststellungsklage mit dem Ziel erheben, dass die Einhaltung aller oder einzelner gesetzlicher Anforderungen durch das Gericht festgestellt wird.*)
2. In diesem Fall liegt auch das für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes erforderliche qualifizierte Rechtsschutzinteresse vor, da dem Bauherrn nicht zumutbar ist, zunächst das genehmigungsfreie Vorhaben zu errichten und erst im nachträglichen Rechtsschutz gegen die Beseitigungsanordnung die Einhaltung der baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften überprüfen zu lassen.*)
3. Aus diesen Gründen ist der Feststellungsantrag auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegenüber einer Anfechtungsklage gegen eine zu einem späteren Zeitpunkt ergehende Beseitigungsanordnung subsidiär.*)
4. Die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung ist regelmäßig dort zu ziehen, wo jeweils einheitlich geprägte Komplexe mit voneinander verschiedenen Bebauungs- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen.*)

IBRRS 2025, 0778

LG Berlin II, Beschluss vom 25.02.2025 - 85 S 42/24 WEG
1. Erklären die Parteien den Rechtsstreit im Berufungsverfahren übereinstimmend für erledigt, ist der mutmaßliche Ausgang des Berufungsverfahrens und dessen Auswirkung auf die Kostenentscheidung der Vorinstanz festzustellen.
2. Die Eigentümer haben einen Anspruch auf Einsicht in die beim Verwalter vorhandenen Unterlagen.
3. Die Erfüllung des Einsichtsrechts kommt in Betracht, wenn dem Informationsbedürfnis des Eigentümers vollständig entsprochen wurde.

IBRRS 2025, 0850

OLG Hamm, Urteil vom 17.02.2025 - 22 U 117/23
1. Der Käufer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Verkäufer nicht auf einen vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann. Die Kenntnis der mangelbegründen Umstände muss im Einzelfall festgestellt und darf nicht durch wertende Überlegungen ersetzt werden (hier: Geruchsbelästigung und Schadstoffbelastung mit Formaldehyd und Lindan).
2. Beim Grundstückskauf ist dem Verkäufer das Wissen desjenigen zuzurechnen, der Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe ist.
3. Bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise erwarten darf.
4. Macht der Verkäufer tatsächliche Angaben, die für den Kaufentschluss des anderen Teils von Bedeutung sein können, müssen diese unabhängig vom Bestehen einer Offenbarungspflicht richtig sein.

IBRRS 2025, 0874

BGH, Beschluss vom 26.02.2025 - IV ZB 37/24
Ein - für den Notar nicht erkennbar - geschäftsunfähiger Auftraggeber ist unabhängig von der Art der notariellen Tätigkeit zur Zahlung der Notarkosten verpflichtet. Die Vorschriften zur Geschäftsfähigkeit in §§ 104 ff. BGB sind auf Aufträge an einen Notar weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.*)

IBRRS 2025, 0870

BayObLG, Beschluss vom 14.03.2025 - 101 Sch 3/24
1. Ein Schiedsspruch ist der unterlegenen Partei nicht vom obsiegenden Gegner, sondern vom Schiedsgericht zu übermitteln, wobei - vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarung - eine formlose Übermittlung genügt.
2. Eine ausdrückliche Einbeziehung von AGB ist im unternehmerischen Rechtsverkehr auch dann wirksam, wenn die AGB einem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Kunde deren Inhalt nicht kennt. Soweit das Klauselwerk klar und unzweideutig beschrieben ist, bedarf es auch keines Hinweises, dass die AGB auf Wunsch übersandt werden können.
3. Eine im geschäftlichen Verkehr verwendete Schiedsklausel ist im Regelfall nicht überraschend.
4. Nimmt ein Vertrag auf ein Dokument Bezug, das eine Schiedsklausel enthält, so begründet dies eine Schiedsvereinbarung, wenn die Bezugnahme dergestalt ist, dass sie diese Klausel zu einem Bestandteil des Vertrages macht. Ein gesonderter Hinweis auf die Schiedsvereinbarungsklausel in AGB ist nicht erforderlich, wenn der Vertrag, welcher die Bezugnahme enthält, den Formerfordernissen für eine Schiedsabrede genügt.
5. Die widerspruchslose Hinnahme eines Angebots zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung begründet nur dann eine formwirksame Schiedsabrede, wenn die Regeln über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf den Empfänger anwendbar sind (hier verneint für einen unternehmerisch tätigen Land- und Forstwirt).

IBRRS 2025, 0872

BGH, Beschluss vom 07.02.2025 - AnwZ (Brfg) 7/24
Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels kann offenbleiben, wenn zwischen seiner Verwerfung als unzulässig und seiner Zurückweisung als unbegründet weder hinsichtlich der Rechtskraftwirkung noch hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Rechtsmittelentscheidung Unterschiede bestehen oder das Rechtsmittelgericht formell rechtskräftig abschließend auf die Unbegründetheit der Berufung erkennen kann, ohne dass schutzwürdige Interessen der Parteien entgegenstehen.

IBRRS 2025, 0792

KG, Urteil vom 08.01.2025 - 25 U 112/24
Wird nach einseitiger Verhandlung des Beklagten und Erlass eines klageabweisenden Versäumnisurteils die Klage nach Einspruch vor dem Einspruchstermin zurückgenommen, bedarf es zur Wirksamkeit der Rücknahme keiner Zustimmung des Beklagten.*)

Online seit 27. März
IBRRS 2025, 0875
BGH, Urteil vom 29.01.2025 - XII ZR 96/23
1. Der Rückerhalt der Mietsache iSd § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, weil dieser erst durch die unmittelbare Sachherrschaft in die Lage versetzt wird, sich ungestört ein umfassendes Bild von etwaigen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache zu machen (im Anschluss an Senatsurteil vom 27.02.2019 - XII ZR 63/18, IMR 2019, 237 = NZM 2019, 408).*)
2. Für den Verjährungsbeginn ist der Rückerhalt der Mietsache auch dann maßgeblich, wenn der Mietvertrag noch nicht beendet ist mit der Folge, dass ein Anspruch i.S.d. § 548 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses verjähren kann (im Anschluss an BGH Urteil vom 23.10.2013 - VIII ZR 402/12, IMR 2014, 6 = NZM 2014, 128).*)
3. Zum Rückerhalt der Mietsache bei Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Vermieters (im Anschluss an BGH Urteil vom 04.05.2005 - VIII ZR 93/04, IMRRS 2005, 1000 = NZM 2005, 535).*)

IBRRS 2025, 0847

OLG Frankfurt, Urteil vom 17.03.2023 - 13 U 93/21
1. Ist der Auftragnehmer mit vorbereitenden Arbeiten (hier u. a. Abbrucharbeiten und Ausheben der Baugruppe) beauftragt, ist eine konkludente Abnahme der Leistungen darin zu sehen, dass der Auftraggeber das geplante Gebäude in der Baugrube errichtet hat.
2. Eine Stützmauer, die die ihr zugedachte geländestützende Funktion nicht erfüllt und deren Errichtung gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt, ist mangelhaft.
3. Die Prüfungs- und Hinweispflicht des Auftragnehmers ist (auch) beim BGB-Vertrag darauf gerichtet, die verbindlichen Vorgaben und Vorleistungen des Auftraggebers auf ihre Geeignetheit für die Herstellung der vom Auftragnehmer geschuldeten Werkleistung zu überprüfen und auf Bedenken hinzuweisen.

IBRRS 2025, 0857

OLG Jena, Beschluss vom 19.02.2025 - Verg 10/24
1. Für die Vergleichbarkeit erforderlich, aber auch ausreichend ist die Vorlage solcher Referenzleistungen, die der ausgeschriebenen Leistung soweit ähneln, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieters auch für die ausgeschriebene Leistung ermöglichen.
2. Die referenzierte Leistung muss im Zeitpunkt der Abgabe nicht vollständig erbracht sein. Bei mehrjährigen Dienstleistungsaufträgen, deren "passgenauer" Ablauf letztlich zufällig ist, kann der gewünschte Nachweis auch dadurch erbracht werden, dass die Leistungserbringung bereits seit längerer Zeit erfolgt.
3. Dass der Referenzauftrag auf einer festgestellt rechtswidrigen Vergabe beruht, ist irrelevant.
4. Sofern der öffentliche Auftraggeber aufgrund anderweitiger gesicherter Erkenntnisse zu der beanstandungsfreien Feststellung gelangt, das Angebot eines Bieters sei nicht ungewöhnlich oder unangemessen niedrig, darf er auf eine Aufklärung verzichten.
5. Dokumentationsmängel können durch geeigneten Vortrag infolge einer Rüge oder im Nachprüfungsverfahren geheilt werden.

IBRRS 2025, 0807

VGH Hessen, Beschluss vom 08.01.2024 - 4 B 1668/23
1. Ein Bauherr kann sich nicht auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion gemäß § 65 Abs. 2 Satz 3 HBO berufen, wenn er durch widersprüchliche Angaben in seinem Bauantrag die nicht fristgerechte Zustellung des seinen Bauantrag ablehnenden Bescheid verursacht.*)
2. Wer als Privatperson einen Bauantrag stellt, bei der von ihm angegebenen Adresse aber weder ein Klingelschild noch einen Briefkasten mit seinem Namen vorhält, kann sich nicht auf den Eintritt der Fiktionswirkung des § 65 Abs. 2 Satz 3 HBO berufen, wenn der Postzusteller mangels eindeutiger Beschriftung den die Baugenehmigung ablehnenden Bescheid nicht fristgerecht zustellen kann.*)

IBRRS 2025, 0859

BGH, Beschluss vom 13.03.2025 - V ZR 59/24
1. Eine vereinbarte, aber nicht beurkundete Sanierungsverpflichtung macht den Kaufvertrag formunwirksam und verhindert die Entstehung der akzessorischen Auflassungsvormerkungen vor der Eintragung einer Zwangssicherungshypothek.
2. Die Zweifelsregel, wonach diejenige Auslegung vorzuziehen ist, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet, findet keine Anwendung bei der Feststellung, ob überhaupt eine nicht beurkundete mündliche Vereinbarung getroffen wurde.
3. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze findet, stellt einen Gehörsverstoß dar. Das gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots auf einer vorweggenommenen tatrichterlichen Beweiswürdigung beruht.

IBRRS 2025, 0796

LG Gießen, Urteil vom 14.06.2024 - 2 O 135/23
1. Ein Vertragsschluss kommt regelmäßig noch nicht dadurch zu Stande, dass ein Makler mit Internetanzeigen werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt und sich der Interessent daraufhin von sich aus an ihn wendet.
2. Eine dadurch veranlasste Kontaktaufnahme des Interessenten mit dem Makler kann aber dann zum Abschluss eines Maklervertrags führen, wenn der Makler sein Provisionsverlangen im Inserat bereits ausdrücklich und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat.
3. Meldet sich ein Kunde auf das Inserat eines Makler bei diesem und antwortet dann ein anderer Makler, benutzt hierbei aber die Daten des inserierenden Maklers, darf der Kunde davon ausgehen, dass der inserierende Makler sein Vertragspartner wird und der andere nur ein (freier) Mitarbeiter oder Subunternehmer des inserierenden Maklers ist.
4. Das Textformerfordernis i.S.d. § 656a BGB hat nichts an der Möglichkeit geändert, konkludente Maklerverträge zu schließen.

IBRRS 2025, 0860

BGH, Urteil vom 28.01.2025 - VI ZR 300/24
Bei fiktiver Schadensabrechnung ist der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln. Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen.*)

IBRRS 2025, 0846

BGH, Urteil vom 21.01.2025 - VI ZR 141/24
1. Macht ein Leasingnehmer deliktische Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung des von ihm geleasten Fahrzeugs geltend, können zur Begründung sowohl eigene Ansprüche des Leasingnehmers wegen Verletzung seines Besitzrechts als auch in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemachte Ansprüche des Leasinggebers in Betracht kommen. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände. Der Leasingnehmer muss zur Vermeidung einer unzulässigen alternativen Klagehäufung eindeutig zum Ausdruck bringen, wessen Ansprüche er geltend macht.*)
2. Ein Leasingnehmer kann sowohl eigene Ansprüche wegen Verletzung seines Besitzrechts als auch Ansprüche des Leasinggebers in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen.*)
3. Die Klage muss eindeutig zum Ausdruck bringen, ob eigene oder fremde Ansprüche geltend gemacht werden, um eine unzulässige alternative Klagehäufung zu vermeiden.*)
4. Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt worden ist und ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Prozessführung hat.*)

IBRRS 2024, 3605

BGH, Beschluss vom 03.12.2024 - II ZR 193/22
1. Ein Tatbestandsberichtigungsantrag ist statthaft bei Beschlüssen, die nach mündlicher Verhandlung ergangen sind.
2. Gibt das Rechtsmittelgericht eine Passage aus dem angegriffenen Urteil zutreffend wieder, ist der Beschluss nicht "unrichtig" im Sinne von § 320 Abs. 1 ZPO.

Online seit 26. März
IBRRS 2025, 0861
BGH, Urteil vom 21.03.2025 - V ZR 1/24
1. Einen vermietenden Wohnungseigentümer trifft eine Haftung als mittelbarer Handlungsstörer für vom Mieter ohne erforderlichen Gestattungsbeschluss vorgenommene bauliche Veränderungen des gemeinschaftlichen Eigentums, wenn er die baulichen Veränderungen erlaubt hat, wenn er mit baulichen Veränderungen wegen einer vom Mieter angekündigten Nutzungsabsicht rechnen muss und den Mieter gleichwohl nicht auf das Erfordernis eines vorherigen Gestattungsbeschlusses hinweist, oder wenn er es unterlässt, gegen den Mieter einzuschreiten, nachdem er Kenntnis von der Vornahme der baulichen Veränderungen erlangt hat.*)
2. Ein Wohnungseigentümer, der eine bauliche Veränderung ohne erforderlichen Gestattungsbeschluss vorgenommen hat, kann dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegenhalten, dass ein Gestattungsanspruch besteht (Fortführung von Senat, Urteil vom 17.03.2023 - V ZR 140/22, IMR 2023, 234 = NJW-RR 2023, 791).*)
3. Wird ein Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Beseitigung einer nicht gestatteten baulichen Veränderung in Anspruch genommen und verlangt er im Wege der Widerklage, einen Beschluss über die Gestattung der baulichen Veränderung zu ersetzen, steht der Widerklage das Gebot der Vorbefassung regelmäßig nicht entgegen.*)
4. Bedarf der widerklagend geltend gemachte Gestattungsanspruch näherer Aufklärung, hat in der Regel ein Teilurteil über den entscheidungsreifen Beseitigungsanspruch zu unterbleiben; dagegen kann über eine Unterlassungsklage, mit der (lediglich) der Beginn oder die Fortsetzung einer nicht gestatteten baulichen Veränderung unterbunden werden soll, regelmäßig vorab durch Teilurteil entschieden werden.*)
5. Erhebt der auf Beseitigung in Anspruch genommene Wohnungseigentümer Klage auf Ersetzung eines Gestattungsbeschlusses zum Amtsgericht, nachdem er erstinstanzlich zur Beseitigung verurteilt worden ist, kommt eine Aussetzung des auf den Beseitigungsanspruch bezogenen Berufungsverfahrens nicht in Betracht.*)

IBRRS 2025, 0832

OLG München, Beschluss vom 06.06.2024 - 28 U 1136/24 Bau
1. Wer das Baugrundrisiko trägt, ist durch Auslegung des Vertrags zu ermitteln.
2. Verpflichtet sich der Auftragnehmer zur Herstellung einer Gründung, die statischen und konstruktiven Erfordernissen entspricht, so ist die Schaffung der konstruktiven Erfordernisse von ihm versprochen und auch als funktionaler Werkerfolg geschuldet.
3. Der Umstand, dass der Auftraggeber ein Baugrundgutachten stellt, führt jedenfalls dann nicht zu einer Risikoübernahme durch den Auftraggeber, wenn der Auftragnehmer eine von den Empfehlungen des Baugrundgutachtens abweichende Art der Gründung vorschlägt und im Einvernehmen mit dem Auftraggeber ausführt.
4. Stellt der Auftraggeber ein unzureichendes Bodengutachten zur Verfügung, so hat der Auftragnehmer darauf hinzuweisen, dass eine mangelfreie Leistung ohne ausreichende Bodenbegutachtung nicht sichergestellt ist.
5. Ein Mitverschulden des Auftraggebers scheidet aus, wenn der Auftragnehmer eine andere als im Bodengutachten vorgeschlagene Gründungsmaßnahme aufgrund eigenen Vorschlags durchführt und damit das Bodengutachten für den entstandenen Mangel nicht kausal wird.
6. Ein Teil-Grundurteil kann ergehen, wenn grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, dass der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht.

IBRRS 2025, 0840

VK Bund, Beschluss vom 03.07.2024 - VK 2-55/24
1. Für Grundlagen des Vergabeverfahrens, also Vorgaben bereits aus den Vergabeunterlagen, gilt eine an die bloße Erkennbarkeit anknüpfende, vorgezogene Rügeobliegenheit.
2. Bei der Erkennbarkeit ist abzustellen auf eine verobjektivierte Perspektive eines mit üblicher Sorgfalt agierenden Bieters. Es kommt allein darauf an, dass die den Verstoß begründenden Tatsachen bei laienhafter Bewertung vor Ablauf der Angebotsfrist gegenüber dem Auftraggeber hätten dargelegt werden können.
3. Es gehört zum allgemeinen Bieterwissen, dass Bewertungskriterien, die nicht zum Auftragsgegenstand passen, bzw. unklare Bewertungsmaßstäbe keine gleichmäßige Bewertung bzw. keine belastbare Konzepterstellung und damit keine vergleichbaren Angebote ermöglichen.
4. Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Angebote steht dem Auftraggeber ein von den Nachprüfungsinstanzen nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Beurteilungsfehler ergeben sich, wenn der Auftraggeber bei seiner Bewertung die vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe nicht eingehalten hat, von einem unzureichend ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist oder seine Bewertung willkürlich ist bzw. nicht auf sachgemäßen Erwägungen beruht.

IBRRS 2025, 0856

OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20.03.2025 - 1 LA 154/24
1. Die regelmäßige Überprüfung baulicher Anlagen nach § 78 NBauO kann mittels einer Nebenbestimmung (§ 36 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG) zur Baugenehmigung angeordnet werden.*)
2. § 78 NBauO ermöglicht die Anordnung regelmäßiger Überprüfungen im Einzelfall auch bei baulichen Anlagen, die den in § 30 DVO-NBauO vorgesehenen Schwellenwert, ab dem eine generelle Überprüfungspflicht einsetzt, unterschreiten.*)
3. § 14 NBauO konkretisiert die allgemeinen Anforderungen des § 3 NBauO mit Blick auf die Vermeidung von Brandgefahren.*)
4. Eine im Wege der Abweichung (§ 66 NBauO) zugelassene Vergrößerung von Brandabschnitten über das in § 8 DVO-NBauO vorgesehene Maß hinaus kann nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls durch die Anordnung der regelmäßigen sachverständigen Überprüfung der Brandschutzanlagen kompensiert werden.*)

IBRRS 2025, 0725

AG Köln, Urteil vom 19.08.2024 - 202 C 38/24
1. Wendet sich ein Wohnungseigentümer mit der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung eines Beschlussantrags (sog. Negativbeschluss), hat er hiermit nur dann Erfolg, wenn lediglich die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte, also insoweit das Ermessen auf Null reduziert war.
2. Für einen Beschluss zum Einbau einer Wärmepumpe muss der betreffende Eigentümer die Einhaltung von Immissionsvorschriften und fachgerechter Leitungsverlegungen nachweisen sowie den Gerätetyp angeben.

IBRRS 2025, 0841

EuGH, Urteil vom 27.02.2025 - Rs. C-674/23
Art. 15 Abs. 3 Richtlinie 2006/123/EG ist im Licht der Art. 16 und 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung, die hinsichtlich des Kaufs oder der Miete eines Einfamilienhauses, einer Wohnung oder einer Wohneinheit durch eine natürliche Person eine Deckelung der Provision für Dienstleistungen der Immobilienvermittlung vorsieht, und zwar
- beim Kauf bzw. Verkauf einer Immobilie mit einem Vertragswert von mindestens 10.000 Euro auf 4% des vertraglich vereinbarten Preises und
- bei einer Miete bzw. Vermietung auf 4% des Produkts aus der Höhe der monatlichen Miete und der Anzahl der Monate, für die die Immobilie vermietet wird, mit einer Obergrenze jedoch in Höhe des Betrags einer Monatsmiete,
nicht entgegensteht, sofern diese Regelung nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung der mit ihr verfolgten Ziele erforderlich ist, und es keine anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen gibt, die zum selben Ergebnis führen.*)

IBRRS 2025, 0836

BGH, Beschluss vom 18.03.2025 - VIa ZR 803/22
1. Ein Rechtsanwalt muss sicherstellen, dass das für den Lauf einer Rechtsmittel(begründungs)frist maßgebliche Datum der Urteilszustellung beziehungsweise des Beschlusses, durch den die Revision zugelassen und die Revisionsbegründungsfrist in Gang gesetzt wird, in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ermittelt wird.
2. Im Falle einer elektronischen Zustellung trifft den Rechtsanwalt die Pflicht, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass ein Zustellungsdatum, das in einem von ihm abgegebenen elektronischen Empfangsbekenntnis eingetragen ist, auch in seiner - ggf. noch in Papierform geführten - Handakte dokumentiert wird.
3. Der Rechtsanwalt darf das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass die Frist im Fristenkalender notiert worden ist.

IBRRS 2025, 0833

KG, Beschluss vom 21.03.2025 - 21 U 95/22
1. Die Verlängerung der in einem Prozessvergleich vereinbarten Widerrufsfrist durch das Gericht ist nicht statthaft.*)
2. In einem solchen Fall ist auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Widerrufsfrist nicht möglich.*)
3. Der Antrag einer Partei auf Verlängerung der im Prozessvergleich vereinbarten Widerrufsfrist kann regelmäßig nicht als konkludenter Widerruf des Vergleichs ausgelegt werden.*)

IBRRS 2025, 0742

LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14.02.2025 - 2-11 S 97/24
1. Durch den Tod einer Partei tritt grundsätzlich eine Unterbrechung des Verfahrens ein.
2. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten stattgefunden hat.
3. Legt der Rechtsanwalt das Mandat erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist nieder, ist diese dennoch abgelaufen, selbst wenn der Mandant bereits während dem Fristlauf verstorben ist.

Online seit 25. März
IBRRS 2025, 0831
LG Rostock, Urteil vom 18.12.2024 - 2 O 316/24
1. Die Abgrenzung des Bauvertrags vom Kaufvertrag mit Montageverpflichtung richtet sich entscheidend danach, ob der Schwerpunkt des Vertrags die Pflicht zur Eigentumsübertragung der zu montierenden Einzelteile ist oder aber die Montageverpflichtung und der damit verbundene individuelle Gesamterfolg. Weiter von Bedeutung ist die Art des gelieferten Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie Besonderheiten der geschuldeten Leistung.
2. Von (Bau-)Werkverträgen umfasst sind auch solche Verträge, die Umbauarbeiten an einem Bauwerk betreffen, wenn sie für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind und die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden werden.
3. Photovoltaik-Aufdachanlagen sind als Bauwerke zu qualifizieren.

IBRRS 2025, 0830

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.03.2025 - 13 B 102/25
1. Verwaltungsrechtsschutz ist grundsätzlich nachgängiger Rechtsschutz. Vorbeugender (vorläufiger) Rechtsschutz, der zur Sicherung des eigenen Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf gerichtet ist, in einem Auswahlverfahren für die Vergabe von Rettungsdienstleistungen die Zuschlagserteilung an den ausgewählten Mitbewerber einstweilen zu verhindern, setzt voraus, dass dem Betroffenen bei dem Verweis auf nachträglichen Rechtsschutz unzumutbare Nachteile etwa in Form einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung oder der Schaffung irreversibler Zustände drohen.*)
2. Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber berührt grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des erfolglosen Bewerbers aus Art. 12 Abs. 1 GG (i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG). Diese schützt einen Gewerbetreibenden weder davor, dass ihm durch staatliche Maßnahmen Konkurrenz erwächst, noch bietet sie Schutz gegen eine bloß faktische Benachteiligung durch Vereitelung künftiger Erwerbschancen. Als Eingriff in ein subjektives Recht kommt nur die Beeinträchtigung des sog. Bewerbungsverfahrensanspruchs, also des Rechts aus Art. 3 Abs. 1 GG auf eine verfahrenskonforme Auswahlentscheidung, in Betracht.*)
3. Dem hier allein geschützten Bewerbungsverfahrensanspruch wird ausreichend Rechnung getragen, wenn für die ausschreibende Stelle im öffentlich-rechtlichen Vertrag mit dem ausgewählten Bewerber eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund für den Fall eingeräumt ist, dass gesetzliche, gerichtliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen dem Vertrag die rechtliche oder tatsächliche Grundlage ganz oder teilweise entziehen. § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB, wonach ein wirksam erteilter Zuschlag nicht aufgehoben werden kann, ist im rettungsrechtlichen Auswahlverfahren nicht anwendbar, wenn die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB greift. Anstelle des Vergaberechts finden § 13 RettG-NW und prozessual die Verwaltungsgerichtsordnung und die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsprozessrechts Anwendung. Eine § 168 Abs. 2 Satz 1 GWB entsprechende Regelung kennt der Verwaltungsprozess nicht.*)

IBRRS 2025, 0802

OVG Münster, Beschluss vom 13.01.2025 - 2 A 177/23
Um ein sog. "aliud" handelt es sich dann, wenn Gegenstand der Nachtragsbaugenehmigung ein derart von der ursprünglichen Baugenehmigung abweichendes Vorhaben ist, dass sich für das abgewandelte Vorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen neu stellt.

IBRRS 2025, 0798

VG München, Urteil vom 28.01.2025 - 1 K 24.6629
1. Bauherr ist, wer auf seine Verantwortung eine bauliche Anlage vorbereitet oder ausführt, vorbereiten oder ausführen lässt.
2. Die Person des Bauherrn ergibt sich grundsätzlich aus dem Bauantrag. Bauherr ist auch dann der im Bauantrag genannte, wenn der Bau nicht in seinem Auftrag und auf seine Rechnung ausgeführt werden soll.
3. Ein Wechsel des Bauherrn im Laufe des bauaufsichtlichen Verfahrens ist jederzeit möglich und gegenüber der Bauaufsicht anzuzeigen.

IBRRS 2025, 0731

LG München I, Urteil vom 15.01.2025 - 1 S 6774/24 WEG
1. Bei Mehrhausanlagen können bei entsprechender Vereinbarung getrennte Versammlungen von Wohnungseigentümern einzelner Häuser oder Gebäudeteile innerhalb der Gesamtanlage durchgeführt werden, wenn es sich um Angelegenheiten handelt, die ausschließlich die Wohnungseigentümer der Untergemeinschaft einer geregelten Mehrhausanlage betreffen. Es sind dann die betroffenen Wohnungseigentümer zu laden und auch nur diese haben das Stimmrecht.
2. Die Beschlusskompetenz für Untergemeinschaften kann durch Vereinbarung eingeräumt werden.
3. Die gänzliche Abbedingung der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer ist möglich. Dem einzelnen Wohnungseigentümer steht dann nur noch ein Anspruch auf Änderung des gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels nach § 10 Abs. 2 WEG zu. Gegen Sondernachfolger wirken solche Vereinbarungen, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind.
4. Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass Kostenverteilungsschlüssel nur durch einstimmige Vereinbarung abgeändert werden kann, ist ein Beschluss, einen Verteilungsschlüssel zu ändern, nichtig.

IBRRS 2025, 0827

BGH, Urteil vom 28.02.2025 - V ZR 246/23
Ein in einem Grundstückskaufvertrag mit Ratenzahlungsvereinbarung vorgesehenes Rücktrittsrecht des Verkäufers für den Fall, dass der Antrag gestellt wird, dass der Erwerber eine Vermögensauskunft zu erteilen und deren Vollständigkeit an Eides statt zu versichern hat, besteht im Zweifel nur bis zur vollständigen Erfüllung der dem Käufer nach dem Kaufvertrag obliegenden Pflicht zur Zahlung der Kaufpreisraten nebst etwaiger Forderungen, die - wie etwa Verzugszinsen - mit der Hauptleistungspflicht in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.*)

IBRRS 2025, 0829

OLG Hamm, Urteil vom 20.12.2024 - 11 U 56/24
Der durch das gewaltsame Öffnen von Türen im Zuge einer – rechtmäßigen – polizeilichen Strafverfolgungsmaßnahme entstandene Sachschaden kann nach den Grundsätzen des enteignenden Eingriffs vom Hoheitsträger zu entschädigen sein.*)

IBRRS 2025, 0819

BGH, Beschluss vom 27.02.2025 - IX ZB 46/23
1. Die Berufungsbegründung muss das Ergebnis der geistigen Arbeit des Berufungsanwalts sein (hier verneint für einen vom Mandanten vorformulierten Schriftsatz).
2. Zwar ist der Anwalt nicht gehindert, die Berufungsbegründung von anderen Personen, etwa von einem Referendar, vorbereiten zu lassen. Erforderlich ist aber, dass der unterzeichnende Anwalt die Berufungsbegründung selbständig prüft und aufgrund der Prüfung die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt.
3. Für ein Berufungsgericht besteht in aller Regel kein Anlass, den Inhalt einer anwaltlich unterschriebenen Berufungsbegründung darauf zu überprüfen, in welchem Umfang und wie gründlich der Anwalt den Prozessstoff tatsächlich selbst durchgearbeitet hat.
4. Einer Prüfung bedarf es demgegenüber zum einen, wenn der Anwalt sich durch einen Zusatz von dem unterschriebenen Schriftsatz distanziert, und zum anderen, wenn nach den Umständen außer Zweifel steht, dass der Rechtsanwalt den Schriftsatz ohne eigene Prüfung, also unbesehen, unterschrieben hat.

IBRRS 2025, 0751

OLG Bamberg, Beschluss vom 25.06.2024 - 12 W 29/24
1. Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens richtet sich in der Regel nach dem für die Mängelbeseitigung erforderlichen Aufwand, der auf der Grundlage der Sachdarstellung des Antragstellers und dem Ergebnis der Beweisaufnahme nach objektiven Gesichtspunkten zu ermitteln ist.
2. Werden nicht sämtliche Behauptungen des Antragstellers durch die Beweiserhebung bestätigt, führt dies nicht dazu, dass diese Behauptungen bei der Wertfestsetzung nicht mehr in Ansatz zu bringen wären. Vielmehr ist auch für die nicht erwiesenen Behauptungen der Mehrwert zu schätzen, der ihnen im Falle ihrer Erweislichkeit zugekommen wäre.
3. Will er die von ihm auf der Grundlage des eingeholten - und zum Gegenstand des Beweisantrag gemachten - Angebotes angenommenen Kosten für einen etwaigen Hauptsacheprozess verbindlich feststellen lassen, bilden die in diesem Angebot genannten Schadensbeseitigungskosten den Ausgangspunkt für die Streitwertfestsetzung.

IBRRS 2025, 0753

LG Berlin II, Beschluss vom 23.10.2024 - 64 T 71/24
Das selbständige Beweisverfahren gem. § 485 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht eröffnet, um die Einordnung einer Wohnung innerhalb einer Mietspiegelspanne zu klären, indem ein Sachverständigengutachten über in der "Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung" genannte positive und negative Wohnwertmerkmale eingeholt wird.*)

Online seit 24. März
IBRRS 2025, 0823
LG Berlin II, Urteil vom 25.10.2024 - 22 O 79/22
1. Wird die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden, hält die Regelung des § 4 Abs. 7 Satz 3 VOB/B ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 VOB/B (Kündigung wegen Mängel vor der Abnahme) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand. Diese Kündigungsmöglichkeit benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam.
2. Mehrkostenerstattungsansprüche des Auftraggebers nach einer außerordentlichen Kündigung des Bauvertrags entstehen bereits mit der Kündigung und werden zu diesem Zeitpunkt fällig. Sie verjähren innerhalb von drei Jahren. Verjährungsbeginn ist der Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

IBRRS 2025, 0762

LG Karlsruhe, Urteil vom 24.01.2025 - 6 O 78/24
Die Vollstreckungssicherheit gem. § 709 ZPO ist nicht mit dem Betrag der Sicherheit gem. § 650f BGB (evtl. mit einem Zuschlag) anzusetzen, sondern hat sich an den geschätzten Kosten zu orientieren, die dem Besteller durch die ausgeurteilte Sicherheitsleistung im Zeitraum ab Erlass des erstinstanzlichen Urteils bis zum rechtskräftigen Abschluss der Klage aus § 650f Abs. 1 BGB nach Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde entstehen können (Anschluss an KG, IBR 2024, 402; entgegen OLG Karlsruhe, IBR 2017, 200).

IBRRS 2025, 0820

LG Stralsund, Urteil vom 08.01.2025 - 7 O 332/23
1. Ein dem Abschluss eines Pachtvertrags vorgelagerter Ideenwettbewerb ist kein Vergabeverfahren. Denn bei einem Ideenwettbewerb gibt es keinen Zuschlag, weil er nicht der Lösungsfindung dient, sondern der Aufgabenfindung.
2. Beteiligt sich ein Unternehmen an einem Ideenwettbewerb der öffentlichen Hand, entsteht zwischen den Beteiligten ein zivilrechtliches Schuldverhältnis, das die öffentliche Hand zur Beachtung der grundgesetzlich geschützten Grundsätze der Gleichbehandlung verpflichtet.
3. Die grundgesetzlich geschützten Grundsätze der Gleichbehandlung sind verletzt, wenn ein an dem Ideenwetttbewerb beteiligtes Unternehmen willkürlich benachteiligt wird.
4. Willkür setzt voraus, dass eine Entscheidung der öffentlichen Hand nicht nur fehlerhaft, sondern unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und es sich daher aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Die Darlegungs- und Beweislast trägt nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen das Unternehmen.

IBRRS 2025, 0772

OVG Niedersachsen, Urteil vom 13.02.2025 - 1 KN 92/22
1. Im Ausgangspunkt dienen städtebauliche Sanierungsmaßnahmen dazu, ein - als solches fortbestehendes - Gebiet mit städtebaulichen Missständen wesentlich zu verbessern (§ 136 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. BauGB). Verbesserungsmaßnahmen setzen in der Regel auf der bestehenden Bausubstanz auf und schonen demzufolge die Rechte der Grundeigentümer. Ihre Rechtfertigung unterliegt deshalb vergleichsweise geringen Anforderungen.*)
2. Soweit § 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB als zweite und gleichwertige Alternative als städtebauliche Sanierungsmaßnahme auch solche Maßnahmen bezeichnet, durch die das Gebiet umgestaltet wird, ist eine solche Umgestaltung denselben, in § 136 Abs. 4 Satz 2 BauGB genannten Zwecken verpflichtet. Sie dient deshalb grundsätzlich dazu, dass Gebiet unter gleichzeitigem Erhalt durch bauliche Maßnahmen positiv umzugestalten.*)
3. Eine Umgestaltung kann auch in der Beseitigung baulicher und sonstiger Anlagen bestehen. Je größer der Eingriff in bestehende Eigentumsrechte durch die Sanierungsmaßnahme ist, desto höher sind die Anforderungen an das mit der Sanierungsmaßnahme verfolgte Ziel. Die beabsichtigte Beseitigung sämtlicher baulicher Anlagen muss Zwecken von besonderem Gewicht dienen.*)

IBRRS 2025, 0801

LG Berlin, Urteil vom 20.03.2023 - 64 S 61/23
Unternimmt es ein Mieter, den Vermieter im Anschluss an eine berechtigte Abmahnung wegen unerlaubter Untervermietung der Wohnung über Ausmaß und Konditionen der Untervermietung zu täuschen, kann darin eine mehr als unerhebliche Verletzung des Mietverhältnisses liegen, die gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB jedenfalls die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt.*)

IBRRS 2025, 0727

AG Wiesbaden, Beschluss vom 26.02.2025 - 935 C 4000/24
Bei einer Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung kann die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) nicht auf der Grundlage des bestehenden Mietspiegels zuzüglich eines Stichtagszuschlags auf der Basis des Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes schlüssig dargelegt werden.*)

IBRRS 2024, 2955

FG Münster, Urteil vom 28.08.2024 - 2 K 1046/22
Die Mitvermietung eines Lastenaufzugs ist eine für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unschädliche Überlassung einer Betriebsvorrichtung, wenn der Lastenaufzug als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist.

IBRRS 2025, 0821

BGH, Beschluss vom 11.02.2025 - VIII ZB 65/23
Zu den Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei der Versendung fristgebundener Schriftsätze - hier: Berufungsbegründung - über das besondere elektronische Anwaltspostfach (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 11.05.2021 - VIII ZB 9/20, IBRRS 2021, 1998; = IMRRS 2021, 0710; vom 21.03.2023 - VIII ZB 80/22, IBRRS 2023, 1324 = IMRRS 2023, 0597; vom 30.01.2024 - VIII ZB 85/22, IBRRS 2024, 1093 = IMRRS 2024, 0493).*)

IBRRS 2025, 0726

BayObLG, Beschluss vom 27.11.2024 - 101 AR 144/24
1. Klagen gegen Fremdnutzer von Sondereigentum fallen nicht unter § 43 Nr. 1 und 2 WEG.*)
2. Bei subjektiver Klagenhäufung und Zuständigkeit des Landgerichts für den Nichtwohnungseigentümer spricht für die Wahl des Amtsgerichts maßgeblich, dass für den Sondereigentümer dort eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit besteht. Die Bestimmung des für einen Streitgenossen ausschließlich zuständigen Gerichts auch für das Verfahren gegen den anderen Streitgenossen ist meist sachgerecht, weil damit dem Gesichtspunkt der Spezialisierung gerade dieses Gerichts Rechnung getragen wird.*)

IBRRS 2025, 0750

OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.01.2025 - 4 W 19/24
Wird die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der Aussetzung eines Verfahrens nach § 148 ZPO zurückgewiesen, hat der Beschwerdeführer nach § 97 ZPO die Kosten des Bescherdeverfahrens zu tragen (entgegen BGH, Beschluss vom 09.03.2021 - II ZB 16/20, IBRRS 2021, 1058).*)

Online seit 21. März
IBRRS 2025, 0790
KG, Urteil vom 12.03.2025 - 21 U 138/24
1. Für die übliche Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes muss jedenfalls eine Fahrtaktik zum Abstellen des Fahrzeugs möglich sein, die ohne einen erhöhten Rangieraufwand oder ohne nennenswerte Komforteinbuße auskommt.*)
2. Sofern nichts anderes vereinbart ist, hat der Erwerber eines Tiefgaragenstellplatzes keinen Anspruch darauf, mit einem Mittelklassefahrzeug in einem Zug ohne Korrekturzüge ein- und ausparken zu können, den Stellplatz vorwärts ansteuern und vorwärts ohne Korrekturzug einparken zu können oder eine Wendemöglichkeit in unmittelbarer Nähe seines Stellplatzes nutzen zu können.*)
3. Der geschuldete Standard der mittleren Art und Güte ist erst dann unterschritten, wenn das Ein- und Ausparken die Grenze des Zumutbaren mit einem durchschnittlichen Fahrzeug und durchschnittlichen Fahrkünsten überschreitet. In diesem Rahmen hat der Erwerber gewisse Toleranzen beim Komfort des Ein- und Ausparkens hinzunehmen.*)

IBRRS 2025, 0767

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.02.2025 - 10 B 978/24
1. Die Grundsätze der Anscheinsvollmacht gelten auch im öffentlichen Baurecht.*)
2. Eine Anscheinsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters. Voraussetzung ist dabei, dass das Verhalten von einer gewissen Häufigkeit und Dauer ist.*)
3. Die Geltung von bauaufsichtlichen Genehmigungen für und gegen Rechtsnachfolger gemäß § 58 Abs. 3 BauO NRW schließt Nebenbestimmungen ein, die als selbstständige hoheitliche Regelungen in vollem Umfang an der Sachbezogenheit der Baugenehmigung teilnehmen.*)
