Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.

Volltexturteile nach Sachgebieten
989 Entscheidungen insgesamt
Online seit 28. März
IBRRS 2025, 0870
BayObLG, Beschluss vom 14.03.2025 - 101 Sch 3/24
1. Ein Schiedsspruch ist der unterlegenen Partei nicht vom obsiegenden Gegner, sondern vom Schiedsgericht zu übermitteln, wobei - vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarung - eine formlose Übermittlung genügt.
2. Eine ausdrückliche Einbeziehung von AGB ist im unternehmerischen Rechtsverkehr auch dann wirksam, wenn die AGB einem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Kunde deren Inhalt nicht kennt. Soweit das Klauselwerk klar und unzweideutig beschrieben ist, bedarf es auch keines Hinweises, dass die AGB auf Wunsch übersandt werden können.
3. Eine im geschäftlichen Verkehr verwendete Schiedsklausel ist im Regelfall nicht überraschend.
4. Nimmt ein Vertrag auf ein Dokument Bezug, das eine Schiedsklausel enthält, so begründet dies eine Schiedsvereinbarung, wenn die Bezugnahme dergestalt ist, dass sie diese Klausel zu einem Bestandteil des Vertrages macht. Ein gesonderter Hinweis auf die Schiedsvereinbarungsklausel in AGB ist nicht erforderlich, wenn der Vertrag, welcher die Bezugnahme enthält, den Formerfordernissen für eine Schiedsabrede genügt.
5. Die widerspruchslose Hinnahme eines Angebots zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung begründet nur dann eine formwirksame Schiedsabrede, wenn die Regeln über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben auf den Empfänger anwendbar sind (hier verneint für einen unternehmerisch tätigen Land- und Forstwirt).

Online seit 10. Februar
IBRRS 2025, 0364
EuGH, Urteil vom 06.02.2025 - Rs. C-677/22
1. Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2011/7/EU (...) ist dahin auszulegen, dass die Wendung "im Vertrag wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart" einer Vertragsklausel entgegensteht, die eine vom Schuldner einseitig festgelegte Zahlungsfrist von mehr als 60 Kalendertagen vorgibt, es sei denn, es kann unter Berücksichtigung aller Vertragsunterlagen und Klauseln in diesem Vertrag festgestellt werden, dass die Vertragsparteien ihren übereinstimmenden Willen zum Ausdruck gebracht haben, gerade durch die betreffende Klausel gebunden zu sein.*)
2. Das Erfordernis einer ausdrücklichen Vereinbarung bedeutet, dass unter Berücksichtigung aller Vertragsunterlagen und der darin enthaltenen Klauseln nachgewiesen werden kann, dass die Vertragsparteien ihren übereinstimmenden Willen zum Ausdruck gebracht haben, gerade durch die Klausel, die eine von der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist von 60 Kalendertagen abweichende Zahlungshöchstfrist festlegt, gebunden zu sein.
3. Diesem Erfordernis kann auch im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags Genüge getan werden, wenn eine dieser Parteien die betreffende Klausel in den Vertragsunterlagen hervorgehoben hat, um sie klar von den anderen Klauseln des Vertrags zu unterscheiden und damit ihren Ausnahmecharakter zum Ausdruck zu bringen und um es der anderen Partei somit zu ermöglichen, ihr in voller Kenntnis der Sachlage zuzustimmen.

Online seit 4. Februar
IBRRS 2025, 0322
BGH, Urteil vom 14.01.2025 - XI ZR 35/24
Das bei einer Darlehensablösung von dem bisherigen Kreditinstitut in einer Vielzahl von Fällen von dem neuen Kreditinstitut geforderte Entgelt für den mit der Ablösung des Kredits verbundenen Aufwand ist als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen. Sie unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle und ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (Fortführung Senatsurteil vom 10. September 2019 - XI ZR 7/19, BGHZ 223, 130).*)

Online seit 30. Januar
IBRRS 2025, 0265
LAG Hamm, Urteil vom 15.11.2024 - 1 SLa 733/24
Mit einem Vergleich i.S.d. § 779 BGB wollen die Parteien Ungewissheiten beilegen, nicht angenommenen Gewissheiten eine neue Rechtsqualität geben. Gehen die Parteien wie selbstverständlich vom Bestand einer Anspruchsgrundlage aus und wollen sie lediglich eine Verständigung über die Höhe des geschuldeten Betrags herbeiführen, führt die Unwirksamkeit der den vermeintlichen Anspruch begründenden Klausel zur Unwirksamkeit des Vergleichs, weil ein als feststehend angenommener Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden wäre.*)

Online seit 27. Januar
IBRRS 2025, 0181
OLG Dresden, Urteil vom 09.05.2023 - 14 U 1343/22
1. Bei Umlagen für die Bauwesenversicherung einerseits und Baustrom sowie Bauwasser andererseits handelt es sich um Preishauptabreden, die der AGB-Inhaltskontrolle entzogen sind.
2. Der Auftraggeber ist nicht berechtigt, einen (vereinbarten) Abzug für die Bauwesenversicherung vorzunehmen, wenn er auf Verlangen des Auftragnehmers nicht nachweisen kann, dass er eine Bauwesenversicherung abgeschlossen hat.
3. Optische Fehler (hier: Unebenheiten einer Tiefgaragenbeschichtung) sind nur dann als Mängel zu qualifizieren, wenn bestimmte qualitative oder gestalterische Anforderungen an Oberflächen als Beschaffenheit vereinbart sind (Abgrenzung zu OLG Hamburg, IBR 2019, 14).
Online seit 21. Januar
IBRRS 2025, 0148
OLG Köln, Urteil vom 09.01.2025 - 8 U 46/23
Soweit die Inhaltskontrolle sich auf die Prüfung der Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild erstreckt, sind im Anwendungsbereich des CISG dessen Vorschriften maßgeblich.

Online seit 20. Januar
IBRRS 2025, 0117
OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.11.2024 - 13 U 76/24
1. Wenn feststeht, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Vermieters in Betracht kommt, muss sich dieser nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten.
2. Eine entsprechende Beweislastumkehr findet auch dann statt, wenn die Ursächlichkeit einer vom Schuldner (Vermieter) verwendeten Sache für den Schaden feststeht.
3. Werden Teile der wesentlichen Vertragsbedingungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so ist die Schriftform nur gewahrt, wenn die Anlagen im Mietvertrag so genau bezeichnet werden, dass deren zweifelsfreie Zuordnung zum Mietvertrag möglich ist.
4. § 536a BGB ist grundsätzlich dispositiv und kann auch durch Formularverträge abbedungen werden.
5. Jede Person, die vom Vermieter zu Verrichtungen in oder an der Mietsache bestellt wird, also beispielsweise für Bauarbeiten, ist Verrichtungsgehilfe des Vermieters.
6. Wird der Mieter gleichzeitig dazu verpflichtet, sich selbst gegen Feuer- und Leitungswasserschäden zu versichern und die Prämien einer vom Vermieter abgeschlossenen derartigen Versicherung zu tragen, so sind diese Regelungen sowohl in sich widersprüchlich als auch intransparent.
7. Zudem dürfte damit auch eine finanzielle Überforderung des Mieters durch die doppelt zu tragenden Versicherungsprämien verbunden sein.
Online seit 9. Januar
IBRRS 2025, 0077
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.07.2024 - 4 U 125/23
1. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners wird widerleglich vermutet, wenn durch Allgemeine Geschäftsbedingungen von der zu den wesentlichen Grundgedanken des Verjährungsrechts gehörenden Regelverjährung des § 195 BGB abgewichen wird.
2. Diese Vermutung ist widerlegt, wenn die Klausel auf Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung in ihrer Gesamtheit den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligt. Bei formularmäßigen Verlängerungen der Verjährungsfrist ist dies der Fall, wenn diese sachlich gerechtfertigt sind und maßvoll erfolgen. Für die inhaltliche Ausgewogenheit einer solchen Klausel spricht, wenn die Begünstigung des Verwenders durch Vorteile für dessen Vertragspartner kompensiert werden.
3. Die formularvertragliche Verlängerung der Verjährung des Bürgschaftsanspruchs auf (kenntnisunabhängige) fünf Jahre hält der Inhaltskontrolle stand. Denn die Verlängerung begünstigt nicht nur den Gläubiger, sondern mit Blick auf zusätzlich mögliche Durchsetzungsversuche gegenüber dem Hauptschuldner auch den Bürgen.
4. ...

Online seit 7. Januar
IBRRS 2025, 0245
LG Konstanz, Urteil vom 15.02.2004 - D 3 O 213/22
1. Wenn feststeht, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Vermieters in Betracht kommt, muss sich dieser nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten.
2. Eine entsprechende Beweislastumkehr findet auch dann statt, wenn die Ursächlichkeit einer vom Schuldner (Vermieter) verwendeten Sache für den Schaden feststeht.
3. Werden Teile der wesentlichen Vertragsbedingungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so ist die Schriftform nur gewahrt, wenn die Anlagen im Mietvertrag so genau bezeichnet werden, dass deren zweifelsfreie Zuordnung zum Mietvertrag möglich ist.
4. § 536a BGB ist grundsätzlich dispositiv und kann auch durch Formularverträge abbedungen werden.
5. Jede Person, die vom Vermieter zu Verrichtungen in oder an der Mietsache bestellt wird, also beispielsweise für Bauarbeiten, ist Verrichtungsgehilfe des Vermieters.
6. Wird der Mieter gleichzeitig dazu verpflichtet, sich selbst gegen Feuer- und Leitungswasserschäden zu versichern und die Prämien einer von der Vermieterin abgeschlossenen derartigen Versicherung zu tragen, so sind diese Regelungen sowohl in sich widersprüchlich als auch intransparent.
7. Zudem dürfte damit auch eine finanzielle Überforderung des Mieters durch die doppelt zu tragenden Versicherungsprämien verbunden sein.

IBRRS 2025, 0027

OLG Schleswig, Beschluss vom 28.05.2024 - 12 U 14/24
1. Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel eines Gewerbemietvertrags, in der die Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Schäden von sechs Monaten (§ 548 Abs. 1 BGB) auf 12 Monate verlängert und somit verdoppelt wird, ist unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 BGB).*)
2. Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist. Dies ist danach zu beurteilen, ob die gesetzliche Regelung auf Interessen beider Parteien berücksichtigenden Gerechtigkeitserwägungen beruht oder reinen Zweckmäßigkeitserwägungen folgt. Ersteres ist hier der Fall, so dass auch die formularmäßige Verlängerung nur dann zu billigen ist, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist und maßvoll erfolgt.*)
3. Eine sachliche Rechtfertigung der Verlängerung der Verjährungsfrist für Ansprüche des Vermieters hat der BGH jedenfalls im Wohnraummietrecht nicht gesehen. Der Vermieter wird mit Rückgabe der Mietsache in die Lage versetzt, sich Klarheit darüber zu verschaffen, inwieweit ihm Ansprüche wegen Veränderung bzw. Verschlechterung der Mietsache zustehen. Es ist nicht ersichtlich, dass dies innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist nicht vorgenommen werden könnte. Darüber hinaus betrifft die Regelung in § 548 BGB auch die berechtigten Interessen des Mieters, da dieser nach Rückgabe der Sache keinen Einfluss mehr auf die Mietsache hat und keine beweissichernden Feststellungen mehr treffen kann. Auch der Regelungszweck einer zeitnahen Rechtssicherheit und Rechtsklarheit spricht gegen die Zulässigkeit einer formularvertraglichen Verlängerung der Verjährungsfrist, so dass nach alledem die Verjährungsverlängerung unzulässig ist (so für eine entsprechende Vereinbarung beim Wohnraummietverhältnis BGH, Urteil vom 08.11.2017 - VIII ZR 13/17, Rz. 27 ff., IMRRS 2017, 1615 = BGHZ 217, 1 bis 13).*)
4. Auch wenn man dies wegen der höher einzuschätzenden Privatautonomie der Parteien, der größeren Professionalität der Mietvertragsparteien und der möglicherweise komplexeren Beweissicherung in größeren Mieträumlichkeiten für das Gewerbemietrecht grundsätzlich anders sehen könnte, gilt dies jedenfalls nicht für eine wie hier vorgenommene asymmetrische Verlängerung, bei der lediglich für den Vermieter die Verjährungsfrist verlängert wird, nicht hingegen für mögliche Gegenansprüche des Mieters. In einem solchen Fall liegt jedenfalls auch im Bereich der Gewerbemiete eine unangemessene Benachteiligung vor, weil einseitig zu Lasten des Mieters von der gesetzlichen Regelung abgewichen wird. Es könnte sich die Situation ergeben, dass der Vermieter noch Ansprüche gegen den Mieter zu einem Zeitpunkt geltend machen könnte, wo dessen Gegenansprüche nach sechs Monaten bereits verjährt wären. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts stellt sich die Verlängerung der Verjährungsfrist jedenfalls im vorliegenden Fall als unangemessen benachteiligend für den Mieter und deshalb unwirksam dar.*)

Online seit 20. Dezember 2024
IBRRS 2024, 3651
OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2023 - 2 U 99/22
1. Bei einer durch eine Rechtsanwaltskanzlei verfassten vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung können bereits die äußeren Umstände dafürsprechen, dass die Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Fällen i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vorformuliert sind.*)
2. Akzeptiert der Gläubiger einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung zahlreiche Streichungen des Schuldners von außerhalb der vertragsstrafebewehrten Unterlassungsverpflichtung liegender Klauseln, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass er auch die Vertragsstrafeklausel ernsthaft zur Disposition gestellt hat und diese damit als ausgehandelt i.S.v. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB anzusehen ist.*)
3. Eine als Allgemeine Geschäftsbedingung einzustufende Vertragsstrafeklausel, die einen uneingeschränkten Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs vorsieht, benachteiligt den Schuldner in der Regel unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB.*)

Online seit 10. Dezember 2024
IBRRS 2024, 3533
OLG Oldenburg, Urteil vom 06.02.2023 - 9 U 14/16
1. Vertragsbedingungen sind nicht ausgehandelt, wenn die für den Vertragspartner des Verwenders nachteilige Wirkung der Klausel im Zuge von Verhandlungen zwar abgeschwächt, der gesetzesfremde Kerngehalt der Klausel vom Verwender jedoch nicht ernsthaft zur Disposition gestellt wird.
2. Soweit Allgemeine Geschäftsbedingungen einen Haftungsausschluss für mängelbedingte Schadensersatzansprüche im Fall einfacher Fahrlässigkeit des Verwendungsgegners (Auftragnehmer) regeln, der noch dazu unabhängig davon greifen soll, ob der Verwender (Auftraggeber) konkret anderweitig gegen solche Schäden versichert ist, sind diese - auch im unternehmerischen Rechtsverkehr - unwirksam. Gleiches gilt für die zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender Schadensersatzansprüche durch Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen.
3. Die Beauftragung eines Dritten mit der Beaufsichtigung der Ausführung (hier: Service-Techniker des Maschinenherstellers) entlastet den Auftragnehmer weder unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens oder des Zurechnungszusammenhangs noch begründet es ein Mitverschulden des Auftraggebers.
4. ...

Online seit 4. Dezember 2024
IBRRS 2024, 3484
BGH, Beschluss vom 13.11.2024 - IV ZR 212/23
1. Leistungsbegrenzungen bleiben zunächst grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen weckt. Eine Gefährdung des Vertragszwecks liegt erst dann vor, wenn die Einschränkung den Vertrag seinem Gegenstand nach aushöhlt und in Bezug auf das zu versichernde Risiko zwecklos macht.
2. Der Tatrichter kann, wenn es um die Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage geht, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nur verzichten, wenn er entsprechende eigene besondere Sachkunde auszuweisen vermag.
3. Im Rahmen der Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann es im Falle ihrer Verwendung für verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen, deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, geboten sein, die Abwägung in den durch die am Sachgegenstand orientierte typische Interessenlage gebildeten Vertrags- oder Fallgruppen vorzunehmen, was zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Voraussetzung für die Unterteilung der Klauselgegner in unterschiedliche Fallgruppen ist aber eine hinreichend deutliche, aussagekräftige Abgrenzbarkeit der Unterschiede.

Online seit 2024
IBRRS 2024, 3322
OLG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2024 - 19 U 134/23
Die Vereinbarung einer Verpflichtung zur Zahlung von Aufwendungsersatz durch den Auftraggeber für den Fall der Aufgabe seiner Verkaufsabsicht in AGB des Maklers ist unwirksam, soweit dadurch nicht nur eine Ersatzpflicht für die konkret durch die Bearbeitung des einzelnen Auftrags verursachten Kosten begründet wird, sondern auch die Verpflichtung zur Zahlung von Gemeinkosten (hier: anteiliger Bürokosten).*)

IBRRS 2024, 3146

BayObLG, Beschluss vom 25.10.2024 - 102 AR 120/24 e
1. Einem Verweisungsbeschluss kommt ausnahmsweise dann keine Bindungswirkung zu, wenn dieser schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann, etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss (hier bejaht).
2. Eine ausdrückliche Einbeziehung kann im unternehmerischen Verkehr auch dann wirksam sein, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Kunde ihren Inhalt nicht kennt. Der Verwender muss dem Unternehmen lediglich ermöglichen, von dem Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen. Hierzu genügt etwa ein deutlich sichtbarer Hinweis im Angebotsschreiben auf die Adresse, unter der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Internet einsehbar sind, selbst wenn der Vertragsschluss als solcher nicht im Internet stattgefunden haben sollte.
3. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr sind Gerichtsstandsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen üblich und somit grundsätzlich nicht überraschend.

IBRRS 2024, 3080

LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2024 - 8 SLa 174/24
1. Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist das Bestehen einer Regelungslücke. Von einer planwidrigen Regelungslücke kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrundeliegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist.
2. An die Stelle der lückenhaften Vertragsbestimmung tritt diejenige Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn diesen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre.
3. Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen orientiert sich die ergänzende Vertragsauslegung an einem objektiv generalisierenden, am Willen und Interesse der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Maßstab.
4. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn die ergänzende Vertragsauslegung schließt eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend.

IBRRS 2024, 3038

OLG Köln, Urteil vom 19.07.2024 - 6 U 101/23
1. Die Klausel in einem Open-House-Vertrag zur Lieferung von Corona-Schutzausrüstung mit Vereinbarung eines "spätesten Liefertermins", bei dessen Nichteinhaltung die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien entfallen und eine verspätete Lieferung keine Erfüllung des Vertrags darstellt ("absolutes Fixgeschäft"), benachteiligt die Lieferanten unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2, Nr. 1 BGB.*)
2. Die Vereinbarung eines relativen Fixgeschäfts außerhalb der vorgegebenen Vertragsklauseln kommt in Betracht; insoweit kann aber nicht nach dem Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" auf eine unwirksame Vereinbarung eines absoluten Fixgeschäfts zurückgegriffen werden.*)
3. Die Notwendigkeit einer zügigen Beschaffung von Schutzausrüstung unter den Bedingungen einer sich entwickelnden Pandemielage mit einer erheblichen Gefährdung für die Bevölkerung, die zeitlich begrenzte Verkehrsfähigkeit bestimmter Schutzmasken oder die Deckelung des Einkaufsvolumens sind keine hinreichenden Gründe für die Annahme eines relativen Fixgeschäfts; die Fristsetzung zur Nacherfüllung war danach nicht gem. § 323 Abs. 2, Nr. 2 BGB entbehrlich.*)
4. Die vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht entfällt, wenn der andere Teil zu Unrecht den Rücktritt erklärt und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er wolle die ihm obliegende Leistung nicht mehr erbringen.*)

IBRRS 2024, 3023

BGH, Urteil vom 25.09.2024 - IV ZR 350/22
Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung, die dem Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften aufgibt, verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.*)

IBRRS 2024, 2928

OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.06.2024 - 5 U 38/23
1. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung liegt beim Einbau einer Küche für den bestimmungsgemäßen Gebrauch eines neu errichteten Wohnhauses ein Bauvertrag vor.
2. Eine formularmäßige Skontoklausel, nach der der gesamte Zahlbetrag "fällig bis zum Tage der Lieferung und Rechnungsstellung" sein soll, ist wegen unzulässiger Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts des Kunden unwirksam.
3. Erklärt eine Skontoklausel die Rechnungsstellung als maßgeblich für die Fälligkeit, benachteiligt dies den Kunden ebenfalls unangemessen.
4. Die zeitliche Einschränkung der Zahlung "am Tage der Lieferung und Rechnungsstellung" benachteiligt den Kunden unangemessen, da hierdurch die Notwendigkeit einer Mahnung entfällt. Dies gilt unabhängig davon, dass eine Bar- oder Sofortzahlung dem Kunden auch nicht zumutbar ist, wobei sich die faktische Einschränkung der Zahlungsmethode sowohl als eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB darstellt als auch - selbst bei Individualabreden - nach § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
5. Die Vereinbarung der Zahlung eines "Skontobetrags", der mehr als 20% des "Küchengesamtpreises" ausmacht, ist als Vertragsstrafe zu werten und aufgrund dieses Umfangs unwirksam.

IBRRS 2024, 2747

AG Schöneberg, Urteil vom 11.07.2024 - 105 C 21/24
Die Vorfälligkeitsklausel "Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf die Ankunft bzw. Gutschrift des Betrags an." ist unwirksam, weil sie bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung dem Mieter das Risiko einer durch den Zahlungsdienstleister verursachten Verzögerung des Zahlungsvorgangs auferlegt (vgl. BGH, IMR 2017, 46).

IBRRS 2024, 2787

OLG Hamm, Beschluss vom 04.07.2024 - 22 U 26/24
1. Es kann nach den stets zu prüfenden Umständen des Einzelfalls keinen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB darstellen, wenn asbesthaltige Dachschindeln auf dem Mansardendach eines Bestandsgebäudes verbaut sind und weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch Beschaffenheitserwartung eine Asbestfreiheit begründen (Anschluss an BGH, Urteil vom 27.03.2009 - V ZR 30/08, IBRRS 2009, 1319 = IMR 2009, 216).*)
2. Von Notaren wiederholt verwendete, nicht von einer Vertragspartei vorgegebene Vertragsklauseln in notariellen Kaufverträgen über mit Bestandsimmobilien bebaute Grundstücke stellen regelmäßig keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, weil keine Vertragspartei diese Vertragsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gestellt hat.*)
3. Die Versicherung des Verkäufers in einem notariellen Vertrag, dass ihm versteckte Mängel nicht bekannt seien, stellt keine Beschaffenheitsvereinbarung oder Garantie dar. Sie verändert bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluss auch nicht die Darlegungs- und Beweislast für eine Arglist des Verkäufers (§ 444 BGB), die der Käufer trägt.*)

IBRRS 2024, 2744

OLG München, Beschluss vom 04.09.2024 - 34 Wx 224/24
1. Dem grundbuchamtlichen Vollzug einer Teilungserklärung nach dem WEG steht nicht entgegen, dass der Aufteilungsplan nicht in elektronischer, sondern in Papierform eingereicht wurde.*)
2. Wurde der Aufteilungsplan zudem in einem Format größer als DIN A3 vorgelegt, ist dies ebenfalls unschädlich.*)

IBRRS 2024, 2553

BayObLG, Beschluss vom 14.08.2024 - 102 AR 84/24
Allgemeine Geschäftsbedingungen können im Verhältnis zu einem Unternehmen auch dann wirksam in den Vertrag einbezogen sein, wenn der Verwender diese zwar in seinem schriftlichen Angebotsschreiben nicht wiedergegeben oder diesem beigefügt hat, aber das Angebotsschreiben einen deutlichen Hinweis auf deren Geltung und die Adresse im Internet, unter der die Allgemeinen Geschäftsbedingungen abrufbar sind, enthalten hat.*)

IBRRS 2024, 2344

OLG Bamberg, Beschluss vom 10.07.2023 - 12 U 24/23
1. Verspricht ein Projektbetreuer gegenüber dem Bauherrn, für die Einhaltung einer bestimmten Bausumme einzustehen, kann seine Erklärung einen unterschiedlichen Inhalt haben, der stets im Einzelfall durch Auslegung festzustellen ist.
2. Für die Annahme einer selbstständigen Garantie, bei der der Auftragnehmer verschuldensunabhängig - auch bei unvorhersehbaren Geschehensabläufen - für sämtliche die Garantiesumme übersteigenden Kosten haftet, sind hohe Anforderungen zu stellen.
3. Eine Baukostengarantie wird gegenstandslos, wenn die ursprüngliche Planung einvernehmlich geändert und in erweitertem Umfang ausgeführt wird.
4. Ein individuelles Aushandeln kann anzunehmen sein, wenn die streitgegenständliche Klausel im Zuge der Vertragsverhandlungen auf einen entsprechenden Wunsch des Verwendungsgegners abgeändert wird (hier bejaht).

IBRRS 2024, 2197

LG Berlin II, Urteil vom 25.06.2024 - 67 S 240/21
1. Wenn ein Verstoß gegen § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV die Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung gem. § 556 Abs. 4 Alt. 1 BGB nach sich zieht, gilt für einen Verstoß gegen § 556 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV dasselbe (hier: Unwirksamkeit einer individualvertraglichen Quotenabgeltungsklausel).*)
2. Trotz vom Vermieter vorformulierter Vertragsbedingungen kann eine im Einzelnen ausgehandelte Individualvereinbarung i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB vorliegen. Das erfordert allerdings nicht nur die ausdrückliche Aufforderung des Vermieters an den Mietinteressenten, vor Aufnahme der Verhandlungen über die vermieterseits entworfenen Vertragsbedingungen zunächst seinerseits konkrete und alternative Regelungs- und Textvorschläge einzubringen, sondern gleichzeitig die Erklärung, die Vertragsverhandlungen selbst dann fortzuführen, wenn keine zeitnahe Einigung über die mieterseits eingebrachten Vorschläge erzielt werden kann.*)

IBRRS 2024, 2094

BGH, Urteil vom 12.06.2024 - IV ZR 341/22
Zur Wirksamkeit von Bestimmungen in Rechtsschutzversicherungsbedingungen über das Schiedsgutachterverfahren nach einer Ablehnung des Rechtsschutzes durch den Versicherer wegen mangelnder Erfolgsaussichten oder wegen Mutwilligkeit der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen (hier: § 3a Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 und 2 ARB 2019).*)

IBRRS 2024, 1663

LG Berlin II, Urteil vom 13.02.2024 - 67 S 186/23
1. Die Rückzahlung der Kaution steht mehreren Mietern als Mitgläubigern zu. Ist der Anspruch eines Mieters verjährt, tangiert dies dementsprechend nicht den Anspruch der anderen Mitmieter.
2. Zwar können auch vorformulierte Klauseln im Einzelfall Gegenstand und Ergebnis von Individualabreden sein, insbesondere wenn sie im Einzelnen ausgehandelt sind. Jedoch liegt ein solches Aushandeln nur vor, wenn der Verwender den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der effektiven Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären.
3. Allein die Vornahme einer den Mietern günstigen Änderung und Überarbeitung der vorgesehenen Vertragsbestimmungen ändert nichts an der nachteiligen Wirkung der Schönheitsreparaturklauseln, deren gesetzesfremder Kern durch die damit verbundene Aufnahme einer dem Mieter entgegenkommenden Klausel nicht nach obiger Maßgabe ernsthaft zur Disposition unter Einräumen eigener effektiven vertraglicher Gestaltungsmöglichkeiten der Mieter hinsichtlich des Umfangs der ihnen überbürdeten Schönheitsreparaturen sowie der Quotenklausel gestellt und ausgehandelt wird.
4. Eine AGB-Klausel, wonach Wände und Decken "in dem ursprünglichen Weißton (beim Vermieter zu erfragen)" bei Rückgabe der Mietsache zu streichen sind, ist unwirksam.
5. Auch eine Klausel, wonach die Rückgabe in "gereinigtem Zustand (dazu gehören gereinigte Fenster und Türen, gewischte Böden sowie entkalkte Armaturen etc.)" zu erfolgen hat, ist unwirksam, da ihr die Transparenz bezüglich des tatsächlich geschuldeten Übergabezustands fehlt und der Mieter bei kundenfeindlichster Auslegung auch Reinigungsvorgänge schuldet, die über die allgemein vertraglich geschuldete besenreine Rückgabe im Sinne einer üblichen Reinigung des sich allmählich ansammelnden Schmutzes verbunden mit der Entfernung von groben Verunreinigungen hinausgehen.

IBRRS 2024, 1305

OLG Stuttgart, Urteil vom 11.04.2024 - 2 U 196/22
Zur Unwirksamkeit der Klausel „Liefertermine und Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben“ in Verbrauchsgüterkaufverträgen über Wohnmobile und Wohnwagen.*)

IBRRS 2024, 0862

OLG Oldenburg, Urteil vom 28.03.2023 - 2 U 178/22
1. Mit der in § 48 Abs. 1 EStG geregelten Abzugsverpflichtung tritt neben die zivilrechtliche Verpflichtung zur Werklohnzahlung des Leistungsempfängers (= Auftraggebers) gegenüber dem Leistenden (= Auftragnehmer) seine öffentlich-rechtliche Zahlungsverpflichtung und Haftung gegenüber dem Finanzamt des Leistenden (= Auftragnehmers), die sich der Höhe nach auf den Betrag der Bauabzugssteuer erstreckt. Bezahlt der Leistungsempfänger die Bauabzugssteuer, erfüllt er in Höhe des Abzugsbetrags seine zivilrechtliche Leistungspflicht, indem er der ihm abgabenrechtlich auferlegte Abzugsverpflichtung gegenüber dem Finanzamt des Leistenden nachkommt.
2. Eine Aufspaltung des einheitlichen Werklohnanspruchs in einen noch nicht entrichteten und bereits bezahlten Teil ist nicht möglich. Zutreffend ist allein, dass die Bemessungsgrundlage der durch das Finanzamt festzusetzenden Bauabzugssteuer lediglich das bereits an den Leistenden (Auftragnehmer) entrichtete Entgelt einschließlich Umsatzsteuer ist.
3. Die Klärung der steuerlichen Lage und der Ausgleich einer eventuell zu viel entrichteten Bauabzugssteuer findet im Verhältnis zwischen dem Leistenden (Auftragnehmer) und dem Fiskus statt.
4. Eine Erklärung, nach der zuvor gerügte Mängel mittlerweile "behoben" bzw. "erledigt" seien, kann eine ausdrückliche Abnahme darstellen, mit der zugleich der stillschweigende Verzicht auf ein vereinbartes, förmliches Abnahmeprozedere verbunden ist.
5. Von einem Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ist nur dann auszugehen, wenn der AGB-Verwender ihren Inhalt ernsthaft zur Disposition stellt und sein Gegenüber die reale Möglichkeit erhält, auf den Inhalt der Vertragsbedingung Einfluss zu nehmen. Bekundet der Verwendungsgegner im Rahmen von Vertragsverhandlungen sein Einverständnis mit der Klausel, füllt dies das Tatbestandsmerkmal des Aushandelns nicht aus.
6. Eine Klausel benachteiligt den Verwendungsgegner unangemessen und ist unwirksam, wenn die gebotene Auslegung ergibt, dass der Verwender selbst nach Fertigstellung und Abnahme sämtlicher Arbeiten sowie Vorlage aller anderen in ihr geforderten Nachweise 30% des Werklohns zurückbehalten darf, bis ihm Erklärungen des Auftragnehmers und/oder dessen Subunternehmern vorgelegt werden, dass er/sie in der Vergangenheit nicht gegen Bestimmungen des SchwarzArbG, des AEntG und des AÜG verstoßen hat/haben.

IBRRS 2024, 0815

BGH, Beschluss vom 30.01.2024 - VIII ZB 43/23
1. Gegen eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO darf die Rechtsbeschwerde nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zugelassen werden, da es nicht Zweck des Kostenverfahrens ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Lässt das Beschwerdegericht unter Missachtung dieses Grundsatzes die Rechtsbeschwerde gleichwohl zu, ist das Rechtsbeschwerdegericht daran nach § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO gebunden (st. Rspr.; im Anschluss an BGH, Beschluss vom 27.04.2021 - VIII ZB 44/20, Rz. 10 m.w.N., IBRRS 2021, 1670 = IMRRS 2021 = NJW-RR 2021, 737).*)
2. Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen unter dem Gesichtspunkt, dass ihm die Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, trägt er für diesen Umstand die Darlegungs- und Beweislast (im Anschluss an BGH, IMR 2015, 220).*)
3. Die Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Quotenabgeltungsklausel führt nicht zur Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Vornahmeklausel (im Anschluss an BGH, Urteil vom 18.06.2008 - VIII ZR 224/07, Rz. 14, IBRRS 2008, 2211 = IMRRS 2008, 1307 = WuM 2008, 472; Beschluss vom 18.11.2008 - VIII ZR 73/08, Rz. 1, IBRRS 2009, 0166 = IMRRS 2009, 0104 = WuM 2009, 36).*)
IBRRS 2024, 0182

AG Charlottenburg, Urteil vom 26.10.2023 - 210 C 176/23
1. Die formularmäßige Verpflichtung des Mieters zu Schönheitsreparaturen für Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen ist unklar, weil der Außenanstrich von Fenstern davon auch erfasst sein kann (Anschluss an AG Hamburg, IMR 2023, 182).
2. Nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung ist die Verpflichtung dann insgesamt als unbillig zu werten mit der Folge, dass Schönheitsreparaturen Sache des Vermieters sind.

IBRRS 2024, 0244

AG Völklingen, Beschluss vom 10.01.2023 - 5 C 188/22
1. Eine mietvertragliche Klausel, mit der die Kleinreparaturen dem jeweiligen Mieter auferlegt werden, ist nur dann wirksam, wenn sie
a) den Mieter nicht verpflichtet, die Reparaturarbeiten selbst vorzunehmen oder einen Handwerker selbst zu beauftragen,
b) eine Kostengrenze für den Einzelfall festlegt,
c) bei Überschreitung dieser Kostengrenze keine Beteiligung des Mieters vorsieht,
d) eine Gesamtobergrenze für einen bestimmten Zeitraum vorsieht,
e) die jeweilige Reparatur auf solche Teile der Mietsache begrenzt, die dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind.
2. Eine Kostenobergrenze von 150 Euro im Einzelfall sowie eine Gesamtobergrenze von 8% der Jahresgrundmiete ist zulässig.
3. Eine Kleinreparaturklausel muss sich nicht auf Bestandteile der Wohnung beschränken, die sich zu Beginn des Mietverhältnisses in einem neuwertigen Zustand befunden haben.

IBRRS 2024, 0143

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 30.10.2023 - 2-10 O 359/22
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Vertragsschluss stellt.
2. "Vorformuliert" sind Vertragsbedingungen auch dann, wenn sie nicht schriftlich niedergelegt, sondern zum Zweck künftiger Verwendung "im Kopf" des AGB-Verwenders oder seiner Abschlussgehilfen oder als Textbausteine eines Computer-Programms oder sonstigen Datenträgers gespeichert sind.
3. Enthält bei Lückentexten bereits der Formulartext die zu beanstandende Regelung, wird durch unselbstständige Ergänzungen, die nur den Vertragsgegenstand im Einzelfall konkretisieren, der Charakter einer Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht in Frage gestellt.
4. Der Makler verwirkt seinen Anspruch auf Maklerlohn, wenn eine vorformulierte Reservierungsankaufsvereinbarung die Rechtslage verzerrt, den Kaufpreis als nicht mehr verhandelbar darstellt und den Eindruck erweckt, der Käufer binde sich rechtlich und sei zu nicht unerheblichen Zahlungen, z. B. zur Zahlung von erfolgsunabhängigem Maklerlohn verpflichtet.
5. Der Makler verwirkt seinen Anspruch auf Maklerlohn auch dann, wenn er sich erfolgsunabhängig nicht das ganze Maklerhonorar versprechen lässt, sondern nur einen Teil des eigentlichen Maklerhonorars. Für die Verwirkung genügt, dass beim Kunden der irrige Eindruck entsteht, ihm stehe die Entschließungsfreiheit bis zum formgerechten Abschluss des Kaufvertrags nicht mehr zu.

IBRRS 2024, 0028

AG Landsberg, Urteil vom 14.02.2023 - 1 C 242/22
Die Klausel "Mieter und Vermieter vereinbaren, dass eine Beendigung des Mietverhältnisses erstmalig mit Ablauf von vier Jahren ab Abschluss des Mietvertrags möglich ist" in einem Wohnraummietvertrag ist unwirksam.

Online seit 2023
IBRRS 2023, 3517
OLG Nürnberg, Urteil vom 28.11.2023 - 3 U 1166/23
(Ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2023, 3153

OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.10.2022 - 18 U 10/21
1. Auf einen nach Vertragsschluss erfolgten Hinweis auf die Geltung Allgemeiner Geschäftsbedingungen können diese über die Grundsätze des Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben Vertragsinhalt werden.
2. Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders einer Allgemeiner Geschäftsbedingung kann sich daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
3. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.
4. Die Zulässigkeit der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in abstrakt-generellen Gesetzen kann nicht ohne weiteres auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen übertragen werden. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei denen es an einer gesetzlichen Parallelregelung fehlt, kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn dem Verwender eine Präzisierung zumutbar ist.

IBRRS 2023, 3132

EuGH, Urteil vom 09.11.2023 - Rs. C-598/21
Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 93/13/EWG sind im Licht der Art. 7 und 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach bei der gerichtlichen Kontrolle der Missbräuchlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über die vorzeitige Fälligstellung nicht berücksichtigt wird, ob die dem Gewerbetreibenden eingeräumte Möglichkeit, das ihm aus dieser Klausel erwachsende Recht auszuüben, im Hinblick auf Kriterien verhältnismäßig ist, die insbesondere mit der Schwere des Verstoßes des Verbrauchers gegen seine Vertragspflichten, wie dem Betrag der Raten, die im Verhältnis zu dem Gesamtbetrag des Kredits und der Laufzeit des Vertrags nicht gezahlt wurden, sowie mit der Möglichkeit zusammenhängen, dass die Anwendung dieser Klausel dazu führt, dass der Gewerbetreibende die aufgrund der Klausel geschuldeten Beträge durch den Verkauf der Familienwohnung des Verbrauchers ohne jegliches gerichtliches Verfahren einziehen kann.*)

IBRRS 2023, 2493

OLG Brandenburg, Urteil vom 27.06.2023 - 3 U 88/22
1. Klauseln, die für sich allein betrachtet unbedenklich erscheinen, können auch dann unwirksam sein, wenn sich erst aus der Kombination mit anderen - für sich betrachtet ebenfalls wirksamen - Regelungen eine gesetzlich missbilligte Wirkung einstellt.
2. Die Kombination einer Staffelmiete mit einer Indexklausel kann unwirksam sein, als durch die - zeitgleich zur Indexierung wirksam werdende - Staffelmiete ein "Floaten" unmöglich ist, also eine Anpassung nach oben und nach unten entsprechend der Indexveränderung dauerhaft ausbleiben muss. Insbesondere die Kombination einer automatischen Wertsicherungsklausel mit einer nur nach oben ausgerichteten Staffelmiete kann unzulässig sein, wenn "der Mietzins während der Laufzeit des Vertrags aufgrund der Staffelvereinbarung nur steigen kann".
3. Der "Lebenshaltungsindex aller privaten Haushalte in Deutschland" ist identisch mit dem Verbraucherpreisindex.
4. Weigert sich eine Partei, an der Beauftragung des Schiedsgutachters mitzuwirken, ist die andere Partei nach allgemeiner Ansicht berechtigt, den Gutachter allein zu beauftragen.
5. Das Gutachten eines Schiedsgutachters ist regelmäßig auch dann verbindlich, wenn der Sachverständige den Parteien kein rechtliches Gehör gewährt hat.
6. Eine unmittelbare oder eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Schiedsgerichtsverfahrens auf den Schiedsgutachtervertrag ist nicht möglich.

IBRRS 2023, 1747

LG Berlin, Beschluss vom 22.05.2023 - 64 S 63/22
Die Klausel
"Der Vermieter ist berechtigt, die . . . Miete nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften - auch rückwirkend - zu ändern. Bei preisgebundenem Wohnraum gilt die jeweils gesetzlich zugelassene Miete als vertraglich vereinbart."
verstößt nicht gegen das Transparenzgebot und führt nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters i.S.d. § 307 BGB. Für Wohnungen in Berlin, die der Preisbindung unterliegen, ist aber die rückwirkende Einforderung einer Mieterhöhung nach § 4 Abs. 8 NMV, § 10 Abs. 2 Satz 3 WoBindG gem. § 1a WoBauG BE unwirksam.*)

IBRRS 2023, 1206

AG Dresden, Urteil vom 13.04.2023 - 103 C 3963/22
1. Eine vom Auftraggeber gestellte Sicherungsabrede ist unwirksam, wenn die für die Höhe der Sicherheit maßgebliche Bezugsgröße nicht hinreichend transparent geregelt ist.
2. Eine Intransparenz kann sich auch bei Vereinbarung einer Rangfolgeklausel daraus ergeben, dass das Klauselwerk sich widersprechende Regelungen zur Bezugsgröße enthält, die jede für sich genommen wirksam wäre.

IBRRS 2023, 1157

LG Frankfurt/Main, Urteil vom 06.04.2023 - 2-24 O 133/22
(ohne amtliche Leitsätze)

IBRRS 2023, 0653

LG Köln, Urteil vom 28.11.2022 - 15 O 288/22
1. Bei Verträgen mit Unternehmern genügt es zur Einbindung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wenn der Verwender erkennbar auf seine AGB verweist und der andere Teil ihrer Geltung nicht widerspricht.
2. Die Verweisung muss die AGB eindeutig bezeichnen, so dass der andere Teil sie in zumutbarer Weise zur Kenntnis nehmen kann. Dies ist etwa der Fall, wenn die AGB per Hyperlink abrufbar sind, so dass sich der Vertragspartner mit einem einfachen Klick Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen kann.
3. Sog. Preisnebenabreden, wie insbesondere Preis- und Zahlungsmodifikationen, die sich mittelbar auf den Preis auswirken, an deren Stelle aber bei Fehlen das dispositive Gesetzesrecht treten kann, unterliegen der Inhaltskontrolle.
4. Eine Regelung, wonach sich der Mietzins bei ausbleibender Vorauszahlung von 13 auf 38 Euro pro Gast und Nacht erhöht, ist eine solche Preisnebenabrede. Sie regelt nicht unmittelbar die Vergütung, sondern die Folgen einer verspäteten Zahlung. Der Sache nach handelt es sich bei dieser Rabattverfallklausel um eine der Inhaltskontrolle unterliegende Vereinbarung einer Vertragsstrafe.
5. Solche Klauseln unterliegen jedenfalls dann als Vertragsstrafenregelungen der Inhaltskontrolle, wenn der rabattierte Preis kein Sonderpreis ist, sondern der von den Parteien gewollte Normalpreis, der für den Fall der verspäteten Zahlung zu erbringende Preis hingegen ein nur zum Zwecke der Abschreckung in den Vertrag aufgenommener "Mondpreis", der keinen Bezug mehr zu marktüblichen Preisen hat.
6. Im Gewerberaummietrecht ist von der grundsätzlichen Zulässigkeit von Vertragsstrafen - auch in AGB - auszugehen.
7. Dennoch kann eine Vertragsstrafe gegenüber Unternehmern unangemessen benachteiligend sein, etwa wenn sie unverhältnismäßig hoch ist.
8. Eine Vertragsstrafe ist unverhältnismäßig, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner steht. Die Höhe darf nicht außer Verhältnis zu dem möglichen Schaden stehen, der durch das sanktionierte Verhalten des Vertragspartners ausgelöst wird.
9. Ist ein bestimmter Betrag als pauschale Sanktion vorgesehen, ohne dass nach Art, Gewicht und Dauer der Vertragsverstöße differenziert wird, kann die Unangemessenheit schon daraus folgen.
10. Die Klausel ist zudem deshalb unwirksam, weil sie nicht an einen "Verzug" des Schuldners anknüpft, der nach § 286 Abs. 4 BGB ein Verschulden voraussetzt. Ausreichend ist eine objektiv nicht pünktliche Vorauszahlung, so dass selbst der schuldlos verspätetet zahlende Kunde einer Verdreifachung des Preises ausgesetzt sein soll.

IBRRS 2023, 0473

BGH, Urteil vom 24.01.2023 - XI ZR 257/21
1. Bei Prämiensparverträgen, bei denen die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zum 15. Sparjahr steigen, sind im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) für die vorzunehmenden Zinsanpassungen ein langfristiger Referenzzinssatz und die Verhältnismethode maßgebend. Der als Referenz heranzuziehende Marktzinssatz oder die als Referenz heranzuziehende Umlaufrendite ist vom Oberlandesgericht mit sachverständiger Hilfe zu bestimmen und hat widerzuspiegeln, dass es sich bei den Prämiensparverträgen um eine risikolose Anlageform handelt (Bestätigung der Senatsurteile vom 13.04.2010 - XI ZR 197/09, Rz. 22 f., 26 f., IBRRS 2010, 1888 = BGHZ 185, 166; vom 21.12.2010 - XI ZR 52/08, Rz. 22, 25, IBRRS 2011, 0664 = WM 2011, 306, und vom 06.10.2021 - XI ZR 234/20, Rz. 85, 95 ff., IBRRS 2021, 3468 = BGHZ 231, 215).*)
2. Zur Verfahrensbeschleunigung kann gem. § 411a ZPO die schriftliche Begutachtung durch die Verwertung eines gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.*)

Online seit 2022
IBRRS 2022, 3607
BGH, Urteil vom 15.11.2022 - XI ZR 551/21
Die von einer Bausparkasse für eine Vielzahl von Vertragsverhältnissen mit Bausparern vorformulierte Klausel "Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn - bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig - für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 EUR p.a." ist im Verkehr mit Verbrauchern gem. § 307 Abs. 1 Satz 1, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (Anschluss an Senatsurteil, IMR 2017, 380).*)

IBRRS 2022, 2718

OLG Dresden, Urteil vom 10.08.2022 - 5 U 743/22
1. Der Ausschluss von § 545 BGB ist nicht nur individualvertraglich, sondern auch formularvertraglich wirksam möglich.*)
2. Es ist unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 545 BGB möglich, dass die Parteien nach Beendigung eines Mietverhältnisses konkludent ein neues Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit auf der Grundlage des beendeten Mietverhältnisses begründen, wenn sich nämlich im Einzelfall feststellen lässt, dass dies dem zum Ausdruck gekommenen übereinstimmenden Willen der Parteien und deren Interesse entspricht. Eine solche konkludente Einigung wird in der Rechtsprechung regelmäßig dann angenommen, wenn das Mietverhältnis nach dessen Beendigung für einen längeren Zeitraum weiterhin "gelebt" wurde, also widerspruchslos zum einen dem Mieter die Räume überlassen wurden und zum anderen vom Vermieter die Miete entgegengenommen wurde, sowie die Annahme eines (fortbestehenden) Vertragsverhältnisses der Interessenlage der Parteien entsprach. Die Zahlung des der Miete entsprechenden Entgeltes allein genügt dafür nicht, weil der bisherige Mieter nach dem Ende des Mietverhältnisses diesen Betrag als Nutzungsentschädigung gemäß § 546a Abs. 1 BGB schuldet, wenn er das Mietobjekt entgegen § 546 Abs. 1 BGB nicht zurückgibt.*)

IBRRS 2022, 0584

OLG Koblenz, Beschluss vom 05.01.2022 - 2 W 427/21
Der Bauunternehmer, dem im Rahmen einer abstrakten Klauselkontrolle verboten worden ist, sich die Darlehensauszahlungsansprüche des Bauherrn abtreten zu lassen, handelt diesem Verbot auch dadurch zuwider, dass er zunächst Bauverträge mit anderen Sicherungsregeln abschließt, im Zuge der Vertragsabwicklung dann aber erneut mit Hilfe von Allgemeinen Geschäftsbedingungen alternativ eine derartige Abtretung anbietet.

IBRRS 2022, 1414

KG, Urteil vom 25.04.2022 - 8 U 158/21
1. Miete i.S.d. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB und damit Bezugsgröße für den kündigungsrelevanten Rückstand ist nicht die geminderte Miete, sondern die vertraglich vereinbarte Gesamtmiete.
2. Gleiches gilt im Falle einer außerordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs und auch dann, wenn der Mieter dem Mietanspruch des Vermieters einredeweise einen Anspruch auf Anpassung der Miete nach § 313 BGB entgegenhalten kann.
3. Eine AGB-Klausel, wonach es für die Rechtzeitigkeit der Mietzahlung auf den Eingang des Geldes auf dem Konto des Vermieters ankommt, ist im Gewerberaummietrecht wirksam.
4. Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht.
5. Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich dieser pandemie-bedingten Nachteile erlangt hat, wenn sie nicht als Darlehen gewährt wurden, oder aus einer einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters erhalten hat.
6. Da die Höhe dieser Ersatzleistungen regelmäßig erst mit deren tatsächlicher Auszahlung feststeht und erst zu diesem Zeitpunkt dann abschließend über eine Mietanpassung entschieden werden kann, kommt bis dahin auch eine temporäre Beschränkung der Zahlungspflicht, mithin eine Stundung der Mieten in Betracht.
7. Ausbleibende Kundschaft auch in dem Zeitraum, in denen der Betrieb des Mieters nicht von einer Zwangsschließung betroffen ist, fällt in das wirtschaftliche Risiko des Gewerberaummieters, denn das Verwendungsrisiko liegt grundsätzlich beim Mieter.
IBRRS 2022, 1468

AG Kassel, Urteil vom 28.04.2022 - 421 C 301/22
Eine Vertragsklausel, nach der Rechnungsbeträge spätestens 10 Tage nach Zugang der Rechnung zu zahlen seien, begründet keinen Verzug ohne Mahnung. Die Klausel ist entweder eine Regelung der Fälligkeit oder verstößt gegen § 309 Nr. 4 BGB.

IBRRS 2022, 1230

LG Berlin, Beschluss vom 27.10.2021 - 65 S 125/21
1. Bei einem Kauf geht der Mietvertrag inklusive sämtlicher Allgemeiner Vertragsbestimmungen auf den Käufer über.
2. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann geregelt werden, dass der Vermieter nur in besonderen Ausnahmefällen kündigen kann, wenn "wichtige berechtigte Interessen eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen.". Die Regelung gewährt dem Mieter einen erhöhten Bestandsschutz.
3. Die - hinter der vertraglichen Vereinbarung zurückbleibende - gesetzliche Regelung in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB setzt voraus, dass der Vermieter ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe hat, die Wohnung selbst zu nutzen. Der Wunsch und der Wille allein, die Wohnung für sich oder andere berechtigte Personen zu nutzen, reicht nicht aus; hinzutreten muss u. a. ein Nutzungsinteresse von hinreichendem Gewicht.
4. Der Auszug eines von mehreren Mietern allein gibt dem Vermieter kein Recht zur Kündigung des Mietverhältnisses und begründet auch kein berechtigtes Interesse daran.

IBRRS 2022, 0881

LG Bonn, Urteil vom 26.05.2021 - 1 O 5/20
1. Die Vorschrift des § 634a BGB zur Verjährung der Mängelansprüche ist abdingbar, so dass die Parteien eines Generalplanervertrags vertraglich eine Sonderregelung in Bezug auf die Frage des Verjährungsbeginns vereinbaren können.
2. Enthält ein Generalplanervertrag eine Regelung, wonach der Beginn der Verjährung an die letzte Vertragsleistung anknüpft, und wird der Vertrag gekündigt, ist die letzte Leistung die, die unmittelbar vor der Kündigung erbracht wurde.
3. Der Auftraggeber von Planungsleistungen kann sich nicht darauf berufen, dass die Verjährungsfrist für Mängelansprüche zu seinen Lasten unzumutbar verkürzt wird, wenn der Generalplanervertrag von ihm selbst gestellt wurde.
