Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
1677 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2022
IBRRS 2022, 1545VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.04.2022 - 2 S 762/22
1. Nach § 24 i.V.m. § 16 Satz 1 KAG sind Anschluss- und Erschließungsbeiträge bei Grundstücken, die im Eigentum des Beitragsberechtigten (hier der Gemeinde) stehen, in der Höhe, wie sie bei einem Dritten entstehen würden, intern zu verrechnen, sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen die Beitragsschuld bei einem Dritten entstehen würde. Die (sachliche) Beitragsschuld für solche Grundstücke gilt nach § 24 i.V.m. § 16 Satz 2 KAG in dem Zeitpunkt als entstanden (und zugleich als erloschen), in dem sie bei einem Dritten entstehen würde. Nach diesem Zeitpunkt kann die Beitragsschuld nicht nochmals zur Entstehung gelangen und damit auch nicht mehr nach § 26 KAG abgelöst werden.*)
2. Der Beitragsberechtigte kann ein Grundstück ab diesem Zeitpunkt als "erschlossen" zu einem entsprechenden Kaufpreis veräußern, ohne den Anteil der Erschließungskosten am Kaufpreis offenlegen zu müssen.*)
3. Weist der Beitragsberechtigte im Grundstückskaufvertrag dennoch einen bestimmten Betrag als Erschließungskosten aus, so kann dies nicht als (verdeckte) Ablösungsvereinbarung i.S.d. § 26 KAG verstanden werden; vielmehr hat die Ausweisung der Erschließungskosten in diesem Fall nur informatorischen Charakter.*)
VolltextIBRRS 2022, 1481
VG Schwerin, Beschluss vom 25.04.2022 - 3 B 483/22
1. Durch das Verfüllen bzw. Verschließen der Straßenbefestigung hat sich das Begehren, die Baumaßnahmen anzuhalten, um Leerrohre verlegen zu lassen, erledigt.*)
2. Eine Vorschrift, die einen einklagbaren subjektiv-öffentlichrechtlichen Anspruch auf Verlegung passiver Infrastruktur bzw. Anbindung an das Glasfasernetz enthält, besteht nicht.*)
VolltextIBRRS 2022, 1451
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 03.05.2022 - 1 ME 31/22
1. Die Bauaufsichtsbehörden in Niedersachsen können gegenüber dem (ehemaligen) Eigentümer eines Grundstücks auch dann Anordnungen treffen, wenn dieser sein Eigentum aufgegeben hat.*)
2. § 56 Satz 4 NBauO ist auch dann anwendbar, wenn die Eigentumsaufgabe vor Inkrafttreten der Norm am 01.01.2019 erfolgte.*)
IBRRS 2022, 1327
VGH Hessen, Beschluss vom 15.03.2022 - 4 A 1326/20
1. Ist eine Person, der mittels Zustellungsurkunde etwas zugestellt werden soll, persönlich nicht anzutreffen, kann das Schriftstück auch dadurch zugestellt werden, dass es in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten eingelegt wird, den der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat.
2. Mit einem auf dem Privatbriefkasten angebrachten lesbaren Hinweis "Bitte auch Briefkasten Anwaltskanzlei benutzen!" werden beide Briefkästen sowohl für private als auch geschäftliche Post als Einlegeort eingerichtet.
VolltextIBRRS 2022, 1317
VGH Hessen, Beschluss vom 25.03.2022 - 4 A 151/21
Daten über Maßnahmen und Tätigkeiten, die bereits vor ihrer Verwirklichung aufgegeben wurden, stellen keine Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 Hessisches Umweltinformationsgesetz dar.*)
VolltextIBRRS 2022, 1246
BGH, Urteil vom 17.03.2022 - III ZR 79/21
1. § 56 Abs. 1 und § 65 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gewähren Gewerbetreibenden, die im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie als infektionsschutzrechtliche Nichtstörer durch eine auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützte flächendeckende Schutzmaßnahme, insbesondere eine Betriebsschließung oder Betriebsbeschränkung, wirtschaftliche Einbußen erlitten haben, weder in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung noch im Wege verfassungskonformer Auslegung einen Anspruch auf Entschädigung.*)
2. Mit den Verdienstausfallentschädigungen nach § 56 Abs. 1 und § 56 Abs. 1a IfSG, dem Anspruch auf Impfschadenversorgung nach § 60 IfSG und der Entschädigung für Nichtstörer nach § 65 IfSG enthält der 12. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes punktuelle Anspruchsgrundlagen, denen das planmäßige Bestreben des Gesetzgebers zu Grunde liegt, die Entschädigungstatbestände auf wenige Fälle zu begrenzen und Erweiterungen ausdrücklich ins Gesetz aufzunehmen.*)
3. Entschädigungsansprüchen aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht bzw. aus enteignendem Eingriff steht entgegen, dass die im 12. Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes enthaltenen Entschädigungsbestimmungen - jedenfalls für rechtmäßige infektionsschutzrechtliche Maßnahmen - eine abschließende spezialgesetzliche Regelung mit Sperrwirkung darstellen.*)
IBRRS 2022, 1115
VG Schleswig, Beschluss vom 04.03.2022 - 9 A 113/20
1. Der am 11.06.2021 in Kraft getretene § 15 Abs. 2 KAG erfasst in verfassungskonformer Auslegung auch zu diesem Zeitpunkt bereits erlassene, aber noch nicht bestandskräftige Straßenausbaubeitragsbescheide.*)
2. § 15 Abs. 2 KAG erfüllt mit einer zeitlichen Obergrenze für die Beitragsfestsetzung von 20 Jahren ab Entstehung der Vorteilslage die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gebots der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit.*)
VolltextIBRRS 2022, 0873
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 14.03.2022 - 1 LA 127/21
Ist ein Schädlingsbefall (hier: Ratten) in einem Wohngebäude auch auf bauliche Mängel zurückzuführen, kann eine Nutzungsuntersagung auf § 79 Abs. 1 NBauO gestützt werden.*)
VolltextIBRRS 2022, 0845
OVG Saarland, Beschluss vom 21.02.2022 - 1 B 287/21
Eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die dieses Vorbringen würdigende Argumentation des Verwaltungsgerichts genügt den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht.*)
VolltextIBRRS 2022, 0832
BVerwG, Urteil vom 11.11.2021 - 3 C 16.20
1. Eine Befriedung von Grundflächen nach § 6a BJagdG setzt voraus, dass der Grundeigentümer darlegt, aus welchen Gründen er die Jagdausübung ablehnt; eine Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur ethischen Jagdgegnerschaft genügt hierfür nicht.*)
2. Ethische Gründe im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG liegen vor, wenn der Grundeigentümer die feste Überzeugung gewonnen hat, dass es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht richtig ist, die Jagd auszuüben, und diese Überzeugung für ihn eine gewisse Wichtigkeit hat. Die Gründe müssen nicht den Anforderungen an eine Gewissensentscheidung im Sinne der Rechtsprechung zur Kriegsdienstverweigerung entsprechen.*)
3. Um glaubhaft zu machen, dass der Grundeigentümer die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass er objektive Umstände nachweist, die das Vorhandensein derartiger Gründe nachvollziehbar und im Ergebnis überwiegend wahrscheinlich machen.*)
VolltextIBRRS 2022, 0655
VG Schleswig, Beschluss vom 13.12.2021 - 2 B 51/21
1. Bei der Versiegelung von Räumlichkeiten zur Durchsetzung einer Nutzungsuntersagung handelt es sich um eine Form des unmittelbaren Zwangs (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 07.08.1995 - 1 M 63/95; OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.11.2005 - 9 ME 249/05; VG Saarlouis, Beschluss vom 20.10.2011 - 5 L 510/11).*)
2. Die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorausgegangener Akte ist Bedingung für die Rechtmäßigkeit folgender Vollstreckungsakte (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2004 - 1 C 30/03; BVerwG, IBR 1990, 442; VG Schleswig, Beschluss vom 21.12.2017 - 1 B 203/17).*)
VolltextIBRRS 2022, 0628
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.01.2022 - 5 MR 11/21
1. Sowohl die gegenüber der Gemeinde ergehende Ersetzung des Einvernehmens als auch die dem Dritten gegenüber erteilte Vorhabenzulassung sind für die betroffene Gemeinde als Sachentscheidungen anfechtbar; § 44a Satz 1 VwGO steht dem nicht entgegen.*)
2. Im Rahmen eines summarischen Eilverfahrens ist die inzidente Überprüfung von Regionalplänen grundsätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes gilt nur für offensichtliche (sich aufdrängende) Mängel, die bereits im Eilverfahren den sicheren Schluss zulassen, dass die jeweilige Norm unwirksam ist.*)
VolltextIBRRS 2022, 0605
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.02.2022 - 10 S 2199/21
Eine Anhörungsrüge gem. § 152a VwGO hinsichtlich einer Entscheidung über die Kosten ist nicht deswegen unzulässig, weil nicht auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache eine Anhörungsrüge erhoben worden ist (entgegen OVG Sachsen, Beschluss vom 07.05.2020 - 3 B 119/20).*)
VolltextIBRRS 2022, 0525
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20.01.2022 - 2 L 10/21
1. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage hängt grundsätzlich von einem vorher im Verwaltungsverfahren erfolglos gestellten Antrag auf Vornahme des eingeklagten Verwaltungsakts ab.*)
2. Eine Ausnahme von der Verweisung auf die Durchführung eines (erneuten) Antragsverfahrens kommt in Betracht, wenn das Beharren auf einer Vorbefassung der Verwaltung als bloße Förmelei erscheinen würde, insbesondere wenn die Behörde vorprozessual bereits klar und eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass sie einen solchen Antrag definitiv ablehnen wird. Voraussetzung für die Entbehrlichkeit einer vorherigen Antragstellung ist jedenfalls, dass die Behörde mit dem Sachverhalt bereits befasst war und allenfalls unwesentliche Änderungen in den Streitstoff eingeführt werden.*)
VolltextIBRRS 2021, 3450
LG Amberg, Urteil vom 06.09.2021 - 22 O 828/20
Der Energieversorgungsvertrag kommt regelmäßig mit dem zu Stande, der die tatsächliche Verfügungsgewalt am Übergabepunkt ausübt. Dies ist regelmäßig der Mieter oder Pächter, dem die tatsächliche Verfügungsgewalt vertraglich eingeräumt ist, unabhängig davon, ob dies dem Energieversorger bekannt ist oder nicht.
VolltextIBRRS 2022, 0173
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.06.2021 - 14 B 521/21
1. Eine Vermietung zu anderen als Wohnzwecken und damit eine Zweckentfremdung liegt vor, wenn die Wohnungen nur an Personen vermietet werden, die nur an kurzer Anmietung interessiert sind und keine dauerhafte Wohnnutzung anstreben.
2. Räumlichkeiten, deren dauerndes Bewohnen wegen erheblicher Immissionsbelastungen unzulässig oder unzumutbar ist, sind zweckentfremdungsrechtlich kein Wohnraum. Jedoch ist ein die Bewohnbarkeit ausschließender Mangel unbeachtlich, wenn er nicht auf Dauer besteht. Letzteres ist hinsichtlich der Immissionen einer benachbarten Großbaustelle - etwa im Gegensatz zu Straßenverkehrslärm - der Fall.
VolltextIBRRS 2022, 0150
VGH Bayern, Beschluss vom 05.05.2021 - 12 CS 21.564
1. Fremdenbeherbergung im Sinne des Zweckentfremdungsrechts bezeichnet die Überlassung von Wohnraum an Personen, die am Beherbergungsort nur vorübergehend unterkommen und die ihre (eigentliche) Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben. Für einen derartigen Aufenthalt ist ein lediglich beherbergungsartiges Unterkommen ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes prägend. Es fehlt an einer "auf Dauer" angelegten Häuslichkeit im Sinne einer "Heimstatt im Alltag". Der Aufenthalt zeichnet sich vielmehr durch ein übergangsweises, nicht alltägliches Wohnen bzw. ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen aus. Maßgeblich ist insoweit das jeweils zu Grunde liegende Nutzungskonzept; eine bestimmte Mindest- oder Höchstaufenthaltsdauer kann insoweit nicht festgelegt werden (wie VGH Bayern, Beschluss vom 26.11.2015 - 12 CS 15.2269; Beschluss vom 7.12.2015 - 12 ZB 15.2287).*)
2. Dementsprechend liegt eine Wohnnutzung, nicht hingegen eine (gewerbliche) Vermietung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung vor, wenn in einer Wohnung (weitere) Personen leben, die jeweils über ein eigenes Schlafzimmer verfügen, das eine hinreichende Rückzugsmöglichkeit ins Private gestattet, während Wohnraum, Küche, Bad und Flur gemeinsam genutzt werden (wie OVG Berlin-Brandenburg, IMR 2019, 517).*)
3. Dass eine Nutzung nur für einen begrenzten Zeitraum und nicht auf Dauer angelegt ist, ändert an der Erfüllung des Begriffs des Wohnens nichts (wie OVG Berlin-Brandenburg, IMR 2019, 517).*)
VolltextIBRRS 2022, 0111
OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.06.2020 - 4 U 506/20
1. Ein versteckter Einigungsmangel setzt voraus, dass die Erklärungen der Parteien in ihrem objektiven Erklärungsinhalt nicht übereinstimmen. Es genügt nicht, dass eine Partei mit ihrer Erklärung einen von deren objektiven Inhalt abweichenden Sinn verbunden hat.
2. Dass ein Erschließungsträger Erschließungsanlagen auf eigene Rechnung herstellt und dann an die Gemeinde oder einen Zweckverband übereignen muss, ist kein Umstand, der dazu führen würde, Bestimmungen so auszulegen, dass sich zugunsten des Erschließungsträgers eine möglichst hohe gemeindliche Kostenbeteiligung ergibt.
VolltextIBRRS 2022, 0109
OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.05.2020 - 4 U 506/20
1. Ein versteckter Einigungsmangel setzt voraus, dass die Erklärungen der Parteien in ihrem objektiven Erklärungsinhalt nicht übereinstimmen. Es genügt nicht, dass eine Partei mit ihrer Erklärung einen von deren objektiven Inhalt abweichenden Sinn verbunden hat.
2. Dass ein Erschließungsträger Erschließungsanlagen auf eigene Rechnung herstellt und dann an die Gemeinde oder einen Zweckverband übereignen muss, ist kein Umstand, der dazu führen würde, Bestimmungen so auszulegen, dass sich zugunsten des Erschließungsträgers eine möglichst hohe gemeindliche Kostenbeteiligung ergibt.
VolltextIBRRS 2022, 0082
OLG Brandenburg, Urteil vom 01.06.2021 - 2 U 13/21
1. Das in § 6 BbgSARS-CoV-2-EindämmungsVO vom 22.03.2020 (GVBl. II Nr. 11/2020), vom 17.04.2020 (GVBl. II Nr. 21/2020) und vom 24.04.2020 (GVBl. II Nr. 25/2020) enthaltene Gebot, Gaststätten und Beherbergungsbetriebe für den Publikumsverkehr zu schließen, war rechtmäßig.
2. Schadensersatzansprüche von vom vorgenannten Schließungsgebot betroffenen Inhabern von Hotel- und Gastronomiebetrieben aus § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG scheiden mangels Rechtswidrigkeit des genannten Gebots sowie deshalb aus, weil die für die Gesetzgebung zuständigen Amtsträger Amtspflichten in der Regel nur gegenüber der Allgemeinheit, nicht jedoch gegenüber bestimmten Einzelpersonen oder Personengruppen zu erfüllen haben.
3. Ansprüche der vorgenannten Personen aus § 1 Abs. 1 BbgStHG scheitern an der fehlenden Rechtswidrigkeit des Schließungsgebots.
4. Ansprüche der vorgenannten Personen aus § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG aF scheiden aus, weil die Vorschrift nur "Ausscheidern", "Ansteckungsverdächtigen", "Krankheitsverdächtigen" und "sonstigen Trägern von Krankheitserregern" i.S.v. § 31 Satz 2 IfSG Ansprüche gewährt und eine erweiternde Auslegung auf andere Personen nicht in Betracht kommt. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf nicht ausdrücklich genannten Personengruppen kommt mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht.
5. § 56 Abs. 4 IfSG stellt keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar, sondern bestimmt lediglich die Höhe einer nach anderen Vorschriften zu gewährenden Entschädigung.
6. Ein Anspruch aus § 65 IfSG kommt nur bei Maßnahmen nach §§ 16 und 17 IfSG, nicht hingegen bei Maßnahmen nach §§ 28 ff. IfSG in Betracht. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Maßnahmen nach §§ 28 ff. IfSG scheidet aus.
7. Ansprüche der unter 2. genannten Personen aus § 38 Abs. 1 a BbgOBG scheiden jedenfalls deshalb aus, weil die Regelungen nach §§ 56 ff. IfSG "andere gesetzliche Vorschrift" i.S.v. § 38 Abs. 3 BbgOBG sind.
8. Ansprüche der vorgenannten Personen aus enteignungsgleichem Eingriff scheitern an der fehlenden Rechtswidrigkeit des Schließungsgebots, Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs am fehlenden individuellen Sonderopfer des einzelnen Hotel- oder Gaststättenbetreibers.
VolltextIBRRS 2022, 0061
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.11.2021 - 8 B 11248/21
1. Ist Gegenstand der Baugenehmigung jeweils eine bauliche Anlage mit bestimmter Nutzung und Funktion, nämlich u. a. die Haltung von 10 Hühnern, fünf Gänsen und 10 Hasen, ist die Haltung anderer Tiere außerhalb der Variationsbreite der zugelassenen Nutzung untersagt.
2. Der Inhalt einer Baugenehmigung ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Haltung von 10 Hühnern bezieht sich daher nach dem objektiven Willen der Behörde lediglich auf Haushühner, so dass die Haltung von Perlhühnern nicht von der Baugenehmigung gedeckt ist.
VolltextOnline seit 2021
IBRRS 2021, 3772OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 09.11.2021 - 8 R 6/21
Die der Flurbereinigungsbehörde nach § 36 Abs. 2 FlurbG obliegende Verpflichtung zur Beweissicherung des Zustands eines Grundstücks vor Beginn der vorläufigen Anordnung besteht nur, wenn ernstlich zu besorgen ist, dass die Grundstücksveränderung für voraussehbare Nachteile ursächlich werden könnte und eine spätere Bewertung zu spät käme, weil die Schaffung vollendeter Tatsachen droht.*)
VolltextIBRRS 2021, 3734
VG Neustadt, Urteil vom 29.10.2021 - 3 K 237/21
1. Bei der Bezeichnung der Grundstücke einer Gemeinde mit Hausnummern handelt es sich um eine Organisationsmaßnahme im Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung, die verschiedenen Zwecken dient.*)
2. Dem einzelnen Eigentümer stehen keine Befugnisse oder Rechtsstellungen zu, die er der erstmaligen Zuteilung einer Hausnummer durch die Gemeinde oder der Änderung (Anschluss BayVGH, Beschluss vom 6.12.2011, 8 ZB 11.1676) oder der Versagung einer von ihm geforderten Neuzuteilung entgegensetzen könnte. Etwas anderes gilt nur für Grundstücke, denen bislang noch keine Hausnummer zugeteilt wurde (Anschluss VG Würzburg, Urteil vom 30.1.2018, W 4 K 17.815).*)
3. Das der Gemeinde bei der Prüfung eines Anspruchs auf erstmalige Zuteilung einer Hausnummer eingeräumte Ermessen ist im Falle des Vorliegens einer hinreichend konkreten Gefahr auf Null reduziert. Eine hinreichend konkrete Gefahrenlage ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine schnelle Auffindbarkeit und Identifizierbarkeit des Grundstücks für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste nur durch Zuteilung einer Hausnummer gewährleistet ist.*)
4. Besitzt ein Gebäude bereits eine Hausnummer, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Zuteilung einer weiteren Hausnummer.*)
5. Ein Gebäude wird nicht allein dadurch zu zwei Gebäuden, dass im Gebäudeinneren eine Mauer durchgehend errichtet wird, ohne, dass zugleich beide Gebäudeteile einen separaten Zugang besitzen.*)
6. Unabdingbare Voraussetzung für die selbstständige Benutzbarkeit eines Gebäudes i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauO-RP ist dessen Betretbarkeit mittels eines eigenen Zugangs, der groß genug sein muss, damit Menschen die Anlage in natürlicher, aufrechter Haltung betreten können. Das Betretenkönnen durch eine Fensteröffnung ist hierfür nicht ausreichend.*)
VolltextIBRRS 2021, 3731
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2021 - 12 S 3232/20
1. Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem ein verantwortlicher Anwalt bei Anwendung der von ihm zu erwartenden Sorgfalt die eingetretene Säumnis hätte erkennen können.*)
2. Im Fall der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) ist hinsichtlich der Fristenkontrolle maßgeblich auf die Mitteilung über den Eingang der Klage abzustellen.*)
VolltextIBRRS 2021, 3714
BGH, Urteil vom 12.11.2021 - V ZR 115/20
1. Ob eine landesgesetzliche Vorschrift das Eigentum an Grundstücken zu Gunsten der Nachbarn i.S.v. Art. 124 EGBGB "anderen" als den im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmten Beschränkungen unterwirft, so dass die Gesetzgebungskompetenz des Landes besteht, lässt sich nur auf der Grundlage einer vergleichenden Gesamtwürdigung der bundes- und landesrechtlichen Regelungen bestimmen.*)
2. Das Landesrecht darf Beschränkungen enthalten, die dieselbe Rechtsfolge wie eine vergleichbare nachbarrechtliche Regelung des Bundes anordnen, aber an einen anderen Tatbestand anknüpfen und einem anderen Regelungszweck dienen; allerdings muss dabei die Grundkonzeption des Bundesgesetzes gewahrt bleiben.*)
3. Regelungen, die den Grundstückseigentümer zur Duldung einer nachträglichen grenzüberschreitenden Wärmedämmung des Nachbargebäudes verpflichten, sind aufgrund des Vorbehalts in Art. 124 EGBGB von der Gesetzgebungskompetenz der Länder umfasst (hier: § 23a Abs. 1 NachbG-NW).*)
VolltextIBRRS 2021, 3695
KG, Beschluss vom 16.11.2021 - 1 W 347/21
1. Die Berliner Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gem. § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten vom 03.08.2021 ist nichtig, weil zum Zeitpunkt des Inkraftretens der Verordnung am 06.08.2021 die Begründung für den Erlass der Verordnung nicht allgemein zugänglich war. Die zum 13.08.2021 erfolgte Veröffentlichung der Begründung im Amtsblatt von Berlin führte nicht zur Heilung des Begründungsmangels.*)
2. § 878 BGB ist analog anwendbar auf Anträge auf Aufteilung von Gebäuden in Wohnungseigentumsrechte nach § 8 Abs. 1 WEG, wenn ein solcher Antrag vor Inkraftreten der Berliner Verordnung über einen Genehmigungsvorbehalt gem. § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB für die Begründung oder Teilung von Wohnungseigentum oder Teileigentum in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (Umwandlungsverordnung nach § 250 BauGB) vom 21.09.2021, die am 07.10.2021 in Kraft getreten ist, beim Grundbuchamt eingegangen ist (Anschluss an BGH, NJW 2017, 1546, zur vergleichbaren Situation bei sog. Erhaltungssatzungen gem. § 172 BauGB).*)
VolltextIBRRS 2021, 3575
BVerfG, Beschluss vom 03.11.2021 - 1 BvL 1/19
1. Das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) erstreckt sich auf alle Abgaben zum Vorteilsausgleich. Daher muss auch die Möglichkeit zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen nach Eintritt der tatsächlichen Vorteilslage zeitlich begrenzt werden (Fortführung von BVerfGE 133, 143).*)
2. Das Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit verlangt zudem, dass der Zeitpunkt des Eintritts der tatsächlichen Vorteilslage für die Beitragspflichtigen erkennbar ist.*)
VolltextIBRRS 2021, 3483
OVG Niedersachsen, Urteil vom 29.10.2021 - 7 KN 21/20
Wird ein Normenkontrollantrag ohne rechtsanwaltliche Vertretung vor dem Verwaltungsgericht gestellt, das Verfahren erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO an das zuständige Oberverwaltungsgericht verwiesen und erst sodann ein Rechtsanwalt vom Antragsteller beauftragt, führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Klage. Maßgeblich ist - vorbehaltlich einer abweichenden Beurteilung von Konstellationen, in denen missbräuchlich Rechtspositionen erschlichen oder bewahrt werden sollen -, ob die Klage vor dem Verwaltungsgericht fristgerecht erhoben wurde.*)
VolltextIBRRS 2021, 3052
OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.08.2021 - 8 K 2/20
Eine Abfindungsvereinbarung, die zwischen Teilnehmern eines Bodenordnungsverfahrens abgeschlossen worden ist, bindet die Flurneuordnungsbehörde nur dann, wenn sie mit Zustimmung der Behörde erfolgt ist.*)
VolltextIBRRS 2021, 3037
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15.06.2021 - 2 LB 15/19
1. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die trotz Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs lediglich auf die Möglichkeit der schriftlichen Form und der Niederschrift beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (vgl. § 81 Abs. 1 VwGO) verweist, nicht aber auf die der elektronischen Übermittlung gemäß § 55a VwGO, ist unrichtig und setzt die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO in Gang. Eine derartige Belehrung ist geeignet, bei dem Betroffenen den Eindruck zu erwecken, trotz Eröffnung des Zugangs für die Übermittlung elektronischer Dokumente sei die Klageerhebung auf diesem Wege nicht zulässig.*)
2. Bei der Übermittlung elektronischer Dokumente nach § 55a VwGO handelt es sich um eine eigenständige Einlegungsmöglichkeit und nicht bloß um einen Unterfall der Schriftform.*)
3. Sollen für Abwassergebühren Starkverschmutzerzuschläge nach trennscharf festgelegten Verschmutzungsstufen erhoben werden, verlangt das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot eine satzungsrechtliche Festlegung des anzuwendenden Messverfahrens, der erforderlichen Mindestprobenzahl und des Zeitraums, in dem diese vorzunehmen sind. Ein Verweis auf die Möglichkeit der Beantragung eines amtlichen Gutachtens kann dies nicht ersetzen, da die materielle Beweislast für das Entstehen der Gebührenschuld dem Gebührengläubiger obliegt.*)
VolltextIBRRS 2021, 2900
OVG Hamburg, Beschluss vom 16.08.2021 - 2 Bs 182/21
1. Für Wohnungsbauvorhaben in einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a BauGB bestimmt ist, stellt der Befreiungstatbestand nach § 31 Abs. 3 BauGB die gegenüber Absatz 2 der Vorschrift sachlich speziellere Regelung dar.*)
2. Angesichts der auch in der Gesetzesbegründung hervorgehobenen Funktion des hinzugetretenen Befreiungstatbestands nach § 31 Abs. 3 BauGB, die Bindungswirkung der planerischen Konzeption bzw. ihrer Grundzüge bei der Erteilung einer Befreiung gegenüber § 31 Abs. 2 BauGB zu lockern, ist nach dem Willen des Gesetzgebers im Rahmen dieses Merkmals nicht zu betrachten, ob die Grundzüge der Planung berührt werden.*)
3. Die für § 31 Abs. 2 BauGB geltende Feststellung, dass angesichts des dichten Gefüges materieller Tatbestandsvoraussetzungen nur ein geringer Spielraum für die Ermessensausübung verbleibt, lässt sich auf § 31 Abs. 3 BauGB nicht übertragen. Den im Vergleich zu § 31 Abs. 2 BauGB gelockerten materiellen Anforderungen von § 31 Abs. 3 BauGB auf Tatbestandsseite stehen ein größerer Ermessensspielraum der Bauaufsichtsbehörde bei der Inanspruchnahme dieser Ermächtigungsgrundlage, ein weiterer Kreis ermessensrelevanter städtebaulicher Erwägungen und damit höhere Anforderungen an die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gegenüber.*)
4. Das Beschwerdegericht hat eine zuGunsten der Beschwerdeführerin wirkende, nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eintretende Änderung der Rechtslage nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu berücksichtigen, wenn die Beschwerdeführerin ihrer fristgebundenen Darlegungspflicht nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO nachgekommen ist, indem sie innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist schlüssig die Erschütterung entscheidungserheblicher Annahmen des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses aufgrund der bevorstehenden Rechtsänderung dargelegt hat, und die Rechtsänderung nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist in Kraft getreten ist, mit der Folge, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts anzuwendendes Recht ist.*)
VolltextIBRRS 2021, 2897
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.08.2021 - 6 A 10603/21
Sieht eine Gebührensatzung eine gesamtschuldnerische Haftung von Miteigentümern oder mehreren aus gleichem Grund Berechtigten für Gebührenschulden vor, besteht keine Verpflichtung des Satzungsgebers, hiervon die Eigentümer von Wohnungseigentum im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes auszunehmen und für sie eine lediglich persönliche Haftung zu begründen.*)
VolltextIBRRS 2021, 2724
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.08.2021 - 7 LB 16/21
Einer Klage auf Verpflichtung zur Erteilung der Sondernutzungsgenehmigung einer Zufahrt auf eine Bundesstraße nach § 8 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 8a Abs. 1 Satz 1 FStrG fehlt es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Grundstück, für das die Zufahrt genehmigt werden soll, nicht unmittelbar an die Bundesstraße grenzt, sondern von dieser durch das Grundstück eines Dritten getrennt ist, für das der die Zufahrt Begehrende kein Überfahrtsrecht innehat. Anders verhält es sich insbesondere dann, wenn der Dritte für das von der Bundesstraße „abgetrennte“ Grundstück eine ein Überfahrtsrecht beinhaltende beschränkte persönliche Dienstbarkeit an seinem Grundstück bestellt hat.*)
VolltextIBRRS 2021, 2723
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.08.2021 - 2 S 1387/21
1. „Nächstgelegene Anbaustraße“ i.S.d. § 39 Abs. 1 Satz 2 KAG ist nicht die Anbaustraße, die nach der Luftlinie gemessen dem Hinterliegergrundstück am nächsten liegt, sondern diejenige, die mit dem Hinterliegergrundstück durch die kürzeste Strecke des Wohn- bzw. Privatwegs verbunden ist.*)
2. Bei der Messung der Weglänge zur Anbaustraße ist von der Grundstücksgrenze auszugehen, die der jeweiligen Anbaustraße zugewandt ist.*)
3. Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 2 KAG ist teleologisch einschränkend dahingehend auszulegen, dass sie in dem Fall, in dem für das Hinterliegergrundstück bereits ein Erschließungsbeitrag für die weiter entfernt gelegene Anbaustraße erhoben wurde, die Annahme einer Mehrfacherschließung nach der allgemeinen Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 1 KAG nicht ausschließt mit der Folge, dass eine satzungsrechtliche Regelung einer Mehrfacherschließungsvergünstigung zugunsten des Hinterliegergrundstücks Anwendung findet.*)
VolltextIBRRS 2021, 2285
OVG Nordrhein-Westfahlen, Urteil vom 22.03.2021 - 14 A 1131/18
1. Es ist unter Gleichheitsgesichtspunkten zulässig, den Bau von Mietwohnungen, die mit Fernwärme beliefert werden, mit der Maßgabe einer geringeren Bewilligungsmiete zu fördern als den Bau von Mietwohnungen mit einer vom Vermieter betriebenen Zentralheizung.*)
2. Das Land darf die in sein Ermessen gestellten Bedingungen der Wohnraumförderung für die Zukunft ändern, ohne abgeschlossene Förderungen an diese Änderungen anzupassen.*)
3. Zum Vertrauensschutz und zum Ermessen bei der Rücknahme gemischter Verwaltungsakte.*)
4. Zur Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG-NW.*)
VolltextIBRRS 2021, 2375
OVG Saarland, Beschluss vom 28.07.2021 - 2 E 150/21
1. Das – hier angebliche – Fehlen einer Nichtabhilfeentscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 148 Abs. 1 VwGO) spielt für die Frage der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Beschwerdegericht keine Rolle.*)
2, Bei der im § 151 Satz 3 VwGO für entsprechend anwendbar erklärten Bestimmung des § 148 Abs. 2 VwGO handelt es sich zu einen nicht um eine zwingende Vorgabe für eine Abgabenachricht und zum anderen wird dieser Informationsaufforderung („soll“) hinsichtlich der Vorlage des Rechtsmittels in der Praxis auch durch die mit der Angabe des Aktenzeichens versehene zeitnahe Eingangsbestätigung des Beschwerdegerichts genüge getan.
3. Formelle Fehler eines Abhilfeverfahrens führen weder zur Rechtswidrigkeit des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts noch geben sie Veranlassung zu einer Rückgabe der Sache an das Verwaltungsgericht.*)
4. Dass den Mitgliedern des Beschwerdegerichts viele regelmäßig in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten des Saarlandes auftretende Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte „bekannt“ sind, hat keinen Einfluss auf seine „Neutralität“ oder gar den Ausgang konkreter Rechtsstreitigkeiten.*)
VolltextIBRRS 2021, 2374
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.05.2021 - 8 A 10264/21
1. Die Grundverfügung zur Beseitigung einer baulichen Anlage erfordert nicht die Bestimmung einer Frist zur Vornahme der Beseitigungshandlung.*)
2. Lediglich die Androhung eines Zwangsmittels verlangt nach § 66 Abs. 1 Satz 3 VwVG-RP eine angemessene Frist zur Erfüllung der Verpflichtung zu bestimmen.*)
VolltextIBRRS 2021, 2224
OLG Brandenburg, Urteil vom 16.02.2020 - 6 U 180/19
1. Der Träger der kommunalen Wasserversorgung ist verpflichtet, mit dem Eigentümer eines Grundstücks einen Vertrag über den Anschluss an das öffentliche Leitungsnetz und über die nachfolgende Versorgung der Anschlussstelle mit Wasser zu ihren Allgemeinen Versorgungsbedingungen zu schließen. Die AVBWasserV ist eine Rechtsverordnung, deren Inhalt nach ihrem § 1 Abs. 1 Vertragsbestandteil wird, wenn Wasserversorgungsunternehmen für den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und für die öffentliche Versorgung mit Wasser Vertragsmuster oder Vertragsbedingungen verwenden, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind.
2. Weil Hausanschlüsse nach der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 1 AVBWasserV unabhängig von der Eigentumslage immer zu den Betriebsanlagen gehören, ist das Wasserversorgungsunternehmen selbst in solchen Fällen nach § 10 Abs. 4 AVBWasserV nur berechtigt, vom Anschlussnehmer die Erstattung von Kosten zu verlangen. Darunter fallen jedoch auch nicht die Kosten für die Aufrechterhaltung des Hausanschlusses durch laufende Instandhaltung und Instandsetzung, technische Verbesserung, Erneuerung oder die Auswechselung von Teilen, wie sie der Beklagte hier wegen veränderter Regeln der Technik als notwendig bezeichnet. Auch für eine solche technische Erneuerung respektive Zusammenfassung von bestehenden Hausanschlüssen fällt ihm gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 AVBWasserV die Herstellungsverantwortung zu, denn Unterhalts- und Erneuerungskosten, die sich auch aus geänderten technischen Vorschriften ergeben können, dürfen vom Versorger nur über den Wasserpreis an die Kunden weitergegeben werden.
VolltextIBRRS 2021, 0713
LG Berlin, Urteil vom 28.01.2021 - 65 S 52/18
1. Wird aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil, einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung vollstreckt, tritt nach der Rechtsprechung des BGH keine Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB ein.
2. § 16a NachbG Bln ist verfassungskonform, da § 912 BGB die Duldungspflichten des Nachbarn bei einem Überbau nicht abschließend regelt.
3. Grenzwände sind keine Grenzanlagen i.S.d. § 921 BGB; die Regelungen der §§ 921 f. BGB sind daher nicht anwendbar.
4. Der Nachbar muss das nachträgliche Anbringen einer Dämmung als Überbau dulden, wenn das Anbringen einer Innendämmung keine adäquate Alternative darstellt.
VolltextIBRRS 2021, 2077
VG Berlin, Urteil vom 27.05.2021 - 19 L 58/21
1. Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BauGB ist gem. § 172 Abs. 2 BauGB als Rechtsgrundlage für die vorläufige Untersagung auch auf die Begründung von Wohnungs- und Teileigentum gem. § 1 WEG anwendbar.
2. Zu den Voraussetzungen einer vorläufigen Untersagung von Wohnungs- und Teileigentum.
VolltextIBRRS 2021, 3848
OVG Niedersachsen, Urteil vom 09.06.2021 - 13 LC 534/18
Eine Vertragsklausel in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Vorhaltung von Rettungsdienstleistungen, die bei einer Reduzierung oder Erhöhung von bis zu 10 % der Vorhalteleistungen keine Anpassung der Vergütung vorsieht, ist wirksam.*)
VolltextIBRRS 2021, 2003
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.05.2021 - 6 A 11159/20
1. Grundstücke an nicht gewidmeten Straßen unterliegen keiner Ausbaubeitragspflicht und sind daher auch nicht in die Oberverteilung des beitragsfähigen Aufwandes einzubeziehen.*)
2. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach im Erschließungsbeitragsrecht (vgl. Urteil vom 24.02.2010 - 9 C 1.09, IBRRS 2010, 1964) Grundstücke, deren Erschlossensein durch eine Verkehrsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB infolge der bebauungsrechtlichen Situation zu verneinen ist, aufgrund einer schutzwürdigen Erwartungshaltung der übrigen Grundstückseigentümer gem. § 131 Abs. 1 BauGB im Rahmen der sogenannten Verteilungsphase berücksichtigt werden können, ist im rheinland-pfälzische Straßenausbaubeitragsrecht auf Sachverhalte, die durch das fehlende Erschlossensein eines Grundstücks mangels Widmung der angrenzenden Verkehrsanlage gekennzeichnet sind, nicht übertragbar.*)
VolltextIBRRS 2021, 2002
VG Neustadt, Urteil vom 05.05.2021 - 3 K 1102/20
1. Die Festsetzung einer Eckgrundstücksvergünstigung in einer gemeindlichen Ausbaubeitragssatzung ist mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar und verstößt weder gegen das Willkürverbot noch gegen den Grundsatz der Typengerechtigkeit.*)
2. Eine Regelung, wonach eine Eckgrundstücksvergünstigung nicht zu gewähren ist, wenn die Ermäßigung zu einer näher festgelegten Mehrbelastung der Mittellieger führt, ist verfassungsrechtlich unbedenklich und kann zur Wahrung des Anspruchs der Mittellieger auf Gleichbehandlung sogar geboten sein.*)
3. Die für einen Erlass der Ausbaubeitragsschuld anerkannten Billigkeitsgründe sind von dem Beitragspflichtigen in einem gesonderten Verfahren gegenüber der Gemeinde geltend zu machen und ggf. im Wege der Verpflichtungsklage gerichtlich zu verfolgen.*)
4. § 135 Abs. 5 Satz 1 BauGB findet im rheinland-pfälzischen Ausbaubeitragsrecht aufgrund bewusster gesetzgeberischer Entscheidung mangels Regelungslücke keine entsprechende Anwendung.*)
VolltextIBRRS 2021, 1876
VGH Bayern, Beschluss vom 24.03.2021 - 12 ZB 19.369
1. Eine nach § 5 Abs. 1 ZeS 2017 erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung ist nach § 5 Abs. 2 ZeS 2017 regelmäßig dann zu erteilen, wenn schutzwürdige private Interessen das Interesse an der Erhaltung des betroffenen Wohnraums überwiegen.*)
2. Überwiegende schutzwürdige private Interessen sind gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 ZeS 2017 insbesondere bei einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Verfügungsberechtigten gegeben, können sich aber etwa auch aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben.*)
3. Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung von Wohnraum trotz Wohnungsnot besteht nicht, wenn der in Rede stehende Wohnraum dem Eigentümer außerhalb von Abwesenheitszeiten selbst als Wohnung dient und somit zumindest zeitweise als "Heimstatt im Alltag" genutzt wird.*)
4. Ein im Erfordernis der Einholung einer Zweckentfremdungsgenehmigung liegendes repressives Verbot einer bestimmten Nutzung einer im eigenen Eigentum stehenden Wohnung mit Befreiungsvorbehalt stellt sich stets als Eingriff in das grundrechtlich in Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsgrundrecht dar.*)
5. Das Zweckentfremdungsrecht erlaubt kein "generalpräventives" Vorgehen gegen Wohnungseigentümer, die ihre Wohnung zwar selbst nutzen, sie in Abwesenheitszeiten aber für Zwecke der Fremdenbeherbergung für mutmaßlich mehr als 8 Wochen im Jahr vermieten.*)
VolltextIBRRS 2021, 1755
BVerfG, Beschluss vom 26.01.2021 - 2 BvR 1786/20
1. Das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) verpflichtet die Vollstreckungsgerichte, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsräumung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. (Rn. 27)
2. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ist nicht notwendig, wenn der Lebens- und Gesundheitsgefahr des Schuldners durch geeignete Maßnahmen begegnet werden kann. Dies setzt aber voraus, dass die Fachgerichte die Geeignetheit der Maßnahmen sorgfältig geprüft und insbesondere deren Vornahme sichergestellt haben. (Rn. 28)
3. Das Vollstreckungsgericht darf die Entscheidung über die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen im Rahmen der Zwangsräumung nicht dem Verantwortungsbereich Dritter überlassen. Insbesondere hat das Gericht selbst zu prüfen, wie einer Gefahr für Leib und Leben gegebenenfalls zu begegnen ist. Der pauschale Hinweis auf die Hinzuziehung von Fachpersonal (zB Gerichtsvollzieher, Polizei, Feuerwehr) wird diesen Anforderungen nicht gerecht. (Rn. 40 – 41)
VolltextIBRRS 2021, 1750
BVerfG, Beschluss vom 11.02.2021 - 2 BvR 105/21
Es verletzt das in Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG verankerte Recht auf effektiven Rechtsschutz, wenn vor der Durchführung eines Zwangsversteigerungstermins nicht über einen zuvor eingegangenen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zur Abwendung des Versteigerungstermins entschieden wird.
VolltextIBRRS 2021, 1734
VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 29.01.2021 - 8 L 3058/20
Ein funktionierender Türöffner nebst dazugehöriger Gegensprechanlage sowie ein funktionierendes Zeitrelais zur Steuerung der Treppenhausbeleuchtung stellen einen zeitgemäßen Mindeststandard in mehrgeschossigen Mietwohnhäusern dar, den der jeweilige Eigentümer zu gewährleisten hat.*)
IBRRS 2021, 1635
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.05.2021 - 1 ME 55/21
1. Anordnungen zur sachverständigen Feststellung des bestehenden Zustands und des Instandsetzungsbedarfs eines Denkmals sowie der im Einzelnen in fachlich-technischer Hinsicht erforderlichen Maßnahmen können auf § 23 Abs. 1 i.V. mit § 6 Abs. 1 Satz 1 NDSchG gestützt werden, wenn der Denkmalbehörde belastbare tatsächliche Anhaltspunkte für die Schädigung eines Denkmals vorliegen und der Eigentümer nicht von sich aus die notwendigen Maßnahmen zur Feststellung von Art und Umfang eines eventuellen Schadens sowie zu seiner Behebung ergreift.*)
2. § 23 Abs. 1 i.V mit § 6 Abs. 1 Satz 1 NDSchG dient der Durchsetzung der Erhaltungspflicht und bezieht sich daher nur auf Gefahren, die dem Denkmal selbst drohen. Geht von dem Denkmal eine Gefahr für seine Umgebung aus, ist das allgemeine Bauordnungsrecht einschlägig.*)
VolltextIBRRS 2021, 1628
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2021 - 5 S 3134/20
1. Das Gericht darf nur solches Vorbringen in nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO nachgelassenen Schriftsätzen berücksichtigen, das sich im Rahmen des gewährten Nachschubrechts hält. Der Schriftsatznachlass berechtigt nicht zur Nachholung in der mündlichen Verhandlung versäumter Klageanträge.*)
2. Der Versagungsgrund des § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 3 LLG ist auch unter Berücksichtigung der Regelung des § 27a Abs. 1 LLG nicht dahingehend auszulegen, dass ein „automatisches Hineinwachsen“ von Dauergrünland in naturschutzfachlich hochwertiges Dauergrünland seit dem 1. Januar 2015 nicht mehr möglich wäre.*)
VolltextIBRRS 2021, 1406
VG Greifswald, Urteil vom 25.03.2021 - 3 A 1006/19
1. Die Gebührenkalkulation für Umlagegebühren nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GUVG muss erkennen lassen, für welchen Kalkulationszeitraum sie Geltung beansprucht.*)
2. Eine bewusste Kostenüberdeckung ist grundsätzlich unzulässig.*)
Volltext