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Sachgebiet: Allgemeines Zivilrecht

3444 Entscheidungen insgesamt

Online seit gestern

IBRRS 2024, 3167
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Wann besteht ein Auskunftsanspruch gegen den Vertragspartner?

OLG Bremen, Urteil vom 16.10.2024 - 1 U 18/24

1. Das Bestehen eines Auskunftsanspruchs hinsichtlich des Umfangs des erlangten Ersatzes als Mittel der Aufklärung zur Geltendmachung eines Anspruchs aus § 285 BGB setzt voraus, dass der Auskunftsfordernde die weiteren Voraussetzungen eines solchen Anspruchs auf Herausgabe des stellvertretenden commodums - abgesehen von der Höhe des erlangten Ersatzes an sich - darlegen und gegebenenfalls beweisen kann.*)

2. Die Vorschrift des § 285 BGB ist anwendbar auch auf Rückgewähransprüche im Rückabwicklungsverhältnis nach § 346 BGB.*)

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Online seit 31. Oktober

IBRRS 2024, 3156
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Binnen welcher Frist kann ein Angebot angenommen werden?

OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.10.2024 - 12 U 108/21

1. Die nach objektiven Maßstäben zu bestimmende Annahmefrist gemäß § 147 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrages an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie der Zeit der Übermittlung der Antwort an den Antragenden. Sie beginnt daher schon mit der Abgabe der Erklärung und nicht erst mit deren Zugang bei dem Empfänger.

2. Die Überlegungsfrist bestimmt sich vor allem nach der Art des Angebots. Nach seinem Inhalt ist zu beurteilen, ob der Antragende die Behandlung des Angebots als eilbedürftig erwarten darf. Dazu gehören auch verzögernde Umstände, die der Antragende kannte oder kennen musste. Als solche kommen etwa die Organisationsstruktur großer Unternehmen, die Erfordernisse der internen Willensbildung bei Gesellschaften oder juristischen Personen oder auch absehbare Urlaubszeiten in Betracht, sofern von einem verzögernden Einfluss auf die Bearbeitungsdauer auszugehen ist.

3. Zu beweisen hat das Zustandekommen des Vertrags und damit auch die Rechtzeitigkeit der Annahme grundsätzlich derjenige, der den Vertragsschluss behauptet und daraus Rechtsfolgen ableitet. Beruft sich der das Vertragsangebot Annehmende darauf, dass der Vertrag wirksam sei, hat er mithin darzulegen und zu beweisen, dass seine Annahmeerklärung rechtzeitig zugegangen ist.

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IBRRS 2024, 3117
Beitrag in Kürze
VerbraucherrechtVerbraucherrecht
Außer-Geschäftsraum-Vertrag nur bei gleichzeitiger Anwesenheit!

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 12 U 114/23

Für die Annahme eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags müssen sowohl Angebot als auch Annahme bei gleichzeitiger Anwesenheit der Vertragspartner erklärt werden. Es ist nicht ausreichend, wenn vor Ort in Anwesenheit beider Parteien lediglich ein zuvor abgegebenes Angebot des Auftragnehmers angenommen wird.

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Online seit 30. Oktober

IBRRS 2024, 3116
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Rücktritt = Widerruf?

OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 - 12 U 185/23

1. Für einen Fernabsatzvertrag muss zunächst ein Vertragsschluss ausschließlich unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgt sein. Das ist nicht gegeben, wenn während der Vertragsanbahnung Verhandlungen im Rahmen von persönlichen Kontakten zwischen den Parteien selbst oder ihren Vertretern stattgefunden haben.

2. Andererseits ist ein Fernabsatzvertrag dann nicht ausgeschlossen, wenn sich der Verbraucher etwa in Geschäftsräumen des Unternehmers lediglich über die Ware oder die Dienstleistung informiert hat und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt.

3. Zwar hat grundsätzlich der Verbraucher die Voraussetzung des ihm günstigen § 312c Absatz 1 BGB zu beweisen, allerdings kehrt sich die Beweislast um, wenn der Verbraucher nachweist, dass der Vertragsschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgt ist; es obliegt dann dem Unternehmer zu beweisen, dass es bereits zuvor zu wesentlichen Vertragsverhandlungen gekommen ist.

4. Beim Vertragsschluss mit einer natürlichen Person ist grundsätzlich von einem Verbraucherhandeln durch diese auszugehen, sodass eine abweichende Einordnung nur dann in Betracht kommt, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

5. Auch wenn der Verbraucher grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass nach dem von ihm objektiv verfolgten Zweck ein seinem privaten Rechtskreis zuzuordnendes Rechtsgeschäft vorliegt, gehen Unsicherheiten und Zweifel aufgrund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts nach der negativen Formulierung in § 13 BGB nicht zulasten des Verbrauchers.

6. Für ein organisiertes Vertriebssystem muss der Unternehmer durch personelle und sachliche Ausstattung innerhalb seines Betriebs die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen haben, die notwendig sind, um regelmäßig im Fernabsatz zu tätigende Geschäfte zu bewältigen. Daran sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Nur Geschäfte, die unter gelegentlichem, eher zufälligem Einsatz von Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden, sollen aus dem Anwendungsbereich ausscheiden. Auch trägt der Unternehmer die Beweislast dafür, dass eine entsprechende Organisation bei ihm nicht gegeben ist.

7. Für einen wirksamen Widerruf ist nicht erforderlich, dass das Wort "Widerruf" verwendet wird; vielmehr genügt es, wenn der Erklärende deutlich zum Ausdruck bringt, er wolle den Vertrag von Anfang an nicht gelten lassen, weshalb die Umstände des Einzelfalls ergeben können, dass die Erklärung eines "Rücktritts" als Widerruf auszulegen ist.

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Online seit 28. Oktober

IBRRS 2024, 3118
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Anscheinsvollmacht nur bei gewisser Häufigkeit und Dauer!

OLG Hamm, Urteil vom 13.11.2023 - 2 U 168/22

1. Bei der Anscheinsvollmacht kann sich der Vertretene auf den Mangel der Vertretungsmacht seines Vertreters nicht berufen, wenn er schuldhaft den Rechtsschein einer Vollmacht veranlasst hat, so dass der Geschäftsgegner von einer Bevollmächtigung ausgehen darf und von ihr ausgegangen ist.

2. Das kommt in Betracht, wenn er nach Lage der Dinge ohne Fahrlässigkeit annehmen darf, der Vertretene kenne und dulde das Verhalten des für ihn auftretenden Vertreters. Dieser Rechtsgrundsatz greift aber nur dann ein, wenn das Verhalten des einen Teils, aus dem der Geschäftsgegner auf die Bevollmächtigung eines Dritten schließen zu können glaubt, von einer gewissen Häufigkeit und Dauer ist.

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Online seit 25. Oktober

IBRRS 2024, 3097
NachbarrechtNachbarrecht
Gemeinsam genutzte Abwasserleitungen: Bruchteilsgemeinschaft zwischen Nachbarn!

OLG Stuttgart, Urteil vom 13.03.2024 - 3 U 49/23

1. Besteht zwischen Nachbarn Mitbesitz im Sinne des § 866 BGB an einem Grundstücksgrenzen überschreitenden Entwässerungsrohrsystem, bilden die Mitbesitzer eine Bruchteilsgemeinschaft im Sinne des § 741 BGB.*)

2. Maßgebliches Kriterium für die Feststellung unmittelbaren Besitzes im Sinne des § 854 Abs. 1 BGB an einem Entwässerungsrohrsystem kann sein, von wem die Abwasserleitung tatsächlich genutzt wird.*)

3. Das Recht zur Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft kann gemäß § 242 BGB wegen der Grundsätze des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ausgeschlossen sein.*)

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Online seit 15. Oktober

IBRRS 2024, 3005
VerbraucherrechtVerbraucherrecht
Noch Verbraucher oder schon Unternehmer?

OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.07.2024 - 6 U 34/24

1. Unternehmer- und nicht Verbraucherhandeln vor, wenn das fragliche Geschäft nach seiner objektiven Zweckrichtung zur Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) geschlossen wird.

2. Ein Vertrag ist als Verbrauchervertrag zu qualifizieren, wenn er darauf gerichtet ist, dem Kunden erst die für die Entscheidung zur Existenzgründung erforderliche Sachkunde zu verschaffen.

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IBRRS 2024, 3004
VerbraucherrechtVerbraucherrecht
Noch Verbraucher oder schon Unternehmer?

OLG Stuttgart, Beschluss vom 30.09.2024 - 6 U 34/24

1. Unternehmer- und nicht Verbraucherhandeln vor, wenn das fragliche Geschäft nach seiner objektiven Zweckrichtung zur Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (sog. Existenzgründung) geschlossen wird.

2. Ein Vertrag ist als Verbrauchervertrag zu qualifizieren, wenn er darauf gerichtet ist, dem Kunden erst die für die Entscheidung zur Existenzgründung erforderliche Sachkunde zu verschaffen.

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Online seit 2. Oktober

IBRRS 2024, 2915
ImmobilienImmobilien
Anspruch auf „lastenfreie“ Grundstücksübereignung?

OLG Hamm, Urteil vom 07.03.2024 - 22 U 86/23

1. Ist in einem notariellen Grundstückskaufvertrag die Lastenfreiheit des Kaufobjekts eine Fälligkeitsvoraussetzung für die Kaufpreisforderung und ist der Käufer vorleistungspflichtig, so hat der Käufer vorbehaltlich einer abweichenden besonderen Vertragsausgestaltung keinen verzugsbegründenden Anspruch gegen den Verkäufer auf Herbeiführung der Lastenfreiheit.*)

2. § 321 BGB ist entsprechend anzuwenden, wenn die Leistung des vorleistungspflichtigen Käufers (mangels Sicherstellung der Lastenfreiheit) noch nicht fällig ist und nach dem Kaufvertragsabschluss bekannt wird, dass der Verkäufer die Lastenfreiheit auf absehbare Zeit nicht gewährleisten kann. Der Käufer hat in diesem Fall unter den Voraussetzungen des § 321 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten.*)

3. Wenn § 321 BGB einschlägig ist, dürfen die hieraus resultierenden Rechtsfolgen nicht durch einen Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung der sog. vertraglichen Leistungstreuepflicht (der Verpflichtung, den Vertragszweck und den Leistungserfolg weder zu gefährden noch zu beeinträchtigen) konterkariert werden.*)

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Online seit 30. September

IBRRS 2024, 2000
AmtshaftungAmtshaftung
Auch keine Entschädigung für corona-bedingte Hotelschließung im 2. Lockdown!

BGH, Urteil vom 11.04.2024 - III ZR 134/22

1. Die infektionsschutzrechtliche Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG und die Verordnungsermächtigung in § 32 Satz 1 IfSG waren bis zum 18.11.2020 eine verfassungsgemäße Grundlage für die durch Allgemeinverfügungen und Rechtsverordnungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie angeordneten Beherbergungs- und Veranstaltungsverbote sowie Gaststättenschließungen. Insbesondere genügten sie den aus Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG sowie aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Anforderungen an die Bestimmtheit einer gesetzlichen Regelung.*)

2. Ab dem 19.11.2020 wurde die Generalklausel des § 28 Abs. 1 IfSG in § 28a Abs. 1 IfSG durch die Benennung nicht abschließender Regelbeispiele auf verfassungsgemäße Weise konkretisiert.*)

3. Beherbergungs- und Veranstaltungsverbote sowie Gaststättenschließungen konnten insbesondere zu Beginn der COVID-19-Pandemie im Wege von Allgemeinverfügungen angeordnet werden.*)

4. Zur Verhältnismäßigkeit infektionsschutzrechtlicher Beherbergungs- und Veranstaltungsverbote sowie Gaststättenschließungen (hier: Hotelkonzern) in dem Zeitraum von März 2020 bis Juni 2021 zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus ("erster und zweiter Lockdown").*)

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Online seit 25. September

IBRRS 2024, 2825
Mit Beitrag
ImmobilienImmobilien
Im „Pott" braucht man keine Schneefanggitter!

OLG Hamm, Beschluss vom 29.02.2024 - 7 U 72/22

1. Es besteht im Ruhrgebiet weiterhin (trotz oder gerade wegen des Klimawandels) keine dahingehende allgemeine Verkehrssicherungspflicht, Schneefanggitter auf Dächern von Gebäuden anzubringen (im Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2023 - 11 U 67/22; OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2012 - 9 U 119/12, IBRRS 2013, 0572 = IMRRS 2013, 0414 = NJW-RR 2013, 25; OLG Hamm Beschluss vom 07.02.2012 - 7 U 87/11).*)

2. Auch für das Aufstellen von Warnschildern vor Schneeabgängen besteht kein Anlass, wenn die Gefahrumstände für jedermann wie für den Geschädigte aufgrund der wahrnehmbaren Ausnahmesituation ohne Weiteres ersichtlich sind (im Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2023 - 11 U 67/22, BeckRS 2023, 45655; OLG Hamm, Beschluss vom 14.08.2012 - 9 U 119/12, IBRRS 2013, 0572 = IMRRS 2013, 0414 = NJW-RR 2013, 25; OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2012 - 7 U 87/11).*)

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Online seit 24. September

IBRRS 2024, 2823
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Erbnachweis bei im Testament nicht namentlich bezeichneten Kindern

KG, Beschluss vom 09.07.2024 - 1 W 27/24

Werden in einer öffentlichen Verfügung von Todes wegen namentlich nicht bezeichnete Kinder als Erben bestimmt, kann das Grundbuchamt gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins (oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses) verlangen. Geburtsurkunden in Verbindung mit einer Versicherung an Eides statt, es seien keine weiteren Kinder geboren worden, genügen für den Nachweis der Erbfolge nicht.*)

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Online seit 11. September

IBRRS 2024, 2737
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Nach zwei Monaten verschickte E-Mail ist kein kfm. Bestätigungsschreiben!

LG Köln, Urteil vom 16.05.2024 - 14 O 308/22

1. Ein Vertragsschluss nach den Grundsätzen über das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben setzt voraus, dass die Parteien in geschäftlichem Kontakt stehen, eine Partei einen vorangegangenen Vertragsschluss bestätigen will oder eine mündliche Vereinbarung erst durch das Bestätigungsschreiben Gültigkeit haben soll und das Bestätigungsschreiben in engem zeitlichen Zusammenhang zu dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen abgesandt wird.

2. Ein Zeitraum von fast zwei Monaten zwischen dem Vertragsschluss bzw. den Vertragsverhandlungen und dem Bestätigungsschreiben fehlt es an einem engen zeitlichen Zusammenhang. Bei einem solchen Zeitintervall kann dem Schweigen des (möglichen) Vertragspartners kein Erklärungswert beigemessen werden. Ein Angebot nach einer entsprechend langen Zeit erfordert vielmehr eine ausdrückliche oder konkludente Annahme durch den Vertragspartner.

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Online seit 9. September

IBRRS 2024, 2712
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Erfüllungsgehilfeneigenschaft setzt keinen Vertrag voraus!

OLG Celle, Urteil vom 31.07.2024 - 14 U 104/23

1. Nach dem Zweck des § 531 Abs. 2 ZPO soll der entscheidungsrelevante Sach- und Streitstoff bereits in erster Instanz vollständig unterbreitet werden. Mit dieser Zweckbestimmung wäre es grundsätzlich nicht vereinbar, das Bestreiten einer in erster Instanz noch unstreitig gestellten Tatsache in der Berufungsinstanz zuzulassen, nachdem die gegnerische Partei ihrerseits das neue Vorbringen bestritten hat (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).*)

2. Für die Erstreckung der Interventionswirkung in subjektiver Hinsicht auf Rechtsnachfolger der im Vorprozess Beteiligten gilt § 325 ZPO entsprechend. Nach § 325 Abs. 1 ZPO wirkt das rechtskräftige Urteil u. a. für und gegen die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Hierunter fällt auch der Übergang des materiellen Rechts kraft Gesetzes, wie im vorliegenden Fall nach § 86 VVG.*)

3. Für die Eigenschaft einer mit Wischarbeiten in einem Hotel beschäftigten Reinigungskraft als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Dienstvertrags (§ 278 Satz 1 Alt. 2, § 611 BGB) des mit der Säuberung der Hotelräumlichkeiten beauftragten Reinigungsunternehmens kommt es nicht entscheidend auf das Bestehen etwaiger (arbeits-)vertraglicher Beziehungen zwischen ihnen beiden an. Denn die Art der zwischen dem Schuldner und dem Erfüllungsgehilfen bestehenden rechtlichen Beziehung ist gleichgültig.*)

4. Maßgeblich ist allein, dass der Erfüllungsgehilfe als Hilfsperson nach den tatsächlichen Verhältnissen objektiv für den Schuldner tätig geworden ist, dass also der Schuldner sich im eigenen Interesse eines Dritten zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient hat.*)

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Online seit 2. September

IBRRS 2024, 2644
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Beschädigung von Anpralldämpfern: Kein Abzug „neu für alt“!

OLG Bremen, Beschluss vom 15.08.2024 - 1 U 14/24

1. Es findet kein Abzug Neu für Alt beim Schadensersatz für die Beschädigung eines Anpralldämpfers an einer Bundesautobahn statt, wenn es sich bei dem Anpralldämpfer nicht um ein eigenständiges Bauwerk handelt, sondern er regelmäßig mit einer Erneuerung der Gesamtanlage ausgetauscht wird.*)

2. Behauptet der Schädiger lediglich pauschal den Eintritt eines Vermögensvorteils für den Geschädigten, so genügt dies nicht für die Geltendmachung eines Abzugs Neu für Alt.*)

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Online seit 30. August

IBRRS 2024, 2640
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Erklärung wird vorformuliert: Unklarheiten gehen zu Lasten des Verfassers!

LG Koblenz, Urteil vom 09.02.2024 - 8 O 40/23

1. Der Empfänger darf einer Erklärung nicht einfach den für ihn günstigsten Sinn beilegen. Er ist verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbarer Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint hat.

2. Wird für die Erklärung ein Formular des Empfängers benutzt, ist darauf abzustellen, wie der Erklärende das Formular verstehen durfte.

3. Unklarheiten gehen im Zweifel zu Lasten des Verwenders einer formularmäßigen Erklärung. Das gilt entsprechend, wenn ein Vertragstext von einem sozial Überlegenen selbst entworfen wird.

4. Derjenige, der einen Vertragstext selbst formuliert, um ihn dem anderen Teil nur zur Unterschrift vorzulegen, muss im Zweifelsfalle alle Unklarheiten gegen sich gelten lassen.

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Online seit 21. August

IBRRS 2024, 2574
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Heizöl durch "blinden" Stutzen gepumpt: Kein Mitverschulden des Hauseigentümers!

OLG Köln, Urteil vom 04.07.2024 - 15 U 217/21

1. Ein Tankwagenfahrer, der zum Befüllen eines Heizöltanks eingesetzt wird, treffen vor Beginn, während und nach Abschluss des Einfüllvorgangs besondere Prüf- und Überwachungspflichten und er muss, wenn eine ordnungsgemäße Befüllung nicht sichergestellt werden kann, dieselbe ablehnen.

2. Wird Heizöl wird durch "blinden" Füllstützen gepumpt, trifft den Hauseigentümer kein Mitverschulden, wenn er bei Lieferung des Heizöls gegenüber dem Tandkwagenfahrer erklärt hat, es seien zwei Stutzen vorhanden, einer davon blind und er solle sichergehen, den richtigen davon zu wählen.

3. Der Hauseigentümer muss sich das Verschulden der Handwerker, die den Kellertank ausgebaut und bei dieser Gelegenheit die alte Rohrleitung nicht verschlossen bzw. nicht anderweitig gesichert haben, im Verhältnis zum Tankwagenfahrer bzw. dessen Arbeitgeber nicht zurechnen lassen.

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IBRRS 2024, 2527
WohnraummieteWohnraummiete
Küche mit vermietet: Kühlschrank muss funktionieren!

AG Neubrandenburg, Urteil vom 13.09.2023 - 103 C 292/23

1. Ist eine Einbauküche mit vermietet, ist der Vermieter auch für einen funktionstüchtigen Kühlschrank verantwortlich.

2. Kommt der Vermieter seiner Pflicht nicht nach, kann der Mieter einen Kühlschrank bestellen und die Kosten vom Vermieter verlangen.

3. Dabei ist unerheblich, ob die Bestellung bereits vor Verzug des Vermieters erfolgte, relevant ist einzig, wann der Kühlschrank geliefert und eingebaut wurde.

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Online seit 7. August

IBRRS 2024, 2425
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Einwurf-Einschreiben eingeworfen: Anscheinsbeweis für Zugang!

BAG, Urteil vom 20.06.2024 - 2 AZR 213/23

Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins, dass Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe zu den postüblichen Zeiten zustellen.*)

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Online seit Juli

IBRRS 2024, 2323
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Keine Vertragsanpassung trotz 26% entgangenem Gewinn wegen Corona!

LG Würzburg, Urteil vom 10.06.2024 - 73 O 2247/23

1. Eine Anspruch auf Vertragsanpassung wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage setzt zunächst eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage nach Vertragsschluss voraus. Die Corona-Pandemie stellt eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage dar.

2. Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Weitere Voraussetzung ist, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

3. Wird der Vertrag im Anschluss an ein Vergabeverfahren geschlossen, sind die Parteien aufgrund der Regelungen und Restriktionen des Vergaberechts wesentlich weniger frei in ihrer Vertragsgestaltung als ohne ein derartiges Verfahren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Vertrag entweder mit demselben Inhalt oder gar nicht geschlossen worden wäre.

4. Im Rahmen der Corona-Pandemie und im Rahmen der allgemeinen Risiken ist ein entgangener Gewinn von 26 % innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes zumutbar.

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IBRRS 2024, 2238
BauvertragBauvertrag
40 Euro Verzugspauschale auch bei „Minimalverzug“!

EuGH, Urteil vom 11.07.2024 - Rs. C-279/23

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist dahin auszulegen, dass er einer Praxis der nationalen Gerichte entgegensteht, die darin besteht, Klagen auf Zahlung des in dieser Bestimmung vorgesehenen Mindestpauschalbetrags als Entschädigung für Beitreibungskosten mit der Begründung abzuweisen, dass der Zahlungsverzug des Schuldners nicht erheblich sei oder dass der Betrag, mit dem der Schuldner in Verzug geraten sei, gering sei.*)

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IBRRS 2024, 2100
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Vermeintliche Schwarzarbeit in der Hausverwaltung

LG Bielefeld, Urteil vom 11.04.2024 - 19 O 68/22

ohne amtliche Leitsätze

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IBRRS 2024, 2058
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Kein Abzug „neu für alt“ bei Teilerneuerung!

AG Trier, Urteil vom 07.06.2024 - 7 C 177/22

1. Ein Abzug Neu für Alt ist jedenfalls dann bei der Beschädigung eines Maschendrahtzauns nicht zu berücksichtigen, wenn nur Teile eines einheitlichen Zaunes erneuert werden.*)

2. Hält ein Zaun die landesnachbarrechtlichen Abstandsgrenzen nicht ein und wird dieser vom Nachbar bei Mäharbeiten beschädigt, liegt ein Mitverschulden des Zauneigentümers jedenfalls dann nicht vor, wenn Einwände des Nachbarn gegen die Abstandsgrenzen nach den landesnachbarrechtlichen Vorschriften präkludiert sind.*)

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IBRRS 2024, 2061
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht

BGH, Urteil vom 04.06.2024 - X ZR 81/23

1. In den Fällen des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB muss der Verbraucher aus der Bildschirmmaske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, ersehen können, für welche Leistungen des Unternehmers er eine Zahlungspflicht eingeht.*)

2. Wenn mit einem einheitlichen Bestellvorgang Verträge über mehrere Leistungen abgeschlossen werden, die grundsätzlich unabhängig voneinander zu erbringen sind, muss die Maske, in der die Bestell-Schaltfläche enthalten ist, einen eindeutigen Hinweis darauf enthalten, dass der Verbraucher mit dem Betätigen der Schaltfläche eine auf den Abschluss aller dieser Verträge gerichtete Erklärung abgibt.*)

3. Hat ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines nach § 312j Abs. 3 und 4 BGB unwirksamen Abonnementvertrags eine andere Leistung zu einem vergünstigten Preis erbracht, steht der Schutzzweck der genannten Vorschriften einem Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz gemäß § 812 Abs. 1 Fall 1 und § 818 Abs. 2 BGB in der Regel entgegen.*)

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IBRRS 2024, 2043
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Genehmigungspflicht des Nachlassverwalters für Antrag auf Teilungsversteigerung?

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.03.2024 - 21 W 16/24

Der Nachlassverwalter bedarf anders als der Nachlasspfleger keiner gerichtlichen Genehmigung für den Antrag auf Teilungsversteigerung eines Grundstücks zur Aufhebung der Gemeinschaft.*)

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IBRRS 2024, 2041
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Ankündigung ohne Einigung ist kein kfm. Bestätigungsschreiben!

LG Hamburg, Urteil vom 06.12.2023 - 417 HKO 35/22

Schweigen hat auch im unternehmerischen Rechtsverkehr grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes gilt, wenn die Grundsätze über das kaufmännische Bestätigungsschreiben Anwendung finden. Voraussetzung hierfür ist u. a., dass der Absender in dem Schreiben eine bereits getroffene Vereinbarung bestätigt und nicht lediglich ein bestimmtes Vorgehen in Aussicht stellt, ohne dass dem eine entsprechende Einigung der Parteien vorangegangen ist.

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IBRRS 2024, 2026
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Wie ist der Verdienstausfall eines Unternehmers darzulegen?

OLG Schleswig, Beschluss vom 20.06.2024 - 7 U 10/24

1. Bei der Feststellung des Verdienstausfallschadens von selbständig Tätigen kommen dem geschädigten im Rahmen der erforderlichen Prognose der hypothetischen Geschäftsentwicklung Darlegungs- und Beweiserleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO.*)

2. Es bedarf grundsätzlich konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung, um eine ausreichende Grundlage für die sachlich-rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose des § 252 BGB und in der Folge für eine gerichtliche Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu geben.*)

3. Die Eröffnung eines selbständigen Gewerbes, gleich welcher Branche, erfordert eine gewisse Vorbereitung und Planung, insbesondere eine Kalkulation des regelmäßigen Zeitaufwands, der zu erwartenden Einnahmen und Kosten sowie der Steuerbelastung.*)

4. Auch wenn der Geschädigte seinen Firmensitz im Ausland (hier: Dänemark) hat und unstreitig über ein eigenes Firmenfahrzeug und entsprechendes Handwerkzeug (hier Dachdeckergewerbe) verfügt, ist zur Darlegung des Verdienstausfallschadens eine betriebswirtschaftliche Kalkulation und Rechnungslegung erforderlich.*)

5. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus den eigereichten Anlagenkonvoluten zusammenzusuchen. Vielmehr obliegt es dem Geschädigten, hinreichende Anhaltspunkte für den gerichtlich geltend gemachten Erwerbsschaden vorzutragen.*)

6. Eine Begehrensneurose lässt den Kausalzusammenhang für einen unfallbedingten psychischen Dauerschaden entfallen.*)

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IBRRS 2024, 2007
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Haftung für Veröffentlichung eines Bildes einer Fototapete

LG Köln, Urteil vom 18.04.2024 - 14 O 60/23

Zur Urheberrechtsverletzung durch öffentliche Zugänglichmachung eines Fotos, das eine Wand mit einer Fototapete abbildet, durch die Vermieterin einer Ferienwohnung. Dabei hatte die beklagte Vermieterin selbst die Fototapete nicht angebracht, sondern von der früheren Bewohnerin der Wohnung unverändert übernommen.*)

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Online seit Juni

IBRRS 2024, 1885
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Kfm. Bestätigungsschreiben muss auf Verhandlung Bezug nehmen!

LG Duisburg, Urteil vom 05.01.2023 - 22 O 2/22

1. Die Rechtsfolgen einer widerspruchsfreien Entgegennahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens treten nur ein, wenn das Schreiben in seinem Wortlaut mit hinreichender Deutlichkeit auf ernsthafte Vertragsverhandlungen Bezug nimmt, die zumindest aus Sicht des Absenders zu einem gültigen Vertragsschluss geführt haben, und in welchem der Absender seine Auffassung für das Zustandekommen und den Inhalt eines mündlichen, fernmündlichen oder telegrafisch geschlossenen Vertrags mitteilt.

2. Die Bezugnahme kann sich auch aus den Gesamtumständen ergeben. Das kaufmännische Bestätigungsschreiben muss zwar nicht als solches bezeichnet, aber eindeutig gefasst und erkennbar dazu bestimmt sein, einen Vertragsschluss und den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen ihrem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben sowie verbindlich festzulegen. Unklarheiten gehen zu Lasten des Absenders.

3. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss zeitnah im Anschluss an die Verhandlungen beim Empfänger eingehen. Ein Zeitabstand von drei Wochen ist dabei als nicht mehr ausreichend anzusehen.

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IBRRS 2024, 1863
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Mit Dachpappe gedecktes Dach beschädigt: Abzug neu für alt gerechtfertigt!

OLG Schleswig, Beschluss vom 23.04.2024 - 7 U 150/23

1. Bei einem < 4m hohen Hallenvordach auf einem Betriebsgelände liegt keine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten vor, wenn die geringe Höhe des Vordaches für jedermann unschwer erkennbar war und durch orangefarbene Ballons auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen wurde. Weitere Hinweise (z. B. Markierungen auf der Straße; Poller etc.) waren nicht erforderlich.*)

2. Bei einem mit Dachpappe gedecktem Flachdach ist im Wege der Vorteilsanrechnung ein entsprechender Abzug neu für alt gerechtfertigt. Ein solches Dach weist - im Vergleich zu einem Ziegel- oder Blechdach - eine geringere Lebensnutzungsdauer auf. Es ist üblicherweise anfällig für Undichtigkeiten und muss regelmäßig gewartet und erneuert werden. Die Nutzungsdauer solcher Bitumendächer kann auf 25 Jahre geschätzt werden.*)

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IBRRS 2024, 1829
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Verletzung der Sicherheitspflichten durch Weitergabe der TAN Codes?

OLG Bremen, Beschluss vom 15.04.2024 - 1 U 47/23

1. Die fernmündliche Weitergabe im mobile-TAN-Verfahren per SMS an den Zahler übermittelter TANs an einen (vermeintlichen) Bankmitarbeiter begründet regelmäßig den Vorwurf einer grob fahrlässigen Verletzung der Geheimhaltungspflichten aus § 675l Abs. 1 BGB. Dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit des Bankkunden steht es auch nicht entgegen, wenn der Anruf unter Anzeige einer Rufnummer der Bank erfolgt und der Anrufer eine Kenntnis von kontobezogenen Informationen belegen kann.*)

2. Einem Schadensersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters aus § 675v BGB kann der Einwand des Mitverschuldens nach § 254 BGB wegen eines Sorgfaltsverstoßes des Zahlungsdienstleisters auch dann entgegengehalten werden, wenn der Zahler den unautorisierten Zahlungsvorgang durch pflichtwidrige Weitergabe von TANs ermöglicht hat; dies begründet keinen Fall einer überholenden Kausalität, wenn ohne den Sorgfaltsverstoß des Zahlungsdienstleisters der unautorisierte Kontozugriff nicht möglich gewesen wäre.*)

3. Der Umstand eines unautorisierten Zugriffs eines Dritten auf das Online-Banking-System eines Zahlungsdienstleisters auch ohne den Nachweis einer Verletzung der Pflicht des Kunden zur Geheimhaltung von PIN oder Zugangskennwort begründet nicht ohne weiteres einen Anscheinsbeweis für einen Sorgfaltsverstoß des Zahlungsdienstleisters durch mangelnde Systemsicherheit des Online-Banking-Systems.*)

4. Ein Zahlungsdienstleister muss für Umbuchungen zwischen mehreren Konten desselben Zahlungsdienstnutzers, die bei demselben Zahlungsdienstleister geführt werden, nach Art. 15 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 keine starke Kundenauthentifizierung anwenden.*)

5. Besteht für einen Zahlungsdienstleister nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen der Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 keine Pflicht zur Anwendung der starken Kundenauthentifizierung, dann ist diese Ausnahme auch zivilrechtlich zu beachten und die Nichtanwendung der starken Kundenauthentifizierung schließt weder nach § 675v Abs. 4 S. 1 Nr. 1 BGB Schadensersatzansprüche des Zahlungsdienstleisters aus, noch begründet sie einen im Rahmen des Mitverschuldens nach § 254 BGB relevanten Sorgfaltsverstoß des Zahlungsdienstleisters.*)

6. Die Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters zur Vorhaltung von Transaktionsüberwachungsmechanismen nach Art. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/389 ist auf eine aufsichtsrechtliche Überwachung gerichtet, nicht auf eine Echtzeitanalyse einzelner Zahlungsvorgänge, durch die im Interesse der betroffenen Zahlungsdienstnutzer gegebenenfalls auffällige Transaktionen vor deren Ausführung zu stoppen wären.*)

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IBRRS 2024, 1821
Mit Beitrag
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Verjährungsbeginn bei Drittschadensliquidation?

BGH, Urteil vom 14.05.2024 - XI ZR 327/22

1. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr entfalten die Vertragsverhältnisse zwischen den beteiligten Banken keine Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, sondern es gelten die Grundsätze der Drittschadensliquidation (Bestätigung von Senatsurteil vom 06.05.2008 - XI ZR 56/07, IBRRS 2008, 1730 = IMRRS 2008, 1157).*)

2. Im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr kann der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers vor Gutschrift eines Überweisungsbetrags verpflichtet sein, gegenüber seiner Zwischenbank einen Hinweis wegen Gefährdung der Interessen des Zahlers zu erteilen, wenn die Gefährdung objektiv evident ist.*)

3. Die "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens", die eine echte Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zu Gunsten des Aufklärungsbedürftigen begründet, gilt nicht nur für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters (Senatsurteil vom 08.05.2012 - XI ZR 262/10, IBRRS 2012, 2570 = IMRRS 2012, 1864), sondern auch für die Verletzung von Warn- und Hinweispflichten durch eine Bank im Zahlungsverkehr.*)

4. Im Fall der Abtretung eines Schadensersatzanspruchs im Zusammenhang mit einer Drittschadensliquidation ist für den Beginn der Verjährung des Anspruchs bis zu dessen Abtretung an den wirtschaftlich betroffenen Dritten maßgebend, dass die subjektiven Voraussetzungen i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Person des Zedenten und nicht in der Person des Dritten vorliegen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 22.11.1966 - VI ZR 49/65, WM 1966, 1329, zu § 852 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung).*)

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IBRRS 2024, 1810
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Überhöhte Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen müssen nicht ersetzt werden!

BGH, Urteil vom 23.04.2024 - VI ZR 348/21

1. Zur Erstattungsfähigkeit von Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen (Desinfektionskosten).*)

2. Den Geschädigten trifft eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der von der Werkstatt bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise.*)

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Online seit Mai

IBRRS 2024, 1702
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Anscheinsbeweis für den Zugang eines Einwurf-Einschreibens nur mit Auslieferungsbeleg!

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2023 - 15 Sa 20/23

1. Ist der Zugang einer schriftlichen Erklärung streitig und beruft sich der darlegungs- und beweisbelastete Absender auf einen Zugang beim Empfänger per Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG, begründet die Kombination von Einlieferungsbeleg der Post und Sendungsstatus der Post noch keinen Beweis des ersten Anscheins für den Zugang.*)

2. Die Aussagekraft eines Sendungsstatus unterscheidet sich von derjenigen der Reproduktion eines Auslieferungsbelegs darin, dass hinter dem Sendungsstatus kein individueller, konkreter Mensch als Gewährsperson steht, während der Auslieferungsbeleg die Unterschrift des Postzustellers trägt. Kann keine Reproduktion des Auslieferungsbelegs von der Deutschen Post AG mehr zur Verfügung gestellt werden, fällt dies in die Risikosphäre des Absenders.*)

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IBRRS 2024, 1630
Mit Beitrag
WerkvertragWerkvertrag
Veranstaltung pandemie-bedingt abgesagt: Leistung objektiv unmöglich!

OLG Koblenz, Urteil vom 16.02.2023 - 7 U 645/22

1. Ein Vertrag über die Errichtung eines Messestands ist ein typengemischter Vertrag, der neben mietvertraglichen auch werk- und kaufvertragliche Elemente enthält.

2. Der Schwerpunkt eines solchen Vertrags liegt regelmäßig auf der Werkleistung, auch wenn die mietweise Überlassung der Einrichtung den größten Kostenpunkt ausmacht.

3. Die Absage einer Messe durch den Veranstalter führt zur objektiven Unmöglichkeit, weil weder der Auftragnehmer noch ein anderer Messebauer die Leistung hätte erbringen können. Unerheblich ist, ob tatsächlich behördliche Auflagen oder gesetzliche Regelungen die Durchführung der Präsenzmesse unmöglich gemacht haben oder ob dies auf einer Entscheidung des Messeveranstalters beruht.

4. Nähme man keinen Fall der objektiven Unmöglichkeit an, wäre jedenfalls eine Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage berechtigt.

5. Nach Art. 240 § 7 EGBGB wird vermutet, dass sich ein Umstand, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwer wiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind.

6. Rechtsfolge einer Störung der Geschäftsgrundlage ist primär eine Vertragsanpassung. Erst wenn eine solche ausscheidet, besteht ein Recht des benachteiligten Vertragspartners zum Rücktritt bzw. zur Kündigung.

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Online seit April

IBRRS 2024, 1380
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Betreuungsgerichtliche Genehmigung der Kündigung gegen Willen des Betroffenen

LG Gera, Beschluss vom 07.03.2024 - 7 T 336/23

1. Auch bei der Kündigung einer Wohnung ist nur ausnahmsweise den Wünschen des Betreuten nicht zu entsprechen, soweit (1.) die Person des Betreuten oder dessen Vermögen hierdurch erheblich gefährdet würde und der Betreute diese Gefahr aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann oder (2.) dies dem Betreuer nicht zuzumuten ist, § 1821 Abs. 3 BGB in Verbindung mit § 1833 Abs. 1 S. 1 BGB.

2. Verfahrensrechtlich ist regelmäßig ein Sachverständigengutachten zu den Auswirkungen der Wohnungsaufgabe, zum Krankheitsverlauf und den verbliebenen Möglichkeiten selbständiger Lebensführung einzuholen.

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IBRRS 2024, 1378
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
E-Mail-Versand ist kein Zugangsbeweis!

OLG Hamm, Beschluss vom 10.08.2023 - 26 W 13/23

Kein Nachweis des Zugangs einer E-Mail durch den Nachweis der Versendung.*)

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IBRRS 2024, 1318
WettbewerbsrechtWettbewerbsrecht
Keine Werbung mit zurückgezogenem Test der Stiftung Warentest!

LG Mannheim, Urteil vom 20.10.2023 - 14 O 14/23

Händler dürfen ein Produkt (hier Türschloss) nicht mit einem Testurteil der Stiftung Warentest bewerben, wenn dieses durch die Stiftung Warentest aufgrund der Produktwarnung des BSI wegen bekanntgewordener Sicherheitslücken des Produkts zurückgezogen worden ist.

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IBRRS 2024, 1264
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Versendung einer "einfachen" E-Mail beweist nicht den Zugang!

OLG Rostock, Beschluss vom 03.04.2024 - 7 U 2/24

Zur Frage des Beweises des Zugangs einer (einfachen) E-Mail; Verneinung eines Anscheinsbeweises.*)

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IBRRS 2024, 0989
Mit Beitrag
Bürgschaft und sonstige SicherheitenBürgschaft und sonstige Sicherheiten
Zahlstellenklausel in Anzahlungsbürgschaft wirksam!

OLG Hamm, Urteil vom 28.09.2023 - 17 U 123/21

1. Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bürgen, dass die gestellte Anzahlungsbürgschaft unter der aufschiebenden Bedingung des Eingangs der Anzahlung auf einem konkreten Konto steht, ist marktüblich und damit nicht überraschend.

2. Derartige Zahlstellenklauseln benachteiligen den Gläubiger nicht unangemessen, denn der Bürge und der Gläubiger haben ein gleichlaufendes Interesse daran, dass eine Kontrolle der zweckentsprechenden Verwendung der Anzahlung möglich ist.

3. Der Bürge muss auf den Nichteintritt der Bedingung nicht hinweisen.

4. Teilzahlungen führen grundsätzlich nicht dazu, dass der Bürge in Höhe des eingegangen Betrags in Anspruch genommen werden kann.

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Online seit März

IBRRS 2024, 0896
Mit Beitrag
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Sachverständigenrechnung bezahlt: Schaden auch ohne Preisvereinbarung!

OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.03.2024 - 3 U 7/24

Hat der Geschädigte den vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Betrag gezahlt, kann dieser Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO auch dann ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung "erforderlichen" Betrags i.S.v. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sein, wenn der Geschädigte mit dem Sachverständigen keine Preisvereinbarung getroffen hat.*)




IBRRS 2024, 0730
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Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Fälligkeit erst mit Rechnungsstellung: "Vergessene" Forderung verjährt nicht!

OLG Karlsruhe, Urteil vom 16.02.2024 - 4 U 140/23

1. Haben die Parteien die Fälligkeit einer Forderung per Vereinbarung an die Erteilung einer Rechnung geknüpft, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit Schluss des Jahres zu laufen, in dem die Rechnung zugeht.*)

2. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger erst nach Ablauf einer vereinbarten Abrechnungsfrist abrechnet. Der Schuldner kann sich dann weder nach § 162 BGB noch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auf Verjährung berufen, denn auch bei fristgemäßer Abrechnung wäre es in aller Regel nicht zur Verjährung gekommen.*)

3. Maßgeblich für den Eintritt der Fälligkeit ist in derartigen Fällen grundsätzlich die Erteilung einer Rechnung über die konkret betroffene Forderung. Die Erteilung einer Endabrechnung, in der die betroffene Forderung nicht enthalten ist, sondern lediglich enthalten sein könnte, genügt – außerhalb der VOB/B bzw. der HOAI – grundsätzlich nicht.*)

4. Haben die Parteien eines Energielieferungsvertrags eine marktpreisabhängige Vergütung und die Erteilung einer Jahresendabrechnung vereinbart, mit der Differenzen zwischen den monatlichen Abschlagsrechnungen und der tatsächlichen Preisentwicklung ausgeglichen werden sollen, so handelt es sich dabei nicht um eine umfassende, mit der baurechtlichen Schlussrechnung nach VOB/B vergleichbare Endabrechnung.*)

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Online seit Februar

IBRRS 2024, 0705
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Versandbestätigung ist kein Zugangsnachweis!

OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.02.2024 - 3 O 16/24

Die Versandbestätigung für das Abschicken einer De-Mail nach § 5 Abs. 7 De-MailG bestätigt nur die Absendung des elektronischen Dokuments. Sie reicht als Zugangsnachweis nicht aus und liefert auch keinen Anscheinsbeweis für den Zugang.*)

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IBRRS 2024, 0672
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage nur bei Unzumutbarkeit!

LG Wuppertal, Urteil vom 26.01.2023 - 16 O 55/21

1. Die Corona-Pandemie kann grundsätzlich als Fall höherer Gewalt eingestuft werden. Gleiches gilt für eine behördlich angeordnete Werksschließung.

2. Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr muss ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führen.

3. Es obliegt grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist.

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Online seit Januar

IBRRS 2024, 0280
WohnraummieteWohnraummiete
Betreuungsgerichtliche Genehmigung zum Abschluss eines Mietvertrags

LG Lübeck, Beschluss vom 02.01.2024 - 7 T 240/23

Gegen einen Beschluss über die Versagung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zum Abschluss eines Mietvertrags über ein im Eigentum der betroffenen Person stehenden Hausgrundstück steht einem testamentarischen Schlusserben keine Beschwerdebefugnis im Sinne von § 59 Abs. 1 FamFG zu.*)

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IBRRS 2024, 0162
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Textformerfordernis wird durch Übergabe einer CD gewahrt!

OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2023 - 4 U 810/23

Das Textformerfordernis kann durch die Übergabe einer CD erfüllt werden.*)

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Online seit 2023

IBRRS 2023, 3427
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Ehewohnung

KG, Beschluss vom 21.09.2023 - 16 UF 83/23

(Ohne amtliche Leitsätze)

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IBRRS 2023, 3329
Allgemeines ZivilrechtAllgemeines Zivilrecht
Auto abgeschleppt: Wie lange müssen Verwahrkosten gezahlt werden?

BGH, Urteil vom 17.11.2023 - V ZR 192/22

1. Zu den nach den Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs zählen auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschleppvorgang entstehen. Das gilt aber nur bis zu einem Herausgabeverlangen des Halters. Ein konkurrierender deliktischer Anspruch wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes reicht im Ergebnis nicht weiter.*)

2. Es kommt ein Anspruch auf Ersatz von Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, wenn der das Fahrzeug herausverlangende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die für das Abschleppen und die Verwahrung angefallenen ortsüblichen Kosten zu zahlen und der Abschleppunternehmer daraufhin die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert, so dass der Halter in Annahmeverzug gerät.*)

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IBRRS 2023, 3143
ImmobilienImmobilien
Kann unwirksame Preisänderungsklausel durch angepasste Preisänderungsklausel ersetzt werden?

BGH, Urteil vom 27.09.2023 - VIII ZR 249/22

1. Ersetzt der Fernwärmeversorger während des laufenden Fernwärmelieferungsverhältnisses eine unwirksame Preisänderungsklausel für die Zukunft in - nach Maßgabe der Rechtsprechung des Senats - zulässiger Weise einseitig durch eine angepasste Preisänderungsklausel, kommt ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu (Bestätigung von Senatsurteil vom 26.01.2022 - VIII ZR 175/19, Rz. 46 ff., 53, IBRRS 2022, 0974 = IMRRS 2022, 0355 = BGHZ 232, 312).*)

2. Dabei ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Versorger als Bezugsjahr für das Markt- und das Kostenelement das der Einführung der angepassten Klausel vorausgehende Jahr wählt.*)

3. Ebenso hält sich der Fernwärmeversorger grundsätzlich innerhalb seines Gestaltungsspielraums, wenn er - mit Rücksicht darauf, dass es sich bei Energieversorgung, auch im Fernwärmebereich, um ein Massengeschäft handelt - im Fall der zulässigen einseitigen Anpassung einer unwirksamen Preisänderungsklausel den Ausgangspreis pauschalierend unter Orientierung an der Dreijahreslösung des Senats bestimmt.*)

4. Zudem ist es nicht erforderlich, die im laufenden Vertragsverhältnis angepasste Preisänderungsklausel so auszugestalten, dass sich bei ihrer Anwendung für einzelne oder alle Kunden stets der denkbar günstigste Preis ergibt, sofern der Fernwärmeversorger sachliche und nachvollziehbare Anknüpfungspunkte für die jeweiligen Preisänderungsparameter zur Wahrung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung gewählt hat und nicht greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die vom Versorger gewählte Pauschalierung einseitig der Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen dient.*)

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IBRRS 2023, 3132
AGBAGB
Missbräuchlichkeitsprüfung umfasst Verhältnismäßigkeitskontrolle!

EuGH, Urteil vom 09.11.2023 - Rs. C-598/21

Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 93/13/EWG sind im Licht der Art. 7 und 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach bei der gerichtlichen Kontrolle der Missbräuchlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über die vorzeitige Fälligstellung nicht berücksichtigt wird, ob die dem Gewerbetreibenden eingeräumte Möglichkeit, das ihm aus dieser Klausel erwachsende Recht auszuüben, im Hinblick auf Kriterien verhältnismäßig ist, die insbesondere mit der Schwere des Verstoßes des Verbrauchers gegen seine Vertragspflichten, wie dem Betrag der Raten, die im Verhältnis zu dem Gesamtbetrag des Kredits und der Laufzeit des Vertrags nicht gezahlt wurden, sowie mit der Möglichkeit zusammenhängen, dass die Anwendung dieser Klausel dazu führt, dass der Gewerbetreibende die aufgrund der Klausel geschuldeten Beträge durch den Verkauf der Familienwohnung des Verbrauchers ohne jegliches gerichtliches Verfahren einziehen kann.*)

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