Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
174 Entscheidungen insgesamt
Online seit gestern
IBRRS 2024, 2990LG Frankfurt/Main, Urteil vom 17.05.2024 - 2-02 O 578/23
1. Das (Wiederver-)Schließen einer geöffneten Holzverkleidung verlangt Arbeiten mit Holz, die in den Fachbereich eines Schreiners fallen und außerhalb des typisierten Aufgaben- und Fachgebiets eines Heizungs- und Sanitätsbetriebs liegen und somit nicht Bestandteil eines Auftrags über die Reparatur einer an der Hausaußenwand verlegten Kaltwasserleitung sind.
2. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen (Sicherungsmaßnahmen) zu treffen, um Schäden anderer - insbesondere seines Vertragspartners - zu verhindern. Er muss aber nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Vielmehr genügen solche Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und zumutbar sind.
3. Eine Schutzpflicht zum Wiederanbringen einer Holzverkleidung, die der Auftragnehmer zuvor zum Abklemmen einer Wasserleitung entfernt hat, besteht mangels hinreichenden Zusammenhangs mit der beauftragten Reparaturleistung nicht.
VolltextOnline seit 8. Oktober
IBRRS 2024, 2930LG Hildesheim, Beschluss vom 14.05.2024 - 20 Qs 55/23
1. Die gesetzlichen Arbeitsschutzpflichten des Arbeitgebers werden durch die BaustellV nicht berührt.
2. Wer entgegen der Arbeitsstättenrichtlinie ASR A2.1 keine Absturzsicherung vorsieht, verletzt seine Verkehrssicherungspflicht.
3. Grundsätzlich entfällt die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Arbeitgebers für die Unfallfolgen bei einem von ihm begangenen Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften, der zur Verletzung eines in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers führt, nicht deshalb, weil dem Arbeitnehmer die Nichteinhaltung der Unfallverhütungsvorschriften bekannt war und er in Kenntnis der hieraus entspringenden Gefahren für Leib und Leben seine Arbeitsleistung erbrachte. Etwas anderes kann in Fällen eigenverantwortlicher Selbstgefährdung gelten (hier verneint).
4. Sicherungspflichten können grundsätzlich an andere Personen übertragen oder delegiert werden, jedoch geht damit nicht zwingend einher, dass der ursprünglich Verantwortliche gänzlich von seinen Pflichten frei würde. Im Fall einer vertikalen Arbeitsteilung (hier zwischen Arbeitgeber und Polier) sind durch den ursprünglich Pflichtigen organisatorische Maßnahmen zu treffen.
5. Ein Polier ist auf der Baustelle - zumindest sekundär - sicherungspflichtig. Einer ausdrücklichen Übertragung der Pflichten bedarf es insoweit nicht. Regelmäßig begründet bereits die tatsächliche Übernahme eines entsprechenden Pflichtenkreises diesbezügliche Sorgfaltspflichten.
VolltextOnline seit 2. Oktober
IBRRS 2024, 2908OLG Frankfurt, Urteil vom 04.09.2024 - 9 U 58/22
1. Derjenige, der selbst dazu berufen ist, eine Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen, unterfällt nicht deren persönlichen Schutzbereich.*)
2. Bei einer durch Unterlassen oder einer lediglich mittelbar herbeigeführten Rechtsgutsverletzung hängt die Haftung des Schädigers nach § 823 Abs. 1 BGB von einer Abwägung der Interessenlage ab. Hierbei ist in besonderem Maße auf die konkreten Verantwortungsbereiche der Beteiligten abzustellen, wenn die Garantenstellung aus einer rechtlichen Sonderbeziehung hergeleitet werden soll.*)
3. Zur Frage einer Beweislastumkehr zugunsten der Geschädigten für ihre Behauptung, ein unfallursächlicher Materialriss in einer Kesselumwälzpumpe habe schon zum Zeitpunkt einer Materialprüfung vorgelegen.*)
VolltextOnline seit 12. September
IBRRS 2024, 2744OLG München, Beschluss vom 04.09.2024 - 34 Wx 224/24
1. Dem grundbuchamtlichen Vollzug einer Teilungserklärung nach dem WEG steht nicht entgegen, dass der Aufteilungsplan nicht in elektronischer, sondern in Papierform eingereicht wurde.*)
2. Wurde der Aufteilungsplan zudem in einem Format größer als DIN A3 vorgelegt, ist dies ebenfalls unschädlich.*)
VolltextOnline seit 6. August
IBRRS 2024, 2378KG, Urteil vom 30.06.2023 - 7 U 94/21
1. Die Versicherung kann beim versicherten Auftragnehmer Regress nehmen, wenn der Versicherungsvertrag Ausnahmen von einem vereinbarten Regressverzicht vorsieht und ein solcher Ausnahmetatbestand erfüllt ist (hier bejaht für grobe Fahrlässigkeit).
2. Für das Eingreifen eines Ausnahmetatbestandes zum Regressverzicht trägt der regressierende Versicherer nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast. Allerdings trifft den versicherten Auftragnehmer eine sekundäre Darlegungslast, detailliert und bauablaufgetreu zu der als grob fahrlässig in Streit stehenden Art der Ausführung vorzutragen.
3. Treten Rissbildungen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit Bauarbeiten auf, die generell geeignet sind, Bodenerschütterungen auszulösen, streitet der Beweis des ersten Anscheins für die Ursächlichkeit.
4. Eine zufällige Schadensverlagerung als Voraussetzung für eine Drittschadensliquidation liegt vor, wenn die vertragswidrige Bauausführung des Auftragnehmers zu einem Vermögensschaden in Form von nachbarrechtlichen Ersatzansprüchen nicht beim Auftraggeber, sondern beim (personenverschiedenen) Bauherrn führt.
5. Enthält eine Klausel neben der unwirksamen auch unbedenkliche, sprachlich und inhaltlich abtrennbare Bestimmungen, bleiben diese wirksam, auch wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen, wenn nach Wegstreichen der unwirksamen Teilregelung ein aus sich heraus verständlicher Klauselrest verbleibt (blue-pencil-Test).
VolltextOnline seit Juni
IBRRS 2024, 0790LG Stuttgart, Urteil vom 24.01.2024 - 21 O 380/17
1. Von Baustellen gehen typischerweise Gefahren auch für Nachbaranlagen aus. Nachbarliche grenznahe Anlagen muss der Bauherr daher vor Beschädigungen durch Bauarbeiten schützen und zwar unabhängig davon, ob er weiß, dass sich in der Anlage gegenüber Erschütterungen empfindliche Bauteile befinden.
2. Der Bauherr hat zu überwachen, ob der von ihm mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt Vorkehrungen dagegen trifft, dass nachbarliche grenznahe Anlagen durch die Bauarbeiten nicht beschädigt werden.
3. Um seinen Überwachungspflichten zu genügen, muss der Bauherr zumindest stichprobenartig die Baustelle im Allgemeinen besichtigen.
4. Es sind keine besonderen Kenntnisse erforderlich, um als Bauherr zu erkennen, dass nachbarliche Grenzanlagen durch (grenznahe) Bauarbeiten auf dem eigenen Grundstück beschädigt werden können und dementsprechend Schutzvorkehrungen getroffen werden müssen.
VolltextIBRRS 2024, 1729
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 10.05.2024 - 2-33 O 110/17
1. Der Kransachkundige und der Richtmeister sind jeweils verpflichtet, Krane (hier: die Bolzen und Federstecker sowie die Bolzenverbindungen auf dem Ausleger) im Rahmen einer visuellen Prüfung auf ihre Ordnungsgemäßheit und Betriebssicherheit hin zu kontrollieren und bei Feststellung von Unregelmäßigkeiten Maßnahmen zur Abwendung der damit verbundenen Gefahren zu ergreifen.
2. Bei der sachkundigen Kranprüfung handelt es sich um eine bei jeder Aufstellung vorgeschriebene Sicht- und Funktionsprüfung, die insbesondere die Funktion der Sicherheitseinrichtungen, die richtige Aufstellung sowie die Konstruktionsteile, die bei der Aufstellung montiert bzw. verändert werden müssen, umfasst.
3. Für den Kransachkundigen gelten die Grundsätze der Amtshaftung, die eine persönliche Inanspruchnahme grundsätzlich ausschließen würden, nicht. Die Durchführung der wiederkehrenden Prüfung von Kranen durch Sachkundige stellt keine Ausübung eines öffentlichen Amtes dar.
4. Bei einem Bauvorhaben hat zwar in erster Linie der Bauherr dafür zu sorgen, dass von seinem Bauvorhaben keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte geschädigt werden können, weil der Bauherr die Gefahrenquelle eröffnet hat. Allerdings sind die am Bauvorhaben beteiligten Unternehmer nicht nur vertragsrechtlich verpflichtet, den Bauherrn vor etwaigen Schäden durch das Werk zu bewahren, sondern sie sind auch deliktsrechtlich zur Verkehrssicherung gegenüber Dritten verpflichtet, die vorhersehbar mit den Gefahren der baulichen Anlage in Berührung kommen und dadurch Schaden erleiden können.
5. Der ursprünglich Verkehrssicherungspflichtige bleibt zur Überwachung des eingesetzten Dritten verpflichtet und ist insofern neben diesem selbst noch verantwortlich. Die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich Verantwortlichen wird auf Auswahl- und Überwachungspflichten verengt.
VolltextOnline seit Mai
IBRRS 2024, 1657BGH, Beschluss vom 21.03.2024 - V ZB 17/23
1. Eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes, mit der eine Fristverlängerung abgelehnt wird, kann mit der Beschwerde angegriffen werden. Folglich kann nach Zulassung auch Rechtsbeschwerde erhoben werden.*)
2. Die Angemessenheit einer Frist zur Hebung eines Eintragungshindernisses richtet sich nicht danach, ob nach Antragstellung der Verlust einer Rechtsposition wegen nachträglicher Verfügungsbeschränkungen droht, sondern danach, wie lange der Zeitraum zur Hebung des Hindernisses nach Grundbuchaktenlage unter Berücksichtigung des Erledigungsinteresses und der Aufgaben des Grundbuchamtes zu bemessen ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 1597
OLG Stuttgart, Urteil vom 26.03.2024 - 10 U 103/23
1. Wird bei Abbrucharbeiten ein stromführendes Bauteil im Keller belassen und dieser verfüllt, kann dies eine Haftung von Bauherrn, Architekten und ausführendem Unternehmer auch für einen Arbeitsunfall begründen, zu dem es Jahre später bei weiteren Bauarbeiten kommt.*)
2. Bei einer durch Abbrucharbeiten verursachten nicht ohne weiteres erkennbaren Gefahr im Erdboden endet die Verantwortlichkeit weder für den Bauherrn mit dem Verkauf des Grundstücks noch für Architekt und Unternehmer mit dem Abschluss der Arbeiten, sofern die Gefahr fortbesteht und die Verantwortlichkeit nicht durch entsprechende Information an einen Dritten übertragen wird.*)
3. Zum Gesamtschuldner-Innenausgleich der für einen Arbeitsunfall verantwortlichen Bauherren, Architekten und Unternehmer.*)
VolltextOnline seit März
IBRRS 2024, 0800LG Lüneburg, Urteil vom 06.10.2023 - 6 O 148/22
1. Setzungen, die erst Jahre nach Fertigstellung eines Gebäudes entstehen, sind auf äußere Ursachen zurückzuführen. Dabei kann es sich unter anderem um Setzungen im Baugrund infolge äußerer Lasten handeln.
2. Risse infolge von Setzungen entstehen, wenn sich innerhalb des Bauwerks unterschiedliche Setzungen ergeben. Setzt sich ein Gebäude an allen Stellen um das gleiche Maß, entstehen keine Risse.
3. Setzungen infolge einer Erdölförderung treten - wenn überhaupt - nur sehr großflächig und gleichmäßig auf.
VolltextOnline seit Februar
IBRRS 2024, 0580BGH, Urteil vom 11.01.2024 - III ZR 15/23
Die Mitarbeiter eines privaten Unternehmens, die zur Ausführung einer von der Straßenbaubehörde angeordneten Verkehrsregelung (§ 45 Abs. 2 StVO), in deren Mittelpunkt ein Durchfahrtverbot steht, Verkehrsschilder (hier: Umleitungsankündigung) aufstellen, handeln als Verwaltungshelfer und damit als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne. Ihre persönliche Haftung gegenüber einem durch das Verkehrsschild Geschädigten scheidet daher gem. Art. 34 Satz 1 GG aus (Bestätigung und Fortführung von BGH, IBR 2019, 493).*)
VolltextOnline seit Januar
IBRRS 2024, 0166OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.06.2023 - 7 U 106/21
1. Ein Tiefbauunternehmer ist grundsätzlich verpflichtet, sich vor der Ausführung seiner Leistung beim zuständigen Versorgungsunternehmen über die Existenz und den Verlauf von Versorgungsrohrleitungen zu erkundigen und - falls dies zu keinem ausreichend belastbaren Ergebnis führt - sich die erforderliche Gewissheit durch andere geeignete Maßnahmen zu verschaffen.
2. Der von dem Betreiber einer Ferngasleitung mit der Anlage einer Baugrube zur Vorbereitung von Leitungsreparaturarbeiten beauftragte Tiefbauunternehmer handelt nicht deshalb fahrlässig, weil er sich bei den Ausschachtungsarbeiten auf Pläne zum unterirdischen Leitungsverlauf verlässt, die der Betreiber durch ein von ihm beauftragtes Ingenieurbüro nach Beginn der Arbeiten hat erstellen lassen, nachdem sich herausgestellt hat, dass der tatsächliche Leitungsverlauf nicht genau bekannt war, wenn auch diese Pläne den Leitungsverlauf unrichtig wiedergeben und die Leitung infolge der nach den unrichtigen Pläne vorgenommenen Schachtarbeiten undicht wird und explodiert.
VolltextOnline seit 2023
IBRRS 2023, 3222OLG München, Beschluss vom 11.02.2022 - 9 U 5403/21
1. Die Entgegennahme von Baugeld mit dem Versprechen einer baldigen Fertigstellung oder Weiterführung der Baumaßnahme ist kein Betrug, wenn Bauarbeiten auf der Baustelle erbracht und Nachunternehmer bezahlt werden.
2. Auf Zeitgewinn zielende, beschwichtigende Äußerungen können nicht als Verstoß gegen das allgemeine Anstandsgefühl und gegen die Grunderfordernisse der Redlichkeit im geschäftlichen Verkehr gewertet werden.
3. Eine sog. Durchgriffshaftung wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld kommt bei technischen Angestellten, die keine Geschäftsführer sind, nicht in Betracht.
VolltextIBRRS 2023, 3221
OLG München, Urteil vom 10.01.2022 - 9 U 5403/21
1. Die Entgegennahme von Baugeld mit dem Versprechen einer baldigen Fertigstellung oder Weiterführung der Baumaßnahme ist kein Betrug, wenn Bauarbeiten auf der Baustelle erbracht und Nachunternehmer bezahlt werden.
2. Auf Zeitgewinn zielende, beschwichtigende Äußerungen können nicht als Verstoß gegen das allgemeine Anstandsgefühl und gegen die Grunderfordernisse der Redlichkeit im geschäftlichen Verkehr gewertet werden.
3. Eine sog. Durchgriffshaftung wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld kommt bei technischen Angestellten, die keine Geschäftsführer sind, nicht in Betracht.
VolltextIBRRS 2023, 2780
LG München II, Urteil vom 30.09.2022 - 2 O 2661/21
1. Bei Bauarbeiten ist grundsätzlich der Bauherr als Veranlasser des Bauvorhabens verkehrssicherungspflichtig und als solcher auch deliktisch einstandspflichtig. Er ist es, der die Gefahrenquelle eröffnet.
2. Der Bauherr hat dafür zu sorgen, dass von seinem Bauvorhaben keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte Schäden erleiden können. Das gilt jedoch im Verhältnis des Bauherrn zu dem von ihm beauftragten Unternehmer und dessen Mitarbeitern nicht uneingeschränkt, soweit es um die Sicherheit der Baustelle geht.
3. Für die Sicherheit der Baustelle ist in erster Linie der Unternehmer verantwortlich. Die Unfallverhütungsvorschriften wenden sich nur an ihn.
4. Mitarbeiter eines von dem Bauherrn beauftragten Unternehmers, die bei der Ausführung von Bauarbeiten infolge der Nichtbeachtung von Unfallverhütungsvorschriften zu Schaden kommen, können den Bauherrn dafür regelmäßig nicht haftbar machen.
VolltextIBRRS 2023, 2542
LG Dresden, Urteil vom 12.05.2023 - 4 O 2888/21
1. Der betroffene Eigentümer kann sich auf einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog stützen, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf sein Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen und der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen rechtzeitig zu unterbinden.
2. Der Anwendungsbereich des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist bei planfestgestellten Vorhaben nicht eröffnet (Anschluss an BGH, IBR 2010, 213).
VolltextIBRRS 2023, 2476
OLG Naumburg, Urteil vom 28.07.2022 - 2 U 70/21
1. Wird ein Unternehmen als Nachauftragnehmer des Hauptauftragnehmers mit dem Aufstellen und Vorhalten von Verkehrszeichen 116 ("Achtung Rollsplitt") während der Straßensanierungsarbeiten beauftragt und wird ihm hierzu ein Regelplan mit verkehrsrechtlichen Anweisungen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde übergeben, wonach das Verkehrszeichen u. a. bereits 50 bis 70 m vor der Straßenbaustelle aufgestellt werden muss, so verletzt es seine Vertragspflichten, wenn das Verkehrszeichen erst hinter dem Einmündungsbereich der Straße in eine Kreuzung aufgestellt wird, obwohl eine Ausbreitung des Rollsplitts bis in den Einmündungsbereich zu erwarten war.*)
2. Der Umstand, dass sowohl die Bauleitung des Hauptauftragnehmers als auch das Straßenverkehrsamt und das Bauamt der Straßenmeisterei die Position der Ausschilderung kontrolliert und als ordnungsgemäß bestätigt haben, lässt die schuldhafte Pflichtwidrigkeit nicht entfallen, sondern ist im Rahmen eines Mitverschuldens des Hauptauftragnehmers (hier zu einem Anteil von zwei Dritteln) zu berücksichtigen.*)
3. Für das Vertragsverhältnis ist die Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB von drei Jahren einschlägig.*)
VolltextIBRRS 2023, 2451
OLG Hamburg, Urteil vom 21.12.2022 - 5 U 151/21
Zur fehlenden Verletzung eines Desings betreffend ein Schalungsbrett.
VolltextIBRRS 2023, 2116
LG Köln, Urteil vom 22.05.2023 - 17 O 99/21
1. Baugeld ist zur Befriedigung solcher Personen zu verwenden, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baus aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt sind. Ist der Empfänger des Baugelds selbst an der Herstellung oder dem Umbau beteiligt, darf er das Baugeld in Höhe des angemessenen Werts der von ihm erbrachten Leistungen für sich behalten.
2. Baugeld darf nicht für andere Bauvorhaben oder noch nicht erbrachte Leistungen anderer Handwerker oder nicht fälliger Leistungen verwendet werden. Auch für die aus dem Grundstückserwerb entstehenden Kosten, für Steuern, Maklerprovisionen und Notargebühren, allgemeine Kosten, Gehälter oder Bürokosten darf Baugeld nicht verwendet werden.
3. Sofern sich Arbeiten auf Außenanlagen oder Freianlagen beziehen, betrifft dies nicht die Herstellung oder den Umbau eines Baus, so dass auch hierfür Baugeld nicht verwendet werden darf.
4. Vom Baugeld beglichen werden dürfen Aufwendungen für die Planung, Werkplanung und Bauleitung, da sie der Herstellung des Baus oder Umbaus dienen. Hinsichtlich der Aufwendungen für Verkaufsprovisionen sowie der Kosten für Vertrieb und Werbung besteht ein solches Recht hingegen nicht.
VolltextIBRRS 2023, 2014
OLG Rostock, Urteil vom 21.01.2022 - 5 U 236/20
1. Empfänger von Baugeld ist jede Person, die für das Versprechen einer Leistung im Zusammenhang mit der Herstellung eines (um-)Baus eine Vergütung erhält und andere Unternehmer aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags an der Erfüllung ihrer Leistungsverpflichtung beteiligt.
2. Es genügt, wenn sich das Versprechen der Leistung nur auf einzelne Teile des (Um-)Baus bezieht. In diesem Fall ist der (Nach-)Unternehmer grundsätzlich verpflichtet, die erhaltene Vergütung zugunsten der von ihm einbezogenen "anderen Unternehmer" zu verwenden. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, wie viele (Nach-)Unternehmer vor dem Baugeldempfänger in einer Leistungskette tätig waren.
3. Ein Generalunternehmer wird hinsichtlich des Teils der ihm als Vergütung gezahlten Beträge, der bei wirtschaftlicher Betrachtung den ihm nachgeordneten Unternehmen gebührt, einem Treuhänder angenähert. Ist der Generalunternehmer eine juristische Person, haftet im Falle eines Verschuldens auch sein gesetzlicher Vertreter.
4. Die Darlegungs- und Beweislast für den Schaden, der dadurch entsteht, dass Baugeld zweckentfremdet wurde, trägt der Baugeldgläubiger. Er ist darlegungs- und beweispflichtig dafür, in welcher Höhe der Baugeldempfänger tatsächlich Baugeld erhalten hat.
5. Der Baugeldgläubiger genügt seiner Darlegungslast durch den Nachweis, dass der Verwendungspflichtige Baugeld in mindestens der Höhe der Forderung des Baugeldgläubigers empfangen hat und von diesem Geld nichts mehr vorhanden ist, ohne dass eine fällige Forderung des Gläubigers befriedigt worden wäre. Die Beweislast des Baugeldgläubigers erstreckt sich daher auf den Empfang, die Eigenschaft sowie die Höhe des empfangenen Baugelds.
6. Der Baugeldempfänger hat den Nachweis der ordnungsgemäßen Verwendung zu führen.
VolltextIBRRS 2023, 1820
BGH, Urteil vom 13.04.2023 - III ZR 17/22
1. Ein Tiefbauunternehmer hat bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen mit dem Vorhandensein unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu rechnen, äußerste Vorsicht walten zu lassen und muss sich der unverhältnismäßig großen Gefahren bewusst sein, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können.
2. Der Tiefbauunternehmer muss sich im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung die Kenntnisse verschaffen, die die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt. Er ist insbesondere verpflichtet, sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Gasleitungen wie auch sonstiger Versorgungsleitungen zu verschaffen, und zwar dort, wo die entsprechenden zuverlässigen Unterlagen vorhanden sind.
3. Sind die dem Tiefbauunternehmer übergebenen Leitungspläne erkennbar nicht mehr aktuell und enthalten sie zudem den deutlichen Hinweis, dass die Lage der Leitungen von den Planangaben abweichen kann und deshalb durch fachgerechte Erkundungsmaßnahmen vor Ort festgestellt werden muss, hat sich der Tiefbauunternehmer über den tatsächlichen Leitungsverlauf durch geeignete Maßnahmen, zum Beispiel in Form von Suchschächten und Grabungen in Handschachtung, zu vergewissern, bevor er mit seinen Rammarbeiten beginnt.
VolltextIBRRS 2023, 1780
OLG Koblenz, Beschluss vom 04.03.2022 - 12 U 1858/21
1. Löst sich in einem Baustellenbereich auf einer Autobahn ein dort für die Baustelle angebrachtes Verkehrsschild aus seiner Befestigung und beschädigt ein in diesem Moment vorbeifahrendes Fahrzeug, haftet das grundsätzlich verkehrssicherungspflichtige Land nicht für den eingetretenen Schaden, wenn das vom Land mit der Überprüfung und Bewachung der Baustelle beauftragte "Drittunternehmen" eine hinreichende Sicherheitskontrolle durchgeführt hat.*)
2. Hierfür genügt grundsätzlich eine visuelle Kontrolle der Verkehrsschilder; Rüttelproben sind nur dann erforderlich, wenn die visuelle Kontrolle Hinweise auf vorhandene Schäden erbracht hat.*)
3. Überträgt das Land seine Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten, verbleibt beim Land eine eingeschränkte Verkehrssicherungspflicht, die sich auf Kontroll- und Überwachungspflichten hinsichtlich des beauftragten Übernehmers verkürzt, wobei stichprobenartige Kontrollen genügen.*)
4. Der für die Verkehrssicherungspflicht Verantwortliche muss eine sichere, nicht jedoch die sicherste - ggf. deutlich teurere und unpraktikable - zur Schadensabwendung geeignete Maßnahme treffen (hier: konstruktive Gestaltung der Rahmenbefestigung eines Verkehrsschilds).*)
VolltextIBRRS 2023, 1730
OLG Brandenburg, Urteil vom 09.05.2023 - 6 U 27/22
1. Fahrräder und E-Bikes müssen die Fahrbahn benutzen. Andere Straßenteile, insbesondere Gehwege, dürfen von Fahrrädern und E-Bikes grundsätzlich nicht benutzt werden.
2. Nutzt ein Fahrrad- oder E-Bike-Fahrer den Gehweg und fährt er in der Dunkelheit gegen einen farblich gekennzeichneten Bauschuttcontainer, dessen Ecke in den Bereich des zwischen der Fahrbahn und dem Baugrundstück verlaufenden Gehwegs hineinragt, trifft ihn an den dadurch entstehenden Schäden und Verletzungen ein Mitverschuldensanteil von zwei Dritteln.
VolltextIBRRS 2023, 1766
OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.07.2021 - 13 U 453/21
1. Der Schutzbereich von § 1 Abs. 1 Satz 1 BauFordSiG umfasst nicht den Bauherrn. Da dieser an Herstellung oder Umbau nicht beteiligt ist, ist er nicht Baugläubiger. Letzter ist nur, wer einen Beitrag leistet, der den Wert des Grundstücks erhöht, und in einer gewissen Nähebeziehung zum Bau steht. Es sind diejenigen Personen erfasst, die an der Herstellung oder dem Umbau des Baus aufgrund eines Werk-, Dienst- oder Kaufvertrags beteiligt sind, also Bauhandwerker und Lieferanten.*)
2. Abschlagszahlungen nach Baufortschritt vergüten einen bereits erhaltenen Wertzuwachs. Sie setzen grundsätzlich kein Vertrauen des Leistenden darauf voraus, dass der Zahlungsempfänger künftig weitere, von den Abschlagszahlungen nicht erfasste Leistungen erbringt. Daher wird ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine Grundlage für die Annahme bestehen, dass der Auftraggeber Abschlagszahlungen infolge eines täuschungsbedingten Irrtums über die künftige Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers geleistet hat und damit aufgrund diesbezüglicher betrügerischer Täuschung durch den Geschäftsführer des Auftragnehmers (im Hinblick auf zu prüfende Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB).*)
3. Allein der Umstand, dass eine Partei in einem Zivilprozess interessegeleitet eine Abweichung von einer gefestigten, ganz herrschenden Meinung, welche vom Berufungsgericht auch geteilt wird, wünscht, verleiht einer Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch führt sie dazu, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern würde. Vielmehr kann in derartigen Fällen eine Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden.*)
VolltextIBRRS 2023, 1575
BGH, Urteil vom 13.04.2023 - III ZR 215/21
Die Mitarbeiter eines privaten Unternehmens, die im Zuge von Straßenbauarbeiten der öffentlichen Hand neue Fahrzeugrückhaltesysteme (Schutzplanken) montieren, handeln nicht in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes, wenn das beauftragte Fachunternehmen bei den zu erbringenden Montagearbeiten, die der Daseinsvorsorge dienen und bei denen der hoheitliche Charakter daher nicht im Vordergrund steht, über einen relevanten eigenen Ausführungsspielraum verfügt. Bei schuldhafter Beschädigung fremder Versorgungsleitungen (hier: durch Rammarbeiten) haftet das private Unternehmen nach § 823 Abs. 1 BGB (Bestätigung und Fortführung von Senat, IBR 2019, 493).*)
VolltextIBRRS 2023, 1186
OLG Nürnberg, Beschluss vom 10.03.2023 - 3 U 3080/22
Bei einem Sturzgeschehen kann die Gewichtung und Abwägung der jeweiligen Verursachungsanteile ausnahmsweise dazu führen, dass kein Schmerzensgeldanspruch besteht, wenn der Geschädigte sehenden Auges ein für jedermann erkennbares Risiko eingegangen und die Sorgfaltspflichtverletzung des Verkehrssicherungspflichtigen als gering einzustufen ist.*)
VolltextIBRRS 2023, 1090
OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2022 - 11 W 15/22
Ein Handwerker ist bei Bauarbeiten in einer privaten Wohnung unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht nicht verantwortlich, wenn der Mieter die Wohnung während der Arbeiten abredewidrig betritt und dann aufgrund einer durch die Arbeiten bedingte, von ihm nicht erkannten Gefahrenstelle zu Schaden kommt.*)
VolltextIBRRS 2023, 0971
LG Köln, Urteil vom 04.02.2022 - 37 O 204/15
Der Schadensersatzanspruch des Bauunternehmers nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 1, 2 BauFordSiG umfasst auch die Kosten eines Klageverfahrens auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung sowie die Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem Titel auf Stellung einer solchen Sicherung.
VolltextIBRRS 2023, 0894
KG, Urteil vom 19.04.2022 - 7 U 135/21
1. Der Auftragnehmer eines Bauvertrags muss sich so verhalten, dass der Auftraggeber und sein Eigentum bei der Ausführung der Leistung nicht geschädigt werden.
2. Werden in der Nähe besonders feuergefährlicher Stoffe Brennschweißarbeiten durchgeführt, sind sämtliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die einen Brand verhindern. Dieser allgemeingültige Grundsatz ist unabhängig von Unfallverhütungsvorschriften zu beachten.
VolltextIBRRS 2023, 0911
OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.01.2023 - 12 U 92/22
1. Der Bauherr als Auftraggeber kann seine Verkehrssicherungspflicht auf als zuverlässig geltende, sachkundige Architekten oder Bauunternehmer übertragen; ihm verbleiben dann Koordinierungs-, Anweisungs- und Überwachungspflichten. Insbesondere muss er einschreiten, wenn ihm Versäumnisse auffallen.
2. Für eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht bedarf es einer klaren Absprache. Der Übertragende muss sich vergewissern, dass der Übernehmende bereit und in der Lage ist, die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Eine Information über den Inhalt der Baugenehmigung enthält weder den Antrag noch die Aufforderung, die darin enthaltenen Schutzmaßnahmen umzusetzen.
3. Unmittelbar selbst verkehrssicherungspflichtig bleibt die mit der örtlichen Bauaufsicht, Bauleitung oder Bauüberwachung befasste Person dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer in dieser Hinsicht nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist, wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können. Er ist dann verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer zu verhindern.
VolltextIBRRS 2023, 0666
LG Rostock, Urteil vom 20.01.2023 - 2 O 260/22
1. Ein Tiefbauunternehmer hat sich vor der Durchführung von Erdarbeiten an öffentlichen Straßenflächen nach der Existenz und dem Verlauf unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu erkundigen. Er muss sich Gewissheit über die Verlegung von Versorgungsleitungen im Boden verschaffen.
2. Um den unverhältnismäßig hohen Gefahren, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können, zu begegnen, ist mit äußerster Vorsicht vor allem bei der Verwendung von Baggern und anderem schweren Arbeitsgerät vorzugehen.
3. Dort, wo entsprechend zuverlässige Unterlagen vorhanden sind, muss sich der Tiefbauunternehmer über den Verlauf von Versorgungsleitungen erkundigen; im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung hat er sich die Kenntnisse zu verschaffen, welche die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt.
4. Es besteht eine Erkundigungspflicht gegenüber den zuständigen Versorgungsunternehmen. Wenn dies nicht weiterhilft, hat sich der Tiefbauunternehmer die erforderliche Gewissheit durch andere geeignete Maßnahmen zu verschaffen, etwa durch Probebohrungen oder Ausschachtungen von Hand in dem Bereich, den er ausheben will.
5. Hat der Tiefbauunternehmer seine Erkundigungspflichten erfüllt, trifft ihn an der Beschädigung eines Glasfaserkabels kein Verschulden, wenn dessen Tiefenlage konkret mit ca. 0,7 m benannt wurde, es sich jedoch in einer Tiefe von ca. 3,30 m befindet.
VolltextIBRRS 2023, 0369
OLG Brandenburg, Urteil vom 11.01.2023 - 4 U 136/21
1. Der Eigenbesitzer eines Grundstücks haftet, wenn durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit dem Grundstück verbundenen Werks oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werks der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt wird und der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelnder Unterhaltung ist.
2. "Werk" ist ein einem bestimmten Zweck dienender, von Menschenhand nach den Regeln der Baukunst oder der Erfahrung unter Verbindung mit dem Erdkörper hergestellter Gegenstand. Eine Bautreppe aus Holz ist ein "anderes mit dem Grundstück verbundenes Werk".
3. Lässt ein Generalunternehmer eine Bautreppe errichten, um den weiteren am Bau Beteiligten während der Bauzeit und bevor die endgültige Treppe eingebaut ist, den Zugang zum Dachgeschoss des zu errichtenden Wohnhauses zu ermöglichen und die dort anfallenden Bauarbeiten durchzuführen, steht die Bautreppe in seinem Eigenbesitz.
Online seit 2022
IBRRS 2022, 3683OLG Hamm, Urteil vom 10.12.2021 - 7 U 65/20
1. Unabhängig von einem Mitarbeiterverschulden haftet eine Gesellschaft analog § 31 BGB für die Beschädigung eines Nachbarhauses bei Abrissarbeiten, wenn es auf Anweisung des Geschäftsführers entgegen der bauordnungsrechtlichen Abrissgenehmigung zu einem Baggereinsatz kommt und dabei das Nachbarhaus beschädigt wird.*)
2. Ein Abzug „neu für alt“ ist für die Instandsetzung einer einzigen Giebelwand eines mittlerweile rund 120 Jahre alten Hauses nicht vorzunehmen, wenn die neue Wand ohne Relevanz für den Wert und die Nutzungsdauer des Hauses ist.*)
VolltextIBRRS 2022, 3668
KG, Urteil vom 06.12.2022 - 21 U 56/22
1. Eine winterliche Räum- und Streupflicht kann nicht nur bei allgemeiner Glätte, sondern auch bei einer ernsthaften lokalen Glättegefahr bestehen.*)
2. Ob eine ernsthafte lokale Glättegefahr besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei kommt es stets auf den Pflichtenmaßstab an, der an den primär Verkehrssicherungspflichtigen zu stellen ist, der den Verkehr auf der in Rede stehenden Fläche eröffnet hat. Dieser Maßstab gilt auch für einen Dritten, auf den der primär Verkehrssicherungspflichtige die Räum- und Streupflicht übertragen hat.*)
VolltextIBRRS 2022, 3613
OLG Celle, Urteil vom 16.11.2022 - 14 U 87/22
1. Ein Straßenbauarbeiter, der auf der für den fließenden Verkehr freigegebenen Fahrbahn Markierungsarbeiten ausführt, ist als Verkehrsteilnehmer i.S.v. § 1 StVO anzusehen.*)
2. Ein Straßenbauarbeiter, der Markierungsarbeiten verrichtet, ist kein Fußgänger i. S. v. § 25 StVO.*)
VolltextIBRRS 2022, 2901
OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.10.2021 - 9 U 59/19
1. Wird auf einer Straße der Fahrbahnbelag im Zusammenhang mit Aufgrabungsarbeiten erneuert, darf die Straße nach dem Auffräsen des Asphaltbelags nur dann in einem provisorischen Zustand für den Verkehr freigegeben werden, wenn dies nicht mit Gefahren für den Verkehr verbunden ist. Ist bei einem provisorischen Zustand der Fahrbahn mit Gefahren für Verkehrsteilnehmer zu rechnen, muss die Straße im Gefahrenbereich bis zur Wiederherstellung des Asphaltbelags gesperrt bleiben.*)
2. Ist im Bereich der Baustelle mit Radfahrern zu rechnen, muss der Bauunternehmer Rutschgefahren für Radfahrer berücksichtigen, wenn diese bei einem provisorischen Fahrbahnzustand lockeres Material überfahren müssen; das gilt in besonderem Maß, wenn Radfahrer im Bereich einer Einmündung eine Kurvenfahrt ausführen müssen.*)
3. Eine Fahrradfahrerin braucht auf asphaltierten Straßen in einem Wohngebiet normalerweise nicht damit zu rechnen, dass der Asphaltbelag wegen einer Baustelle an einer bestimmten Stelle nicht mehr vorhanden ist. Ohne einen besonderen Warnhinweis ist zudem nicht zu erwarten, dass die Radfahrerin in einer solchen Situation den Grad der Gefährlichkeit rechtzeitig einschätzen kann, wenn sie in einer Kurvenfahrt plötzlich lockeres Material an Stelle des Asphaltbelags erkennt.*)
4. Bei einer 55-jährigen Fahrradfahrerin kommt bei einer Ellenbogenverletzung durch eine Radiusköpfchentrümmerfraktur ein Schmerzensgeld von 8.500 Euro in Betracht, wenn die Verletzung dauerhaft mit Beeinträchtigungen durch Schmerzen und Einschränkungen der Lebensführung im Freizeitbereich verbunden ist.*)
VolltextIBRRS 2022, 2746
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.07.2022 - 29 U 222/19
1. Ein ordnungsgemäß montierter und auf stabilem Baugrund aufgebauter Kran fällt mangels ganz besonderer Umstände - z. B. katastrophenartiger Sturm, Kollision mit einem anderen Baustellenfahrzeug o. ä. - nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht um.
2. Stürzt ein auf der Baustelle betriebener Turmdrehkran während der Ausführung von Bauarbeiten um, spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Montage- und Aufbaufehler.
VolltextIBRRS 2022, 2729
OLG Hamm, Urteil vom 23.02.2022 - 11 U 94/21
Zur Haftung einer nordrhein-westfälischen Ordnungsbehörde für einen Schaden, den eine von der Bezirksregierung mit der Kampfmittelerkundung beauftragte private Firma bei Erkundungsbohrungen an einer Ferngasleitung verursacht, und zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die örtliche Ordnungsbehörde die beauftragte private Firma in Regress nehmen kann.*)
VolltextIBRRS 2022, 2218
OLG München, Urteil vom 27.04.2022 - 20 U 996/21 Bau
1. Ein Generalunternehmer ist hinsichtlich der vom Auftraggeber geleisteten Zahlungen Empfänger von Baugeld i. S. des BauFordSiG.
2. Ist der Empfänger von Baugeld eine juristische Person, haftet im Fall eines Verschuldens auch ihr gesetzlicher Vertreter, wobei die Aufgabenverteilung im Vertretungsorgan zu berücksichtigen ist.
3. Zu den Aufgaben des Finanzvorstands einer Aktiengesellschaft gehört u. a. die Verwahrung und Verwendung des von einem Auftraggeber erlangten Baugelds.
4. Ein Finanzvorstand kann sich nicht damit entlasten, keine Kenntnis von den Vorschriften des BauFordSiG zu haben. Ein Irrtum über das Bestehen eines Gesetzes ist vermeidbar angesehen, wenn das Gesetz den Arbeitsbereich des Schädigers betrifft.
VolltextIBRRS 2022, 2105
OLG Hamburg, Beschluss vom 21.02.2019 - 7 U 9/17
Ein Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers wegen der zweckwidrigen Verwendung von Baugeld scheidet mangels ersatzfähigem Schaden aus, wenn die vom Auftraggeber an den Auftragnehmer zur Tilgung der Bauforderungen bewirkten Zahlungen nach Insolvenzverfahrenseröffnung der Anfechtung unterliegen.
VolltextIBRRS 2022, 2106
OLG Hamburg, Gerichtlicher Hinweis vom 29.01.2019 - 7 U 9/17
Ein Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers wegen der zweckwidrigen Verwendung von Baugeld scheidet mangels ersatzfähigem Schaden aus, wenn die vom Auftraggeber an den Auftragnehmer zur Tilgung der Bauforderungen bewirkte Zahlungen nach Insolvenzverfahrenseröffnung der Anfechtung unterliegen.
VolltextIBRRS 2022, 1508
OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2022 - 11 U 96/21
Entsteht bei Arbeiten an einer Brücke Staub, der die Fassade eines nahestehenden Holzhauses verschmutzt, können dem Hauseigentümer die Kosten einer fachgerechten Reinigung und hiernach notwendigen Instandsetzung der Fassade nach den Grundsätzen eines enteignenden Eingriffs zu ersetzen sein. Hierbei geht es zu Lasten des entschädigungspflichtigen Landes, wenn die Regulierung der Reinigungskosten verzögert wird und deswegen erhebliche Kosten einer Instandsetzung anfallen.*)
VolltextIBRRS 2022, 0848
OLG Brandenburg, Urteil vom 24.02.2022 - 12 U 254/20
1. Der eine Baustelle im Bereich des öffentlichen Verkehrsraums betreibende Bauunternehmer ist für diese in der Weise verkehrssicherungspflichtig, dass er die Baustelle deutlich zu kennzeichnen und abzusichern hat. Daneben besteht die Verkehrssicherungspflicht des Trägers der Straßenbaulast, die diese - wenn auch in eingeschränkter Weise - auf den Bauunternehmer übertragen kann.
2. Auch bei Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf einen Dritten verbleibt bei dem Übertragenden die Pflicht, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht durch den Dritten zu überwachen und erforderlichenfalls durchzusetzen; eine vollständige Delegierung ist nicht möglich.
3. Der Verkehrssicherungspflichtige hat die Verkehrsteilnehmer insbesondere vor unvermuteten, von der Straße ausgehenden bzw. sich aus ihrer Beschaffenheit ergebenden und bei zweckgerechter und nicht ganz fernliegender, bestimmungswidriger Benutzung drohenden Gefahren in geeigneter Weise zu schützen. Dazu ist im Regelfall eine Absperrung und Beschilderung von Straßenbaustellen erforderlich.
VolltextIBRRS 2022, 0808
OLG Braunschweig, Beschluss vom 03.02.2021 - 8 U 67/20
1. Ein Bauunternehmer darf sich grundsätzlich auf die Richtigkeit der ihm überlassenen Pläne und die Vorgaben eines Fachplaners verlassen, wenn er keine Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit dieser Planung hat.
2. Die Untersuchung des Baugrunds und die Durchführung der dabei gebotenen statischen Berechnungen fallen grundsätzlich nicht in den Verantwortungsbereich des Bauunternehmers, sondern sind dem Bereich der Planung, also dem Verantwortungsbereich des Architekten bzw. Statikers zuzurechnen.
3. Ist der Bauunternehmer mit der Unterfangung des Fundaments der Giebelwand des auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäudes nach Anweisungen des Architekten beauftragt, ist es nicht seine Sache, die Planung des Architekten im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung der Standsicherheit des Nachbargebäudes auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen.
4. Der Bauunternehmer, der Arbeiten für den Bauherrn auf dessen Grundstück ausführt, wird dadurch nicht zum Grundstücksbenutzer, der dem Nachbarn zu einem Ausgleich bei wesentlichen, für ihn unzumutbaren Beeinträchtigungen, z. B. Rissen im Gebäude, verpflichtet ist.
5. Ein Werkvertrag über Gründungsarbeiten zwischen einem Grundstückseigentümer und einem (Tiefbau-)Unternehmer ist kein Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten des Nachbarn.
VolltextIBRRS 2022, 0499
OLG Frankfurt, Urteil vom 27.10.2021 - 12 U 293/20
1. Im Rahmen eines Werkvertrags hat der Auftraggeber alles Zumutbare und Mögliche zu tun, um den Auftragnehmer bei der Ausführung seiner vertraglichen Pflichten vor Schäden zu bewahren.
2. Es gehört auch bei Werkverträgen regelmäßig zum Vertragsinhalt, dass sich die Fürsorgepflicht des Auftraggebers, der die Arbeitsräume oder das Arbeitsgerät zur Verfügung stellt, auch auf die Arbeiter des Auftragnehmers erstreckt, wenn es sich dabei um einen abgrenzbaren, bestimmbaren Personenkreis handelt.
3. Die Schutzpflichten des Auftraggebers umfassen auch die Pflicht, die Arbeitsräume in einem sicheren Zustand zur Verfügung zu stellen. Dazu gehört es, ein Treppenauge gegen Absturz zu sichern.
VolltextOnline seit 2021
IBRRS 2021, 3736OLG Köln, Urteil vom 10.11.2021 - 11 U 36/19
1. Bei ordnungsgemäßer Ausführung nachträglicher Injektionen zur Abdichtung der Kellerräume ist in der Regel nicht mit Schäden an der Nachbarbebauung zu rechnen.
2. Kellerabdichtungsarbeiten in Form einer HDI-Suspension im Injektionsverfahren werden nicht fachgerecht ausgeführt, wenn das Suspensionsmaterial weit auf das Grundstück des Nachbarn gelangt. Der Abdichtungsunternehmer hat hinreichende Maßnahmen zu ergreifen, um das Eindringen der Masse auf das Nachbargrundstück zu verhindern.
3. Es ist Sache des Abdichtungsunternehmers, im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast konkrete Ausführungen zu den von ihm durchgeführten Arbeiten zu machen und vorzutragen, wie die Arbeiten im Einzelnen abgelaufen sind.
VolltextIBRRS 2021, 3709
LG Mannheim, Urteil vom 20.11.2020 - 9 O 341/19
1. Der Bauunternehmer ist vor Beginn von Erdarbeiten verpflichtet, sich beim Versorgungsunternehmen über die Lage unterirdisch verlegter Kabel zu erkundigen und entsprechende Pläne einzusehen.*)
2. Auch wenn es sich nicht um Tiefbauarbeiten handelt, sondern um oberirdische Arbeiten, bei denen ein Bagger eingesetzt wird, besteht diese Erkundigungspflicht jedenfalls dann, wenn die Schaufel des Baggers zwangsläufig die oberen Schichten des Erdreichs berührt.*)
3. Der Bauunternehmer muss bei Einsicht in die Pläne mit geringfügigen Abweichungen der tatsächlichen Lage der Kabel von der im Plan eingezeichneten Lage rechnen. Kann er die Lage der Kabel durch Einsicht in die Pläne nicht abschließend klären, muss er die Lage auf andere Weise ermitteln, z.B. durch Probebohrungen oder Handschachtung.*)
VolltextIBRRS 2021, 2959
OLG München, Beschluss vom 11.11.2019 - 28 U 4069/19 Bau
1. Auf einem Baustellenbetrieb ist eine Beschädigung der Isolation des Kabels einer Kabeltrommel regelmäßig zu erwarten.
2. Die Beschädigung der Isolation des Kabels einer angesteckten Kabeltrommel kann zum Aufbau eines Fehlerstroms und als Folge zu einem Brandausbruch führen.
3. Kommt als Ursache eines Brandausbruchs nur eine Schadensursache aus dem Obhuts- und Gefahrenbereichs des Auftragnehmers in Betracht, muss er - wenn er sich gegen die Inanspruchnahme auf Schadensersatz zur Wehr setzt - den Beweis führen, dass die Brandauslösung nicht auf sein pflichtwidriges Verhalten oder ein solches seines Personal zurückzuführen ist.
VolltextIBRRS 2021, 3192
OLG Brandenburg, Urteil vom 29.09.2021 - 4 U 285/20
1. Beschädigt ein Straßenbauunternehmer bei einer Baumaßnahme durch das Einschlagen eines Schnurnagels die Mittelspannungsleitung eines Energieversorgungsunternehmens und wird dadurch eine Versorgungsunterbrechung verursacht, ist der Straßenbauunternehmer dem Energieversorgungsunternehmen zum Schadensersatz verpflichtet.
2. Das Energieversorgungsunternehmen kann Ersatz des Gewinns verlangen, der ihm entgeht, weil die Beschädigung des Stromkabels eine Versorgungsunterbrechung verursacht hat, die zu einer Verschlechterung seines Qualitätselements und - in der Folge - zu einer Herabsetzung der von der Bundesnetzagentur festgelegten Erlösobergrenzen führt.
3. Die Höhe des entgangenen Gewinns ist unter Berücksichtigung der durch § 287 Abs. 1 ZPO, § 252 Satz 2 BGB gewährten Erleichterungen festzustellen. Insoweit bedarf es zwar der Darlegung konkreter Anhaltspunkte für die Schadensermittlung, um eine ausreichende Grundlage für die sachlich-rechtliche Wahrscheinlichkeitsprognose und in der Folge für eine gerichtliche Schadensschätzung zu haben. An die Darlegung solcher Anknüpfungstatsachen dürfen jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.
VolltextIBRRS 2021, 3013
AG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2021 - 37 C 156/20
1. Die Absicherung einer Wasserentnahmestelle an einem Hydranten im öffentlichen Verkehrsraum mittels Standrohr darf auch tagsüber nicht nur mit einem Leitkegel erfolgen. Eine Verletzung der Vorgaben der RSA zur Baustellensicherung indiziert regelmäßig auch die Verletzung der zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflicht.*)
2. Ein Bauarbeiter kann Verrichtungsgehilfe sowohl des Bauunternehmers als auch des Bauherrn sein.*)
3. Fährt ein Kraftfahrer im Tagesverkehr bei guten Sichtverhältnissen gegen ein unzureichend gesichertes Hydranten-Standrohr, so ist von einer Mithaftungsquote von 50 % auszugehen.*)
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