Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
706 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IBRRS 2023, 0069BGH, Beschluss vom 06.12.2022 - VIII ZA 12/22
Wird ein bestimmender, grundsätzlich von einem zur Vertretung berechtigten Rechtsanwalt eigenhändig zu unterzeichnender Schriftsatz - hier Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO) - von dem den Schriftsatz verfassenden Rechtsanwalt nicht unterzeichnet und vom unterzeichnenden Rechtsanwalt nicht verantwortet, fehlt es an einer wirksamen Unterschrift (im Anschluss an BGH, Urteil vom 19.10.1988 - IVb ZR 5/88, NJW 1989, 394 unter II 1; Beschlüsse vom 23.06.2005 - V ZB 45/04, IBRRS 2005, 3643 = NJW 2005, 2709 unter III 2 a; vom 14.03.2017 - VI ZB 34/16, Rz. 7 ff., IBRRS 2017, 1551 = NJW-RR 2017, 686).*)
VolltextOnline seit 2022
IBRRS 2022, 3763BGH, Beschluss vom 22.11.2022 - XI ZB 13/22
Ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten auf der ersten Stufe der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze (hier: fehlerhafte Streichung der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender) steht einer Wiedereinsetzung ausnahmsweise dann nicht entgegen, wenn im Rahmen der Büroorganisation durch eine allgemeine Arbeitsanweisung Vorsorge dafür getroffen wurde, dass auf der zweiten Stufe der Ausgangskontrolle bei normalem Verlauf der Dinge die Frist mit Sicherheit gewahrt worden wäre. Versagt diese Kontrolle, ist ein Rückgriff auf ein Anwaltsverschulden auf der ersten Stufe der Ausgangskontrolle ausgeschlossen.*)
VolltextIBRRS 2022, 3721
BGH, Beschluss vom 30.11.2022 - IV ZB 17/22
1. Ein über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichtes elektronisches Dokument ist erst dann gem. § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO wirksam bei dem zuständigen Gericht eingegangen, wenn es auf dem gerade für dieses Gericht eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist.*)
2. An die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen per beA sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei der Übermittlung von Schriftsätzen per Telefax (hier: Übermittlung der Berufungsbegründung an falschen Empfänger).*)
VolltextIBRRS 2022, 3630
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17.10.2022 - 4 U 92/22
Zu den Organisationspflichten des Prozessbevollmächtigten, der einen Rechtsanwalt aus einer anderen Kanzlei mit der Erstellung einer fristgebundenen Rechtsmittelbegründung beauftragt.*)
VolltextIBRRS 2022, 3627
BAG, Urteil vom 25.08.2022 - 6 AZR 499/21
Ein als Word-Dokument übermittelter Schriftsatz ist nicht i.S.v. § 46c Abs. 2 Satz 1 ArbGG a.F. für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und damit formunwirksam eingereicht. Das gilt auch, wenn das Gericht ein IT-System nutzt, das im konkreten Fall die Bearbeitung eines solchen Dokuments zulässt.
VolltextIBRRS 2022, 3609
VGH Bayern, Beschluss vom 02.05.2022 - 6 ZB 22.30401
1. Nach dem seit dem 01.01.2022 geltenden § 55d VwGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die ua durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln.
2. Nur dann, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (§ 55d Satz 3 VwGO). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen.
VolltextIBRRS 2022, 3608
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 25.01.2022 - 4 MB 78/21
1. Die aktive Nutzungspflicht der elektronischen Form (§ 55d Satz 1 VwGO) ist nicht von einem weiteren Umsetzungsakt abhängig und gilt ab dem 01.01.2022 für sämtliche Verfahren einschließlich solcher, die bereits zuvor anhängig gemachten wurden.*)
2. Die (rechtzeitige) Einhaltung der in § 55d Satz 1 VwGO vorgeschriebenen Form ist eine Frage der Zulässigkeit und daher von Amts wegen zu beachten; sie steht nicht zur Disposition der Beteiligten.*)
3. § 55d Satz 3 VwGO enthält eine einheitliche Heilungsregelung. Unerheblich ist, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit der elektronischen Einreichung in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichenden zu suchen ist. Die Möglichkeit der Ersatzeinreichung ist verschuldensunabhängig ausgestaltet.*)
4. Die vorübergehende technische Unmöglichkeit ist vorrangig zugleich mit der Ersatzeinreichung glaubhaft zu machen. Lediglich dann, wenn der Rechtsanwalt erst kurz vor Fristablauf feststellt, dass eine elektronische Einreichung nicht möglich ist und bis zum Fristablauf keine Zeit mehr verbleibt, die Unmöglichkeit darzutun und glaubhaft zu machen, genügt eine unverzügliche Glaubhaftmachung (§ 55d Satz 4 VwGO).*)
VolltextIBRRS 2022, 3585
BGH, Beschluss vom 19.10.2022 - XII ZB 113/21
1. Werden einem Rechtsanwalt die Akten im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Verfahrenshandlung vorgelegt, hat er den Ablauf von Rechtsmittelbegründungsfristen eigenverantwortlich zu prüfen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 19.02.2020 - XII ZB 458/19, IBRRS 2020, 0985 = FamRZ 2020, 936).*)
2. Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 31.07.2019 - XII ZB 36/19, IBRRS 2019, 2762 = FamRZ 2019, 1800).*)
VolltextIBRRS 2022, 3544
OLG Dresden, Beschluss vom 07.11.2022 - 12 W 561/22
Beauftragt der Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen einen Terminsvertreter zur Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei den dadurch dem Prozessbevollmächtigten entstehenden Kosten in Form der Vergütung des Terminsvertreters nicht um Auslagen im Sinne von Vorbemerkung § 7 Abs. 1 Satz 2 VV RVG. Derartige Kosten sind selbst dann, wenn der Mandant dem Prozessbevollmächtigten diese Kosten ersetzt, im Kostenfestsetzungsverfahren nicht gegen den Prozessgegner festzusetzen.*)
VolltextIBRRS 2022, 3459
OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2022 - 24 U 38/21
1. Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 analog RVG ist ein vereinbartes Zeithonorar mangels Angabe der jeweils angesetzten Stundensätze in der Rechnung - differenzierend nach Tätigkeiten von Partnern einerseits und angestellten Rechtsanwälten andererseits - nicht fällig.*)
2. Die vorgenannten Angaben können grundsätzlich auch noch in der Berufungsinstanz nachgeholt werden; § 531 Abs. 2 ZPO steht dem regelmäßig nicht entgegen.*)
3. Soweit die Berufung nach entsprechender Ergänzung der Rechnung Erfolg hat, hat der auf Vergütung klagende Rechtsanwalt die Kosten der Berufung nach § 97 Abs. 2 analog ZPO zu tragen.*)
4. In einer Vergütungsvereinbarung gem. § 3a RVG muss eindeutig festgelegt werden, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll; insbesondere muss in der Vergütungsvereinbarung festgelegt werden, ob diese nur für das derzeitige Mandat oder auch für zukünftige Mandate, insbesondere Weiterungen des bestehenden Mandates gelten soll.*)
5. Selbst eine geltungserhaltende Reduktion einer Vergütungsvereinbarung auf ein (vermeintlich) originäres Mandat kann nach den konkreten Umständen des Einzelfalles aufgrund der bei dem Abschluss der Vereinbarung vorherrschenden Situation (hier: Konglomerat potenzieller Auseinandersetzungen verschiedener Personen) ausscheiden.*)
VolltextIBRRS 2022, 3457
BSG, Beschluss vom 14.07.2022 - B 3 KR 2/21 R
Setzt sich ein Inhaber eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs über die Verpflichtung zur ausschließlich eigenen - höchstpersönlichen - Nutzung durch Überlassung des nur für seinen Zugang erzeugten Zertifikats und der dazugehörigen Zertifikats-PIN an Dritte oder auf andere Weise bewusst hinweg, muss er sich in diesem Regelungszusammenhang das von einem Dritten abgegebene elektronische Empfangsbekenntnis auch dann wie ein eigenes zurechnen lassen, wenn die Abgabe ohne seine Kenntnis erfolgt ist.
VolltextIBRRS 2022, 2953
BGH, Urteil vom 25.08.2022 - AnwZ (Brfg) 3/22
1. Voraussetzung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt ist, dass der Antragsteller im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses für seinen Arbeitgeber in dessen Rechtsangelegenheiten tätig ist, seine Tätigkeit sich mithin auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränkt.
2. Ob der Antragsteller in Rechtsangelegenheiten seines Arbeitgebers tätig wird, bestimmt sich nach dem objektiven Inhalt der Tätigkeit, nicht nach dem Erscheinungsbild nach außen. Entscheidend ist, ob die zu klärenden Rechtsfragen dem Bereich des Arbeitgebers zuzuordnen sind oder dem eines Dritten.
3. Eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten Dritter stellt auch dann keine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers dar, wenn dieser vertraglich oder gesetzlich dazu verpflichtet ist, sich mit den Rechtsangelegenheiten Dritter zu befassen.
4. Einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt steht eine Tätigkeit entgegen, die zumindest im Kernbereich der Aufgaben, nämlich als Schlichter, nicht in Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers erfolgt.
VolltextIBRRS 2022, 3456
OLG Bremen, Beschluss vom 20.09.2022 - 3 U 21/22
1. Überlässt ein Rechtsanwalt (rechtswidrig) seine persönliche Signaturkarte unter Offenlegung der persönlichen PIN seiner Mitarbeiterin, so ist zur Feststellung des Empfangswillens des Rechtsanwalts gem. § 166 BGB analog auf die Mitarbeiterin als Wissensvertreterin des Rechtsanwalts abzustellen.*)
2. Im Interesse des Rechtsverkehrs an der strikten Verlässlichkeit der mit einem elektronischen Empfangsbekenntnis abgegebenen Erklärung muss sich ein Postfachinhaber eine von Dritten abgegebene Erklärung so zurechnen zu lassen, als habe er sie selbst abgegeben, wenn er Dritten die Abgabe der Erklärung unter Verstoß gegen die Sicherheitsanforderungen des elektronischen Rechtsverkehrs selbst ermöglicht hat.*)
3. Unerheblich ist es dabei, ob der Postfachinhaber dem Dritten die Verwendung seiner Signaturkarte und seiner PIN im Innenverhältnis nur unter bestimmten Bedingungen gestattet, da es sich hierbei lediglich um Einschränkungen im Innenverhältnis handelt, die nach außen nicht bekannt geworden sind und bereits deswegen keine Wirkung im Rechtsverkehr entfalten können.*)
VolltextIBRRS 2022, 3403
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.10.2022 - 3 W 111/22
Die Honorarberechnung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG geht dem Mandanten nicht in der erforderlichen schriftlichen Form zu, wenn die Berechnung vom Rechtsanwalt mit einfacher Signatur über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Gericht gesandt und von dort in ausgedruckter Form dem Mandanten zugeleitet wird.*)
VolltextIBRRS 2022, 3410
BAG, Beschluss vom 25.08.2022 - 2 AZN 234/22
Ein aus dem besonderen Anwaltspostfach elektronisch bei Gericht eingereichter Schriftsatz muss - zumindest - mit einer einfachen Signatur versehen sein. Dazu genügt bei einem nach dem Briefkopf als Einzelanwalt ausgewiesenen Rechtsanwalt der maschinenschriftliche Abschluss des Schriftsatzes mit "Rechtsanwalt" (ohne Namenszusatz). Es kommt dann nicht mehr darauf an, ob die darüber geleistete - mit dem Schriftsatz eingescannte - Unterschrift entzifferbar ist (Abgrenzung von BSG, Beschluss vom 16.02.2022 - B 5 R 198/21 B, IBRRS 2022, 1059 = IMRRS 2022, 0401).
IBRRS 2022, 3369
OLG Braunschweig, Beschluss vom 28.10.2022 - 4 U 76/22
1. Für eine wirksame Ersatzeinreichung gem. § 130d Satz 2 und Satz 3 ZPO muss der Rechtsanwalt darlegen und glaubhaft machen, dass die elektronische Übermittlung im Zeitpunkt der beabsichtigten Einreichung aus technischen Gründen unmöglich war. Gleiches gilt für die vorübergehende Natur des technischen Defektes. Es genügt eine (laienverständliche) Darstellung des Defektes und der zu seiner Behebung getroffenen Maßnahmen.*)
2. Bezüglich des Zeitpunkts der erforderlichen Darlegung und Glaubhaftmachung kommt nach dem Wortlaut von § 130d Satz 3 ZPO ("oder") dem Zeitpunkt der Ersatzeinreichung selbst kein Vorrang gegenüber der - dann jedoch "unverzüglichen" - Nachholung zu.*)
3. Im Anwendungsbereich des § 130d Satz 3 ZPO genügt für die Glaubhaftmachung eine (formgerechte) anwaltliche Versicherung über das Scheitern der Übermittlung. Fehlt diese bzw. wird sie nicht ohne schuldhaftes Zögern beigebracht, ist die Ersatzeinreichung unwirksam.*)
VolltextIBRRS 2022, 3334
OLG Schleswig, Beschluss vom 13.10.2022 - 7 U 160/22
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nur gewährt, wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist einzuhalten. Dabei muss sich die Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Es gilt der berufsbedingt strenge Sorgfaltsmaßstab, sodass insoweit regelmäßig eine Fristversäumnis verschuldet ist, wenn sie für einen pflichtbewussten Rechtsanwalt abwendbar gewesen wäre.*)
2. Die Berufungsschrift darf nicht beim Ausgangsgericht, sondern muss beim zuständigen Berufungsgericht (in diesem Fall beim OLG Schleswig) eingelegt werden. Ein Rechtsanwalt hat durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht.*)
3. Seit dem 01.01.2022 müssen vorbereitende Schriftsätze gem. § 130d ZPO als elektronisches Dokument eingereicht werden. Gemäß § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO wird dem Absender nach der Übermittlung eine "automatisierte Bestätigung" über den Zeitpunkt des Eingangs mitgeteilt.*)
4. Das Fristenwesen einer Anwaltskanzlei muss sicherstellen, dass dem Rechtsanwalt die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittelfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden und zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich an das zuständige Gericht rechtzeitig hinausgehen. Dabei ist die für die Kontrolle zuständige Bürokraft anzuweisen, dass Fristen im Kalender erst dann als erledigt zu kennzeichnen sind, nachdem sie sich anhand der Akte selbst vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Fristenkontrolle auch eine Weisung, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders nochmals und abschließend selbstständig überprüft wird. Das Erfordernis der allabendlichen Fristenkontrolle hat gerade den Sinn, durch eine doppelte Prüfung möglichst alle Fehlerquellen bei der Einhaltung von Fristen auszuschließen.*)
5. Eine wirksame Fristen- und Ausgangskontrolle darf nicht nur mit der bloßen Anwaltssoftware (hier "RA-Micro") erfolgen, sondern erfordert auch einen Vergleich anhand des Fristenkalenders und der Handakte. Das Büropersonal ist bereits vor Anfertigung und Verarbeitung der Berufungsschrift anzuweisen, in der entsprechenden Anwaltssoftware (hier "RA-Micro") das zuständige Berufungsgericht einzupflegen.*)
6. Die Ursächlichkeit einer falschen Gerichtsadressierung entfällt lediglich dann, wenn ein an sich schuldhaftes Verhalten sich wegen eines Fehlers des unzuständigen Gerichts nicht entscheidend auswirkt. Kausalität wäre in diesem Fall nur dann nicht gegeben, wenn die Fristversäumnis bei pflichtgemäßer Weiterleitung des Schreibens an das zuständige Gericht vermieden worden wäre. Das wäre aber nur dann der Fall, wenn die fristgerechte Weiterleitung an das zuständige Gericht im ordentlichen Geschäftsgang erwartet werden konnte.*)
7. Versäumnis der Berufungsfrist durch Übersendung an ein unzuständiges Gericht: Die allabendliche Fristenkontrolle hat gerade den Sinn, durch eine doppelte Prüfung möglichst alle Fehlerquellen bei der Einhaltung von Fristen auszuschließen. Das Büropersonal ist bereits vor Anfertigung und Verarbeitung der Berufungsschrift anzuweisen, in der entsprechenden Anwaltssoftware das zuständige Berufungsgericht einzupflegen.*)
VolltextIBRRS 2022, 3294
BGH, Beschluss vom 17.10.2022 - VII ZR 49/20
Der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren richtet sich nach dem Wert, der die Grundlage für den Auftrag zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bildet. Erteilt der Kläger dem Rechtsanwalt einen unbeschränkten Rechtsmittelauftrag, erstreckt sich dieser auf die gesamte, durch das Berufungsurteil begründete Beschwer des Klägers.
VolltextIBRRS 2022, 3289
BGH, Urteil vom 12.09.2022 - AnwZ (Brfg) 41/21
1. Ein durch Amtsniederlegung nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 BRAO als Mitglied des Vorstands ausgeschiedener Rechtsanwalt kann nicht im Wege der Nachwahl gem. § 69 Abs. 3 Satz 1 BRAO für den von ihm niedergelegten Sitz im Vorstand wiedergewählt werden.*)
2. Das Ausscheiden eines Rechtsanwalts als Mitglied des Vorstands durch Amtsniederlegung nach § 69 Abs. 1 Nr. 2 BRAO steht seiner (erneuten) Wahl in den Vorstand im Rahmen turnusgemäßer Neuwahlen nach § 68 Abs. 1 BRAO auch dann nicht entgegen, wenn der Rest der Amtszeit des von ihm niedergelegten Mandats noch nicht abgelaufen ist.*)
3. § 68 Abs. 4 BRAO ist auf den Fall der gleichzeitigen Durchführung einer Nach- mit einer turnusmäßigen Neuwahl entsprechend anwendbar.*)
VolltextIBRRS 2022, 3253
OLG München, Beschluss vom 12.08.2022 - 11 W 467/22
Beauftragt der Hauptbevollmächtigte den Terminsvertreter im eigenen Namen (entsteht die Vertragsbeziehung also nicht zwischen Partei und Terminsvertreter), kann der Hauptbevollmächtigte die von ihm dem Terminsvertreter geschuldete Vergütung gegenüber dem Mandanten nicht als "Auslage" i.S.v. Vorb. 7 Abs. 1 VV-RVG i.V.m. §§ 675, 670 ff. BGB geltend machen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.07.2011 - IV ZB 8/11, IBRRS 2011, 3036; OLG Koblenz, Beschluss vom 25.07.2012 - 14 W 400/12: "Wer die Musik bestellt, bezahlt", IBRRS 2012, 4468).*)
VolltextIBRRS 2022, 3252
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.07.2022 - 16 B 413/22
1. Schriftsätze sind von einem Rechtsanwalt als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, kann eine Ersatzeinreichung zulässig sein, wenn die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft gemacht wird.
2. Eine fünf Wochen andauernde Störung von Telefon- und Internetverbindung ist keine vorübergehende Unmöglichkeit.
3. Die beA-Nutzungspflicht entbindet professionelle Einreicher nicht davon, notwendige technische Einrichtungen für die Einreichung elektronischer Dokumente vorzuhalten und bei technischen Ausfällen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen.
VolltextIBRRS 2022, 3251
OLG Hamburg, Beschluss vom 06.05.2022 - 12 UF 208/21
1. Ein mittels beA gestellter Antrag zur Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist muss vom Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten verantwortet und mit seinem Wissen und Wollen eingereicht werden.
2. Elektronische Dokumente aus dem persönlichen elektronischen Anwaltspostfach müssen vom Rechtsanwalt selbst und dürfen nicht durch vom Rechtsanwalt berechtigte Dritte versendet werden.
VolltextIBRRS 2022, 3227
BGH, Beschluss vom 22.09.2022 - V ZB 2/20
Vertritt der Rechtsanwalt den Gläubiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren über mehrere Bruchteile eines Grundstücks wegen einer Forderung, für die die Miteigentümer als Gesamtschuldner haften, dann handelt es sich um eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG und erhält der Anwalt für das Verfahren nur eine 0,4-Gebühr nach Nr. 3311 Ziff. 1 VV RVG.*)
VolltextIBRRS 2022, 3198
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 20.09.2022 - 1 LZ 451/22
1. Rechtsanwälte sind gesetzlich verpflichtet, Schriftsätze als elektronisches Dokument zu übermitteln. Nur, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig.
2. Hat ein Rechtsanwalt für sich entschieden, diese Vorgabe nicht einzuhalten, kann die formgerechte elektronische Übermittlung nicht aus vorübergehenden technischen Gründen durch postalische Übersendung ersetzt werden.
3. Möchte ein Rechtsanwalt nicht in eigener Sache tätig werden, muss er sich vor dem Oberverwaltungsgericht anderweitig vertreten lassen.
VolltextIBRRS 2022, 3179
OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.08.2022 - 12 U 113/22
1. Für die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA gilt nichts wesentlich anderes als bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax.
2. Den Versandvorgang zu überprüfen, ist unerlässlich. Dazu gehört insbesondere die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht erteilt worden ist.
3. Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen.
4. Es fällt in den Verantwortungsbereich des Rechtsanwalts, das in seiner Kanzlei für die Versendung fristwahrender Schriftsätze über das beA zuständige Personal dahingehend anzuweisen, Erhalt und Inhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach Abschluss des Übermittlungsvorgangs stets zu kontrollieren.
5. Wenn das Übermittlungsprotokoll nicht im Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll" den Meldetext "request executed" und unter dem Unterpunkt "Übermittlungsstatus" die Meldung "erfolgreich" anzeigt, darf nicht von einer erfolgreichen Übermittlung des Schriftsatzes an das Gericht ausgegangen werden. Die Einhaltung der entsprechenden organisatorischen Abläufe in der Kanzlei hat der Rechtsanwalt zumindest stichprobenweise zu überprüfen.
VolltextIBRRS 2022, 2398
BGH, Beschluss vom 05.07.2022 - VIII ZB 33/21
1. Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist oder wohnt, sind nur erstattungsfähig, wenn die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war.
2. Bei einer Vielzahl von ähnlich gelagerten Fällen vor verschiedenen Gerichten ist eine Partei nicht gehalten, jeweils gesonderte Prozessbevollmächtigte am jeweiligen Prozessort zu beauftragen und neu zu instruieren, wenn die Partei die Wahrnehmung ihrer Belange durch einen Rechtsanwalt als sachdienlich ansehen kann.
VolltextIBRRS 2022, 3159
BVerwG, Beschluss vom 27.04.2022 - 9 KSt 10.21
Die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren für das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union setzt nicht voraus, dass die dort entstandenen Kosten in der Kostengrundentscheidung des mitgliedstaatlichen Gerichts ausdrücklich erwähnt wurden.*)
VolltextIBRRS 2022, 3059
BGH, Beschluss vom 20.09.2022 - XI ZB 14/22
Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert die Kontrolle, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO auf die Datei mit dem betreffenden Schriftsatz bezieht.*)
VolltextIBRRS 2022, 3051
BGH, Beschluss vom 20.09.2022 - VI ZB 17/22
Ein Rechtsanwalt hat durch geeignete organisatorische Vorkehrungen dafür Sorge zu tragen, dass Fristversäumnisse möglichst vermieden werden. Hierzu gehört die allgemeine Anordnung, bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine grundsätzlich etwa einwöchige Vorfrist zu notieren.*)
VolltextIBRRS 2022, 2976
VG Freiburg, Beschluss vom 28.09.2022 - A 13 K 2458/22
Ein nicht qualifiziert elektronisch signiertes Dokument wird nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) i.S.d. § 55a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 VwGO eingereicht, wenn die den Schriftsatz verantwortende Person das Dokument selbst versendet (wie BVerwG, Beschluss vom 12.10.2021 - 8 C 4.21). Die Weisung eines Rechtsanwalts an sein Büropersonal, eine nicht qualifiziert elektronisch signierte Antragsschrift eigenständig per beA an das Gericht zu versenden, ist grob sorgfaltswidrig.*)
VolltextIBRRS 2022, 2977
BVerwG, Beschluss vom 12.10.2021 - 8 C 4.21
Ein nicht qualifiziert elektronisch signiertes Dokument wird nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach i.S.d. § 55a Abs. 3, 4 Nr. 2 VwGO eingereicht, wenn die den Schriftsatz verantwortende Person das Dokument selbst versendet.*)
VolltextIBRRS 2022, 2992
BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - XII ZB 215/22
Die einfache Signatur i.S.d. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort "Rechtsanwalt" ohne Namensangabe (im Anschluss an BAG, IBR 2021, 56, und BSG, Beschluss vom 16.02.2022 - B 5 R 198/21 B, IBRRS 2022, 1059 = IMRRS 2022, 0401).*)
IBRRS 2022, 3831
OVG Hamburg, Beschluss vom 12.08.2022 - 6 Bs 57/22
Die für eine einfache Signatur i.S.v. § 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderliche Wiedergabe des Namens am Ende des Textes kann nicht durch die Angabe des Wortes „Rechtsanwalt“ am Ende des Schriftsatzes ersetzt werden, auch wenn im Briefkopf der Kanzlei nur eine einzelne Person als Rechtsanwalt ausgewiesen ist.*)
VolltextIBRRS 2022, 2934
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 18.08.2022 - 3 LB 5/22
1. Ein Fehlverhalten unselbstständig handelnder Hilfspersonen des Prozessbevollmächtigten kann sich dann zum Nachteil für die Partei auswirken, wenn dem Prozessbevollmächtigten insoweit ein Organisationsverschulden zur Last fällt, das sich die vertretene Person wiederum über § 173 Satz 1 VwGO, § 85 Abs. 2 ZPO als eigenes Verschulden ihres Bevollmächtigten zurechnen lassen muss.*)
2. Zu den Fristen, deren Erfassung und Kontrolle ein Prozessbevollmächtigter nicht seinem Büropersonal überlassen darf, zählt auch die Berufungsbegründungsfrist im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht gemäß § 124a Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 6 Satz 1 VwGO.*)
VolltextIBRRS 2022, 2463
LG Berlin, Urteil vom 08.08.2022 - 83 O 9/22
1. Der Abschluss von Mietverträgen Namens und in Vollmacht des Vermieters durch einen Rechtsanwalt mit seiner eigenen Ehefrau verstößt fundamental gegen die Grundsätze des anwaltlichen Berufsrechts des Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege und verstößt damit letztlich auch gegen die guten Sitten gem. § 138 BGB.
2. Eine Einwilligung in die Sittenwidrigkeit verhilft dem sittenwidrigen Vertrag nicht zu dessen Wirksamkeit.
3. Lässt sich der vom Vermieter beauftragte Anwalt Schmiergelder von den Mietern für eine Vertragsverlängerung oder eine Nichterhöhung der Miete zahlen, verstoßen diese Vereinbarungen gegen die guten Sitten und sind gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig.
4. Solche Schmiergeldzahlungen muss der Anwalt nach § 826 BGB an den Vermieter auszahlen.
VolltextIBRRS 2022, 2759
BFH, Beschluss vom 23.08.2022 - VIII S 3/22
Die Erhebung einer Anhörungsrüge durch einen Rechtsanwalt ist ab dem 01.01.2022 unzulässig, wenn sie nicht als elektronisches Dokument in der Form des § 52a FGO an den BFH übermittelt wird. Der Verstoß gegen § 52d FGO führt zur Unwirksamkeit des Antrags. Er gilt als nicht vorgenommen.*)
VolltextIBRRS 2022, 2677
OLG Braunschweig, Beschluss vom 05.07.2022 - 4 EK 1/21
1. Erhebliche über die bloße Prozesswirtschaftlichkeit hinausreichende Wertungsgesichtspunkte können im Einzelfall in entsprechender Anwendung des § 148 Abs. 1 ZPO die Aussetzung eines beim Oberlandesgericht anhängigen erstinstanzlichen Entschädigungsverfahrens i.S.d. § 198 GVG rechtfertigen.*)
2. Eine im pflichtgemäßen Ermessen zu treffende Aussetzungsentscheidung kann geboten sein, wenn das Gericht andernfalls dazu angehalten wäre, "sehenden Auges" das Verfahren eines Klägers zu einem identischen Verfahrenskomplex mit identischen Rechtsfragen zeitlich vor einer erwartungsgemäß absehbaren höchstrichterlichen Klärung jener Rechtsfragen, die sich entscheidungserheblich gleichermaßen im auszusetzenden Verfahren wie auch in dem in Bezug genommenen Revisionsverfahren des identischen Klägers stellen, kurzsichtig in der Vorinstanz zu zementieren. Auf diese Weise beraubte sich das Gericht selbst der Möglichkeit - im redlichen Bemühen um die ihm anvertraute Herstellung des Rechtsfriedens und im Respekt vor einer höchstrichterlichen Klärung - die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten. Die Aussetzungsentscheidung dient deshalb auch aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes letztlich dem wohlverstandenen eigenen Interesse der Parteien.*)
VolltextIBRRS 2022, 2669
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 16.05.2022 - 3 R 696/21
Eine Streitwertbeschwerde ist mangels Beschwer unzulässig, wenn sie von den Prozessbevollmächtigten des teilweise Kostentragungspflichtigen Klägers im eigenen Namen eingelegt und damit begründet wird, dass die Festsetzung zu hoch ist.*)
VolltextIBRRS 2022, 2611
FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.07.2022 - 4 V 1340/22
Reicht ein Berufsträger, der als (zumindest auch) als Rechtsanwalt zugelassener Berufsträger für eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig wird, ab dem 01.01.2022 einen bestimmenden Schriftsatz bei einem Finanzgericht nicht über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ein, ist dieser formunwirksam, wenn keine Hinderungsgründe glaubhaft gemacht werden.*)
VolltextIBRRS 2022, 2608
OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.07.2022 - 26 W 4/22
§ 130d Satz 1 ZPO ist auch auf diejenigen Verfahren anwendbar, die nicht dem Anwaltszwang unterliegen.*)
IBRRS 2022, 2280
OLG Hamburg, Beschluss vom 20.05.2022 - 7 W 57/22
1. Bei seiner Zeitplanung für einen anberaumten Gerichtstermin muss der zu einer bestimmten Uhrzeit geladene Rechtsanwalt nicht nur damit rechnen, einige Zeit auf den Beginn der Verhandlung warten zu müssen, sondern auch einkalkulieren, dass auch der Termin selbst eine gewisse, im Voraus nicht sicher absehbare Zeit in Anspruch nehmen wird. Ist seine Zeitplanung zu knapp und verlässt er deshalb den Terminsort vor Aufruf der Sache, ist sein Ausbleiben in dem Termin nicht unverschuldet.*)
2. Wenn sich der Aufruf der Sache wegen der Verhandlungsdauer vorangehender Termine verzögert, der Rechtsanwalt deswegen den Terminsort verlässt und einen Terminverlegungsantrag stellt, weil er nicht länger warten könne, müssen die Gründe dafür so genau vorgetragen werden, dass dem Gericht eine Prüfung ihrer Erheblichkeit ohne weitere Rückfrage möglich ist.*)
3. Für den Rechtsanwalt, dem nach § 128a ZPO gestattet ist, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen, gelten insoweit keine anderen Maßstäbe.*)
VolltextIBRRS 2022, 2165
AG Ludwigshafen, Beschluss vom 26.04.2022 - 3c IK 115/22
1. Aus der Eigenschaft als Rechtsanwalt ergibt sich eine gesetzliche Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr. Dieser kann sich der Rechtsanwalt nicht durch einen (beliebigen) Rollenwechsel entziehen.
2. Ein Verbraucherinsolvenzantrag in Papierform kann von einem Rechtsanwalt deshalb nicht „als Bote“ formwirksam eingereicht werden.
VolltextIBRRS 2022, 2153
BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 28/22
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sog. Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG a.F. gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).*)
VolltextIBRRS 2022, 2132
BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 381/21
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sog. Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG a.F. gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).*)
VolltextIBRRS 2022, 2096
VG Neustadt, Urteil vom 25.04.2022 - 3 K 412/21
1. § 13a RDG unterscheidet bei der Formulierung der Anforderungen an die Darlegungs- und Informationspflichten ausdrücklich zwischen Fremdforderungen des Gläubigers wovon auch Nebenforderungen erfasst sind und Inkassokosten i.S.v. Eigenforderungen des Inkassounternehmens.*)
2. Eine Auflage nach § 10 Abs. 3 Satz 2 RDG in Bezug auf die Geltendmachung von Inkassokosten ist nur gerechtfertigt, wenn Verstöße gegen die Informations- und Darlegungspflichten des § 13a RDG bei der Beitreibung solcher Forderungen begangen wurden.*)
3. Die in § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG geforderte Information über den Forderungsgrund ist nur dann klar und verständlich formuliert, wenn sie Darlegungen zu dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt und der Höhe der Haupt- und Nebenforderungen enthält. Nebenforderungen sind hinreichend konkret zu bezeichnen, was im Falle der Verwendung pauschaler Begriffe wie Mahnkosten, Mahngebühren oder Nebenforderung nicht anzunehmen ist.*)
4. Soweit eine Auflage nach § 10 Abs. 3 Satz 2 RDG in Bezug auf die Geltendmachung von Nebenforderungen des Gläubigers die in § 13a Abs. 1 Nr. 5 RDG statuierten Anforderungen übernimmt, konkretisiert sie die in § 13a Abs. 1 Nr. 2 RDG niederlegten Voraussetzungen in zulässiger Weise.*)
VolltextIBRRS 2022, 2092
BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 383/21
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG a.F. gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).*)
VolltextIBRRS 2022, 2077
BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 365/21
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG a.F. gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).*)
VolltextIBRRS 2022, 2023
BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 380/21
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sog. Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG a.F. gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).*)
VolltextIBRRS 2022, 1977
BGH, Beschluss vom 24.05.2022 - XI ZB 18/21
1. Für die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA gilt nichts wesentlich anderes als bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax.
2. Den Versandvorgang zu überprüfen, ist unerlässlich. Dazu gehört insbesondere die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht erteilt worden ist.
3. Bleibt eine Eingangsbestätigung aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen.
VolltextIBRRS 2022, 1950
BGH, Urteil vom 18.05.2022 - VIII ZR 423/21
Zur Aktivlegitimation eines registrierten Inkassodienstleisters, der Ansprüche des Mieters aus der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d, 556g BGB) im Wege der Abtretung verfolgt (hier: Abgrenzung der einem registrierten Inkassodienstleister nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG a.F. gestatteten Forderungseinziehung von unzulässigen Maßnahmen der Anspruchsabwehr).*)
Volltext