Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
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IBRRS 2004, 0926OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 558/02
1. Eine Bauvoranfrage ist nicht bescheidungsfähig, wenn auf der Grundlage der mit der Bauvoranfrage eingereichten Bauvorlagen keine positive Aussage darüber getroffen werden kann, ob das Vorhaben hinsichtlich der mit der Bauvoranfrage zur Entscheidung gestellten Fragen baurechtlich zulässig ist.*)
2. Wird mit der Bauvoranfrage die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Verbrauchermarktes zur Entscheidung gestellt, kann diese bauplanungsrechtliche Zulässigkeit - wenn auch die zugehörige Stellplatzanlage und deren Zufahrten Gegenstand des begehrten Bauvorbescheides sein sollen - im Hinblick auf die in § 15 Abs. 1 BauNVO genannten Aspekte je nach den Umständen des Einzelfalles (hier: zwei weitere Verbrauchermärkte in unmittelbarer Nachbarschaft) nur auf der Grundlage einer Immissionsprognose verbindlich festgestellt werden.*)
VolltextIBRRS 2004, 0923
BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 4 CN 16.03
Durch die Erteilung ihres Einvernehmens zu einem Bauvorhaben wird die Gemeinde grundsätzlich nicht gehindert, eine dem Vorhaben widersprechende Bauleitplanung zu betreiben und sie durch eine Veränderungssperre zu sichern.*)
Eine Veränderungssperre, die der Gemeinde erst die Zeit für die Entwicklung eines bestimmten Planungskonzepts geben soll, ist mangels eines beachtlichen Sicherungsbedürfnisses unwirksam.*)
Ein Normenkontrollverfahren wegen einer Veränderungssperre erledigt sich nicht nach zwei Jahren durch Zeitablauf, wenn die Gemeinde zuvor die Geltungsdauer der Veränderungssperre verlängert hat.*)
VolltextIBRRS 2004, 0921
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.02.2004 - 10 A 3279/02
1. Bei der Subsumtion, ob im Einzelfall eine unzulässige störende Häufung von Werbeanlagen i.S.d. § 13 Abs. 2 Satz 3 BauO NRW vorliegt, ist sorgfältig zwischen den Begriffen der Häufung und der Störung zu unterscheiden.*)
2. Die Häufung setzt ein räumlich dichtes Nebeneinander einer Mehrzahl von mindestens drei Werbeanlagen voraus; in die Betrachtung sind Werbeanlagen der Eigen- und Fremdwerbung einzubeziehen.*)
3. Die Störung setzt voraus, dass der für die Häufung maßgebliche örtliche Bereich im Gesichtsfeld des Betrachters derartig mit Werbeanlagen überladen ist, dass das Auge keinen Ruhepunkt mehr findet und das Bedürfnis nach werbungsfreien Flächen stark hervortritt. Wann die störende Wirkung eintritt, hängt wesentlich von dem Baugebietscharakter, der vorhandenen Bebauung und der tatsächlichen Nutzung des Gebiets ab.*)
VolltextIBRRS 2004, 0920
VGH Hessen, Urteil vom 25.02.2004 - 3 N 1699/03
1. Ein Satzungsbeschluss gemäß § 10 BauGB kommt nicht dadurch zustande, dass die Gemeindevertretung der Begründung zum Bebauungsplanentwurf zustimmt.*)
2. Eingriffe in Natur und Landschaft auf Grund eines Bebauungsplans sind von speziellen artenschutzrechtlichen Verboten nicht freigestellt, auch wenn die allgemeine naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nach § 1 a Abs. 2 Nr. 2 BauGB in der Abwägung zu berücksichtigen ist. Vielmehr bedarf es gegebenenfalls einer artenschutzrechtlichen Befreiung unter den Voraussetzungen von § 62 BNatSchG, etwa i.V.m. Art. 12, 13, 16 FFH-RL oder Art. 5 - 7, 9 Vogelschutzrichtlinie.*)
3. Tiere und Pflanzen der geschützten Art oder ihre Lebensräume werden bereits dann absichtlich beeinträchtigt i.S. v. § 43 Abs. 4 BNatSchG, Art. 12 FFH-RL, wenn der Eingriff zwangsläufig zur Beeinträchtigung führt. Ein gezieltes Vorgehen kann nicht verlangt werden.*)
4. Zur Abwägungserheblichkeit eines Lärmgutachtens, über das der Gemeindevorstand die Gemeindevertretung nicht in Kenntnis gesetzt hat.*)
VolltextIBRRS 2004, 0918
VGH Hessen, Urteil vom 25.02.2004 - 9 N 3123/01
1. Die Empfehlungen zur Anlage von Erschließungsstraßen (EAE 85/95) können im Rahmen der Prognose, ob eine vorhandene Straße aufgrund ihres Ausbauzustandes eine zu erwartende Verkehrsbelastung bewältigen kann, als Orientierungshilfe herangezogen werden.*)
2. Das Biotopwertverfahren, das der Anlage 2 der Hessischen Ausgleichsabgabenverordnung vom 9. Februar 1995 (GVBl. I S. 120) zugrunde liegt, stellt ein sachgerechtes, aus naturschutzrechtlicher Sicht plausibles Verfahren für die Eingriffs- und Ausgleichsberechnung dar.*)
VolltextIBRRS 2004, 0916
VGH Hessen, Urteil vom 26.02.2004 - 3 N 739/02
1. Schutzgut der VDI-Richtlinie 3472 (Hühner) und der VDI-Richtlinie 3471 (Schweine) ist vorrangig Wohnbebauung, wobei eine standardisierte Beurteilung des Konflikts zwischen immissionsträchtigen Betrieben und Gebieten, in denen sich Menschen dauerhaft aufhalten, vorgenommen wird.*)
2. Durch die Bezugnahme auf Gewerbe- und Industriegebiete, für die eine Sonderbeurteilung erforderlich ist, werden zwar auch Gebiete mit in den Anwendungsbereich aufgenommen, in denen nicht vorrangig Wohnen stattfindet. Auch insoweit ist aus dem Regelungszusammenhang der VDI-Richtlinien aber abzuleiten, dass es auch dort auf den vermuteten dauerhaften Aufenthalt von Menschen ankommt.*)
3. In einem Dorfgemeinschaftshaus mit einer schon nicht gegebenen durchgängigen Nutzung unterliegen die jeweiligen wechselnden Nutzergruppen keiner Dauerexposition, was abgesenkte Schutzstandards gegenüber einer Wohnnutzung rechtfertigt.*)
VolltextIBRRS 2004, 0914
VGH Bayern, Urteil vom 01.03.2004 - 14 N 02.596
Festsetzungen sind als sog. Negativplanung dann rechtswidrig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen und nur vorgeschoben sind, um andere Nutzungen zu verhindern.
VolltextIBRRS 2004, 0911
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.03.2004 - 15 A 1151/02
1. Gewährt eine Entwässerungssatzung dem Eigentümer eines Hinterliegergrundstücks nur ein in das Ermessen der Gemeinde gestelltes Anschlussrecht, besteht keine eine Anschlussbeitragspflicht auslösende gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage.*)
2. Für ein noch nicht tatsächlich an die Anlage angeschlossenes Hinterliegergrundstück, das nicht dem Eigentümer des Vorderliegergrundstücks gehört, bewirken allein eine auf die Durchleitung bezogene Baulast oder bloße schuldrechtliche Verpflichtungen zur Duldung einer Durchleitung keine eine Anschlussbeitragspflicht auslösende gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage.*)
3. Bei einem tatsächlich hergestellten, zur Entwässerung notwendigen Anschluss eines Hinterliegergrundstücks an die Anlage besteht regelmäßig eine die Anschlussbeitragspflicht auslösende gesicherte Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die dieser Annahme entgegenstehen.*)
4. Eine Tiefenbegrenzung ist rechtlich nicht geboten.*)
5. Es ist satzungsrechtlich zulässig, Gewerbegrundstücke von einer ansonsten vorgesehenen Tiefenbegrenzung auszunehmen.*)
VolltextIBRRS 2004, 0910
BVerwG, Urteil vom 03.03.2004 - 9 C 6.03
Der für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen bei nur einseitig anbaubaren Straßen entwickelte "Halbteilungsgrundsatz" ist auch dann anwendbar, wenn in nahezu voller Ausdehnung der Straße die an einer Straßenseite gelegenen Grundstücke im Bebauungsplan als öffentliche Grünfläche ausgewiesen sind, ohne - beispielsweise aus topographischen Gründen - einer späteren Bebaubarkeit auf Dauer schlechthin entzogen zu sein.*)
VolltextIBRRS 2004, 0908
OVG Sachsen, Beschluss vom 12.03.2004 - 9 ME 45/04
1. Für die Einstufung als Anliegerstraße sind neben den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen vor allem die Funktion einer Straße im Gesamtverkehrsnetz der Gemeinde, der darauf beruhende Ausbauzustand der Straße und deren straßenrechtliche Gewichtung bedeutsam.*)
2. Eine bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche öffentliche Einrichtung kann ausnahmsweise in rechtlich zwei öffentliche Einrichtungen zerfallen, wenn wesentliche Teilstrecken verschiedenen Straßentypen zuzuordnen sind.*)
3. Ein zwischen zwei Straßen durchlaufendes Buchgrundstück darf bezüglich des Umfangs der bevorteilten Fläche nicht anders behandelt werden als vergleichbare aneinander angrenzende Buchgrundstücke desselben Eigentümers.*)
VolltextIBRRS 2004, 0907
OVG Sachsen, Urteil vom 25.09.2003 - 1 B 786/00
Stellplätze und Garagen sind nach § 49 Abs. 5 SächsBO auch dann unzulässig, wenn sie das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung auf dem Baugrundstück selbst durch Lärm oder Gerüche über das zumutbare Maß hinaus stören.*)
VolltextIBRRS 2004, 0906
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.03.2004 - 6 A 11712/03
1. Eine Satzungsbestimmung, wonach als maßgebende Grundstücksfläche in beplanten Gebieten die Fläche gilt, die der Ermittlung der zulässigen baulichen Nutzung zugrunde zu legen ist, umschreibt die gesamte Fläche eines Baugrundstücks, die innerhalb des Plangebiets gelegen ist.*)
2. In beplanten Gebieten ist grundsätzlich die innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans gelegene jeweilige Grundstücksfläche als Bauland anzusehen und somit in vollem Umfang bei der Verteilung des umlagefähigen Ausbauaufwands anzusetzen.*)
3. Auch im Ausbaubeitragsrecht sind öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen, die die Ausschöpfung des im Bebauungsplan für ein Grundstück vorgesehenen Maßes hindern, bei der Aufwandsverteilung nur zu berücksichtigen, wenn das durch die Baubeschränkung betroffene Nutzungsmaß eine Komponente der satzungsmäßigen Verteilungsregelung ist. Das gilt auch für ein Gewerbegrundstück, dessen Nutzbarkeit durch einen wegen der benachbarten Wohnbebauung festgesetzten Immissionsschutzstreifen beschränkt wird.*)
VolltextIBRRS 2004, 0905
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.03.2004 - 8 C 11785/03
1. Verweist eine Textfestsetzung eines Bebauungsplan auf eine DIN-Norm, ohne deren Datum und Fundstelle zu benennen, so genügt dies den Anforderungen an die Verkündung des Bebauungsplanes, wenn die DIN-Norm durch Verwaltungsvorschrift gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 LBauO als technische Baubestimmung eingeführt worden ist und ihr Datum und ihre Fundstelle im Ministerialblatt veröffentlicht sind.*)
2. § 9 BauGB bietet keine Handhabe, um die zeitlich vorrangige Verwirklichung einer sogen. Lärmschutz- oder Riegelbebauung vor der schutzbedürftigen Bebauung sicherzustellen. Ein Bebauungsplan, der eine derartige Bebauung als Mittel des aktiven Lärmschutzes vorsieht, genügt daher dem Gebot der Konfliktbewältigung grundsätzlich nur dann, wenn er vorsorglich zugleich für die schutzbedürftige Bebauung Festsetzungen zum passiven Lärmschutz trifft, die die Zumutbarkeit der Lärmbelastung bei fehlender Lärmschutzbebauung sicherstellen.*)
IBRRS 2004, 0904
VGH Hessen, Beschluss vom 22.03.2004 - 9 TJ 262/04
1. Das Beschwerdegericht ist als zweite Tatsacheninstanz infolge des Devolutiveffekts der Beschwerde zur uneingeschränkten Überprüfung eines Beschlusses befugt, in welchem die Vorinstanz das ihr nach § 65 Abs. 1 VwGO zustehende Ermessen zu Ungunsten desjenigen ausgeübt hat, der seine Beiladung beantragt hat.*)
2. Im Verfahren der Anfechtungsklage gegen eine Verfügung, in welcher dem Kläger aufgegeben wird, eine gegen nachbarschützende Vorschriften verstoßende bauliche Anlage zu beseitigen, ist es grundsätzlich zweckmäßig, den Nachbarn nach § 65 Abs. 1 VwGO beizuladen, um ihm gegenüber die Rechtskraftwirkung der zu erwartenden Entscheidung herbeizuführen (§ 121 VwGO).*)
3. Hat die Beschwerde des Nachbarn gegen die Ablehnung der von ihm beantragten Beiladung Erfolg, sind die (außergerichtlichen) Kosten des Beschwerdeverfahrens demjenigen Beteiligten aufzuerlegen, der die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat.*)
VolltextIBRRS 2004, 0903
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.03.2004 - 8 B 10320/04.OVG
Die Höhe eines Bauvorhabens im unbeplanten Innenbereich, das wegen einer entlang der Erschließungsstraße verlaufenden faktischen Baulinie aus planungsrechtlichen Gründen zur Straße hin grenzständig errichtet werden muss, wird gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBauO nicht durch das bauordnungsrechtliche Abstandsgebot des § 8 LBauO, sondern ausschließlich durch das planungsrechtliche Erfordernis des Einfügens gemäß § 34 Abs. 1 BauGB und das darin enthaltene Gebot der Rücksichtnahme beschränkt.*)
VolltextIBRRS 2004, 0902
VGH Hessen, Urteil vom 24.03.2004 - 5 UE 2565/03
Sind Hausanschlussleitungen bei der Verlegung dadurch mit der Sammelabwasserleitung verbunden worden, dass diese "angeschlagen" worden ist und die Anschlussleitungen "hineingesteckt" worden sind, sind Sanierungsarbeiten zum Abdichten der Eintrittsstellen der Anschlussleitungen in die Sammelleitung als Maßnahmen an der Sammelleitung einzuordnen.*)
VolltextIBRRS 2004, 0900
OVG Niedersachsen, Urteil vom 10.03.2004 - 1 LB 60/03
Will die Bauaufsichtsbehörde bei der Erteilung einer Baugenehmigung für eine Werbeanlage von § 75 Abs. 2 Satz 1 NBauO Gebrauch machen, wonach Werbeanlagen widerruflich genehmigt werden können, muss sie unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten begründen, warum die vorhandene bauliche oder verkehrliche Situation die Hinzufügung des Widerrufsvorbehalts erforderlich macht.*)
VolltextIBRRS 2004, 0899
OVG Niedersachsen, Urteil vom 10.03.2004 - 1 KN 276/03
Die Absicht der Gemeinde, sich Entwicklungsfreiräume im Zusammenhang mit einer Umgehungsstrasse nicht zu verbauen, kann nicht durch Veränderungssperre gesichert werden, weil damit keine konkreten Planungsabsichten verfolgt werden.*)
VolltextIBRRS 2004, 0877
OVG Brandenburg, Beschluss vom 25.10.2003 - 3 B 354/03
1. Ein zur Vorwegnahme der Hauptsache führendes Rechtsschutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes. Etwas anderes gilt im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nur dann, wenn ohne vorläufigen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
2. Die in Multiplex-Kinos mögliche Angebotsvielfalt gegenüber einem herkömmlichen Kino - zumal wenn das Angebot durch weitere Freizeitangebote, wie etwa auch gastronomische Betriebe, die in einem einheitlichen Gebäudekomplex zur Verfügung stehen, ergänzt wird – ist dazu geeignet, im Einzugsbereich eines solchen Vorhabens wohnende Personen auch für die angebotenen Nutzungen in einem bestimmten Umfang zu Lasten herkömmlicher Kinos zu gewinnen und als deren Folge verkehrliche Auswirkungen und solche für die Entwicklung einer Innenstadt hervorzurufen.
3. Wegen dieser Auswirkungen hat die betroffene Nachbargemeinde einen Anspruch darauf, dass ein derartiges Vorhaben im Fall einer Bebauungsplanung nur nach Abstimmung mit ihr gemäß § 2 Abs. 2 BauGB als zulässig festgesetzt wird und dass dem Abstimmungsgebot etwa auch im Rahmen einer gegebenenfalls anstelle des Bebauungsplanes nach § 34 Abs. 2 2. Halbsatz i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB und § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO eröffneten Abwägungsentscheidung über die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Vergnügungsstätte im Gewerbegebiet Rechnung getragen wird.
4. Zu der Frage, ob sich die Behörde bei der Entscheidung eines Einzelfalles über die Vorschriften eines Bebauungsplanes hinwegsetzen kann, wenn sie diesen als nichtig ansieht.
VolltextIBRRS 2004, 0873
VG Neustadt, Beschluss vom 05.11.2003 - 3 L 981/03
1. Eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit kommt nicht nur in Frage, wenn die Gemeinde in ihren Planungsbelangen von Auswirkungen eines dem zwischengemeindlichen Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB widersprechenden Bauleitplans betroffen ist, sondern darüber hinaus auch dann, wenn eine (nachhaltige) Beeinträchtigung einer hinreichend konkretisierten Planung durch die Erteilung von Baugenehmigungen herbeigeführt wird.
2. Von einer unmittelbaren Auswirkung auf den städtebaulichen Charakter des Stadtkerns als Standort des Einzelhandels ist jedenfalls von einer Umsatzumverteilung von 10% an zu rechnen, so dass eine Abwägung im Sinne von § 2 Abs. 2 BauGB erforderlich wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.04.2001 - ( A 11441/00).
VolltextIBRRS 2004, 0864
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.10.2003 - 9 A 2003/01
Soweit die Höhe der Baugebühren in Nordrhein-Westfalen an die Höhe der landesdurchschnittlichen Rohbaukosten je m³ umbauten Raums anknüpft, steht dies im Einklang mit Art. 33 Abs. 1 Richtlinie 77/388/EWG und ist auch sonst - etwa vor dem Hintergrund des Äquivalenzprinzips - rechtlich nicht zu beanstanden.*)
VolltextIBRRS 2004, 0861
OLG Frankfurt, Urteil vom 30.10.2003 - 1 U 162/03
1. Die Bauaufsichtsbehörde trifft auch gegenüber dem Bauwilligen die Amtspflicht, keinen rechtswidrigen Bauvorbescheid zu erteilen; die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht kann Amtshaftungsansprüche des im Vertrauen auf den Vorbescheid Fehlinvestitionen tätigenden Bauwilligen auslösen (vgl. BGHZ 105, 52, 54 f.)*)
2. Einer Qualifizierung als Bauvorbescheid steht nicht zwingend entgegen, dass eine Baugenehmigung nach dem Wortlaut des behördlichen Schreibens nur "in Aussicht gestellt" wird (vgl. VGH Baden-Württemberg BauR 1995, 70 ff.).*)
3. Wenn Bauvoranfrage und Bauvoranlagen eindeutig erkennen lassen, dass die Verwirklichung des Neubauvorhabens den Abriss vorhandener Bausubstanz voraussetzt, dann ist Gegenstand der Bauvoranfrage wie des Vorbescheids regelmäßig auch die Zulässigkeit des Abrisses (vgl. BGH NJW 1985, 1335 ff. [unter I der Entscheidungsgründe]); mit der Genehmigung des nur unter dieser Voraussetzung zu realisierenden Neubauvorhabens wird stillschweigend auch die Genehmigung des Abbruchs angekündigt (vgl. Hess. VGH HessVGRspr 1982, 1, 2). 4. In einem solchen Fall ist der Architekt gegenüber seinem Auftraggeber vertraglich nicht verpflichtet, die Fragen des Abrisses und des Denkmalschutzes ausdrücklich im Rahmen der Bauvoranfrage anzusprechen.*)
VolltextIBRRS 2004, 0858
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.11.2003 - 3 S 439/03
1. Werden in einem Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids mehrere Fragen zur Klärung gestellt, kommt als Minus die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nur hinsichtlich einer der aufgeworfenen Fragen in Betracht, soweit der Antragsteller ein Interesse an einem solchermaßen beschränkten Bauvorbescheid hat.*)
2. Die Festsetzung in einem Bebauungsplan, dass in einem (eingeschränkten) Gewerbegebiet Einzelhandelsbetriebe mit im Einzelnen aufgeführten innenstadtrelevanten Branchen nur ausnahmsweise zulässig sind, soweit dies zur Versorgung der Wohnbevölkerung in dem betroffenen Stadtteil mit Waren des täglichen Bedarfs erforderlich ist, ist dahin auszulegen, dass abweichend von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO die aufgeführten innenstadtrelevanten Einzelhandelsbetriebe grundsätzlich ausgeschlossen sind und nur unter den genannten Voraussetzungen ausnahmsweise zugelassen werden können.*)
3. Eine planungsrechtliche Festsetzung, nach der innenstadtrelevante Einzelhandelsbetriebe in einem Plangebiet ausnahmsweise zulässig sind, soweit dies zur Versorgung der Wohnbevölkerung in dem betroffenen Stadtteil mit Waren des täglichen Bedarfs erforderlich ist, ist unzulässig.*)
VolltextIBRRS 2004, 0854
VGH Bayern, Urteil vom 11.03.2004 - 2 BV 02.3044
1. Mit der Vereinbarung über eine Stellplatzablösung im Sinn von Art. 53 Abs. 1 BayBO (Art. 56 Abs. 1 BayBO 1982) schließen der Bauherr und die Gemeinde regelmäßig einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach Art. 54 ff BayVwVfG. Die Leistung der Gemeinde erschöpft sich dabei in der Ermöglichung dieser Art der Erfüllung der Stellplatzherstellungsverpflichtung des Bauherrn.*)
2. Der Bauherr hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Gemeinde den Ablösungsbetrag für die in Art. 53 Abs. 1 BayBO (Art. 56 Abs. 1 BayBO 1982) beschriebenen Zwecke verwendet.*)
VolltextIBRRS 2004, 0830
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 22.10.2003 - 1 MN 123/03
Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren oder ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind.
VolltextIBRRS 2004, 0794
VG Koblenz, Urteil vom 07.04.2004 - 1 K 174/04
Gaststätten dürfen in der Regel nicht ohne eine besondere neue Baugenehmigung in Swingerclubs verwandelt werden. Selbst bei einem Swingerclub ohne Gewinninteressen in einer Gaststätte muss die geänderte Nutzung von den Bauaufsichtsbehörden genehmigt werden.
VolltextIBRRS 2004, 0788
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.03.2004 - 8 A 11520/03
In Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung können als öffentliche Belange auch einem privilegierten Vorhaben (hier einer Windkraftanlage) entgegenstehen (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261).*)
Dies setzt eine ausreichende „Verfestigung“ dieser Ziele voraus, die vorliegt, wenn aufgrund des Verfahrensstandes und des Inhalts der Raumordnungsplanung hinreichend sicher zu erwarten ist, dass die Zielfestsetzung demnächst wirksam wird. Der Abwägungsprozess muss im Wesentlichen abgeschlossen sein und die Annahme rechtfertigen, dass es sich insgesamt um eine sachgerechte, dem Abwägungsgebot genügende Planung handelt und etwaige Fehler lediglich räumlich begrenzte Bereiche betreffen und die Ausgewogenheit der Planung insgesamt nicht in Frage stellen.*)
VolltextIBRRS 2004, 0784
BayObLG, Urteil vom 25.11.2003 - 1 Z RR 6/02
1. Werden auf Grund eines angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheids im Vollstreckungsverfahren auch Säumniszuschläge und eine Mahngebühr gezahlt, so können die Säumniszuschläge und die Mahngebühr nach Aufhebung des Erschließungsbeitragsbescheids nicht als Schadensersatz analog § 717 Abs. 2 ZPO zurückgefordert werden.*)
2. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch umfasst in einem solchen Fall nicht auch die Säumniszuschläge und die Vollstreckungskosten.*)
3. Zur Frage, inwieweit § 17 Abs. 2 GVG es erfordert und ermöglicht, den im Zivilrechtsweg - auf Grund von Rechtsgrundlagen, für die der Zivilrechtsweg gegeben ist - geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung von Säumniszuschlägen und Vollstreckungskosten auch hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlagen zu prüfen.*)
VolltextIBRRS 2004, 0783
OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.12.2003 - 22 U 2/02 Baul
1. Die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel unterliegt auch im Berufungsverfahren vor den Senaten für Baulandsachen Einschränkungen. § 531 ZPO ist hier jedenfalls dann anwendbar, wenn auch die Voraussetzungen für eine Zurückweisung im Verwaltungsprozess gem. § 128 a VwGO vorliegen würden.*)
2. Bei der Verkehrswertermittlung sind vorhandene Schadstoffbelastungen durch einen Abzug zu berücksichtigen, da deren Vorhandensein die Beschaffenheit und die tatsächlichen Eigenschaften des Grundstückes (§ 5 Abs. 5 WertV) mit prägt. Die Wertermittlung erfolgt in diesen Fällen regelmäßig in der Weise, dass vom fiktiven Wert ohne Kontaminationen die Kosten der Erfassung, Gefährdungsabschätzung, Sanierung und Überwachung in Abzug gebracht werden.*)
VolltextIBRRS 2004, 0782
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.12.2003 - 5 S 1746/02
1. Der Verlust eines Bebauungsplandokuments führt nicht schon für sich genommen zur Ungültigkeit oder zum Außerkrafttreten des betreffenden Plans. Daraus folgt auch, dass nicht allein wegen des Verlusts von Planunterlagen die Möglichkeit von Mängeln im Rechtssetzungsverfahren unterstellt werden darf (wie BVerwG, Beschl. v. 01.04.1997 - 4 B 206.96 - NVwZ 1997, 890). Dies gilt auch für die Ausfertigung, deren Fehlerhaftigkeit bei Verlust des Originalplans nicht ohne weiteres angenommen werden darf.*)
2. Bestandteil eines nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleiteten Bebauungsplans können auch bauplanungsrechtliche Vorschriften in einer Landesbauordnung sein, die den Inhalt einer planerischen Festsetzung bestimmen oder ergänzen.*)
3. Eine unter Geltung der Neuen allgemeinen Bauordnung für das Königreich Württemberg vom 06.10.1872 in einem Baulinien- bzw. Ortsbauplan festgesetzte Baulinie hatte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbaugesetzes 1960 die Folge, dass das Grundstück bis zu einer Tiefe von 50 m - gemessen ab der Linie - als bebaubar galt. Mit diesem Inhalt entsprach sie der Festsetzung einer überbaubaren Grundstücksfläche und konnte nach § 173 Abs. 3 BBauG 1960 als nicht qualifizierter Bebauungsplan übergeleitet werden (wie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 23.01.1998 - 8 S 2447/97 - NuR 1999, 332, und - 8 S 2430/97 - PBauE § 173 BBauG 1960 Nr. 1).*)
4. Allein durch Zeitablauf - hier fast 100 Jahre - wird eine bauplanerische Festsetzung in der Regel nicht funktionslos.*)
VolltextIBRRS 2004, 0781
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.10.2003 - 21 A 2007/01
Eine für das Land Rheinland-Pfalz erfolgte staatliche Anerkennung als Sachverständiger für baulichen Brandschutz, die auf der Grundlage einer mit Erfolg abgeschlossenen Ausbildung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst ausgesprochen worden ist, berechtigt nicht, in Nordrhein-Westfalen als Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes tätig zu werden.*)
VolltextIBRRS 2004, 0780
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.10.2003 - 7 A 1397/02
Durch Auslegung des Bebauungsplans kann sich ergeben, ob der Nutzungszweck einer im Bebauungsplan festgesetzten Grünfläche öffentlich oder privat ist.*)
Nebenanlagen sind auf solchen öffentlichen Grünflächen, die nicht Teil eines der in § 1 Abs. 2 BauNVO bezeichneten Baugebiete sind, nicht nach § 14 BauNVO zulässig.*)
§ 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO 1977 meint nur solche Nebenanlagen, deren (Hilfs-) Funktion sich auf einzelne Baugrundstücke oder auf das konkrete Baugebiet beschränkt.*)
Eine Mobilfunkanlage ist keine Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 2 BauNVO 1977. § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 ist auf unter früheren Fassungen der Baunutzungsverordnung in Kraft getretene Bebauungspläne nicht anwendbar.*)
Die flächendeckende angemessene und ausreichende Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen steht im öffentlichen Interesse. Dieses Allgemeinwohlinteresse kann je nach Lage des Einzelfalles die Befreiung von Bebauungsplanfestsetzungen rechtfertigen, die der Errichtung eines Antennenträgers für Mobilfunkanlagen entgegenstehen.*)
VolltextIBRRS 2004, 0779
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.07.2003 - 10 B 629/03
1. Die in einem Bebauungsplan ohne nähere Zweckbestimmung getroffene Festsetzung "öffentliche Grünfläche" steht der Genehmigung eines Gebäudes für Bootsverleih, Ausschank von Betränken und Abgabe "kl. Speisen" entgegen.*)
2. Wird ein derartiges Vorhaben ohne Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans genehmigt, so kann Nachbarschutz unter entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB gegeben sein.*)
VolltextIBRRS 2004, 0763
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.02.2004 - 7a D 134/02
1. Will die Gemeinde durch die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft im Bebauungsplanbereich Windenergieanlagen ausschließen, kann der Bebauungsplan städtebaulich gerechtfertigt sein, wenn die Gemeinde mit der Errichtung landwirtschaftlichen Betrieben dienender Windenergieanlagen im Bebauungsplangebiet nicht rechnen muss.*)
2. Ein Bebauungsplan ist nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, wenn er die Errichtung von Windenergieanlagen für mehr als die Hälfte der Fläche ausschließt, die nach den Darstellungen des Flächennutzungsplans für die Errichtung von Windenergieanlagen geeignet ist.*)
3. Die Bedeutung der Beschränkung innerhalb der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationszone an sich zulässigen Windenergienutzung durch einen Bebauungsplan ergibt sich nicht alleine aus der Größe der überplanten Grundfläche, sondern auch aus der Windenergieanlagen andernorts im Gemeindegebiet ausschließenden Wirkung des Flächennutzungsplans.*)
VolltextIBRRS 2004, 0762
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.02.2004 - 10 A 4715/02
§ 35 Abs. 4 Nr. 2 c BauGB kann nicht über den Wortlaut der Vorschrift hinaus dahin ausgelegt werden, dass die erleichterte Zulassung eines Ersatzbaus schon dann in Frage kommt, wenn nicht der Eigentümer selbst, sondern Familienangehörige des Eigentümers das vorhandene Gebäude längere Zeit bewohnt haben. Lediglich dann, wenn der Eigentümer das vorhandene Gebäude längere Zeit selbst als Mieter oder Angehöriger des früheren Eigentümers bewohnt hat und im Anschluss daran das Eigentum erwirbt, kommt eine erweiternde Auslegung der Vorschrift in Betracht.*)
VolltextIBRRS 2004, 0760
OVG Bremen, Beschluss vom 25.02.2004 - 1 B 447/03
Bei der Rücknahme einer Baugenehmigung sind alle wesentlichen für und gegen die Rücknahme sprechenden Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung einzustellen. Dazu zählt neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes.*)
VolltextIBRRS 2004, 0759
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.03.2004 - 8 A 10189/04
1. Soll durch Bebauungsplan eine im Flächennutzungsplan mit Konzentrationswirkung ausgewiesene Sonderbaufläche für Windenergie überplant werden, ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass dem Belang der Windenergienutzung aufgrund der Konzentrationswirkung des Flächennutzungsplans grundsätzlich Vorrang zukommt.*)
2. Ein Bebauungsplan, der lediglich einen unverhältnismäßig kleinen Teil einer Konzentrationsfläche für Windenergie als Sondergebiet für die Windenergienutzung festsetzt, verstößt nicht nur gegen das Entwicklungsgebot, sondern beeinträchtigt im Hinblick auf die Ausschlusswirkung der Konzentrationsflächen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auch die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende, geordnete städtebauliche Entwicklung im Sinne des § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB.*)
VolltextIBRRS 2004, 0716
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.03.2004 - 7 B 11715/03
1. Zur Frage der Klagebefugnis eine Naturschutzvereins bzgl. der Erweiterung eines Militärflughafens.
2. Die öffentliche Sicherheit i.S.v. Art. 6 FFH-Richtlinie 92/43/EWG umfasst neben der inneren Sicherheit auch die äußeren Belange und somit im Hinblick auf die betroffenen Rechtsgüter auch die Verteidigungsbelange.
3. Eine Alternativenlösung im Sinne des Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie 92/43/EWG ist nur dann gegeben, wenn sich das Planungsziel trotz gegebenenfalls hinzunehmender Abstriche auch mit dieser Alternative erreichen lässt.
VolltextIBRRS 2004, 0705
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.02.2004 - 8 S 336/04
Ein Flachdach wird auch durch Begrünung oder Aufschüttung nicht zur "Geländeoberfläche" im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 2 LBO, solange das Gebäude aus Sicht des Nachbargrundstücks noch als oberirdisches Gebäude mit Außenwand erscheint. Es ist dann unerheblich, ob es für diese Maßnahmen "rechtfertigende Gründe" im Sinne der Senatsrechtsprechung zur abstandsrechtlichen Berücksichtigung von Aufschüttungen gibt.*)
VolltextIBRRS 2004, 0704
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.03.2004 - 8 S 243/04
1. Es ist mit der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Pflicht des Staates zum Schutz der menschlichen Gesundheit vereinbar, dass die Grenzwerte nach § 2 der 26. BImSchVO keinen Schutz gegen zwar nicht auszuschließende, derzeit wissenschaftlich aber nicht belegbare Gefährdungen durch sog. athermische (biologische) Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder bieten (wie BVerfG, Kammerbeschl. vom 28.2.2002 - 1 BvR 1676/01 -, NJW 2002, 1638 m.w.N.).*)
2. Die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG vermag die Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schon deshalb nicht zu einer Vorsorgepflicht gegen solche hypothetischen Gefahren elektromagnetischer Felder zu "verdichten", weil diese nicht über eine Schädigung der natürlichen Lebensgrundlagen - etwa eine Verseuchung von Luft oder Boden -, sondern unmittelbar auf den Menschen einwirken.*)
3. Zu den Anforderungen an die Darlegung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Gefährlichkeit elektromagnetischer Felder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (im Anschluss an BVerfG, a.a.O.).*)
VolltextIBRRS 2004, 0702
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25.03.2004 - 7 B 10161/04
1. Die Verfolgung von Lärmschutzansprüchen rechtfertigt nicht stets die Erhebung einer Anfechtungsklage mit dem Ziel der Aufhebung der Planungsentscheidung, sondern in der Regel lediglich die Erhebung einer Verpflichtungsklage mit dem Ziel der entsprechenden Ergänzung der Genehmigungsentscheidung.
2. Ausnahmsweise liegen die Voraussetzungen für das Durchgreifen des Anfechtungsbegehrens vor, wenn geltend gemacht werden kann, dass mit der Verkennung der Lärmschutzansprüche die Grundlagen der Abwägungsentscheidung wesentlich betroffen sind.
3. Ist nicht zu erwarten, dass bei ggf. nachträglich notwendig werdenden Auflagen zum passiven Schallschutz ein Kostenrahmen anstehen würde, der auf die Verwirklichungsfähigkeit des Projekts insgesamt wesentliche Auswirkungen haben könnte, so ist die planerische Grundentscheidung nicht in Frage zu stellen.
VolltextIBRRS 2004, 0701
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21.11.2003 - 7 B 11715/03
1. Die angemessene Durchführung eines gerichtlichen Eilverfahrens, welches bei Anordnung der sofortigen Vollziehung die einzige Gelegenheit zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG darstellt, wird es in der Regel als geboten erscheinen lassen, dass die Vollziehung während des Laufs zumindest des erstinstanzlichen Verfahrens, ggf. auf entsprechende Erklärung der Behörde nach Aufforderung hin, ausgesetzt wird.
2. Bei einer Baumaßnahme, die sich wie hier über insgesamt mehr als zwei Jahre hinweg erstrecken soll, ist es für den Vorhabenträger nicht von vornherein unzumutbar, für die Zeit eines verhältnismäßig schnell abzuwickelnden gerichtlichen Eilverfahrens mit dem Beginn der Maßnahmen zuzuwarten.
3. Ist jedoch der größte Teil der Vollziehungsmaßnahmen, gegen die sich die Rechtsbeschwerde richtet, bereits vollendet und sind im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens, das binnen weniger Wochen abgeschlossen sein wird, nur noch geringe Eingriffe zu erwarten, so bedarf es regelmäßig nicht der Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
VolltextIBRRS 2004, 0665
OVG Brandenburg, Urteil vom 12.11.2003 - 3 D 22/00
1. Die Verkündung stellt einen integrierenden Teil der förmlichen Rechtsetzung dar, ist also Geltungsbedingung. Verkündung bedeutet regelmäßig, dass die Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können.
2. Besteht die angegriffene Norm aus mehreren Teilregelungen, von denen ein Teil offensichtlich und dem Antragsteller erkennbar unabhängig von den anderen Regelungen selbständig bestehen kann und den Antragsteller nicht berührt, kann deshalb einem Normenkontrollantrag, der sich gegen den Antragsteller nicht betreffende Teile der Norm richtet, das notwendige Rechtsschutzinteresse insoweit abzusprechen sein.
3. Welcher Lärm noch zumutbar ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit.
4. Im Rahmen der Schutzwürdigkeitsbewertung kann auch die DIN 18005 ("Schallschutz im Städtebau") als "Orientierungshilfe" herangezogen werden. Es handelt sich hierbei jedoch ebenso wenig um eine für die Träger der Bauleitplanung verbindliche Grenzwertbestimmung wie bei der - auf Grund von § 48 BImSchG als Verwaltungsvorschrift erlassenen - Technischen Anleitung Lärm (TA Lärm).
5. Raumordnungsziele können auch als Soll-Aussage oder In-der-Regel-Aussage gefasst werden.
6. Zwar gibt es kein von den örtlichen Verhältnissen unabhängiges Recht einer Gemeinde auf Wachstum, insbesondere auf Ausdehnung ihrer Siedlungsflächen. Jedoch sind wegen der lediglich institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung Einschränkungen der Planungshoheit einzelner Gemeinden in räumlich klar abgegrenzten Gebieten grundsätzlich zulässig, wenn und soweit diese durch überörtliche Interessen von höherem Gewicht erfordert werden.
7. Die gemeindliche Planungshoheit wird eingeschränkt, wenn übergeordnete Landesplanung die Siedlungsentwicklung der Gemeinde außerhalb des vorhandenen Siedlungsbereichs durch zahlenmäßig fixierte Siedlungsbeschränkungen unmöglich macht. Sofern diese Raumordnungsplanung den Gemeinden keine eigenen Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen kann, muss dies im Rahmen der Abwägungsentscheidung zumindest ausreichend begründet werden.
VolltextIBRRS 2004, 0651
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16.03.2004 - 1 ME 14/04
1. Mit der Festsetzung eines Sondergebiets "Erzeugung, Entwicklung und Erforschung von Energie durch nichtnukleare Energiegewinnungsanlagen" auf dem Gelände eines Kernkraftwerkes, dessen Restlaufzeit und anschließender Rückbau die Verwirklichung der Planung frühestens in 21 Jahren zulassen, wird der Planungshorizont für einen Bebauungsplan deutlich überschritten.*)
2. Die gesetzliche Verpflichtung in § 9a Abs. 2 Satz 3 AtG zur Errichtung eines standortnahen Zwischenlagers für abgebrannte Kernelemente hat die Gemeinde bei der Abwägung einer Festsetzung mit dem unter 1. genannten Inhalt zu beachten.*)
3. Eine Festsetzung, die die Errichtung eines Zwischenlagers für abgebrannte Kernelemente ausschließt, ist mit dem landesplanerischen Ziel, den Standort des Kernkraftwerkes als "Vorrangstandort für Großkraftwerk" zu sichern, nicht vereinbar, weil der Bebauungsplan den Bestandsschutz für das Kernkraftwerk, dessen weitere Nutzung ohne das Zwischenlager nicht möglich ist, in Frage stellt.*)
VolltextIBRRS 2004, 0650
VG Neustadt, Beschluss vom 05.03.2004 - 4 L 210/04
1. Durch die vom Gesetzgeber in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO getroffene Entscheidung, die sofortige Vollziehung bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten nur bei ernstlichen Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit entfallen zulassen, liegt eine vom Regelfall des § 80 Abs. 1 VwGO dem Grunde nach abweichende Interessenabwägung zu Gunsten der öffentlichen Hand vor. Das Vollzugsrisiko ist bewusst auf den Adressaten des Abgabenbescheides verlagert, um sicherzustellen, dass der öffentlichen Hand die zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben notwendigen Einnahmen zunächst einmal zur Verfügung stehen, ohne den Ausgang oft langwieriger Streitverfahren abwarten zu müssen.
2. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat sich die summarische Überprüfung im Wesentlichen darauf zu beschränken, ob der angefochtene Bescheid auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruht, ob die abgerechnete Maßnahme überhaupt abgabenfähig ist und ob sich die Höhe des angeforderten Betrages nach den konkreten Umständen in etwa in einer Größenordnung bewegt, die auch bei einer näheren abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren erwartet werden kann.
3. Die Gemeinde kann gemäß § 154 Abs. 6 Satz 1 BauGB von den Eigentümern Vorauszahlungen auf den zu entrichtenden Ausgleichsbetrag verlangen, sobald auf dem Grundstück eine den Zielen und Zwecken der Sanierung entsprechende Bebauung zulässig ist.
4. Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Vorauszahlungsbescheides ist nicht die genaue Ermittlung des später zu entrichtenden Ausgleichsbetrag. Es genügt vielmehr eine überschlägige Prognose dieses Betrages unter Anwendung einer sachgerechten Schätzungsgrundlage.
VolltextIBRRS 2004, 0570
VGH Bayern, Urteil vom 18.12.2003 - 2 B 02.240
1. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG sind den davon Betroffenen grundsätzlich nicht zumutbar; andererseits begründen Immissionen, die das immissionsschutzrechtliche Maß nicht überschreiten, grundsätzlich keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.
2. Bei möglichen Nutzungskonflikten ist ein Vorhaben nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO unter dem Gesichtspunkt unzumutbarer Immissionen grundsätzlich nur dann unzulässig, wenn für die zu genehmigende Anlage ungesunde Wohn- oder Arbeitsverhältnisse zu befürchten sind.
3. Bei einem Gartenbaubetrieb, wie er in der Baunutzungsverordnung als eigenständiger städtebaulicher Nutzungsbegriff verstanden wird, als typische Gärtnerei mit Gartenland und Gewächshäusern sind - im Unterschied zu einer landwirtschaftlichen Hofstelle - grundsätzlich keine nennenswerte Konflikte mit der benachbarten Wohnnutzung zu erwarten.
4. Zwar ist zwischen Flächen, die mit PSM behandelt werden und benachbarter Wohnnutzung ein Sicherheitsstreifen oder eine Kombination aus Sicherheitsstreifen und dichter Hecke grundsätzlich anzulegen. Dies gilt aber nur für Nutzungskonflikte zwischen Intensiv-Obstbau und Wohnnutzung. Mit der Ausbringung von PSM auf Flächen des Intensivobstbaus ist aber die Verbringung von PSM in einem Gärtnereibetrieb weder von der Menge noch von der Ausbreitungsart her vergleichbar.
VolltextIBRRS 2004, 0552
OVG Niedersachsen, Urteil vom 28.01.2004 - 9 LB 10/02
1. Zur Erforderlichkeit eines Flächennutzungsplanes, der - abwägungsfehlerhaft - nur eine Vorrangfläche für Windenergie von 8,4 ha darstellt.*)
2. Eine Gemeinde trifft bei der Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergie im Flächennutzungsplan keine besondere Pflicht zur Förderung der Windenergienutzung. Sie kann sich bei der Darstellung von Vorrangflächen maßgeblich auch am Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ausrichten.*)
3. Wird in einem Flächennutzungsplan zwischen sog. Ausschlussgebieten und Potenzialflächen unterschieden, kann bei der abwägungsfehlerhaften Darstellung von Vorrangflächen für Windkraftanlagen eine Teilnichtigkeit einzelner Abwägungsschritte in Betracht kommen.*)
VolltextIBRRS 2004, 0550
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.10.2003 - 10a D 76/01
1. Ein Einzelhandelsbetrieb mit einem "innenstadtbedeutsamen Sortiment" stellt keine typisierbare Unterart der Branche Einzelhandel dar; auf der Grundlage dieses Begriffs ist daher eine Abgrenzung zulässiger und unzulässiger Anlagentypen nicht möglich.*)
2. Die im Einzelhandelserlass enthaltene Auflistung der "zentren-" beziehungsweise "nahversorgungsrelevanten" Sortimentsgruppen ist nicht abschließend gewollt und ausdrücklich zur Fortschreibung zu gegebener Zeit vorgesehen, sodass sie eine von den örtlichen Gegebenheiten unabhängige Definition von "nicht zentren- und nahversorgungsrelevanten Warensortimenten", die einer rechtssatzförmigen Anwendung fähig wäre, nicht erlaubt.*)
3. Wenn in einem Baugebiet Einzelhandel mit ausgewählten Warensortimenten nur im Hinblick auf seine "Zentrenschädlichkeit" ausgeschlossen werden soll, bedarf es konkreter Angaben dazu, weshalb jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art - würde er im betroffenen Baugebiet angesiedelt - die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen in den Zentren der Gemeinde unabhängig von der Art und dem Umfang des jeweiligen Warenangebots schädigen würde.*)
VolltextIBRRS 2004, 0513
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.02.2004 - 1 LA 210/03
Wird ein wirtschaftlich einheitlich genutztes Grundstück allein deshalb in zwei Buchgrundstücke geteilt, um die zahlenmäßige Beschränkung auf je ein Bauwerk an der Grenze gemäß § 12 Abs. 1 NBauO zu unterlaufen, ist die Baugenehmigung für ein Nebengebäude auf dem abgeteilten Flurstück wegen missbräuchlicher Inanspruchnahme der Grenzabstandsvorschriften rechtswidrig.*)
VolltextIBRRS 2004, 0512
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.02.2004 - 1 LA 74/03
Es stellt keine "nicht beabsichtigte Härte" der Grenzabstandsvorschriften dar, wenn ein Bauherr in einem geschlossen bebauten Straßengeviert wegen des einzuhaltenden Grenzabstands auf den Anbau von Balkonen verzichten muss, weil die vorhandene Bebauung seines Grundstücks, die ihrem Umfang nach deutlich über die Bebauung der Nachbarschaft hinaus geht, bereits bisher die Grenzabstände der NBauO unterschreitet.*)
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