Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
5142 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2022
IBRRS 2022, 3207OLG Hamburg, Urteil vom 26.08.2022 - 11 U 189/20
1. Den Verkäufer einer Wohnung treffen vor Vertragsschluss Aufklärungspflichten für besonders wichtige Umstände. Dies sind Umstände, die für die Willenserklärung des Käufers von ausschlaggebender Bedeutung sind. Aufklärungspflichten ergeben sich auch, wenn eine explizite Nachfrage durch den Käufer nicht erfolgt.
2. Steht ein Teil der Wohnung im Gemeinschaftseigentum, ist darüber aufzuklären. Das gilt auch, wenn faktisch eine Nutzung nur durch den Käufer in Betracht kommt.
3. Der Umstand, dass auf Angaben eines Exposés im notariellen Kaufvertrag nicht verwiesen wird, entlastet den Käufer nicht. Im Rahmen der Haftung wegen vorvertraglicher Haftung (cic) kommt es gerade auf Pflichtverletzungen bei Vertragsanbahnung an.
4. Im Rahmen eines solchen Schadensersatzanspruchs kann der Wohnungskaufvertrag über das Schadensrecht rückabgewickelt werden.
5. Der Ablauf der Anfechtungsfrist wegen Arglist hat keine Auswirkungen auf Ansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung (cic).
VolltextIBRRS 2022, 3498
OLG München, Beschluss vom 03.11.2022 - 34 Wx 426/22
1. Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Grundbuchberichtigung ist die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft, wenn die Berichtigung auf der Grundlage einer Bewilligung nach § 19 GBO betrieben wird.*)
2. Die Grundbuchberichtigung durch Wiedereintragung des tatsächlichen Eigentümers nach § 22 GBO erfordert nicht die Bewilligung des Inhabers einer zwischenzeitlich eingetragenen Auflassungsvormerkung nach § 19 GBO.*)
3. Der Nachweis der Vertretungsmacht des Betreuers bei der Erteilung einer Vollmacht zur Stellung des Berichtigungsantrags nach § 13 GBO ist in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO zu führen.*)
4. Die Zustimmung des Eigentümers nach § 22 Abs. 2 GBO bedarf der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO.*)
VolltextIBRRS 2022, 3352
OLG Jena, Beschluss vom 12.01.2022 - 9 W 173/21
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2022, 3338
OLG Rostock, Urteil vom 28.10.2022 - 3 U 13/21
1. Befindet sich eine Reihenhausanlage im Inneren einer privaten Ringstraße, hat der Eigentümer eines Reihenhauses Anspruch auf ein Notwegerecht an dem Schenkel der Ringstraße, über welches er auf kürzesten Weg seinen Hauseingang erreichen kann.*)
2. Der Eigentümer eines solchen Reihenhauses muss sich nicht darauf verweisen lassen, den anderen Schenkel der Ringstraße bis zu seinem Grundstück zu nutzen und sodann sein Haus durch den Garten, über die Terrasse und durch das Wohnzimmer zu betreten.*)
VolltextIBRRS 2022, 3324
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.10.2022 - 14 U 125/21
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2022, 3323
OLG Brandenburg, Beschluss vom 16.11.2021 - 13 UF 73/21
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2022, 3312
OLG Hamm, Beschluss vom 31.05.2022 - 15 W 293/21
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2022, 3242
LG Frankfurt/Oder, Urteil vom 09.06.2022 - 16 S 231/21
Das Interesse des Berechtigten einer Dienstbarkeit an einer völlig ungehinderten Zufahrts- oder Zugangsmöglichkeit hat regelmäßig zurückzustehen gegenüber dem berechtigten Interesse des Belasteten, sein Grundstück gegenüber unberechtigten Eindringlingen in üblicher Weise zu schützen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.09.1990 - 6 U 178/89).
VolltextIBRRS 2022, 3203
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.07.2022 - 19 W 75/21
1. Nach dem in Baden vor dem 1. Januar 1810 - dem Inkrafttreten des badischen Landrechts - geltenden Recht bestand die Möglichkeit, Miteigentumsrechte an einem gemeinsamen Hofraum ohne Bruchteile und ohne Teilungsmöglichkeit einzutragen.*)
2. Gegen die Verlautbarung entsprechender Miteigentumsrechte im Grundbuch kann ein Amtswiderspruch nicht mit der Begründung verlangt werden, es sei nicht nachweisbar, dass bei ursprünglicher Eintragung ein Bedürfnis für eine gemeinsame Nutzung des Hofraums nicht bestand.*)
VolltextIBRRS 2022, 3170
BGH, Urteil vom 16.09.2022 - V ZR 151/21
Ohne die Angabe eines Berechtigten ist die Eintragung eines Rechts in das Grundbuch inhaltlich unzulässig. Deshalb kann ein Antrag auf Grundbuchberichtigung nicht auf die Löschung des eingetragenen Eigentümers beschränkt werden (Bestätigung von Senat, Urteil vom 12.06.1970 - V ZR 145/67, NJW 1970, 1544, 1545).*)
VolltextIBRRS 2022, 3152
VGH Bayern, Beschluss vom 23.03.2022 - 12 CS 22.182
1. Das Wohnraumzweckentfremdungsrecht erlaubt weder eine öffentliche Wohnraumbewirtschaftung noch eine Prüfung der Angemessenheit des Umfangs einer Wohnnutzung.*)
2. Auch das Zweitwohnen erfüllt den Tatbestand des Wohnens.*)
3. Die vorübergehende kostenfreie Unterbringung (für drei Monate) einer ukrainischen Familie zur Wohnnutzung ist zweckentfremdungsrechtlich unschädlich.*)
VolltextIBRRS 2022, 3140
OLG Stuttgart, Urteil vom 13.09.2022 - 10 U 278/21
1. Eine Berufung, mit der lediglich eine andere Urteilsbegründung begehrt wird (hier: Rückübertragung des Erbbaurechts wegen des Heimfallrechts und nicht wegen des Wiederkaufs; Zahlung nicht aufgrund eines Schadensersatzanspruchs, sondern als Erbbauzins) ist unzulässig, weil die erforderliche formelle Beschwer fehlt.*)
2. Die wirksame Ausübung des Heimfallrechts führt nicht zu einer Beendigung des Erbbaurechts, denn der Heimfall ist als schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des Erbbaurechts an den Grundstückseigentümer ausgestaltet. Vielmehr endet das Erbbaurecht mit dessen Löschung im Grundstücksgrundbuch.*)
3. Die Kaufberechtigung des Erbbauberechtigten i.S.d. § 2 Nr. 7 ErbbauRG kann durch Vertrag näher geregelt werden. Es ist deshalb zulässig, die Verkaufsverpflichtung des Grundstückseigentümers mit einem Recht des Wiederkaufs zu verknüpfen, das damit Teil des Erbbaurechts wird.*)
4. Auch wenn gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 ErbbauRG im Fall eines Heimfallanspruchs eine angemessene Vergütung für das Erbbaurecht vertraglich ausgeschlossen werden kann, ist dies einer öffentlichen Körperschaft untersagt, wenn der Erbbaurechtsvertrag dann gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB) verstößt und zu einer unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der öffentlichen Körperschaft führt. Das ist dann der Fall, wenn der öffentlichen Körperschaft bei Ausübung des Heimfallrechts eine im Rahmen des Erbbaurechts vom Erbbauberechtigten bestimmungsgemäß geschaffene erhebliche Werterhöhung entschädigungslos zu Gute käme.*)
VolltextIBRRS 2022, 3077
OLG Braunschweig, Urteil vom 14.07.2022 - 8 U 166/21
1. Ein Grundstückseigentümer kann nur dann gegen störende Lichtreflexionen einer Solaranlage auf dem Dach des Nachbarn vorgehen, wenn er dadurch "wesentlich" beeinträchtigt ist.
2. Dabei ist auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" abzustellen.
3. Sind die Reflexionen an nur 60 Tagen und für weniger als 20 Stunden pro Jahr wahrnerhmbar, liegt jedenfalls keine wesentliche Beeinträchtigung vor.
VolltextIBRRS 2022, 3097
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.09.2022 - 19 W 81/21
Zur Anwendung des § 1 Absatz 4 WEG in Fällen der Umwandlung badischen Stockwerkseigentums in Wohnungseigentum.*)
VolltextIBRRS 2022, 2989
LG Freiburg, Urteil vom 05.05.2020 - 9 S 46/19
1. Der Eigentümer einer Eigentumswohnung ist zur Duldung der von einer Mastleuchte auf dem Parkplatz vor dem Balkon der Wohnung ausgehenden Lichteinwirkung gem. § 1004 Abs. 2 BGB nur verpflichtet, wenn es sich lediglich um unwesentliche Beeinträchtigungen i.S.v. § 906 Abs. 1 BGB handelt.*)
2. Zur Beurteilung der Wesentlichkeit sind die Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz als Orientierungshilfe geeignet.*)
VolltextIBRRS 2022, 2980
OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.09.2022 - 17 W 17/22
1. Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des Grundstückseigentümers, einen untergeordneten Zuweg zu der Terrasse seines Wohnhauses völlig gefahrlos gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die Nutzer auszugestalten.*)
2. Kann der Nutzer dieses Zuwegs bei zweckgerichteter Benutzung unter Anwendung der gebotenen Sorgfalt etwaige Sturzgefahren abwenden, bestehen für den Grundstückseigentümer keine weitergehenden Pflichten.*)
VolltextIBRRS 2022, 2722
VGH Bayern, Beschluss vom 02.09.2021 - 4 ZB 21.1199
1. Das zweifelsfreie Bestehen eines Notleitungsrechts entsprechend § 917 Abs. 1 BGB berechtigt den Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks nicht zur eigenmächtigen Benutzung des fremden Grundstücks im Wege der Selbsthilfe. Er kann seinen Anspruch nur in einer Vereinbarung mit dem Nachbarn regeln oder klageweise durchsetzen.*)
2. Bei der Ausübung eines Notleitungsrechts ist stets derjenige Verlauf zu wählen, der für den Duldungspflichtigen die geringstmögliche Belastung darstellt. Die Inanspruchnahme von Gebäuden zum Zweck der Verlegung von Versorgungsleitungen kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn eine Verbindung zum öffentlichen Leitungsnetz anders nicht hergestellt werden kann.*)
3. Die kommunalrechtliche Regelung des Art. 24 Abs. 2 Satz 3 BayGO zielt nicht auf das nachbarrechtliche Verhältnis zwischen Vorder- und Hinterliegergrundstück, sondern soll es dem öffentlichen Versorgungsträger ermöglichen, sein Leitungsnetz unter bestimmten (engen) Voraussetzungen auch über Privatgrundstücke hinweg auszubauen.*)
VolltextIBRRS 2022, 2597
OLG München, Beschluss vom 05.08.2022 - 34 Wx 301/22
Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht gemäß § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG befugt, die Eintragung einer Grunddienstbarkeit an dem gemeinschaftlichen Eigentum zu bewilligen.
IBRRS 2022, 2566
AG Duisburg-Ruhrort, Urteil vom 11.02.2022 - 8 C 57/21
1. Für schlichte "Mitbesitzer" (§ 866 BGB) wird angenommen, dass diese nur zur Herausgabe des jeweiligen eigenen Mitbesitzes verpflichtet sind. Bei schlichtem Mitbesitz schuldet jeder in der Regel nur Herausgabe des auf ihn entfallenden Besitzanteils.
2. Der Anspruch aus § 985 BGB lautet in der Rechtsfolge nur auf Herausgabe. Der Schuldner muss die Sache nur in dem Zustand herausgeben, in dem er sich befindet. Darüberhinausgehende aktive Tätigkeiten (wie Räumen etc.) sind nicht Inhalt des Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB.
VolltextIBRRS 2022, 2918
BFH, Urteil vom 12.07.2022 - VIII R 8/19
1. Die unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sog. Flankenschutzprüfer zur Überprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer im Besteuerungsverfahren ist wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.*)
2. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige der Ortsbesichtigung zustimmt und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff in Art. 13 Abs. 1 GG vorliegt.*)
VolltextIBRRS 2022, 2907
BGH, Urteil vom 31.08.2022 - VIII ZR 233/21
1. Zu den Anforderungen an die Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen (im Anschluss an Senatsurteile vom 26.01.2022 - VIII ZR 175/19, IMRRS 2022, 0355= NJW 2022, 1935; vom 06.04.2022 - VIII ZR 295/20, IMRRS 2022, 1248 = NJW 2022, 1944; vom 01.06.2022 - VIII ZR 287/20, IMRRS 2022, 1249 = ZIP 2022, 1494; vom 06.07.2022 - VIII ZR 28/21, IMRRS 2022, 1250, und VIII ZR 155/21, IMRRS 2022, 1251).*)
2. Ausschließlich prozessökonomische Gründe rechtfertigen eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine klageerweiternde Anschlussberufung (§ 264 Nr. 2 ZPO) nur innerhalb der für die Berufungserwiderung gesetzten Frist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig ist, auch dann nicht, wenn die Anschlussberufung eine Reaktion auf eine nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung oder gar erst nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist eingetretene Veränderung der Umstände darstellt (im Anschluss an BGH, Urteile vom 07.05.2015 - VII ZR 145/12, Rz. 28, 32, IMRRS 2015, 0695 = NJW 2015, 2812; vom 9. Juni 2020 - X ZR 142/18, Rz. 47, 62, GRUR 2020, 986; IBR 2008, 1136 - nur online).*)
VolltextIBRRS 2022, 2893
OLG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2022 - 4 U 74/22
Das Benutzen des Nachbargrundstücks durch Überschwenken des Baukrans - mit oder ohne Lasten - muss der Bauherr dem Nachbarn zwei Wochen vor der Benutzung anzeigen, sonst kann er sich nicht auf das sog. Hammerschlags- und Leiterrecht berufen.
VolltextIBRRS 2022, 2849
KG, Beschluss vom 14.12.2020 - 8 U 66/19
1. In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ist grundsätzlich ein Vertragsangebot in Form einer sog. Realofferte zu sehen, das von demjenigen angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz Elektrizität entnimmt.
2. Allerdings ist eine Realofferte dann nicht anzunehmen, wenn der Abnehmer der Versorgungsleistung bereits anderweitig feststeht, etwa weil das Versorgungsunternehmen zuvor mit einem Dritten eine (fortbestehende) Liefervereinbarung geschlossen hat, aufgrund derer die Leistung in ein bestehendes Vertragsverhältnis eingebettet ist .
3. Dies wiederum ist nicht (mehr) der Fall, wenn das Vertragsverhältnis des Versorgungsunternehmens mit dem früheren Mieter einer Wohnung beendet ist. In einem solchen Fall kommt bei einem Strombezug über den der Verfügungsgewalt des Hauseigentümers stehenden Hausanschluss ein Vertrag mit diesem als Inhaber der Verfügungsgewalt zu Stande.
VolltextIBRRS 2022, 2865
OLG Nürnberg, Urteil vom 24.03.2022 - 13 U 2076/17
1. Das Verlangen eines Nachbarn, ein unter Verletzung von Abstandsflächen errichtetes Gebäude zu beseitigen, wird nicht schon dadurch treuwidrig, dass es beim Anspruchsgegner zur Vernichtung erheblicher Vermögenswerte führt. Wer trotz erhobener (berechtigter) Einwände des Nachbarn seine Bautätigkeit fortsetzt, kann nicht erwarten, nach Fertigstellung den nun mit der Baubeseitigung verbundenen Aufwand der Rechtsdurchsetzung des Nachbarn entgegenhalten zu können. Andernfalls würde man ermöglichen, durch das bewusste Schaffen „vollendeter Tatsachen“ die Durchsetzbarkeit fremder Rechte zu verhindern. Gleiches gilt für die Auslegung der Einrede nach § 275 Abs. 2 BGB (Einwand des groben Missverhältnisses zwischen dem für die Leistung erforderlichen Aufwand des Schuldners und dem Leistungsinteresse des Gläubigers).*)
2. Ein Aufenthaltsraum i.S.v. Art. 2 Abs. 5 BayBO ist gegeben, wenn er nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet ist. Entscheidend ist die objektive Eignung des Raums, nicht die tatsächliche Zweckbestimmung (hier: objektiv zum Aufenthalt geeigneter Raum wird tatsächlich nur für die Lagerung von Gartengeräten und die Überwinterung von Pflanzen genutzt). Ausreichend für die Eignung für einen mehr als nur vorübergehenden Aufenthalt ist, wenn der Raum objektiv für einen nicht nur ganz kurzen Aufenthalt, sei es auch nur tagsüber oder in der warmen Jahreszeit, geeignet ist. Ein in einem Garten aufgestelltes Gebäude mit 18 m² Innenfläche, errichtet auf einer betonierten Bodenplatte mit Gründung auf Streifenfundamenten, ausgestattet mit hochwertigen Isolierglasfenstern (4 m² Fensterfläche) in zwei Himmelsrichtungen, Stromanschluss und Elektroinstallation sowie Dämmung des Bodens, der Wände und der Decke ist damit ein Aufenthaltsraum i.S.v. Art. 2 Abs. 5 BayBO.*)
3. Wird gemäß der Bewilligungsurkunde für eine Grunddienstbarkeit ein Leitungsrecht für einen zu diesem Zeitpunkt bereits verlegten Abwasserkanal eingeräumt, so besteht das Recht für den Kanal räumlich so, wie dieser tatsächlich liegt, und nicht nur für eine Positionierung, die – geringfügig von der tatsächlichen Lage abweichend – einer Einzeichnung (von Hand ohne Maßangaben vorgenommen, mit unregelmäßiger Breite) in einem im beigefügten Lageplan entspricht.*)
VolltextIBRRS 2022, 2819
AG Pfaffenhofen, Urteil vom 22.07.2022 - 1 C 151/22
Ist eine Grunddienstbarkeit im Grundbuch eindeutig bezeichnet, kann eine Änderung des Inhalts nicht durch Auslegung, sondern nur durch Eintragung des abgeänderten Inhalts bewirkt werden.
VolltextIBRRS 2022, 2743
OLG Braunschweig, Beschluss vom 30.03.2022 - 2 W 10/22
1. Das Grundbuchamt ist im Antragsverfahren u. a. zur Prüfung des Grundgeschäfts berechtigt. Es darf den Eintragungsantrag zurückweisen, wenn es aufgrund der ihm vorliegenden Urkunden oder anderer ihm bekannter Umstände zu der sicheren Überzeugung gelangt, dass das Grundgeschäft nichtig ist und die Nichtigkeit auch das Erfüllungsgeschäft ergreift.
2. Ein gegenseitiger Vertrag - wie ein Grundstückskaufvertrag - ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt.
3. Ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung liegt bei Grundstücksgeschäften ab einer Verkehrswertüber- oder -unterschreitung von 90% vor.
IBRRS 2022, 2322
LG Duisburg, Urteil vom 27.06.2022 - 3 O 257/21
1. Gemäß § 925 BGB muss die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 BGB erforderliche Einigung (Auflassung) bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsteile vor einem Notar erklärt werden.
2. Eine in zwei getrennten Terminen am selben Tag, einmal mit den Käufern und einmal mit den Verkäufern, vor dem Notar erklärte Auflassung ist unwirksam.
3. Ist die Auflassung unwirksam, erwirbt der Käufer trotz Eintragung im Grundbuch kein Eigentum.
4. Den Käufern steht dann ein Anspruch auf Rückabwicklung der bereits erfolgten Leistungen aus § 812 BGB zu, nicht aber ein vertraglicher Anspruch auf Schadensersatz.
VolltextIBRRS 2022, 2434
OLG Dresden, Urteil vom 06.07.2021 - 6 U 1882/20
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2022, 2409
LG Bochum, Urteil vom 03.06.2022 - 4 O 20/18
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Erwerber von Wohnungseigentum seine individuellen Rechte aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbstständig verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemeinschaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümer oder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht beeinträchtigt sind. So kann der Erwerber die Rechte auf großen Schadensersatz und Rücktritt selbstständig geltend machen, diese sind nicht gemeinschaftsbezogen (vgl. BGH, Urteil vom 12.04.2007 - VII ZR 236/05, Rz. 18, IMRRS 2007, 0991).
VolltextIBRRS 2022, 2462
BGH, Urteil vom 06.07.2022 - VIII ZR 155/21
1. Bei Preisänderungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen gebietet das Transparenzgebot in § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV eine Erläuterung der Zusammensetzung der Bezugspreise des Fernwärmeversorgungsunternehmens, also insbesondere der diesen zugrundeliegenden vertraglichen und preislichen Bestimmungen, oder auch die namentliche Bezeichnung des Bezugslieferanten nicht. Allerdings muss eine Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis, mit dem die vom Kunden abgenommene Wärmemenge vergütet wird, nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV zwingend auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, juris Rn. 20 ff., 27 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).*)
2. Nach Maßgabe des § 306 Abs. 1 BGB führt die Unwirksamkeit einer nur eine Preiskomponente (hier: den Arbeitspreis) betreffenden Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB nicht zugleich zur Unwirksamkeit andere Preiskomponenten (hier: den Bereitstellungspreis) betreffender Anpassungsklauseln, wenn es sich - wie im Regelfall - um inhaltlich voneinander trennbare Vertragsklauseln handelt, die jeweils Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV sind (Bestätigung des Senatsurteils vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944 Rn. 44 ff.).*)
3. Die in Energieversorgungsstreitigkeiten entwickelte sogenannte Dreijahreslösung des Senats vermeidet die bei einer Gesamtnichtigkeit des Versorgungsvertrags für den Kunden eintretenden nachteiligen Folgen einer bereicherungsrechtlichen (Rück-)Abwicklung, indem sie entsprechend den auch nach der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu beachtenden Zielsetzungen von Art. 6 Abs. 1 der Klausel-RL 93/13/EWG darauf angelegt ist, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter Heranziehung und Gewichtung ihrer Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und auf diese Weise ein Gleichgewicht der Rechte und Pflichten tatsächlich wiederherzustellen (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, juris Rn. 42 ff. mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).*)
4. Der nach der Dreijahreslösung maßgebliche Preis tritt endgültig an die Stelle des zwischen den Parteien des Energieversorgungsvertrags vereinbarten Anfangspreises. Wird dieser neue "Ausgangspreis" anschließend unterschritten, hat der Kunde für die Zeiträume der Preisunterschreitungen aber nur die geringeren Entgelte zu entrichten (Bestätigung der Senatsurteile vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 40; vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 241/15, NJW-RR 2017, 557 Rn. 27). Da derartige nachträgliche Preissenkungen jedoch den nach der Dreijahreslösung maßgeblichen neuen "Ausgangspreis" nicht dauerhaft ersetzen, kann der Energieversorger nach einer solchen Preissenkung anschließend auch erneute Preissteigerungen geltend machen, soweit diese den nach der Dreijahreslösung maßgeblichen "Ausgangspreis" nicht überschreiten.*)
5. Ein Fernwärmeversorgungsunternehmen ist gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - verpflichtet, eine von ihm gegenüber Endkunden verwendete - von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksam gewordene - Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht (Bestätigung des Senatsurteils vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, ZIP 2022, 901 Rn. 30 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).*)
VolltextIBRRS 2022, 2440
OLG Köln, Beschluss vom 12.01.2022 - 2 Wx 2/22
(Ohne)
VolltextIBRRS 2022, 2432
BGH, Urteil vom 06.07.2022 - VIII ZR 28/21
1. Bei Preisänderungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen gebietet das Transparenzgebot in § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV eine Erläuterung der Zusammensetzung der Bezugspreise des Fernwärmeversorgungsunternehmens, also insbesondere der diesen zugrundeliegenden vertraglichen und preislichen Bestimmungen, oder auch die namentliche Bezeichnung des Bezugslieferanten nicht. Allerdings muss eine Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis, mit dem die vom Kunden abgenommene Wärmemenge vergütet wird, nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV zwingend auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, juris Rn. 20 ff., 27 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).*)
2. Nach Maßgabe des § 306 Abs. 1 BGB führt die Unwirksamkeit einer nur eine Preiskomponente (hier: den Arbeitspreis) betreffenden Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB nicht zugleich zur Unwirksamkeit andere Preiskomponenten (hier: den Bereitstellungspreis) betreffender Anpassungsklauseln, wenn es sich - wie im Regelfall - um inhaltlich voneinander trennbare Vertragsklauseln handelt, die jeweils Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV sind (Bestätigung des Senatsurteils vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944 Rn. 44 ff.).*)
3. Die in Energieversorgungsstreitigkeiten entwickelte sogenannte Dreijahreslösung des Senats vermeidet die bei einer Gesamtnichtigkeit des Versorgungsvertrags für den Kunden eintretenden nachteiligen Folgen einer bereicherungsrechtlichen (Rück-)Abwicklung, indem sie entsprechend den auch nach der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu beachtenden Zielsetzungen von Art. 6 Abs. 1 der Klausel-RL 93/13/EWG darauf angelegt ist, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter Heranziehung und Gewichtung ihrer Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und auf diese Weise ein Gleichgewicht der Rechte und Pflichten tatsächlich wiederherzustellen (Bestätigung des Senatsurteils vom 1. Juni 2022 - VIII ZR 287/20, juris Rn. 42 ff. mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).*)
4. Der nach der Dreijahreslösung maßgebliche Preis tritt endgültig an die Stelle des zwischen den Parteien des Energieversorgungsvertrags vereinbarten Anfangspreises. Wird dieser neue "Ausgangspreis" anschließend unterschritten, hat der Kunde für die Zeiträume der Preisunterschreitungen aber nur die geringeren Entgelte zu entrichten (Bestätigung der Senatsurteile vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 40; vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 241/15, NJW-RR 2017, 557 Rn. 27). Da derartige nachträgliche Preissenkungen jedoch den nach der Dreijahreslösung maßgeblichen neuen "Ausgangspreis" nicht dauerhaft ersetzen, kann der Energieversorger nach einer solchen Preissenkung anschließend auch erneute Preissteigerungen geltend machen, soweit diese den nach der Dreijahreslösung maßgeblichen "Ausgangspreis" nicht überschreiten.*)
5. e) Ein Fernwärmeversorgungsunternehmen ist gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - verpflichtet, eine von ihm gegenüber Endkunden verwendete - von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksam gewordene - Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht (Bestätigung des Senatsurteils vom 26. Januar 2022 - VIII ZR 175/19, ZIP 2022, 901 Rn. 30 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).*)
VolltextIBRRS 2022, 2358
BFH, Urteil vom 01.12.2021 - II R 1/21
1. Der Erwerber eines erbschaftsteuerrechtlich begünstigten Familienheims ist aus zwingenden Gründen an dessen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert, wenn die Selbstnutzung objektiv unmöglich oder aus objektiven Gründen unzumutbar ist. Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht aus.*)
2. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können zwingende Gründe darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbständige Haushaltsführung in dem erworbenen Familienheim unzumutbar machen.*)
VolltextIBRRS 2022, 2346
BGH, Urteil vom 20.05.2022 - V ZR 199/21
1. Die in § 919 Abs. 1 BGB geregelte Mitwirkungspflicht des Nachbarn bei der Abmarkung setzt voraus, dass der Grenzverlauf festgestellt ist.*)
2. Aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis kann sich ein Anspruch des Grundstückseigentümers auf Duldung einer für die Grenzfeststellung erforderlichen Vermessung in der Wohnung des Nachbarn ergeben; der Umstand, dass Wohnungen für die amtliche Vermessung nach den Bestimmungen des einschlägigen Landesvermessungsgesetzes nur mit Einwilligung des Wohnungsinhabers betreten werden dürfen, schließt dies nicht aus.*)
VolltextIBRRS 2022, 2264
BGH, Urteil vom 26.04.2022 - X ZR 3/20
1. Zur substantiierten Darlegung von Geschäftsunfähigkeit nach § 104 Nr. 2, § 105 Abs. 2 BGB genügt der Vortrag konkreter Anhaltspunkte, aufgrund derer die Möglichkeit der Geschäftsunfähigkeit nicht von der Hand zu weisen ist.*)
2. Die Sittenwidrigkeit eines unentgeltlichen Geschäfts gem. § 138 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur aus Motiven des Zuwendenden ergeben, sondern auch und sogar in erster Linie aus den Motiven des Zuwendungsempfängers.*)
VolltextIBRRS 2022, 2226
BGH, Urteil vom 11.03.2022 - V ZR 35/21
Wird der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gem. § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen, hat das Gericht eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu prüfen, in welcher Höhe ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist; das gilt auch und gerade dann, wenn in einem Sachverständigengutachten eine Schätzungsbandbreite (hier: +/- 30%) genannt wird.*)
IBRRS 2022, 2224
BGH, Urteil vom 02.06.2022 - V ZR 132/21
1. Die Pfändung und Einziehung des Anspruchs auf Rückgewähr einer Grundschuld umfasst grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsgläubigers, im Wege der Vollstreckung die Löschung der Grundschuld zu verlangen.*)
2. Wann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form der Sicherungsnehmer dem Sicherungsgeber die Grundschuld zurückgewähren muss, bestimmt sich nach der Sicherungsvereinbarung. Ist ein weiter Sicherungszweck vereinbart, der eine Revalutierung der Grundschuld erlaubt, kann die Rückgewähr erst dann verlangt werden, wenn eine solche Revalutierung endgültig nicht mehr in Betracht kommt; das ist (erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung endet oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde (Fortführung von Senat, Urteil vom 19.04.2013 - V ZR 47/12, Rz. 12, IMRRS 2013, 1230 = BGHZ 197, 155).*)
3. Der Anspruch des Sicherungsgebers auf Teilfreigabe einer Sicherheit setzt den Eintritt einer insoweit endgültigen Übersicherung des Sicherungsnehmers und damit den Wegfall des Sicherungszwecks voraus. Das ist bei einer weiten Sicherungsvereinbarung (erst) der Fall, wenn die Geschäftsbeziehung zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer beendet oder wenn die Sicherungsvereinbarung geändert oder gekündigt wurde.*)
4. Im Verlangen auf Rückgewähr einer nicht oder nicht voll valutierten Grundschuld liegt regelmäßig die konkludente Kündigung einer weiten Sicherungsabrede.*)
5. Der Vollstreckungsgläubiger, der einen Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgewähr einer Grundschuld pfändet, ist nicht berechtigt die Sicherungsvereinbarung oder die Geschäftsbeziehung zum Sicherungsnehmer zu kündigen; die Pfändung des Rückgewähranspruchs verschafft ihm nicht das Kündigungsrecht.*)
VolltextIBRRS 2022, 2233
BGH, Urteil vom 01.07.2022 - V ZR 23/21
1. Der gegen den Nachbarn gerichtete Anspruch des Grundstückseigentümers aus § 16a NachbG-BE auf Duldung einer grenzüberschreitenden Wärmedämmung hat einzig zur Voraussetzung, dass die Überbauung zum Zwecke der Dämmung eines bereits bestehenden, an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäudes erfolgt. Einschränkungen des Duldungsanspruchs, wie sie die Nachbarrechtsgesetze anderer Bundesländer enthalten, können der Regelung nicht unter Rückgriff auf "allgemeine Rechtsgrundsätze" oder im Wege der verfassungskonformen Auslegung entnommen werden.*)
2. Zur materiellen Verfassungsmäßigkeit von § 16a NachbG-BE.*)
VolltextIBRRS 2022, 2227
BGH, Urteil vom 13.05.2022 - V ZR 4/21
1. Fehlt einem bebauten Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg deshalb, weil die in der bestandskräftigen Baugenehmigung vorgesehene Zuwegung schon bei der Bebauung technisch nicht herstellbar war oder jedenfalls nicht (mehr) hergestellt werden kann, ist das Notwegrecht nicht gem. § 918 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.*)
2. Wird durch den Notweg eine Dienstbarkeit an dem Nachbargrundstück beeinträchtigt, muss der Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks die Duldung des Notwegs nicht nur von dem Eigentümer des Nachbargrundstücks, sondern auch von dem Dienstbarkeitsberechtigten verlangen.*)
3. Ob eine Zuwegung zu einem bebauten Grundstück den Anforderungen an eine zur ordnungsmäßigen Grundstücksnutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg genügt, beurteilt sich nach den aktuellen technischen und rechtlichen Voraussetzungen und nicht nach den Gegebenheiten bei Erteilung der Baugenehmigung.*)
VolltextIBRRS 2022, 2192
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.03.2022 - 3 W 19/22
Die Nutzung der elektronischen Form für ein Ersuchen an das Grundbuchamt ist in §§ 126 ff. GBO i.V.m. der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz vom 10.07.2015 ausschließlich für Notare verpflichtend vorgesehen. Mit der Einführung von § 130d ZPO und § 14b FamFG hat der Bundesgesetzgeber den Wortlaut des § 135 Abs. 1 Nr. 4 GBO nicht angepasst und keine Ausweitung der Nutzungspflicht, beispielsweise für Behörden, normiert.*)
VolltextIBRRS 2022, 2189
BVerfG, Beschluss vom 17.05.2022 - 2 BvR 661/22
Im Verfahren auf Erlass einer einstweilige Anordnung gegen die vollzogene Zwangsräumung hat der Antragsteller darzulegen, wie das Ziel, die bereits vollzogene Zwangsräumung rückgängig zu machen, im Rahmen eines Vollstreckungsschutzverfahrens erreicht werden kann. Denn der Antrag nach § 765a ZPO wird außerhalb des Erkenntnisverfahrens gestellt und ist lediglich auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und damit gerade nicht auf die Erlangung eines Titels gegenüber dem Gläubiger auf Einweisung in den Besitz gerichtet.
VolltextIBRRS 2022, 2128
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 18.01.2022 - 9 LA 122/20
1. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kann vorliegen, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der bevorstehenden Entstehung sachlicher Beitragspflichten ein im hinteren Teil bebautes Grundstück geteilt und das dadurch entstandene, an die demnächst abzurechnende Anbaustraße angrenzende Anliegergrundstück auf einen Dritten übertragen wird, ohne dass die Übertragung aus wirtschaftlichen oder sonstigen beachtlichen Gründen nachvollziehbar ist (ständige Senatsrechtsprechung).*)
2. Der Verdacht eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kann sich geradezu aufdrängen, wenn ein nicht selbständig bebaubarer und auch wirtschaftlich kaum selbständig verwertbarer Grundstücksteil - hier ein überwiegend aus der Teilfläche eines Fischteichs bestehendes Grundstück - in zeitlicher Nähe zu einer Beitragserhebung von einem (bebauten) Anliegergrundstück abgetrennt und (unentgeltlich) an nahe Angehörige übertragen wird.*)
VolltextIBRRS 2022, 2136
BGH, Urteil vom 01.06.2022 - VIII ZR 287/20
1. Bei Preisänderungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen gebietet das Transparenzgebot in § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV eine Erläuterung der Zusammensetzung der Bezugspreise des Fernwärmeversorgungsunternehmens, also insbesondere der diesen zugrundeliegenden vertraglichen und preislichen Bestimmungen oder auch die namentliche Bezeichnung des Bezugslieferanten, nicht. Diese Gesichtspunkte können allerdings für die Prüfung der inhaltlichen Angemessenheit von gegenüber den Endkunden verwendeten Preisänderungsklauseln nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV von Bedeutung sein.*)
2. Anders als eine Preisänderungsklausel zum Grund- oder Bereitstellungspreis, mit dem die langfristigen Investitions- und Vorhaltekosten des Versorgers abgegolten werden, die sich grundsätzlich unabhängig von den Verhältnissen am Wärmemarkt entwickeln, muss eine Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis, mit dem die vom Kunden abgenommene Wärmemenge vergütet wird, nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV zwingend auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 6. April 2022 - VIII ZR 295/20, juris Rn. 29 f.).*)
3. Die in Energieversorgungsstreitigkeiten entwickelte sogenannte Dreijahreslösung des Senats vermeidet die bei einer Gesamtnichtigkeit des Versorgungsvertrags für den Kunden eintretenden nachteiligen Folgen einer bereicherungsrechtlichen (Rück-)Abwicklung, indem sie entsprechend den auch nach der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu beachtenden Zielsetzungen von Art. 6 Abs. 1 der Klausel-RL 93/13/EWG darauf angelegt ist, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter Heranziehung und Gewichtung ihrer Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und auf diese Weise ein Gleichgewicht der Rechte und Pflichten tatsächlich wiederherzustellen (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 23. Januar 2013 - VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 Rn. 33 ff., und VIII ZR 52/12, juris Rn. 31 ff.; vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 23, 38).*)
VolltextIBRRS 2022, 2116
BGH, Urteil vom 06.05.2022 - V ZR 50/21
Ein Notwegrecht kann sich weder aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis noch aus dem Schikaneverbot des § 226 BGB, sondern nur unter den Voraussetzungen von § 917 Abs. 1 BGB ergeben; danach richtet sich auch, ob der Nachbar Hindernisse beseitigen muss, die er auf seinem Grundstück errichtet hat, um die Nutzung des Wegs zu unterbinden.*)
VolltextIBRRS 2022, 2115
BGH, Urteil vom 06.05.2022 - V ZR 282/20
Wird der Käufer bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrages durch einen vollmachtlosen Vertreter vertreten, kommt es für seine Kenntnis vom Mangel i.S.v. § 442 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Zeitpunkt der Abgabe der Genehmigungserklärung an; solange er die Genehmigungserklärung nicht in den Verkehr gebracht hat, muss er neu gewonnene Kenntnisse über Mängel der Kaufsache gegen sich gelten lassen.*)
VolltextIBRRS 2022, 2112
OLG Hamm, Urteil vom 10.03.2022 - 22 U 125/15
Zur Auslegung des Begriffs der „bauliche Anlagen“ in einem notariellen Grundstückskaufvertrag.
IBRRS 2022, 2098
OVG Saarland, Beschluss vom 08.06.2022 - 1 B 30/22
1. Von einem Verzicht auf die Erhebung von Beiträgen kann regelmäßig nur dann die Rede sein, wenn die Verzichtserklärung eindeutig ist. Dabei sind aufgrund der im Grundsatz unabdingbaren gesetzlichen Verpflichtung der Gemeinden zur Beitragserhebung an die Annahme eines Verzichtswillens hohe Anforderungen zu stellen.*)
2. § 135 Abs. 5 Satz 1 und 2 BauGB schließt den Einwand unzulässiger Rechtsausübung auf Festsetzungsebene als spezialgesetzliche Regelung für die Fallgruppe eines widersprüchlichen Verhaltens der Gemeinde im Vorfeld einer Erschließungsbeitragserhebung aus. Die Frage des treuwidrigen Verhaltens der Gemeinde ist in diesen Fällen erst auf der nachgelagerten Ebene des Beitragserlasses nach Maßgabe des § 135 Abs. 5 BauGB zu prüfen, berührt aber die Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheids nicht.*)
3. Das Berufen einer Gemeinde als Beitragsgläubigerin auf die Nichtigkeit einer Ablösungsvereinbarung kann sich als treuwidrig darstellen, wenn daraus für den Beitragsschuldner untragbare, seine Existenz berührende Folgen erwüchsen.*)
VolltextIBRRS 2022, 1963
BGH, Urteil vom 13.05.2022 - V ZR 7/21
Die Darlegungs- und Beweislast für die einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB ausschließende Einwilligung des Eigentümers in die Einwirkung auf sein Eigentum trägt der Anspruchsgegner.*)
VolltextIBRRS 2022, 1933
BGH, Urteil vom 13.05.2022 - V ZR 231/20
1. Eine Beteiligung des Käufers an den Kosten der Nachbesserung einer (gebrauchten) mangelhaften Kaufsache nach den Grundsätzen eines Abzugs "neu für alt" scheidet aus, wenn sich der Vorteil des Käufers darin erschöpft, dass die Kaufsache durch den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Ersatz eines mangelhaften Teils durch ein neues Teil einen Wertzuwachs erfährt oder dass der Käufer durch die längere Lebensdauer des ersetzten Teils Aufwendungen erspart.*)
2. Für einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung in Höhe der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB gilt das Gleiche, und zwar auch dann, wenn die Nachbesserung wegen des arglistigen Verschweigens des Mangels nicht angeboten werden muss (hier: Kosten für die Erneuerung einer mangelhaften Kellerabdichtung).*)
IBRRS 2022, 1870
OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.05.2022 - 5 U 97/21
1. Ein durch Abgrabungen des Nachbarn zur Errichtung einer Grenzwand geschädigter Grundstückseigentümer, der als Schadensersatz zunächst die Wiederherstellung in Natur begehrt hatte, kann sein Interesse an der Wiederherstellung in Form von Geldersatz nur nach erfolgloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung geltend machen.*)
2. Sein diesbezügliches Anliegen erweist sich aber als treuwidrig, solange er daneben zugleich, auch im Rahmen eines anderen Klageverfahrens, weiterhin auf Beseitigung der Mauer anträgt.*)