Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
6119 Entscheidungen insgesamt
Online seit Juni
IBRRS 2024, 1464LG Köln, Beschluss vom 25.07.2023 - 15 O 235/23
1. Die Zuständigkeitsregelung des § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG erfasst auch Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern aus dem so genannten sachenrechtlichen Grundverhältnis.
2. Dies gilt auch für den Fall der Aufhebung der Gemeinschaft gem. § 11 WEG ebenso für den Fall der vertraglich geregelten Aufhebung, die beide auf eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen zielen.
VolltextIBRRS 2024, 1546
AG München, Urteil vom 20.07.2023 - 1293 C 13691/22 WEG
1. Die Verwaltungsbeiräte dürfen sich für die ihnen obliegende Prüfung fachkundiger Hilfe bedienen, z. B. durch Hinzuziehung von Wirtschaftsprüfern oder vereidigten Buchprüfern.
2. Allein die Untätigkeit des Beirats stellt keinen Anfechtungsgrund dar.
3. Beschlüsse der Eigentümerversammlung, die unter Verstoß gegen das Prinzip der Nichtöffentlichkeit zu Stande kommen, sind auf Antrag für ungültig zu erklären, wenn sich die Ursächlichkeit des Verstoßes für die Beschlussfassung nicht ausschließen lässt.
4. Wenn von den in der Versammlung anwesenden Eigentümern keine Rüge hinsichtlich der Anwesenheit an sich nicht teilnahmeberechtigter Personen bei der Eigentümerversammlung erhoben wird, kann diesem Verhalten der Eigentümer jedenfalls ein stillschweigender Verzicht auf die Einhaltung der Nichtöffentlichkeit entnommen werden.
5. Eine Berufung zu einem späteren Zeitpunkt darauf, dass die Beschlüsse wegen eines Verstoßes gegen die Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen sind, ist den Eigentümern, wenn sie rügelos die Anwesenheit einer dritten Person zugelassen haben, aus den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt. Dies gilt erst recht, wenn der anfechtende Eigentümer nur ihm nicht genehme Beschlüsse angreift.
6. Fehler der Jahresabrechnung führen nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, soweit der Fehler sich auf die Abrechnungsspitze auswirkt.
7. Der anfechtende Eigentümer muss innerhalb der Begründungsfrist auch vortragen, dass und in welchem Maße sich der gerügte Fehler auf seine Zahlungspflicht auswirkt.
VolltextIBRRS 2024, 1791
LG München I, Urteil vom 20.09.2023 - 1 S 9372/22 WEG
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2024, 1789
AG Fürstenfeldbruck, Urteil vom 30.11.2023 - 10 C 482/23 WEG
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2024, 1541
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 06.05.2024 - 980b C 23/23 WEG
1. Legen die Wohnungseigentümer einem Beschluss über eine Sonderumlage einen fehlerhaften Verteilungsschlüssel zu Grunde, wird damit zwar die endgültige Kostenverteilung noch nicht verbindlich festgelegt, dieser Beschluss zur Ergänzung des Wirtschaftsplans ist aber anfechtbar.
2. Ob dieser fehlerhafte Verteilungsschlüssel bewusst oder unbewusst gewählt worden ist, ist für die Frage der Ordnungsmäßigkeit im Rahmen der Anfechtungsklage nicht von Belang.
3. Schon aus dem Beschluss selbst muss hinreichend konkret hervorgehen, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, eine von der bisherig geltenden Kostenverteilung abweichende Regelung zu beschließen.
4. Typischerweise entspricht eine abweichende Kostenverteilung, gestützt auf § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG, jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt.
5. Dies ist zu verneinen, wenn der betroffene Eigentümer durch den neuen Verteilungsschlüssel erheblich mehr belastet wird (hier um den Faktor 2,4), ohne dass er von der Maßnahme unmittelbar selbst partizipiert.
VolltextIBRRS 2024, 1481
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 25.04.2024 - 980a C 40/23 WEG
1. Ein Anerkenntnis darf als Prozesshandlung nicht unter einer Bedingung erklärt werden. Eine unzulässige Bedingung stellt es prozessual nur dann nicht dar, wenn der Beklagte sein Anerkenntnis davon abhängig macht, dass die - von Amts wegen zu prüfenden - Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage erfüllt werden.
2. Ein(e) Anerkenntnis(erklärung) ist nicht für wirksam zu erachten, sofern die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft diese(s) von der Einhaltung der Klagefrist abhängig macht. Denn bei den Klagefristen nach § 45 Satz 1 WEG (Klage- und Klagebegründungsfrist) handelt es sich nicht um Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage, sondern um materiell-rechtliche Ausschlussfristen.
VolltextIBRRS 2024, 1463
AG Nauen, Urteil vom 31.07.2023 - 17 C 8/22
1. Der Verwalter hat eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die Einnahmen und Ausgaben enthält. Dabei sind im Rahmen der Jahresabrechnung Einnahmen und Ausgaben im Rahmen einer übersichtlichen Darstellung vorzunehmen, die eine einfache Plausibilitätskontrolle durch Abgleich mit den Gesamtkontoständen ermöglicht.
2. Die ordnungsgemäße Vorbereitung der Beschlüsse obliegt der Verwaltung. Werden elementare Abrechnungsprinzipien verletzt, kann eine Pflichtverletzung der Verwaltung bejaht werden.
3. Die Verwalter verletzt seine Pflichten auch, wenn er der Eigentümerversammlung eine falsche Tatsachengrundlage in Vorbereitung der Beschlussfassung mitteilt.
VolltextIBRRS 2024, 1767
BGH, Urteil vom 23.02.2024 - V ZR 132/23
1. Sind nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet, kann nur die Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer die den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; dies gilt auch dann, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil der Anlage betreffen.*)
2. Die Kompetenz, durch Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung der vergemeinschafteten Ansprüche und die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Fragen (hier: Aufnahme von Vergleichsverhandlungen und Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung der Prozesskosten) zu entscheiden, steht ebenfalls allein der Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer zu.*)
3. Grundsätzlich muss in einem Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage die auf den einzelnen Eigentümer entfallende Summe betragsmäßig bestimmt sein. Es reicht aber aus, wenn der geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern selbst ohne Weiteres errechnet werden kann.*)
IBRRS 2024, 1740
LG Bremen, Beschluss vom 08.02.2024 - 8 T 322/23
Jede Eigentümer hat einen Individualanspruch auf Erstellung einer Jahresabrechnung, der sich allein gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft richtet, nicht aber gegen den Verwalter.
VolltextIBRRS 2024, 1733
KG, Beschluss vom 06.03.2024 - 10 W 28/24
1. Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begründet ihren Anspruch auf Vorschuss gegen einen Wohnungseigentümer erfahrungsgemäß, wenn auch nicht zwingend, jährlich neu.
2. Eine Fortgeltungsklausel, die im Einzelfall zu einer längeren Zeitdauer führt, ändert an diesem bundesweiten Erfahrungssatz nichts.
3. Der Gebührenstreitwert bei einer Klage auf künftiges Hausgeld ist deshalb gem. § 3 ZPO (und nicht nach § 9 ZPO) zu ermitteln.
VolltextIBRRS 2023, 3519
VerfGH Bayern, Entscheidung vom 26.10.2023 - Vf. 6-VII-22
1. Zur aufgrund der Autonomie des Parlaments eingeschränkten verfassungsrechtlichen Überprüfung des einem Gesetzesbeschluss vorausgehenden parlamentarischen Beratungsverfahrens.*)
2. Die Regelung zum Einsatz und Betrieb von Rauchwarnmeldern in Wohnungen gem. Art. 46 Abs. 4 BayBO ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Sie verletzt insbesondere weder das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV) noch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 106 Abs. 3 BV) und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV).*)
VolltextOnline seit Mai
IBRRS 2024, 1707AG München, Urteil vom 19.04.2023 - 1292 C 11888/22 WEG
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2024, 1622
AG Charlottenburg, Urteil vom 01.06.2023 - 72 C 59/22
Gegenüber Beitragsforderungen, worunter auch Ansprüche auf Wohn-/Hausgeld oder aus Jahresabrechnungen bzw. auf Zahlung einer Sonderumlage fallen, kann grundsätzlich nur mit gemeinschaftsbezogenen Gegenforderungen aufgerechnet bzw. kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden; es sei denn, es handelt sich anerkannte oder rechtskräftig festgestellte Forderungen.
VolltextIBRRS 2024, 0314
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.10.2023 - 2-09 T 615/23
1. Abgesehen von bezifferten Klagen ist der Streitwert von Beschlussklagen in aller Regel im Wege der Schätzung nach freiem Ermessen zu bestimmen.
2. Zu der Frage, wie der Streitwert für einen Beschluss, der die Anweisung an die Verwaltung beinhaltet, für neu zu vergebende anwaltliche Mandate in Angelegenheiten der Gemeinschaft eine bestimmte Kanzlei zu beauftragen, zu bestimmen ist.
VolltextIBRRS 2024, 1685
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 18.01.2024 - 29 C 33/23 WEG
1. Grundsätzlich hat die Eigentümergemeinschaft keine Beschlusskompetenz, über Zahlungsrückstände aus dem Wirtschaftsplan erneut zu beschließen. Kommt der Eigentümer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht vollständig nach, so schuldet er das rückständige Hausgeld auf der Basis des Wirtschaftsplans. Die Rückstände dürfen nicht in der Jahresabrechnung erneut eingestellt und damit beschlossen werden. Entsprechende Beschlüsse wären grundsätzlich nichtig.
2. Die unterbliebene Einladung eines Wohnungseigentümers zu einer Eigentümerversammlung unter Verwendung einer nicht mehr aktuellen E-Mail-Adresse führt regelmäßig nur zur Anfechtbarkeit der in einer Versammlung gefassten Beschlüsse, nicht aber zu deren Nichtigkeit.
3. Nichtigkeitsgründe sind allenfalls bei einer vorsätzlichen Nichteinladung denkbar.
VolltextIBRRS 2024, 1679
BGH, Urteil vom 22.03.2024 - V ZR 141/23
Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedarf, ist eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten; dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarung vor dem 01.12.2020 getroffen wurde.*)
VolltextIBRRS 2024, 1626
LG Dresden, Urteil vom 03.11.2023 - 2 S 130/23
Das auf die unwirksame Willenserklärung zurückgehende, aber gleichwohl ins Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrecht wird vom Gutglaubensschutz des § 892 BGB erfasst und kann grundsätzlich gutgläubig erworben werden.
VolltextIBRRS 2024, 1375
AG München, Urteil vom 02.10.2023 - 1291 C 650/23 WEG
1. Ein Beschluss, der ohne Versammlung gefasst wird, ist nur gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären.
2. Wollen die Wohnungseigentümer beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügen soll (entgegen der eigentlichen Allstimmigkeit in einem Umlaufbeschluss), muss dies im entsprechenden Beschluss hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht werden.
3. Bei Fehlen eines Absenkungsbeschlusses ist der im Umlaufverfahren mehrheitlich gefasste Beschluss wegen fehlender Beschlusskompetenz nichtig.
VolltextIBRRS 2024, 1486
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 03.05.2024 - 980a C 21/22 WEG
Überschreitet die von einem Wohnungseigentümer beabsichtigte Gebrauchmachung von einer Genehmigung i.S.v. § 20 Abs. 2 WEG den durch den entsprechenden Beschluss vorgegebenen Rahmen oder sind die in ihm normierten Voraussetzungen nicht erfüllt, besteht keine Pflicht der Gemeinschaft, den Eigentümer bei seinem Unterfangen zu unterstützen.
VolltextIBRRS 2024, 1641
BGH, Urteil vom 08.03.2024 - V ZR 119/23
1. Ist in der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage vereinbart, dass die Wohnungseigentümer weitgehend so gestellt werden sollen, als handelte es sich um real geteilte Grundstücke bzw. als wären sie Alleineigentümer, und ist den Wohnungseigentümern eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums gestattet, begründet im Zweifel nicht jeder Verstoß gegen eine öffentlich-rechtliche Norm einen Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB; vielmehr muss der Norm Drittschutz zukommen.*)
2. Die Festsetzung in einem Bebauungsplan über die Grundfläche der Wochenendhäuser in einem Wochenendhausgebiet ist Teil der Gebietsfestsetzung und hat drittschützenden Charakter.*)
VolltextIBRRS 2024, 1623
LG Dresden, Urteil vom 19.01.2024 - 2 S 177/23
Mit der Aufstellung eines Gedenksteins - auch wenn dieser optisch einem Grabstein ähnelt - wird die Wohnanlage nicht grundlegend umgestaltet. Auch die Tatsache, dass man von der Wohnung der anfechtenden Eigentümerin auf diesen Stein und eine Kirche blickt und sich dadurch der Eindruck einer Grabstätte verstärkt, spricht nicht für ein Sonderopfer. Eine GdWE ist nicht verpflichtet, nur Kunstwerke aufzustellen, die keine Reaktionen oder Diskussionen hervorrufen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1609
LG München I, Beschluss vom 05.10.2023 - 1 S 5857/23 WEG
1. Es existiert kein Grundsatz im Wohnungseigentumsrecht, wonach es sich die Gemeinschaft nach einem gefassten Beschluss nicht noch einmal anders überlegen und einen neuen, eventuell auch gegensätzlichen Beschluss zum selben Beschlussthema fassen kann.
2. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Gemeinschaft eine erneute Beschlussfassung für angebracht hält. Von Bedeutung ist nur, ob der neue Beschluss aus sich heraus einwandfrei ist.
3. Grenzen des grundsätzlich freien Ermessens der Gemeinschaft sind nur dann erreicht, wenn schutzwürdige Belange Einzelner durch die neue Beschlussfassung so beeinträchtigt sind, dass sie die Interessen der Gemeinschaft an der Abänderung des Beschlusses überwiegen.
4. Jeder Wohnungseigentümer kann verlangen, dass der neue Beschluss schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses berücksichtigt.
5. Bedenken hinsichtlich der Verletzung schutzwürdiger Interessen bestehen dann nicht, wenn der Erstbeschluss noch nicht bestandskräftig war.
6. Über das Teilnahmerecht an der Versammlung und der Möglichkeit zu Wortbeiträgen hinaus besteht kein Anspruch darauf, sich ohne Einschaltung eines Vertreters nur unmittelbar mit den weiteren Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft in der Versammlung auszutauschen.
VolltextIBRRS 2024, 1467
AG Paderborn, Urteil vom 30.11.2023 - 52 C 18/23
1. Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft, etwa mit ihm ein Kaufvertrag, ein Werkvertrag, ein Mietvertrag abgeschlossen werden soll oder wenn ihm Sonderrechte eingeräumt werden sollen.
2. Der betroffene Wohnungseigentümer ist bei einem Beschluss über die Ermächtigung des Verwalters zur Vornahme eines Rechtsgeschäftes mit diesem Wohnungseigentümer nicht stimmberechtigt.
3. Eine trotz Stimmverbots abgegebene Stimme ist unwirksam und darf vom Versammlungsleiter bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses nicht berücksichtigt werden.
VolltextIBRRS 2024, 1465
AG Erfurt, Urteil vom 22.09.2023 - 4 C 1565/22
Nicht nur bei Beschlussfassung über bauliche Veränderungen von Gemeinschaftseigentum, sondern auch bei der Beschlussfassung über Maßnahmen der Instandhaltung oder Instandsetzung muss hinreichend bestimmt sein, welche konkreten Maßnahmen vorgenommen werden sollen. Ferner müssen die Grundfragen der Art und Weise der Durchführung namentlich Umfang, Finanzierung, Ablauf sowie aufgrund welches Kostenvorschlags/Angebots die Maßnahme durchgeführt wird, geregelt werden.
VolltextIBRRS 2024, 0848
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 22.12.2023 - 980a C 23/23 WEG
1. Die Klagefrist für eine Anfechtungsklage beträgt einen Monat ab Beschlussfassung.
2. Auch von einem juristischen Laien kann erwartet werden, dass er seine Klageschrift entsprechend der Zivilprozessordnung formuliert, sofern es um die Angabe der beklagten Partei und damit um eine in § 253 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 ZPO ausdrücklich genannte Voraussetzung geht.
3. Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden; die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.
VolltextIBRRS 2024, 1482
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 20.03.2024 - 2-13 T 7/24
Begehrt ein Wohnungseigentümer in einer verwalterlosen Gemeinschaft durch Beschlussersetzungsklage die Ermächtigung zur Einberufung einer Versammlung (§ 24 Abs. 3 WEG), können auch bei einem sofortigen Anerkenntnis dem Kläger die Prozesskosten nicht nach § 93 ZPO auferlegt werden, da der Kläger gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft nur durch eine Klage sein Rechtsschutzziel erreichen kann.*)
VolltextIBRRS 2024, 1476
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.02.2024 - 2-13 S 53/23
Hat ein Wohnungseigentümer eine unzulässige bauliche Veränderung vorgenommen, ist es vor der Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der gerichtlichen Durchsetzung des Beseitigungsanspruchs im Regelfall nicht erforderlich, ein Gutachten eines Rechtsanwalts über die Erfolgsaussichten des Prozesses einzuholen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1477
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 19.02.2024 - 2-13 S 575/23
Auch im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 WEG entspricht ein Beschluss, mit dem einem Eigentümer eine bereits durchgeführte Baumaßnahme (hier Treppenlift) nachträglich genehmigt wird, nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die baurechtliche Zulässigkeit der Maßnahme gesichert ist. Ernstliche Zweifel an der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit muss der Antragsteller vor der Beschlussfassung ausräumen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1401
AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 13.10.2023 - 881 C 4/23
Beinhaltet ein Beschluss nicht nur die Einholung von Angeboten, sondern auch die Vergabe des Auftrags nach Anhörung des Verwaltungsbeirats, wobei unklar bleibt, wer den Auftrag erteilen soll, lässt sich nicht mit der notwendigen Sicherheit bestimmen, ob der Verwaltungsbeirat nur seine Meinung kundtun kann, die wohlwollend zur Kenntnis genommen wird, ob er ein Vetorecht oder gar ein Letztentscheidungsrecht haben soll, das von der Verwaltung umzusetzen ist.
VolltextIBRRS 2024, 1400
LG Hamburg, Urteil vom 22.11.2023 - 318 S 84/22
Da in jeder baulichen Veränderung eine Umgestaltung liegt, ist zu prüfen, ob diese so starke Auswirkungen hat, dass sie der Wohnanlage ein neues Gepräge gibt. Nur dann liegt auch eine "grundlegende" Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG vor.
VolltextIBRRS 2024, 1376
OLG München, Urteil vom 02.08.2023 - 27 U 2547/22 Bau
1. Die Ermächtigung des WEG-Verwalters, die zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums erforderlichen Maßnahmen im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu treffen, erstreckt sich nicht auf außergewöhnliche, nicht dringende Instandsetzungsarbeiten größeren Umfangs (hier: Dachsanierungsarbeiten).
2. Die Regelung in der Teilungserklärung, wonach der WEG-Verwalter berechtigt ist, "die Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich in allen Angelegenheiten der Verwaltung zu vertreten und im Rahmen seiner Verwalteraufgaben Verträge abzuschließen und andere Rechtshandlungen vorzunehmen" führt nicht zu einer Vertretungsmacht für den Vertragsschluss einer nicht beschlossenen Dachsanierung.
3. Schließt der hierzu nicht bevollmächtigte WEG-Verwalter im Namen der Eigentümergemeinschaft mit einem Unternehmen einen Bauvertrag, ist er dem Unternehmer zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Eigentümergemeinschaft die Genehmigung des Vertrags verweigert.
4. Einem Handwerksunternehmen muss nicht bekannt sein, dass ein WEG-Verwalter nicht dazu berechtigt ist, im Namen der Eigentümergemeinschaft Bauverträge über Dachsanierngsarbeiten zu schließen.
VolltextIBRRS 2024, 1450
BFH, Urteil vom 19.12.2023 - IV R 5/21
1. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, die eine originär gewerbliche Tätigkeit in Gestalt einer ‑‑eine Betriebsverpachtung überlagernden‑‑ Betriebsaufspaltung ausübt, unterliegt mit dem Ende der Betriebsaufspaltung als gewerblich geprägte Personengesellschaft weiterhin der Gewerbesteuer.*)
2. Ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht ist zwar kein Grundbesitz, es ist jedoch für Zwecke des § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes dem Grundbesitz des entsprechenden Wohnungs- oder Teileigentümers zuzuordnen, dessen Inhalt es bestimmt.*)
3. Die Mitvermietung von Wohnungs- beziehungsweise Gebäudebestandteilen, die durch Teilungserklärung oder Gesetz dem gemeinschaftlichen Eigentum zugeordnet sind (zum Beispiel Fenster nebst Rahmen), stellt sich als zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung eigenen Grundbesitzes dar und ist nicht kürzungsschädlich.*)
4. Eine Betriebsverpachtung ist nicht kürzungsschädlich, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden und es sich hierbei ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz handelt.*)
VolltextIBRRS 2024, 1398
LG Koblenz, Urteil vom 05.02.2024 - 2 S 34/23 WEG
1. Jeder Eigentümer kann von der Wohnungseigentümergemeinschaft als Maßnahme der Verwaltung nach § 18 Abs. 1 WEG die Aufstellung der Jahresabrechnung verlangen.
2. Soweit § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG dem Verwalter die Aufstellungspflicht auferlegt, regelt das Gesetz keine originäre Verpflichtung des Verwalters, sondern nur dessen Organzuständigkeit, da der Verwalter insoweit ihr Ausführungs- bzw. Vertretungsorgan ist und die Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft lediglich umsetzt.
3. Aus dem gesetzlichen Zweck der Erstellung der Jahresabrechnung -Vorbereitung der Beschlussfassung über die Einforderung von Nachschüssen/Anpassung der Vorschüsse - ergibt sich, dass der jedem Eigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zustehende Individualanspruch auf Erstellung der Jahresabrechnung regelmäßig nicht vor Ablauf des dritten Quartals des auf das Abrechnungsjahr folgenden Jahr fällig wird.
Online seit April
IBRRS 2024, 1434OVG Saarland, Beschluss vom 23.04.2024 - 1 A 78/23
Der (noch) im Grundbuch mit einem Miteigentumsanteil eingetragene Wohnungseigentümer kann vom Gläubiger den aufgrund Pfändungs- und Einziehungsverfügung erlangten Betrag nicht im Wege der Leistungsklage zurückfordern, indem er geltend macht, er hafte als einzelner Wohnungseigentümer nicht gesamtschuldnerisch für die Abfallentsorgungsgebühren der Wohnungseigentümergemeinschaft und die ihm gegenüber ergangenen Abfallentsorgungsgebührenbescheide hätten nicht an ihn, sondern an die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtet werden müssen, wenn er die der Vollstreckung zugrundeliegenden Abfallentsorgungsgebührenbescheide unanfechtbar hat werden lassen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1399
AG Backnang, Urteil vom 29.11.2023 - 4 C 333/23
Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ausdrücklich über die konkreten, sich aus der Jahresabrechnung ergebenden Nachschüsse beschlossen, sondern die Jahresabrechnung genehmigt, wobei auch die Fälligkeit der Nachschüsse sowie die Zahlungsmodalitäten für diese bzw. für die Erstattung etwaiger Guthaben beschlossen wurde, ergibt die Auslegung des Beschlusses, dass die Eigentümerversammlung mit dieser Beschlussfassung lediglich die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse festlegen wollte.
VolltextIBRRS 2024, 1357
OLG Köln, Urteil vom 12.04.2023 - 17 U 14/22
1. Die Prozessführungsbefugnis einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die sich aus einem vor dem 01.12.2020 erlassenen Vergemeinschaftungsbeschluss ergibt, besteht auch nach der Neuregelung der Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft fort. Dies gilt auch für den werkvertraglichen Anspruch auf Kostenvorschuss (im Anschluss an BGH, IBR 2023, 325 = IMR 2023, 251).
2. Ein Beschluss ohne Versammlung ist nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG grundsätzlich nur gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären. Ein Verstoß führt nicht bloß zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, sondern es handelt sich um einen sog. Nichtbeschluss. Die nachfolgende Verkündung durch den Verwalter führt nicht zur Heilung.
3. Der Gesetzgeber, der in Reaktion auf die Pandemie zahlreiche Regelungen getroffen hat, um Kontaktbeschränkungen Rechnung zu tragen, hat keine generelle Einschränkung des Allstimmigkeitserfordernisses vorgesehen, sondern es auch im Zuge der WEG-Reform bei der Regelung des § 23 Abs. 3 WEG belassen.
VolltextIBRRS 2024, 0982
AG Schwarzenbek, Urteil vom 28.06.2023 - 2 C 385/22 WEG
1. Zwar sind Geschäftsordnungsbeschlüsse, deren Regelungsinhalt sich auf eine konkrete Versammlung beschränkt, nicht separat anfechtbar. Bei einer Geschäftsordnungsbestimmung, die die Rededauer betrifft, handelt es aber um eine Regelung, die aller Voraussicht nach auch künftig jederzeit wieder gefasst werden kann, insbesondere wenn sie darauf abzielt, Wortbeiträge eines bestimmten Eigentümers zu beschränken, und bereits auf früheren Versammlungen ähnliche Regelungen beschlossen wurden.
2. Eine Regelung, die Redezeit auf drei Minuten zu begrenzen, widerspricht bereits deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil sie generell und ohne jegliche Ausnahme eine maximale Redezeit festlegt. Um der Bedeutung einzelner Tagesordnungspunkte gerecht zu werden, kann eine Begrenzung der Redezeiten aber nur dann verhältnismäßig sein, wenn bereits in der Regelung selbst Ausnahmen für schwierige und/oder besonders umfangreiche Themenkomplexe vorgesehen sind.
3. Ein Beschluss, mit dem die Einsichtnahme in Unterlagen vom Erfordernis eines genehmigenden Beschlusses abhängig gemacht wird und der weiter regelt, dass die Einsichtnahme nur durch im Grundbuch eingetragene Eigentümer erfolgen darf, ist nichtig, da den Wohnungseigentümern bereits die Kompetenz dazu fehlt, die getroffenen Regelungen im Beschlusswege zu fassen.
4. ...
IBRRS 2024, 0846
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 02.02.2024 - 980a C 21/23 WEG
1. Bei der Wiederbestellung der amtierenden Verwaltung besteht keine Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten.
2. Der Verwaltervertrag geht bei der Verschmelzung von juristischen Personen auf den übernehmenden Rechtsträger über; nichts anderes gilt für die Organstellung des Verwalters.
3. Den Wohnungseigentümern steht bei der Wiederwahl der Verwaltung im Ermessenspielraum zu, der auch ein sog. Verzeihungsermessen umfasst. Es liegt im Beurteilungsspielraum der Gemeinschaft, bei der (Wieder-)Bestellung des Verwalters dessen frühere Verfehlungen bei günstiger Zukunftsprognose nicht gegen ihn zu verwenden.
4. Dieser Beurteilungsspielraum ist erst überschritten, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass die Wohnungseigentümer den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände erneut bestellen.
5. Es wird regelmäßig nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn wesentliche, vor allem auch kostenintensive Maßnahmen komplett oder im Kernbereich auf den Verwalter übertragen werden, weil es dabei bleiben muss, dass die Wohnungseigentümer über wesentliche Maßnahmen selbst entscheiden müssen.
6. Auch die Auswahl eines Fachunternehmens für die Durchführung einer nicht unbedeutenden Sanierungsmaßnahme gehört zu den Kernrechten der Gesamtheit aller Wohnungseigentümer als Willensbildungsorgan, die ihnen nicht durch einen Beschluss (der Mehrheit) entzogen werden kann.
7. Ein Sanierungsbeschluss, aus dem nicht ersichtlich wird, welche Fachfirma beauftragt werden soll, ist unbestimmt.
8. Das "Wie" einer Sanierungsmaßnahme kann bei Kosten um 5.000 Euro auf die Verwaltung delegiert werden.
9. Der Verwalter ist grundsätzlich verpflichtet, einen Beschluss über eine Erhaltungsmaßnahme dadurch umzusetzen, indem er Vergleichsangebote einholt, diese prüft und den Auftrag an einen Anbieter erteilt.
VolltextIBRRS 2024, 1233
LG Itzehoe, Beschluss vom 24.05.2023 - 11 T 46/22
Bei der Anfechtungsklage gegen einen Nichtbeschluss beschränkt sich die gerichtliche Prüfung auf die Feststellung, dass ein Beschluss nicht gefasst wurde. Eine auch nicht potentielle inhaltliche Prüfung des von dem "Nichtbeschluss" erfassten Streitgegenstands erfolgt nicht. Damit ist lediglich der Mindeststreitwert anzusetzen.
VolltextIBRRS 2024, 0992
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 12.01.2024 - 980b C 21/23 WEG
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis auf Änderung des Versammlungsprotokolls ist nur gegeben, wenn die Protokollberichtigung das Ziel hat, die Auslegung von Beschlüssen zu beeinflussen.
2. Das Versammlungsprotokoll dient nicht dazu, Erklärungen Einzelner, die für einen Wohnungseigentümer in eigener Sache Beweisrelevanz und/oder -wert haben könnten, zu dokumentieren.
VolltextIBRRS 2024, 1280
BGH, Beschluss vom 07.03.2024 - V ZB 46/23
1. Weder der einzelne Stellplatz innerhalb einer Doppelstockgarage ("Duplexparker") noch der einzelne Stellplatz auf einem Parkpalettensystem ("Palettenparker") ist nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WEG a.F. sondereigentumsfähig.*)
2. Nach der Neuregelung für Stellplätze in § 3 Abs. 1 Satz 2 WEG kann auch an den einzelnen Stellplätzen in Doppelstockgaragen Sondereigentum begründet werden. Stellplätze auf Parkpaletten sind jedenfalls dann sondereigentumsfähig, wenn ein bestimmter Palettenstellplatz zum alleinigen Gebrauch fest zugewiesen wird.*)
VolltextIBRRS 2024, 1232
LG Augsburg, Beschluss vom 23.02.2023 - 42 S 641/23
1. Entscheidend für die Frage, ob eine Wohnungseigentumssache oder eine allgemeine Zivilsache vorliegt, ist die Klagebegründung; maßgebend ist hierbei allerdings nicht die jeweilige Anspruchsgrundlage, aus der die Ansprüche geltend gemacht werden, sondern ob das von Klägerseite in Anspruch genommene Recht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist.
2. Wird auf das wohnungseigentumsrechtliche Gemeinschaftsverhältnis und die damit einhergehenden Treuepflichten abgestellt, liegt demnach eine Wohnungseigentumssache vor.
VolltextIBRRS 2024, 0983
AG Dortmund, Urteil vom 31.05.2023 - 514 C 25/21
1. Ein Wohnungseigentümer als Streithelfer ist als streitgenössischer Streithelfer anzusehen.
2. Als Streitgenosse hat der streitgenössische Nebenintervenient gegenüber dem einfachen Streithelfer erweiterte Möglichkeiten, den Prozess zu beeinflussen. Insbesondere kann er selbstständig, auch bei Widerspruch der Partei, Angriffs- und Verteidigungsmittel aus deren Recht vorbringen und (sonstige) Prozesshandlungen vornehmen.
3. Im Fall der rechtsgeschäftlichen Veräußerung eines Wohnungseigentumsrechts ist der Erwerber aus eigenem Recht zur Anfechtung fehlerhafter Beschlüsse und zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ungültigkeit ab dem Zeitpunkt berechtigt, in dem er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
4. Ist zum Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung bereits eine noch vom Veräußerer erhobene Anfechtungsklage rechtshängig, bleibt dieser nach Maßgabe des § 265 Abs. 2 ZPO berechtigt, das Verfahren fortzuführen.
5. Wird trotz Vorliegens eines Nichtbeschlusses das Zustandekommen eines positiven oder negativen Eigentümerbeschlusses verkündet, ist hiergegen die Anfechtungsklage zu erheben.
6. Wird die Einladungsfrist zur Eigentümerversammlung nicht eingehalten, führt dies zur Ungültigerklärung der gefassten Beschlüsse, es sei denn, dass sie ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wären.
7. Die Ursächlichkeit eines formellen Mangels ist erst zu verneinen, wenn eine Einflussnahme des durch den Mangel betroffenen Wohnungseigentümers auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden kann.
8. Wenn es bereits im Vorfeld zu Auseinandersetzungen und einem Polizeieinsatz kommt, und sodann ein Teil der zuvor noch erschienenen Eigentümer den Ort der Versammlung verlässt, stellt sich die Durchführung einer Eigentümerversammlung durch eine Minderheit der Eigentümer als treuwidrig dar. Eine solche Versammlung ist schon aus formellen Gründen nicht beschlussfähig.
VolltextIBRRS 2024, 1241
LG Stuttgart, Beschluss vom 19.05.2023 - 19 S 31/21
1. Ein Verwalter kann aus wichtigem Grund abberufen werden.
2. Allerdings reicht das Vorliegen eines wichtigen Grunds für sich genommen nicht aus, einen Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers auf Abberufung zu begründen. Denn auch dann hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer noch ein Ermessen, ob sie einen wichtigen Grund als Anlass zur Kündigung nehmen will, oder ob sie den Verwalter beibehalten will.
3. Solange das Ermessen der Wohnungseigentümer nicht auf null reduziert ist, widerspricht die Ablehnung eines Beschlussantrags grundsätzlich nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.
4. Eine allgemeine Überwachungspflicht oder eine Weisungsbefugnis des Verwaltungsbeirats gegenüber dem Verwalter sieht das Gesetz nicht vor.
5. Ein Entlastungsbeschluss entspricht regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung, außer wenn Ansprüche gegen den Verwalter erkennbar in Betracht kommen.
VolltextIBRRS 2024, 1231
AG Siegen, Urteil vom 27.01.2023 - 17 C 8/22
Zur Ausübung des Einsichtsrechts in die Betriebskostenbelege kann der Wohnungseigentümer seinen Mieter ermächtigen.
VolltextIBRRS 2024, 0845
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 10.11.2023 - 980a C 19/23 WEG
1. Legt der Verwalter eigenmächtig gegen ein Urteil Berufung ein und informiert die Eigentümer auf einer Versammlung über das laufende Berufungsverfahren trotz ausdrücklicher Nachfragen einzelner Eigentümer nicht, so kann der Verwaltervertrag aus wichtigem Grund - ohne Abmahnung - gekündigt werden.
2. Zumindest in einem Fall der Interessenkollision ist die Verwaltung gehalten, eine Entscheidung der Eigentümerversammlung über den Fortgang des Rechtsstreits einzuholen, weil sie anderenfalls ein eigenes Fehlverhalten zu retten versucht.
3. Nach einer Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund kann der Verwalter auch keine Vergütung mehr für die nächsten sechs Monate verlangen.
VolltextIBRRS 2024, 0843
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 28.07.2023 - 980a C 7/23 WEG
1. Die Gemeinschaft kann einen Rechtsanwalt beauftragen, ausstehende Hausgeldforderungen einzufordern.
2. Der säumige Eigentümer hat diese Anwaltskosten zu tragen.
VolltextIBRRS 2024, 0824
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 13.10.2023 - 980b C 13/23 WEG
Unterscheidet die Teilungserklärung an mehreren Stellen zwischen Instandhaltung und Instandsetzung, dann werden von einer Vereinbarung, nach der die Sondereigentümer die Kosten der Instandhaltung der Fenster in ihrem Sondereigentum zu tragen haben, die Kosten für die Instandsetzung dieser Fenster nicht erfasst; hier verbleibt es vielmehr bei der Kostentragung durch die Gemeinschaft.
VolltextIBRRS 2024, 0822
LG Landau, Urteil vom 11.08.2023 - 5 S 39/22
1. Selbst wenn die einem Eigentümer erteilte "Vollmacht" zur Geltendmachung von Auskunftsansprüchen ab der Bestellung eines neuen Verwalters erlöschen sollte und ein Rechtsstreit vom neuen Verwalter übernommen werden müsste, kann der neue Verwalter rückwirkend (selbst in der Berufungsinstanz) die Prozessführung durch den Eigentümer genehmigen.
2. Die rückwirkende Genehmigung der Prozessführung als Ganzes durch den gesetzlichen Vertreter bedarf keiner Zustimmung des Gegners.
VolltextIBRRS 2024, 0821
LG Koblenz, Urteil vom 20.11.2023 - 2 S 29/22 WEG
1. Die Vergabe von Aufträgen an Bauunternehmen und Architekten, um Abbruch- und Abdichtungsarbeiten durchführen sowie Ausführungspläne erstellen zu lassen, ist keine Maßnahme von untergeordneter Bedeutung und führt zu erheblichen finanziellen Verpflichtungen der Gemeinschaft. Daher muss die Wohnungseigentümergemeinschaft durch Auswahl eines speziellen Angebots selbst entscheiden.
2. Ein Wohnungseigentümer hat grundsätzlich einen Anspruch auf Ersterrichtung des Gemeinschaftseigentums. Die Grenze bildet die Unzumutbarkeit i.S.v. § 242 BGB.
3. Da eine Beschlussersetzung das Selbstorganisationsrecht der Wohnungseigentümer beschneidet, darf sie stets nur soweit gehen wie dies zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist.
4. Dementsprechend ist bei einem bereits beim Abriss des Altgebäudes steckengebliebenen Bauvorhaben der zunächst anstehende Beschluss daher die Einholung eines Gutachtens zu den voraussichtlichen Kosten für die Errichtung des Gemeinschaftseigentums, damit die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Folge sachgerecht darüber entscheiden kann, ob es bei der Pflicht zur Errichtung der Wohnungseigentumsanlage (Gemeinschaftseigentum) verbleibt oder eine Ausnahme wegen Unzumutbarkeit gegeben ist.
Volltext