Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
6098 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IBRRS 2022, 3184AG Pirmasens, Urteil vom 30.03.2022 - 2 C 127/21 WEG
1. Im Fall des § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG ist jeder Wohnungseigentümer passiv einzelvertretungsberechtigt. Das gilt auch für Zustellungen im Prozess.
2. Wird mit der Einberufung einer Eigentümerversammlung gegen ein gesetzliches Verbot (hier: 18. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz) verstoßen, so sind auf der Versammlung gefasste Beschlüsse nichtig.
3. Die Entziehung von Wohnungseigentum ist nur unter engen Voraussetzungen als Ultima Ratio zulässig.
VolltextIBRRS 2023, 0092
AG Bottrop, Urteil vom 13.10.2022 - 20 C 22/22
1. Ein Eigentümer hat Antennenkabel, die über Putz durch seinen Keller verlaufen und der TV-Versorgung eines anderen Eigentümers dienen, zu dulden, da sie den Eigentümer nur marginal belasten und gleichzeitig Interessen dienen, die im WEG-Recht besonderen Schutz genießen. Die Duldungspflicht folgt aus dem Gemeinschaftsverhältnis gem. § 242 BGB in Verbindung mit den Rechtsgedanken aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG und Art. 5 GG.
2. Bauliche Maßnahmen, die eine Möglichkeit zum Empfang von Fernsehprogrammen schaffen, gehören zu den privilegierten Vorhaben des § 20 Abs. 2 WEG, auf die jeder Eigentümer einen Anspruch hat und die auf der anderen Seite Duldungspflichten begründen. § 20 Abs. 2 Nr. 4 WEG spricht zwar nur von einem "Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit hoher Kapazität". Hierunter fällt aber auch der Fernsehanschluss, weil auch durch das Fernsehen ein Informationsaustausch über eine räumliche Distanz vollzogen wird.
VolltextIBRRS 2023, 0895
LG Karlsruhe, Beschluss vom 17.03.2023 - 11 T 59/23
1. Der Streitwert einer Klage auf Zustimmung der Änderung der Teilungserklärung dahingehend, dass die Teileigentumseinheit des Klägers auch zu Wohnzwecken genutzt werden darf, bestimmt sich nach dem Angreiferinteresse und berechnet sich nach § 9 Satz 1 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Wert der jährlichen Mieteinnahmen bei einer Nutzung als Wohnung.
2. Der Streitwert ist im Hinblick auf das Additionsverbot nicht mit der Anzahl der Beklagten zu multiplizieren.
VolltextIBRRS 2023, 0819
LG München I, Beschluss vom 15.11.2022 - 36 S 5288/22 WEG
1. Voraussetzung für eine Interessenkollision ist, dass der Rechtsanwalt eine andere Partei in derselben Rechtssache schon einmal in entgegengesetztem Interesse beraten oder vertreten hat bzw. sie weiterhin berät oder vertritt.
2. Vertritt der Rechtsanwalt immer nur die Wohnungseigentümergemeinschaft, liegt keine Interessenkollision vor. Allein die Tatsache, dass in einer Eigentümergemeinschaft die Interessenlagen häufig - wenn nicht gar typisch - unterschiedlich gelagert sind, führt nicht zu einer Interessenkollision.
3. Die maßgeblichen Anknüpfungskriterien für die Frage des Eingreifens eines Stimmverbots sind formal zu bestimmen.
VolltextIBRRS 2023, 0545
LG München I, Beschluss vom 22.09.2022 - 36 S 613/22 WEG
1. Das Rechtsschutzbedürfnis geht - mit der Folge nachträglicher Unzulässigkeit der Anfechtungsklage - nur dann verloren, wenn sicher feststeht, dass Ansprüche des Klägers auf Folgenbeseitigung, Freistellung oder Schadensersatz und damit Auswirkungen auf Folgeprozesse infolge der möglichen Bindungswirkung einer Entscheidung über die Anfechtungsklage nicht bestehen.
2. Eine Anfechtungsklage gegen den in einer Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschluss, wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft einem klagenden Wohnungseigentümer die Fortführung eines Prozesses untersagt, ist in Ermangelung des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn der Beschluss dadurch vollzogen wurde, dass dem Gericht in jenem Prozess mitgeteilt wurde, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft dem klagenden Wohnungseigentümer die Fortführung des Prozesses untersagt hat, und die Parteien den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklären.
3. Da in jeder baulichen Veränderung eine Umgestaltung liegt, ist zu prüfen, ob diese so starke Auswirkungen hat, dass sie der Wohnanlage ein neues Gepräge gibt. Nur dann liegt auch eine "grundlegende" Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG vor.
4. Voraussetzung für die Annahme einer unbilligen Benachteiligung ist, dass einem Betroffenen Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den bei der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer nicht abverlangt werden dürfen. Zudem muss die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung führen, indem Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden als den Übrigen.
5. Eine 70 cm hohe Gabionenwand, verkleidet mit einer max. 1,80 m hohen Sichtschutzwand aus Holz, im Sondernutzungsbereich (nur) einer EG-Wohnung einer Wohnungseigentumsanlage ist keine grundlegende Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG. Eine solche mehrheitlich von der Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigte Maßnahme erfüllt zudem nicht die Anforderungen an eine unbillige Benachteiligung im Sinne dieser Bestimmung.
6. Auch das Einladungsschreiben kann - trotz seiner fehlenden Dokumentation - zur Auslegung eines Beschlusses ausnahmsweise herangezogen werden, wenn der Beschluss keine Dauerwirkung entfaltet.
7. Die Formulierung "Die Eigentümergemeinschaft ist nicht gewillt, der Wohnungseigentümerin ### die Klage- bzw. Prozessführungsbefugnis zu überlassen" verdeutlicht, dass hier (nur) die Klage- und Prozessführungsbefugnis gemeint sein soll, die der Wohnungseigentümergemeinschaft im Bezug auf das Gemeinschaftseigentum zusteht.
VolltextIBRRS 2023, 0820
AG Dortmund, Urteil vom 08.12.2022 - 514 C 61/22
1. Ein Einberufungsmangel führt nicht zur Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen, wenn bewiesen wird, dass er ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wäre.
2. Die Ursächlichkeit eines formellen Mangels ist allerdings erst dann zu verneinen, wenn eine Einflussnahme des deshalb ferngebliebenen Wohnungseigentümers auf den Diskussionsverlauf und das Abstimmungsverhalten in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen werden kann.
3. Ist eine Angelegenheit weder durch das WEG noch durch Vereinbarung der Beschlussfassung unterworfen, fehlt es der Wohnungseigentümerversammlung an der Beschlusskompetenz. Ein dennoch gefasster Beschluss ist nichtig.
4. Für einen Beschluss der allein die Genehmigung des vorgelegten Abrechnungswerks zum Gegenstand hat, fehlt die Beschlusskompetenz.
VolltextIBRRS 2023, 0828
LG Berlin, Urteil vom 31.01.2023 - 55 S 28/22 WEG
1. Beschlüsse über die Festsetzung von Vorschüssen sind mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes vom 16.10.2020 (BGBl. I 2187) allein am Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung zu messen. Dies gilt auch für Sonderumlageschlüsse.*)
2. Der Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage genügt auch dann noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Höhe der Beiträge für einzelne Wohnungseigentümer wegen des Ansatzes eines möglicherweise fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels (Fortführung von LG Berlin, Urteil vom 30.08.2022 - 55 S 7/22 WEG, IMRRS 2022, 1320). Dies gilt insbesondere, wenn die Zuordnung voraussichtlich entstehender der Kosten nicht ohne weiteres möglich und der anzuwendende Kostenverteilungsschlüssel aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen zwischen den beteiligten Wohnungseigentümern im Streit steht.*)
VolltextIBRRS 2023, 0786
LG Berlin, Urteil vom 25.08.2022 - 85 S 16/21 WEG
1. Integriert ein Eigentümer durch einen Umbau den Spitzboden, der nicht Teil seines Sondereigentums gewesen ist, in die Wohnung und vergrößert hierdurch das Volumen seines Sondereigentums, so dass sie nicht mehr der Abgeschlossenheitsbescheinigung und der Teilungserklärung entspricht, so stellen diese Umbaumaßnahmen eine bauliche Veränderung dar, die dazu führt, dass die Rechte der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden.
2. Führt der Einbau von Lichtkuppelfenstern und Dachflächenfenstern zu einer Erhöhung des künftigen Instandsetzungs- und Instandhaltungsbedarfs, stellt dies einen Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer dar, der nicht hinzunehmen ist.
3. Da bauliche Veränderungen, durch die die Rechte von anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, der Genehmigung der Wohnungseigentümer durch Beschluss bedürfen, ist eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung, wonach Veränderungen an und im Wohnungseigentum der schriftlichen Einwilligung des Verwalters bedürfen, soweit dadurch die im gemeinschaftlichen Eigentum oder die im Sondereigentum eines anderen Wohnungseigentümers stehenden Bestandteile der Wohnanlage berührt werden, dahin auszulegen, dass zusätzlich zu der Zustimmung der Wohnungseigentümer die Zustimmung des Verwalters notwendig ist.
VolltextIBRRS 2023, 0753
LG München I, Urteil vom 01.03.2023 - 1 S 7620/22 WEG
1. Ein Eigentümer, der sich Geruchsbelästigungen durch Grillen ausgesetzt fühlt, kann selbst gegen das Grillen vorgehen.
2. Kommt es durch das Grillen zu Rauch- und Geruchsbelästigungen, ist die Anzahl des Grillens auf maximal viermal im Monat zu beschränken, wobei auch nicht an zwei aufeinanderfolgenden Tagen am Wochenende oder an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen gegrillt werden darf.
3. Zwar ist die isolierte Drittwiderklage gegen einen bislang nicht am Prozess beteiligten Dritten grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme besteht nach dem Zweck der Widerklage, die Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen zu vermeiden und eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung über zusammengehörige Ansprüche zu ermöglichen, jedoch in den Fällen, in denen die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und keine schutzwürdigen Interessen des Drittwiderbeklagten verletzt werden.
VolltextIBRRS 2023, 0650
AG Schwerin, Urteil vom 07.10.2022 - 14 C 299/22
Beantragt ein Wohnungseigentümer weniger als 3 Wochen vor der angesetzten Eigentümer-Versammlung bei Gericht, der Eigentümergemeinschaft aufzugeben, in die Tagesordnung der Eigentümerversammlung bereits Monate vorher dem Verwalter mitgeteilte TOPs (u. a. Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrags) aufzunehmen, so fehlt es schon am Verfügungsanspruch, da die Ladungsfrist von 3 Wochen nicht mehr eingehalten werden kann.
VolltextIBRRS 2023, 0756
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 09.03.2023 - 2-13 S 89/21
1. Ein Beschluss über ein Verbot der Hundehaltung, der neben einer Ausnahme für in der Anlage vorhandene Tiere vorsieht, dass im Einzelfall die Gemeinschaft durch Beschluss die Hundehaltung gestatten kann, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung.*)
2. Es ist nicht erforderlich, dass in dem Beschluss über das Hundehaltungsverbot bereits die Kriterien angeführt werden, unter denen in Zukunft im Einzelfall die Hundehaltung genehmigt wird.*)
VolltextIBRRS 2023, 0652
AG Velbert, Urteil vom 19.01.2022 - 18a C 14/21
1. Der Veräußerer haftet bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Erwerber im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wird, für die Hausgeldzahlungen.
2. Erbringt der Erwerber die Hausgeldzahlung in der Kenntnis, hierzu nicht verpflichtet zu sein, kann er sie nicht mehr zurückfordern.
VolltextIBRRS 2023, 0505
AG Passau, Urteil vom 07.10.2022 - 23 C 612/22 WEG
1. Auch ein Eigentümer als Laie muss seine Anfechtungsklage gegen den Verband richten.
2. Für die Klagebegründung reicht eine sog. "Kerndarstellung" aus.
3. Die Klagebegründungsfrist ist wie die Anfechtungsfrist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist und keine prozessuale Frist.
4. Ein Rechtsirrtum gibt auch bei einer nicht juristisch geschulten Partei grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund ab.
VolltextIBRRS 2023, 0692
AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 17.06.2022 - 980b C 30/21
Anhaltspunkte dafür, dass die Frist des § 45 WEG n.F. nicht mehr als materiell-rechtliche Ausschlussfrist zu verstehen ist, sind nicht ersichtlich.
VolltextIBRRS 2023, 0696
VG Minden, Urteil vom 06.07.2022 - 9 K 829/20
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2023, 0640
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 28.09.2022 - 539 C 30/19
Die Abrechnung von Sonderumlagen zur Finanzierung von Instandsetzungsmaßnahmen darf nicht gesondert neben der in § 28 Abs. 3 WEG a.F. vorgesehenen Abrechnung nach Ablauf des Kalenderjahres erfolgen.
VolltextIBRRS 2023, 0693
AG Erfurt, Urteil vom 06.07.2022 - 5 C 807/21
Die Frage, ob ein Deliktsgrund durch Anerkenntnisurteil bindend festgestellt werden kann, wird uneinheitlich beurteilt. Vom Ausgangspunkt her besteht Einigkeit, dass eine solche Bindungswirkung nicht gegeben ist und eine nochmalige Klage erforderlich ist, soweit über die deliktische Forderung lediglich ein Vollstreckungsbescheid ergangen ist (vgl. hierzu insbes. BGH NJW 2006, S. 2922).
VolltextIBRRS 2023, 0439
AG Buxtehude, Urteil vom 13.10.2022 - 31 C 389/21
1. Die Vertragsparteien können zwar neben einer Grundvergütung eine Vergütung für besondere Leistungen vereinbaren. Eine solche Aufspaltung erfordert allerdings eine klare Abgrenzung derjenigen gesetzlich geschuldeten oder im Einzelfall vereinbarten Aufgaben, die von der Grundvergütung erfasst sein sollen, von denen, die gesondert zu vergüten sein sollen. Es muss also eindeutig bestimmt sein, welche vertraglich versprochenen Leistungen bereits mit dem pauschalen (Grund-) Vergütungsanteil abgegolten sein sollen.
2. Die Klausel in einem Verwaltervertrag, dass in den Honorarsätzen sämtliche Kosten für die kaufmännische und technische Verwaltung der Wohneigentumsanlage enthalten seien, lässt sich nur als Pauschalierung des Honorars verstehen.
3. Die weitere Formulierung, dass weitere Kosten nur für Sonderleistungen bei Bearbeitung von Angelegenheiten, die jedem Wohnungseigentümer obliegen, entstehen würden, ist unwirksam, da sie die Art der anfallenden Sondervergütungen nicht hinreichend erkennen lässt. Zudem lässt die Formulierung auch die Höhe der anfallenden Sondervergütungen nicht erkennen.
4. Es erscheint sachgerecht, dem Verwalter das Risiko einer Rückforderung jeweils in den Jahren zuzuweisen, in dem keine Entlastung erteilt wurde.
VolltextIBRRS 2023, 0698
KG, Beschluss vom 07.02.2023 - 1 W 213/22
Für die sog. gestreckte Begründung eines Sondernutzungsrechts genügt es, dass die Zuordnungs-/Bewilligungserklärung des in der Teilungserklärung ermächtigten Eigentümers durch Zugang beim Grundbuchamt wirksam geworden ist, als er noch Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war (Anschluss an OLG Hamm, DNotZ 2018, 225). Auf den Zeitablauf und die Möglichkeit des Begünstigten, das Sondernutzungsrecht mit nur schuldrechtlicher Wirkung auf einen nach dem Grundbuchinhalt Ausgeschlossenen zu übertragen, kommt es für § 19 GBO nicht an (entgegen OLG München, Beschluss vom 22. Dez. 2017 - 34 Wx 139/17 - IBRRS 2018, 0159).*)
VolltextIBRRS 2023, 0651
AG Dortmund, Urteil vom 27.09.2022 - 514 C 52/21
1. Wenn der Gemeinschaftsordnung (GO) nicht zu entnehmen ist, dass dort Abweichungen zur damaligen Gesetzeslage begründet wurden, deren Fortgeltung auch bei einer Gesetzesänderung gewollt ist, gelten die §§ 20, 21 WEG für bauliche Veränderungen.
2. Es bedarf keiner Zustimmung des Verwalters nach der GO, wenn die Eigentümerversammlung die Angelegenheit an sich zieht und Beschluss fasst.
VolltextIBRRS 2023, 0388
AG Arnstadt, Beschluss vom 05.12.2022 - 11 C 125/22
1. Beschlüsse, die auf einer Versammlung gefasst werden, die unter Verletzung der Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung über die Einladungsfrist und den Inhalt der Einladung einberufen wurde, sind unwirksam.
2. Dies gilt auch für Beschlüsse, deren Inhalt so unbestimmt ist, dass eine ausführbare Regelung nicht erkennbar ist.
VolltextIBRRS 2023, 0649
AG Brühl, Urteil vom 20.10.2022 - 29 C 5/22
1. Vollmachtsformulare des Verwalters müssen nur die Stimmrechtsweisung mit Ja, Nein oder Enthaltung vorsehen. Auf einen Beschlussantrag kann nicht anders reagiert werden.
2. Nach einer eigenmächtigen erheblichen Vergrößerung der Terrassenfläche durch den Wohnungseigentümer entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, den Störer zum Rückbau aufzufordern und den Verwalter zu ermächtigen, im Namen der Gemeinschaft im Weigerungsfall einen Anwalt mit der außergerichtlichen und später gerichtlichen Durchsetzung zu mandatieren. Über das Bestehen des Rückbauanspruchs wird erst im späteren Gerichtsverfahren entschieden, nicht im Anfechtungsprozess gegen den Ermächtigungsbeschluss.
3. Eine angemessene bauliche Veränderung liegt auch bei einem gehbehinderten Eigentümer nicht vor, wenn die Terrasse auf ganzer Breite erheblich vergrößert wird und nicht nur im Bereich des Fluchtwegs Richtung Gartenpforte.
IBRRS 2023, 0641
AG Hannover, Urteil vom 20.09.2022 - 482 C 5657/21
1. Nach dem neuen § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG besteht die umfassende Beschlusskompetenz, den gesetzlichen oder einen vereinbarten Umlageschlüssel zwar nicht generell, aber für die meisten Kosten und Kostenarten zu ändern. Im Gegensatz zu § 16 Abs. 3 und 4 WEG a.F. betrifft die neue gesetzliche Öffnungsklausel des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG n.F. auch Erhaltungskosten, allein mit Ausnahme der Kosten baulicher Veränderungen nach § 20 WEG. Die Gemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss (nur) den (Teil-)Eigentümern der Doppelparker unter Befreiung der übrigen (Wohnungs-)Eigentümer die gesamten Erhaltungskosten aufbürden.*)
2. Ein Beschluss lautend "Die Arbeiten werden erst ausgeführt, wenn die zwei Vergleichsangebote mit dem Beirat abgestimmt wurden. Das wirtschaftlichste Angebot soll beauftragt werden" ist zu unbestimmt.*)
VolltextIBRRS 2023, 0622
VG Berlin, Beschluss vom 28.01.2022 - VG 19 L 2/22
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2023, 0387
LG München I, Beschluss vom 11.05.2022 - 16 T 1095/22
Ein offensichtlicher Fehler des Rechtspflegers liegt nicht vor, wenn er im Versteigerungsverfahren auf die Grundbucheintragung hinweist, aber nicht darauf, dass ein im Versteigerungsgutachten erwähntes Nutzungsrecht an einem Stellplatz von der WEG bestritten wird.
VolltextIBRRS 2023, 0642
LG Berlin, Urteil vom 07.02.2023 - 55 S 56/22 WEG
1. Bei Vereinbarung eines Objektstimmrechts führt die Unterteilung einer Wohnungseigentumseinheit grundsätzlich nicht zu einer Vermehrung der Stimmrechte.*)
2. Ist ein zum Ausbau berechtigter Wohnungseigentümer nach der Teilungserklärung aber berechtigt, die Einheiten im Dachgeschoss zu Wohnzwecken auszubauen, und ist er gleichzeitig zur "Begründung von neuem Wohnungseigentum" bzw. dazu ermächtigt, "beliebig viele Wohnungseigentumsrechte zu begründen", so ist die entsprechende Regelung dahingehend auszulegen, dass den neu geschaffenen, zusätzlichen Einheiten im Falle der Vereinbarung eines Objektstimmrechts jeweils ein volles Stimmrecht zukommen soll (Abgrenzung BGH, Beschluss vom 07.10.2004 - V ZB 22/04, IMRRS 2004, 2100 = BGHZ 160, 354).*)
VolltextIBRRS 2023, 0502
AG Potsdam, Urteil vom 20.10.2022 - 31 C 43/22
1. Im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von § 16 Abs. 2 WEG müssen Wohnungseigentümer bei einer Beschlussfassung über einen veränderten Kostenverteilungsschlüssel zu Sanierungskosten insbesondere berücksichtigen, welche Kosten bis zur Beschlussfassung, mindestens aber bis zur Gesetzesänderung, für welchen Wohnungseigentümer angefallen wären.
2. Sofern eine beabsichtigte Neuregelung der Kostenverteilung massiv hiervon abweicht, ist zu prüfen, ob es sachliche Gründe für diese Regelung gibt, dennoch den Kostenschlüssel, wie beabsichtigt, zu ändern.
VolltextIBRRS 2023, 0596
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 26.08.2022 - 980b C 19/22 WEG
1. Zwar kann jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Durchführung bzw. Vollzug eines Beschlusses zustehen, dieser ist aber seit dem 01.12.2020 gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband und Träger der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (s. § 18 WEG) zu richten, nicht (mehr) gegen deren Verwalter.*)
2. Die - recht strengen - Anforderungen an eine Leistungsverfügung sind nicht erfüllt, wenn der Antragsteller ein eigenes Interesse an der Umsetzung des in Rede stehenden Beschlusses hat, welches sich nur daraus ergibt, dass seine Mieterin durch die Anschaffung von Elektrofahrzeugen und der fehlenden Lademöglichkeit vor Ort wirtschaftliche Nachteile zu fürchten habe. Diese bloß mittelbare Betroffenheit des Antragstellers reicht nicht aus.*)
VolltextIBRRS 2023, 0595
AG Bonn, Urteil vom 09.09.2022 - 210 C 52/21
Wenn die gefassten Beschlüsse nach Auffassung eines Eigentümers unzureichend umgesetzt worden sind, so begründet dies ein Verschulden des Verwalters, nicht des Verbandes oder der Miteigentümer.
VolltextIBRRS 2023, 0600
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.12.2021 - 2-13 S 135/20
Eine Solaranlage auf dem Garagendach („Balkonkraftwerk“) stellt jedenfalls dann keine optische Beeinträchtigung dar, wenn bereits die zur Garage zeigende Dachseite des Hauses mit Solarplatten bestückt ist.*)
VolltextIBRRS 2023, 0598
AG Köln, Urteil vom 30.08.2021 - 202 C 38/21
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 0602
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.02.2023 - 2-13 S 39/22
1. Der Klageantrag auf Einsichtgewährung in die Verwaltungsunterlagen (§ 18 Abs. 4 WEG) muss die begehrten Unterlagen hinreichend vollstreckungsfähig bezeichnen, da die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher gem. § 883 ZPO erfolgt.*)
2. Besteht Streit über die Existenz von Unterlagen, kommt der Wohnungseigentümergemeinschaft eine sekundäre Darlegungslast zu, wenn der Kläger hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorhandensein der Unterlagen vorträgt.*)
VolltextIBRRS 2023, 0601
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.02.2023 - 2-13 S 79/22
1. Ein Beschluss über die "Genehmigung der Jahresabrechnung" ist dann insgesamt nichtig, wenn sich aus der Abrechnung die angepassten Vorschüsse und Nachschüsse i.S.v. § 28 Abs. 2 WEG nicht ergeben. Eine Beschlusskompetenz, über das Rechenwerk zu beschließen, sieht § 28 Abs. 2 WEG nicht vor, dies ist im Regelfall aber Teil des Genehmigungsbeschlusses.*)
2. Beschlüsse, die nach § 24 Abs. 3 Satz 2 WEG für einzelne Gegenstände das Umlaufverfahren mit Mehrheit vorsehen (sog. Absenkungsbeschlüsse), sind nicht isoliert anfechtbar.*)
3. Eine Beschlusskompetenz, in einer verwalterlosen Gemeinschaft einen Wohnungseigentümer zur Beschlussumsetzung gegenüber Dritten zu ermächtigen, besteht seit der WEG-Reform 2020 nicht mehr.*)
IBRRS 2023, 0567
BGH, Urteil vom 13.01.2023 - V ZR 43/22
1. Auch nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 01.12.2020 haben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage denselben Streitgegenstand; einzelne Beschlussmängel sind nur Teile des einheitlichen Streitgegenstands.*)
2. Eine auf einzelne Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe beschränkte Rechtsmittelzulassung kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich die geltend gemachten Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe in tatsächlicher Hinsicht nicht voneinander trennen lassen.*)
3. Werden in einer nach dem 30.11.2020 bei Gericht eingegangenen Beschlussmängelklage entgegen § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG die übrigen Wohnungseigentümer als Beklagte bezeichnet, kann die Klage nur dann als gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtet zu verstehen sein, wenn sich ein entsprechender Wille zweifelsfrei aus dem übrigen Inhalt der Klageschrift ergibt. Für eine solche Annahme genügt nicht bereits die Nennung des Verwalters im Anschluss an die Parteibezeichnung.*)
4. Eine Beschlussanfechtungsklage, die nach dem 30.11.2020 eingeht und gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet ist, wahrt die Klagefrist gem. § 45 Satz 1 WEG nicht; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 45 Satz 2 WEG i.V.m. §§ 233 ff. ZPO kommt bei einer anwaltlich vertretenen Partei nicht in Betracht (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 06.11.2009 - V ZR 73/09, IMRRS 2009, 2188 = NJW 2010, 446).*)
IBRRS 2023, 0599
AG Mainz, Urteil vom 05.10.2021 - 74 C 10/21
Eine Rubrumsberichtigung ist nicht möglich, wenn eine durch einen Anwalt gefertigte Klageschrift ausdrücklich davon spricht, dass die Klage gegen die sich aus einer anliegenden Liste ergebenden weiteren Wohnungseigentümer gerichtet ist, der Klage eine Eigentümerliste beigefügt ist, davon gesprochen wird, dass die Parteien die GdWE bilden und der Klageantrag auf Zustimmung zum klägerischen Beschlussantrag gerichtet ist. All dies verdeutlicht ganz klar, dass nicht der Verband verklagt werden sollte.
VolltextIBRRS 2023, 0544
LG Karlsruhe, Beschluss vom 06.12.2022 - 11 T 168/22
1. Es kommt nicht alleine darauf an, ob eine Vertretungsanzeige für die „Wohnungseigentümergemeinschaft“ zur Akte gegeben wurde oder nicht. Bei Fällen der unklaren Parteibezeichnung sind alle Prozessvorgänge einschließlich widersprüchlicher Hinweise und Rubrumsgestaltung seitens des Gerichts zu würdigen.*)
2. Der Rechtspfleger ist bei der Kostenfestsetzung an die Kostengrundentscheidung des Richters (hier: Kostengrundentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaft statt zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer) gebunden.*)
VolltextIBRRS 2023, 0506
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 06.02.2023 - 2-13 T 7/23
Ein Rechtschutzbedürfnis für eine Verwalterbestellung im Wege einer Beschlussersetzungsklage besteht in einer Zwei-Personen-Gemeinschaft nicht, wenn der Kläger über die Stimmenmehrheit in der Versammlung verfügt.*)
VolltextIBRRS 2023, 0485
AG Konstanz, Urteil vom 09.02.2023 - 4 C 425/22 WEG
Ein Wohnungseigentümer hat keinen Anspruch auf Zustimmung zur Montage eines Balkonkraftwerks. Die Montage einer Photovoltaikanlage auf dem Balkon stellt eine nicht privilegierte bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bedarf.
VolltextIBRRS 2023, 0470
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 06.02.2023 - 2-13 T 1/23
Ein Beschluss über Vorschüsse (§ 28 Abs. 1 WEG), die auf einem Wirtschaftsplan beruhen, der von fehlerhaften Verteilerschlüsseln ausgeht, entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Hinsichtlich der Verteilerschlüssel besteht weder ein Ermessen der Wohnungseigentümer, noch kann in einem Beschluss über die Vorschüsse eine Änderung des Verteilerschlüssels nach § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG liegen.*)
VolltextIBRRS 2023, 0469
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.02.2023 - 2-13 S 60/22
Beschlüsse, die während der Corona-Pandemie auf einer sog. "Ein-Personen-Versammlung" gefasst worden sind, auf der die Eigentümer nur die Möglichkeit hatten, sich vom Verwalter vertreten zu lassen, sind nicht nichtig. Sie können aber anfechtbar sein, ohne dass es auf eine Kausalität des Ladungsmangels ankommt.*)
VolltextIBRRS 2023, 0322
AG Langen, Urteil vom 13.01.2023 - 56 C 182/22
1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat bei der Festlegung der künftig zu zahlenden Vorschüsse einen gewissen Spielraum. Auch die Gaskrise kann daher grundsätzlich als Begründung einer begrenzten Anhebung der Vorschüsse herangezogen werden.
2. Eine 100%-ige Anhebung der Vorschüsse für die Heizkosten ohne ausreichend fundierte Erkenntnisse dahingehend, dass tatsächlich mit einer derartigen Ansteigung zu rechnen ist, ist sachlich aber ungerechtfertigt.
3. Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über den Wirtschaftsplan ist bezüglich der Position "Gaskosten" ungültig, wenn wegen der Gaskrise die Vorschüsse pauschal verdoppelt werden sollen.
VolltextIBRRS 2023, 0464
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 02.02.2023 - 2-13 S 80/22
Die Teilnahme an einer Eigentümerversammlung auf der Terrasse einer Miteigentümerin, mit welcher der andere Eigentümer seit Jahren im Streit liegt, ist auch dann unzumutbar, wenn die Terrasse im Gemeinschaftseigentum liegt, aber faktisch alleine von der Miteigentümerin genutzt wird.*)
VolltextIBRRS 2023, 0330
LG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2022 - 19 S 19/22
§ 20 Abs. 1 WEG ermöglicht es auch dann einem Eigentümer einer Erweiterung seiner Terrasse zu gestatten, wenn er dadurch faktisch ein Sondernutzungsrecht an einer Gemeinschaftsfläche erhält.
VolltextIBRRS 2023, 0325
AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 24.11.2021 - 539 C 6/20
Der Begriff "gewerbliche Einheit" stellt auf einen umfassenden Zweck ab und ist dementsprechend in dem Sinne zu verstehen, dass grds. jede gesetzlich zulässige gewerbliche Nutzung einer Teileigentumseinheit gestattet ist, eine Nutzung als Restaurant eingeschlossen.
VolltextIBRRS 2023, 0271
AG Frankenthal, Urteil vom 13.07.2022 - 3a C 82/22
1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann in Ausübung des auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Anspruchs verlangen, dass der ursprüngliche Zustand des Gemeinschaftseigentums wiederhergestellt wird.
2. Die Ansprüche gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 2, 9a Abs. 1 und 2 WEG und der Beseitigungsanspruch aus dem Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft, § 903 BGB, bestehen parallel.
VolltextIBRRS 2023, 0052
LG Berlin, Urteil vom 20.09.2022 - 55 S 60/22 WEG
1. Die Verteilung der Kosten im Wirtschaftsplan hat grundsätzlich nach dem jeweils maßgeblichen Kostenverteilungsschlüssel zu erfolgen.
2. Die Anwendung eines unzutreffenden Verteilungsschlüssels führt dann nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, wenn die Höhe der Beitragspflicht nur geringfügig von dem nach dem richtigen Verteilungsschlüssel zu leistenden Beitrag abweicht.
3. Sieht der Verteilerschlüssel vor, dass die Heizkosten zu 50% nach Verbrauch und zu 50% nach beheizter Fläche umzulegen sind, so widerspricht ein Wirtschaftsplan, der diese Kosten nach Wohnfläche umlegt, demgemäß ordnungsmäßiger Verwaltung und ist aufzuheben, wenn der falsche Verteilerschlüssel zu doppelt so hohen Kosten führt.
VolltextIBRRS 2023, 0006
LG Saarbrücken, Urteil vom 02.12.2022 - 5 S 3/22
1. Soweit die Wohnungseigentümer gesetzes- oder vereinbarungsändernde Beschlüsse fassen, d. h. abstrakte Regelungen treffen, bei denen weder das Gesetz noch eine Vereinbarung die Regelung im Beschlussweg erlauben und die inhaltlich von Gesetz oder Vereinbarung abweichen, ist eine absolute Beschlussunzuständigkeit gegeben mit der Folge, dass die gefassten Beschlüsse nichtig sind.
2. Ist ein Beschluss darauf gerichtet, auf einen rechtskräftig titulierten Anspruch eines Eigentümers einzuwirken (hier: die Beseitigung der Vollstreckbarkeit eines rechtskräftig titulierten Anspruchs), so ist dieser Beschluss nichtig.
3. Ergeht also ein rechtskräftiges Urteil, dass ein Wanddurchbruch rückgebaut werden muss, so kann die Gemeinschaft diesen Durchbruch nicht nachträglich genehmigen.
VolltextIBRRS 2023, 0385
AG Köln, Urteil vom 17.01.2023 - 215 C 58/22
Eine nachträgliche Erhöhung der Verwaltervergütung im laufenden Vertragsverhältnis entspricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn besondere Gründe vorliegen.
VolltextIBRRS 2023, 0386
AG Eutin, Urteil vom 17.01.2023 - 29 C 43/21
1. Die Einladung zu einer Wohnungseigentümerversammlung und deren Durchführung in einer Gaststätte als Versammlungsort unter Geltung der dort landesrechtlich vorgeschriebenen sog. 3-G-Regelung verletzt nicht die zum Kernbereich des Wohnungseigentums gehörenden Mitglieder- und Teilnahmerechte von Wohnungseigentümern.
2. Auf einer solchen Versammlung gefasste Beschlüsse sind nicht nichtig.
VolltextIBRRS 2023, 0318
LG München I, Urteil vom 08.12.2022 - 36 S 3944/22 WEG
1. Das Gericht gibt einer zulässigen Beschlussersetzungsklage statt, wenn der vom Kläger begehrte Beschluss im Sinne des Gesetzes "notwendig" ist. Ein Beschluss ist notwendig, wenn der Kläger im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf den Beschluss hat.
2. Für Maßnahmen der Barrierereduzierung, der Elektromobilität, des Einbruchsschutzes und des Glasfaserausbaus braucht es nicht den Willen der Mehrheit. Jeder Eigentümer kann sie auf seine Kosten verlangen. Derartige Maßnahmen liegen nach Ansicht des Gesetzgebers nicht nur im besonderen Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers, sondern im gesamtgesellschaftlichen Interesse.
3. Barrierereduzierung i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG ist weit zu verstehen und erstreckt sich auf alle Maßnahmen, die für eine Nutzung durch körperlich oder geistig eingeschränkte Personen auch nur förderlich sind. Auf die individuelle Betroffenheit des Wohnungseigentümers, seiner Angehörigen oder Mieter kommt es nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an. Barrierereduzierende Maßnahmen können anlasslos verlangt werden. Damit sollen einerseits Streitigkeiten über die Notwendigkeit im Einzelfall vermieden und andererseits dem gesamtgesellschaftlichen Bedürfnis nach barriereduziertem Wohnraum Rechnung getragen werden.
4. Hinter dem Verbot der grundlegenden Umgestaltung i.S.v. § 20 Abs. 4 WEG liegt der Gedanke, dass der Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums wegen der Beschlusskompetenz des § 20 Abs. 1 WEG zwar nicht mehrheitsfest ist, es aber einen Kernbereich gibt, den jeder Wohnungseigentümer auch gegen den Willen der Mehrheit verteidigen kann. Unter den Begriff der grundlegenden Umgestaltung kann der Anbau eines Außenaufzugs etwa dann subsumiert werden, wenn dadurch die Fassade eines Stuckaltbaus zerstört oder erheblich umgestaltet wird.
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