Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15937 Entscheidungen insgesamt
Online seit Februar
IBRRS 2024, 0711OLG Brandenburg, Urteil vom 27.09.2023 - 4 U 76/23
1. Gegenstand einer Feststellungsklage kann - abgesehen von der Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde - nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses sein.
2. Der Annahmeverzug ist - wie auch der Schuldnerverzug - lediglich eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also lediglich eine Vorfrage für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Er ist selbst kein Rechtsverhältnis, das festgestellt werden kann.
VolltextIBRRS 2024, 0706
BGH, Beschluss vom 17.01.2024 - XII ZB 88/23
1. Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden Unmöglichkeit der Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument bedarf einer aus sich heraus verständlichen, geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe oder Umstände. Hieran fehlt es, wenn die glaubhaft gemachten Tatsachen jedenfalls auch den Schluss zulassen, dass die Unmöglichkeit nicht auf technischen, sondern auf in der Person des Beteiligten liegenden Gründen beruht (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 01.03.2023 - XII ZB 228/22, IBRRS 2023, 0997 = FamRZ 2023, 879, und vom 21.09.2022 - XII ZB 264/22, IMR 2023, 83 = FamRZ 2022, 1957).*)
2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei unzureichender Glaubhaftmachung einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit gem. § 130d Satz 2 und 3 ZPO.*)
IBRRS 2024, 0694
OLG Dresden, Beschluss vom 02.01.2024 - 4 W 94/22
Für die Entscheidung über einen Kostenwiderspruch gegen eine vom Beschwerdegericht erlassene einstweilige Verfügung ist nicht das Ausgangs-, sondern das Beschwerdegericht zuständig (Anschluss an KG, Urteil vom 08.07.2004 - 12 W 21/04, IBRRS 2004, 3117 = IMRRS 2004, 1918).*)
VolltextIBRRS 2024, 0704
OLG Köln, Beschluss vom 21.02.2024 - 17 W 13/24
1. In einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit kann einer Partei zum Zwecke der Unterstützung beitreten, wer ein rechtliches Interesse daran hat, dass diese Partei obsiegt. Das gilt auch im selbständigen Beweisverfahren.
2. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist weit auszulegen. Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht.
3. Verkündet ein Bauträger (= Antragsgegner) in einem selbständigen Beweisverfahren wegen (planungsbedingter) Baumängel dem planenden Architekten den Streit, hat der Architekt kein berechtigtes Interesse für einen Streitbeitritt auf Erwerberseite (= Antragsteller).
VolltextIBRRS 2024, 0692
LG Traunstein, Beschluss vom 09.02.2024 - 9 OH 609/22
1. Der beauftragte Richter muss nicht in jedem Fall für die Änderung eines Beweisbeschlusses die Beweisaufnahme abbrechen und einen Kammerbeschluss herbeiführen. Er kann kleinere Anpassungen selbst vornehmen.
2. Die grundlegende Entscheidung, ob ein Mitarbeiter des Sachverständigen entgegen des Willens einer Partei zum weiteren Sachverständigen ernannt wird, ist geeignet, bei dieser den Eindruck zu erwecken, dass der beauftragte Richter dem Verfahren nicht völlig unvoreingenommen gegenübersteht.
3. Die Frage, was als "Bau-Soll" vertraglich geschuldet ist, ist eine Rechtsfrage. Sie kann nicht Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens sein.
VolltextIBRRS 2024, 0685
BGH, Beschluss vom 25.01.2024 - I ZB 51/23
1. Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, ist die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig.
2. Gibt der Rechtsanwalt in einem per Telefax übermittelten Schriftsatz an, das beA sei gestört gewesen, lag aber tatsächliche eine Störung des EGVP im Justizbereich, ist dies unschädlich.
VolltextIBRRS 2024, 0677
OLG Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2024 - 9 WF 18/24
1. Die Richterablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit kann grundsätzlich nicht auf die Verfahrensweise eines Richters gestützt werden.
2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann geboten, wenn die Gestaltung des Verfahrens oder die Entscheidungen des Richters sich so weit von den anerkannten rechtlichen – insbesondere verfassungsrechtlichen – Grundsätzen entfernen, dass sie aus der Sicht der Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch den Eindruck einer willkürlichen oder doch jedenfalls sachfremden Einstellung des Richters erwecken.
3. Die unterlassene Zuleitung von Schriftsätzen bzw. Stellungnahmen vor Erlass einer Entscheidung mag zwar einen Verfahrensverstoß darstellen, begründet aber für sich betrachtet objektiv nicht die Besorgnis der Befangenheit.
VolltextIBRRS 2024, 0662
BAG, Beschluss vom 15.12.2023 - 9 AZB 13/23
1. Maßstab für die Notwendigkeit von Kosten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i. S. des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte. Die Notwendigkeit bestimmt sich daher aus der "verobjektivierten" ex-ante-Sicht der jeweiligen Prozesspartei und nicht nach einem rein objektiven Maßstab.
2. Ist der Berufungskläger einem Hinweis des Berufungsgerichts, wegen Nichtwahrung der Frist zur Berufungsbegründung sei beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, schriftsätzlich entgegengetreten, sind die durch einen Antrag auf Berufungszurückweisung entstandenen Kosten auch dann erstattungsfähig i.S.v. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO, wenn der Berufungskläger seine Berufung später zurücknimmt.
VolltextIBRRS 2024, 0658
BAG, Beschluss vom 25.01.2024 - 10 AZN 677/23
1. Die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens haben Anspruch auf den gesetzlichen Richter, der sich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, den Prozessordnungen sowie den Geschäftsverteilungs- und Besetzungsregelungen des Gerichts ergibt.
2. Geschäftsverteilungspläne der Gerichte müssen im Voraus abstrakt-generell die Zuständigkeit der Spruchkörper regeln. Es gehört zum Begriff des gesetzlichen Richters, dass die einzelne Sache „blindlings“ aufgrund allgemeiner, vorab festgelter Merkmale an den entscheidenden Richter gelangt.
3. Nicht schon jede bloß fehlerhafte Anwendung einfachgesetzlicher Zuständigkeitsvorschriften führt jedoch zu einer verfassungswidrigen Entziehung des gesetzlichen Richters. Durch einen schlichten Verfahrensverstoß wird niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen.
4. Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit ist erst überschritten, wenn die Entscheidung eines Gerichts von willkürlichen Erwägungen bestimmt ist oder bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist.
5. Wird mit einer Nichtzulassungsbeschwerde das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds geltend gemacht, muss die Beschwerdebegründung die Darlegung eines solchen absoluten Revisionsgrunds enthalten. Die bloße Benennung des Zulassungsgrunds genügt nicht. Es sind vielmehr die Tatsachen substantiiert vorzutragen, aus denen sich der Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ergeben soll.
VolltextIBRRS 2024, 0654
BGH, Beschluss vom 02.01.2024 - II ZR 86/22
Haben die Parteien und ihre Streithelfer selbständig Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, handelt es sich gleichwohl um ein einheitliches Rechtsmittel, das der Streithelfer nicht fortführen kann, wenn es von der Partei zurückgenommen worden ist, weil sie sich mit dem Gegner - ohne Beteiligung des Streithelfers - außergerichtlich verglichen hat.
VolltextIBRRS 2024, 0628
OLG Rostock, Beschluss vom 13.02.2024 - 8 U 449/22
Zur Klage eines Kaufmanns "unter seiner Firma" i. S. des § 17 Abs. 2 HGB (Abgrenzung zum Recht der Stellvertretung).*)
VolltextIBRRS 2024, 0449
LG Dortmund, Urteil vom 13.01.2023 - 17 S 89/22
1. Die Anwesenheit eines Dritten kann im Einzelfall zulässig sein, wenn das Interesse des Eigentümers an der Begleitung durch einen Dritten etwa aufgrund hohen Lebensalters oder Krankheit die Interessen der übrigen Eigentümer an der Beschränkung des Teilnehmerkreises auf die Eigentümer überwiegt.
2. Die Kausalität des Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Versammlung an dem getroffenen Beschluss wird widerlegbar vermutet.
3. Ein Anspruch auf Abberufung des Verwalters besteht dann, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht mehr vertretbar erscheint. Das ist der Fall, wenn in der Gesamtschau allein die Abberufung dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, was unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und aller gegen den Verwalter erhobenen Vorwürfe zu prüfen ist.
4. Ein Anspruch auf Abberufung ist zu bejahen, wenn der Verwalter einen Eigentümer bewusst benachteiligt.
5. Ein Entzug des Teilnahmerechts kann zwar dann rechtmäßig sein, wenn ein Wohnungseigentümer - oder dessen Vertreter - nachhaltig und trotz Androhung des Ausschlusses die Versammlung weiterhin in erheblicher Weise stört. Indes ist der Ausschluss auf die aktuelle Versammlung zu beschränken und kann nicht auf zukünftige Versammlungen erstreckt werden, schon gar nicht dann, wenn das störende Verhalten bislang nur in einer Versammlung aufgetreten ist.
6. Sind nach der Teilungserklärung Art und Nutzung des Sondereigentums nicht von der Gestattung der jeweiligen anderen Miteigentümer abhängig, so kann ein Eigentümer sein Teileigentum unabhängig von der Mitwirkung der übrigen Eigentümer in Wohnungseigentum umwandeln.
7. Das Merkmal "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO ist in der Regel erfüllt, wenn der Partei eine Zustellungsverzögerung von mehr als 14 Tagen zuzurechnen ist. Bei der Berechnung ist darauf abzustellen, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage hinnehmbare Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat.
8. Der Kläger hat die Pflicht, sich bei ausbleibender Vorschussanforderung innerhalb angemessener Frist beim Gericht zu erkundigen und auf eine Beschleunigung der Zustellung hinzuwirken. Eine Nachfrage muss bereits drei Wochen nach Ablauf der Klagefrist erfolgen.
VolltextIBRRS 2024, 0406
OLG München, Urteil vom 24.05.2022 - 9 U 5858/21 Bau
1. Die Frage des Bestehens eines Leistungsverweigerungsrechts der Verjährung oder auch des Einwands der Verwirkung stellt grundsätzlich ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar.
2. Für eine Zwischenfeststellungsklage ist kein Raum, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden.
3. Im Rahmen einer auf die Feststellung gerichteten Klage, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die von der Beklagten außergerichtlich geltend gemachten Mängelansprüche zu erfüllen, wird erschöpfend und der Rechtskraft fähig auch über die zugleich zum Gegenstand der Zwischenfeststellungsklage gemachte Frage der Verjährung oder Verwirkung jedweder Ansprüche der Beklagten wegen der streitgegenständlichen Mängel entschieden.
VolltextIBRRS 2024, 0606
BFH, Beschluss vom 10.01.2024 - IX B 9/23
Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Finanzgericht sein Urteil auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Auffassungen nach dem bisherigen Verlauf der Verhandlung nicht rechnen musste.*)
VolltextIBRRS 2024, 0574
BGH, Beschluss vom 09.01.2024 - VIII ZB 8/23
1. Die Kosten eines Unterbevollmächtigten stellen dann notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dar, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten in vergleichbarer Höhe erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären.
2. Reisekosten eines Rechtsanwalts der obsiegenden Partei, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, sind nur insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war.
3. Bei einer Sache, deren - unternehmensintern oder -extern in Auftrag gegebene - Bearbeitung an einem Ort stattgefunden hat, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält, sind die Reisekosten, die dem Unternehmen durch die Beauftragung eines am Bearbeitungsort ansässigen Rechtsanwalts entstanden sind, nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie sonst im Fall der Beauftragung eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts.
VolltextIBRRS 2024, 0609
AG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 28.09.2022 - 4 C 201/21
1. Für Zustellungen ist in den Fällen von § 9b Abs. 2 WEG der Beiratsvorsitzende oder der ermächtigte Eigentümer der richtige Adressat i.S.v. § 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2. Die einem Eigentümer erteilte Vollmacht wird ab der Bestellung eines neuen Verwalters überlagert mit der Folge, dass der Rechtsstreit von dem neuen Verwalter übernommen werden muss.
3. Erfolgt keine Übernahme, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
VolltextIBRRS 2024, 0588
OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2024 - 1 W 32/23
1. Auch wenn nicht jede (abgeschlossene) geschäftliche oder berufliche Beziehung einer Richterin zu einem Prozessbeteiligten einen Befangenheitsgrund darstellt, stellt ein früheres Anstellungsverhältnis des Richters in der Kanzlei eines Prozessbevollmächtigten einen Umstand dar, der geeignet ist, Zweifel an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Richters.
2. Das gilt jedenfalls dann, wenn das Anstellungsverhältnis erst kurze Zeit und weniger als sechs Monate vor der Befassung mit dem Rechtsstreit beendet worden ist, und ungeachtet des Umstands, dass der Richter durch sein konkretes Verhalten im Verfahren unmittelbar keinen Anlass zu solcher Besorgnis gegeben hat.
VolltextIBRRS 2024, 0569
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 04.12.2023 - 9 U 141/23
Eine über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichte Berufungsschrift, die weder einfach noch qualifiziert elektronisch signiert wurde, ist als unzulässig zu verwerfen.
VolltextIBRRS 2024, 0531
BGH, Beschluss vom 29.11.2023 - XII ZB 141/22
Ein Bankinstitut kann nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO die Vorlage von Original-Urkunden verweigern, wenn im Einzelfall das Interesse des Beweisführers an ihrer Vorlage höher zu gewichten ist (hier: zum Beweis der Unechtheit der Urkunden).*)
VolltextIBRRS 2024, 0527
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.01.2024 - 12 S 1787/23
1. Sind an einem ohne mündliche Verhandlung ergangenen Beschluss zwei qualifizierte elektronische Signaturen der beschließenden Richter angebracht, ist aber die Verhinderung des dritten Richters, seine Unterschrift beizufügen, nicht nach § 117 Abs. 1 Satz 3 VwGO rechtswirksam vermerkt, ist die Entscheidung rechtlich so anzusehen, als hätte sie überhaupt keinen Verhinderungsvermerk enthalten, sondern wäre ohne einen derartigen Vermerk lediglich von zwei der drei mitwirkenden Richter unterschrieben worden. In einem solchen Fall handelt es sich um den Entwurf einer Entscheidung und um eine Scheinentscheidung, die die Instanz nicht beendet.*)
2. Lässt sich einem Verhinderungsvermerk nach § 117 Abs. 1 Satz 3 VwGO nicht entnehmen, welcher der unterzeichnenden Richter ihn verantwortet, kommt eine Berichtigung regelmäßig nicht in Betracht, weil die Unrichtigkeit nicht offenbar im Sinne des § 118 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist.*)
3. Im Falle eines Rechtsmittels gegen einen Scheinbeschluss ist der Antrag eines Beteiligten für die Zurückverweisung des Verfahrens an das Verwaltungsgericht nach § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO keine notwendige Voraussetzung.*)
VolltextIBRRS 2024, 0564
BGH, Urteil vom 05.12.2023 - VI ZR 34/22
1. Gemäß § 412 Abs. 2 ZPO kann das Gericht die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. In diesem Fall darf ungeachtet des Wortlauts des § 412 Abs. 2 ZPO ("kann") das Gutachten des abgelehnten Sachverständigen grundsätzlich nicht mehr verwertet werden.*)
2. Die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen steht der Verwertbarkeit seines Gutachtens jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Partei, die sich auf die Befangenheit des Sachverständigen beruft, den Ablehnungsgrund in rechtsmissbräuchlicher Weise provoziert hat und gleichzeitig kein Anlass zu der Besorgnis besteht, dass die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen schon bei Erstellung seiner bisherigen Gutachten beeinträchtigt gewesen ist (Anschluss an BGH, IBR 2007, 530).*)
VolltextIBRRS 2024, 0528
LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 11.01.2024 - 4 Ta 89/23
1. Haben die Parteien in der Berufungsinstanz in einem gerichtlichen Vergleich eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben werden, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.*)
2. Die Formulierung "Kosten des Rechtsstreits" umfasst dabei nicht nur die Kosten des Berufungsverfahrens, sondern die gesamten in dem Rechtsstreit anfallenden Kosten einschließlich der Rechtsmittelverfahren.*)
VolltextIBRRS 2023, 0930
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 21.11.2022 - 980a C 2/22
1. Auch im Falle einer Klagerücknahme erhält ein Nebenintervenient seine Kosten nur ersetzt, wenn seine Nebenintervention geboten war.
2. Die rechtsfähige Gemeinschaft ist regelmäßig in der Lage, die Rechtsverteidigung alleine zu stemmen, weil sie bzw. ihr Organ (Verwalter) über alle notwendigen Unterlagen und Kenntnisse verfügt und dafür nicht auf ein spezielles "Hintergrundwissen" eines einzelnen Eigentümers angewiesen ist.
3. Wenn es auf ein solches spezielles Hintergrundwissen eines Eigentümers ankommt, erscheint dessen Nebenintervention geboten.
VolltextIBRRS 2024, 0534
BAG, Beschluss vom 25.01.2024 - 8 AS 20/23
1. Enthält ein Ablehnungsgesuch lediglich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist es offensichtlich unzulässig. In derartigen Fällen bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterinnen und Richter; diese sind auch von einer Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen.
2. Ein Ablehnungsgesuch, das sich pauschal gegen einen gesamten Spruchkörper oder sogar gegen sämtliche Richter eines Gerichts richtet, ist in der Regel eindeutig unzulässig.
VolltextIBRRS 2024, 0538
LG Göttingen, Beschluss vom 14.03.2023 - 5 T 43/23
1. Wenn es aufgrund Erledigung nicht mehr zur Durchführung einer (ohne die Erledigung gebotenen) Beweisaufnahme kommt, sind die Kosten in der Regel gegeneinander aufzuheben.
2. Das Verfahren gem. § 91a Abs. 1 ZPO dient nicht der Klärung schwieriger Rechtsfragen, so dass sich auch unter diesen Blickwinkel eine Kostenaufhebung als sachgerecht darstellt.
VolltextIBRRS 2024, 0540
AG München, Urteil vom 07.11.2022 - 1291 C 10041/22
Da die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gem. § 18 Abs. 1 WEG der Wohnungseigentümergemeinschaft obliegt und gem. § 18 Abs. 2 WEG jeder Wohnungseigentümer von der Wohnungseigentümergemeinschaft die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, sind Klagen, die Ansprüche gegen den Verwalter in Bezug auf den Wirtschaftsplan zum Gegenstand haben, ebenfalls gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht hingegen gegen den Verwalter zu richten.
VolltextIBRRS 2024, 0503
OLG München, Beschluss vom 24.11.2023 - 28 W 1292/23 Bau
Grobe Verfahrensverstöße können dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn das prozessuale Vorgehen des Richters einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage entbehrt und sich so sehr vom normalerweise geübten Verfahren unterscheidet, dass sich für die dadurch betroffene Partei der Eindruck einer sachwidrigen auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt (hier bejaht bei Nichterlass eines Versäumnisurteils im schriftlichen Verfahren trotz fehlender Verteidigungsanzeige und stattdessen erfolgtem Hinweis auf die Nichtanzeige).
VolltextIBRRS 2024, 0500
BGH, Beschluss vom 09.01.2024 - VIII ZB 31/23
Zu den die Darlegung eines erheblichen Grundes i.S.d. § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO bei der Stellung eines (erstmaligen) Antrags auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 10.06.2010 - V ZB 42/10, Rz. 8, IBRRS 2010, 2707 = IMRRS 2010, 1989 = NJW-RR 2011, 285; Beschluss vom 09.05.2017 - VIII ZB 69/16, Rz. 12 ff., IBR 2017, 476 = IMRRS 2017, 0810 = NJW 2017, 2041; Beschluss vom 22.06.2021 - VIII ZB 56/20, Rz. 23, IBRRS 2021, 2373 = IMRRS 2021, 0878 = NJW 2022, 400; Beschluss vom 14.09.2021 - VI ZB 58/19, Rz. 12, IBRRS 2021, 3003 = IMRRS 2021, 1118; vom 16.11.2021 - VIII ZB 70/20, Rz. 16, IBR 2022, 102 = IMRRS 2022, 0035 = NJW-RR 2022, 201, jeweils m.w.N.).*)
VolltextIBRRS 2024, 0490
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 23.01.2024 - 12 KS 2/24
1. Der Streit um Überwachungsmaßnahmen, die den laufenden Betrieb einer Windenergieanlage unberührt lassen, fällt nicht in die erstinstanzliche Zuständigkeit des OVG nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a VwGO.*)
2. Eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung kann eine sachliche Zuständigkeit, die im Gesetz selbst keine Grundlage findet, nicht begründen.
VolltextIBRRS 2024, 0488
OLG Frankfurt, Beschluss vom 06.12.2023 - 9 U 50/23
1. Bei einem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um mehr als einen Monat ist es grundsätzlich erforderlich, dem Gericht mitzuteilen, dass der Gegner zugestimmt hat.*)
2. Fehlt diese Mitteilung bei einem am letzten Tag der laufenden Frist gestellten Verlängerungsantrag und wird dieser sodann unter Hinweis auf § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO zurückgewiesen, kann der Umstand, dass der Gegner tatsächlich rechtzeitig zugestimmt hatte, am Ablauf der Frist nichts ändern.*)
VolltextIBRRS 2023, 3163
BGH, Beschluss vom 27.09.2023 - VIII ZR 164/21
1. Eine Beschränkung der Revisionszulassung durch das Berufungsgericht ist unwirksam, wenn sie lediglich einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente betrifft und sich nicht auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs bezieht.
2. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung der Revision, ist ausschließlich die Beschränkung, nicht hingegen die Zulassung unwirksam.
3. Ein selbstständiger Teil des Gesamtstreitstoffs ist gegeben, wenn bei mehreren prozessualen Ansprüchen die als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfrage nur einen der Streitgegenstände betrifft.
4. Der bodenschutzrechtliche Ausgleichsanspruch ist kein Schadensersatzanspruch, sondern hat einen eigenen Rechtscharakter.
VolltextIBRRS 2024, 0480
BVerfG, Beschluss vom 15.01.2024 - 1 BvR 1615/23
Ist bei einer Videoverhandlung die Richterbank nur in der Totalen zu sehen, ohne dass sich die Gesichter der Richter heranzoomen lassen, um ihre Unvoreingenommenheit zu prüfen, verletzt dies nicht das Recht auf den gesetzlichen Richter.
IBRRS 2024, 0463
OLG München, Beschluss vom 19.01.2024 - 25 W 1378/23
1. Die Festsetzung des Streitwerts dient der Bemessung der Gerichtsgebühren. In diesem Zusammenhang ist ein Vergleichsmehrwert festzusetzen, soweit eine Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs anfällt, was nur der Fall ist, soweit ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird.
2. Der Wert des Vergleichs richtet sich nach den rechtshängigen und gegebenenfalls nicht rechtshängigen Ansprüchen, die durch den Vergleich erledigt werden. Beim Abfindungsvergleich kommt es auf den Wert der abgefundenen Ansprüche an. Nicht maßgeblich ist dagegen, welchen Wert die Forderungen haben, die durch den Vergleich begründet wurden.
3. Ein Mehrwert des Vergleichs ergibt sich nicht schon deshalb, weil mit dem Vergleich eine Zahlungspflicht vereinbart wurde, während streitgegenständlich auch Feststellungsanträge waren, bei deren Wertfestsetzung aufgrund bestehender Unsicherheiten ein Abschlag vorgenommen wurde. Dass im Vergleich eine Zahlungspflicht festgelegt wird, während das angestrebte Urteil nur auf Feststellung gelautet hätte, vermag einen Mehrwert des Vergleichs nicht per se zu begründen.
VolltextIBRRS 2024, 0462
OLG Bremen, Beschluss vom 23.11.2023 - 1 W 24/23
1. Im Fall der Vertretung mehrerer Streitgenossen durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt ist jeder einzelne Streitgenosse hinsichtlich der Geltendmachung der auf seiner Seite angefallenen Anwaltskosten gegen den Prozessgegner Anteilsgläubiger gem. § 420 BGB und kann daher im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Prozessgegner nur den auf ihn entfallenden Kostenanteil beanspruchen, dessen Höhe wiederum sich nach dem Innenverhältnis der Streitgenossen und deren Beteiligung am Prozess bestimmt.*)
2. Im Rahmen der Kostenfestsetzung einzelner durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt vertretener Streitgenossen im Verhältnis zur Gegenseite sind zur Bestimmung der zu verteilenden Anwaltskosten auch angefallene Erhöhungsgebühren nach RVG VV Nr. 1008 (Mehrvertretungsgebühr) zu berücksichtigen, da hier jeder einzelne Streitgenosse den auf ihn entfallenden Anteil der insgesamt anfallenden Anwaltskosten geltend machen kann.*)
3. Die Erhöhungsgebühr nach RVG VV Nr. 1008 (Mehrvertretungsgebühr) ist nicht auf den gesamten Gegenstandswert des Verfahrens zu berechnen, sondern nur in der Höhe, in der mehrere Auftraggeber an dem Verfahrensgegenstand beteiligt waren.*)
4. Bei der Kostenfestsetzung mehrerer durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt vertretener Streitgenossen gegen den Prozessgegner wirkt sich die Regelung des § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO bei unterschiedlicher Vorsteuerabzugsberechtigung der Streitgenossen dahingehend aus, dass der Prozessgegner jeweils nur den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Streitgenossen die auf deren Kostenanteile entfallende Umsatzsteuer zu ersetzen hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 0456
BGH, Beschluss vom 13.12.2023 - XII ZB 550/21
1. In einem Verfahren mit Anwaltszwang muss ein Beteiligter alles ihm Mögliche und Zumutbare unternehmen, um das Gericht rechtzeitig vor Erlass eines zweiten Versäumnisbeschlusses darüber zu informieren, dass er keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat (Fortführung von BGH Urteile vom 24.09.2015 - IX ZR 207/14, IBRRS 2015, 2810 = IMRRS 2015, 1239 = NJW-RR 2016, 60; vom 25.11.2008 - VI ZR 317/07; IBRRS 2009, 0253 = IMRRS 2009, 0127 = NJW 2009, 687; vom 22.03.2007 - IX ZR 100/06, IBRRS 2007, 5358 = NJW 2007, 2047, und vom 03.11.2005 - I ZR 53/05, IBRRS 2005, 4816 = NJW 2006, 448).*)
2. In einem Verfahren mit Anwaltszwang zwingt die Erkrankung eines Beteiligten das Gericht nicht zu einer Terminsverlegung, wenn nicht gewichtige Gründe die persönliche Anwesenheit des Beteiligten erfordern. Der Beteiligte hat die gewichtigen Gründe substanziiert vorzutragen (Anschluss an BGH Urteil vom 14.09.2023 - IX ZR 219/22, IBRRS 2023, 3346 = IMRRS 2023, 1534).*)
VolltextIBRRS 2024, 0450
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 04.09.2023 - 980b C 24/23 WEG
1. Dem einzelnen Wohnungseigentümer fehlt die Kompetenz, einen gemeinschaftlichen Belang allein und für sich gegenüber einem anderen Beteiligten - hier dem Verwalter, dessen Bestellungszeit vor Kurzem abgelaufen ist - geltend zu machen bzw. gerichtlich durchzusetzen.
2. Eine präventive Rechtmäßigkeitskontrolle durch Unterlassungsansprüche scheidet aus und die Wohnungseigentümer werden darauf verwiesen, etwaig auf der Versammlung gefasste Beschlüsse gegebenenfalls anfechten zu müssen.
3. Weder die Einladung durch einen Nicht(mehr-)berechtigten noch die Unterschreitung der Einladungsfrist führt ohne Weiteres zur Anfechtbarkeit etwaig gefasster Beschlüsse.
VolltextIBRRS 2024, 0458
OLG Hamburg, Beschluss vom 29.11.2023 - 7 W 94/23
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn er nach Eintritt des erledigenden Ereignisses zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit eine Klage zurückgenommen hat, die im Zeitpunkt ihrer Einreichung unzulässig war, weil sie bei einem örtlich unzuständigen Gericht eingereicht worden ist, und der Zulässigkeitsmangel bis zum Erledigungszeitpunkt nicht dadurch beseitigt worden ist, dass der Rechtsstreit an das örtlich zuständige Gericht verwiesen worden ist oder der Kläger zumindest einen zulässigen und begründeten Verweisungsantrag gestellt hat.
VolltextIBRRS 2024, 0431
AG Kreuzberg, Beschluss vom 14.08.2023 - 14 C 14/23
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2024, 0418
BGH, Urteil vom 21.12.2023 - IX ZR 143/22
Ein Kläger mit gewöhnlichem Aufenthalt im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland hat auf Verlangen des Beklagten keine Prozesskostensicherheit zu leisten, wenn das gerichtliche Verfahren vor dem Ablauf der Übergangsfrist des Brexit-Abkommens eingeleitet worden ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 0403
BGH, Beschluss vom 12.12.2023 - VIII ZR 22/23
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens stellen grundsätzlich gerichtliche Kosten der Hauptsache dar und sind daher im Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machen. Bei dem Antrag, dem Beklagten auch diese Kosten aufzuerlegen, handelt es sich daher nicht um einen streitwerterhöhenden Sachantrag.
VolltextOnline seit Januar
IBRRS 2024, 0425BGH, Urteil vom 10.11.2023 - V ZR 51/23
1. Bei der Entscheidung über eine Gestaltungsklage, mit welcher bei fehlender oder bei fehlerhafter Verkündung des Ergebnisses eines Beschlusses der Wohnungseigentümer der wahre Beschlussinhalt geklärt werden soll (sog. Beschlussfeststellungsklage), hat das Gericht einredeweise geltend gemachte Beschlussmängel zu prüfen.*)
2. Im Rahmen einer solchen Beschlussfeststellungsklage kann die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Anfechtungsgründe einredeweise geltend machen.*)
3. Soweit die materielle Rechtskraft eines beschlussersetzenden Gestaltungsurteils reicht, kann eine auf tatsächliche Umstände gestützte Neuregelung durch Zweitbeschluss der Wohnungseigentümer nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn sich die tatsächlichen Umstände nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Vorprozess verändert haben.*)
VolltextIBRRS 2024, 0417
BGH, Beschluss vom 21.09.2023 - IX ZB 52/22
Beschlüsse, die auf sofortige Beschwerde ergangen sind und der Rechtsbeschwerde unterliegen, sind in entsprechender Anwendung von § 318 ZPO unabänderlich und damit grundsätzlich bindend; eine nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht setzt eine zulässige und begründete Anhörungsrüge voraus (Fortsetzung von BGH, Beschluss vom 18.10.2018 - IX ZB 31/18, IBRRS 2018, 3524).*)
VolltextIBRRS 2024, 0357
BGH, Beschluss vom 08.11.2023 - VIII ZB 59/23
Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Falle der Nichtberücksichtigung einer zwar rechtzeitig bei Gericht eingegangenen, aber nicht zur Verfahrensakte gelangten Berufungsbegründungsschrift (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 19.05.2022 - V ZB 66/21, IBRRS 2022, 1887).*)
VolltextIBRRS 2024, 0398
OLG Koblenz, Beschluss vom 15.12.2023 - 3 U 1186/23
1. Aussagen von sog. Lauschzeugen, die ein vom Beweisführer am Telefon geführtes Gespräch mit einem anderen Gesprächsteilnehmer mithören, ohne das Letzterer hierüber informiert ist, sind unverwertbar, wenn der Beweisführer mit seinem telefonischen Gesprächspartner außerdem in Mail- und WhatsApp-Kontakt gestanden und es versäumt hat, sich den Inhalt des Telefongesprächs auf diesem Wege schriftlich bestätigen zu lassen.*)
2. Eine Verwirkung des Maklerlohns nach § 654 BGB analog kommt in Betracht, wenn sich der Makler, der nicht zuletzt aufgrund des Versprechens einer unentgeltlichen Leistungserbringung gegenüber dem Auftraggeber einen Alleinauftrag erlangt hat, später durch Vereinbarung einer Bonuszahlung bei Erreichen eines bestimmten Verkaufspreises die ordnungsgemäße Erbringung der unentgeltlich geschuldeten Maklerleistung in einem die übliche Provision beträchtlich übersteigenden Umfang vom Auftraggeber honorieren lässt. In diesen Fällen liegt ein zur Lohnunwürdigkeit führender, grob leichtfertiger und krasser Verstoß gegen die dem Makler obliegenden Treuepflichten jedenfalls dann vor, wenn die Vergabe des Alleinauftrages durch den Auftraggeber mit Übernahme von Vertragsstrafeversprechen zugunsten des Maklers gerade deshalb erfolgte, weil der Auftraggeber dafür die Maklerleistung unentgeltlich erhalten sollte, der Immobilienverkauf - wie dem Makler auch bekannt war - aufgrund einer wirtschaftlichen Notsituation des Auftraggebers zeitnah und zum höchstmöglichen Preis erfolgen sollte, und die Initiative zur Vereinbarung der Bonuszahlung vom Makler ausging (Anschluss an BGH, Urteil vom 19.05.2005 - III ZR 322/04, IBRRS 2005, 1999 = IMRRS 2005, 1017, sowie von BGH, Urteil vom 24.06.1981 - IVa ZR 225/80, NJW 1981, 2297).
VolltextIBRRS 2024, 0346
AG München, Beschluss vom 01.02.2023 - 171 C 11188/22
1. Bei der Installation der Videoüberwachung auf einem Privatgrundstück muss sichergestellt sein, dass weder der angrenzende öffentliche Bereich noch benachbarte Privatgrundstücke oder der gemeinsame Zugang zu diesen von den Kameras erfasst werden.
2. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht Dritter liegt nicht nur dann vor, wenn diese durch die Überwachung tatsächlich betroffen sind, sondern bereits dann, wenn Dritte eine Überwachung durch Kameras objektiv ernsthaft befürchten müssen (sog. Überwachungsdruck).
VolltextIBRRS 2024, 0321
OLG Köln, Urteil vom 22.03.2023 - 17 U 50/20
Ein Urteil, in dem ein Kostenpunkt bei der Entscheidung übergangen worden ist, ist auf Antrag zu ergänzen. Wenn auch die Unterlassung versehentlich erfolgte, folgt allein aus der Erwähnung des Streithelfers im Urteilsrubrum keine offenkundige Unvollständigkeit, die einer Berichtigung nach § 319 ZPO zugänglich wäre.
VolltextIBRRS 2024, 0344
AG Pirna, Beschluss vom 05.12.2023 - 2 M 518/23
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2024, 0319
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.11.2023 - 5 Sa 141/22
1. Bei der Beurteilung der Schlüssigkeit eines Vorbringens darf Tatsachenvortrag nicht allein deswegen unberücksichtigt bleiben, weil er früherem Vorbringen widerspricht. Etwaige Widersprüchlichkeiten im Parteivortrag können jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung Beachtung finden.*)
2. Den Parteien steht es nicht frei, dem Gericht mehrere miteinander unvereinbare Sachverhalte zu unterbreiten mit dem Ziel, mit einem davon auch rechtlich durchzudringen. Sie unterliegen vielmehr der Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO und haben den aus ihrer Sicht der Wahrheit entsprechenden Sachverhalt vorzutragen.*)
VolltextIBRRS 2024, 0308
BGH, Beschluss vom 21.12.2023 - I ZB 75/23
Im Verfahren der einstweiligen Verfügung ist eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nicht statthaft ((Anschluss u. a. an BGH, Beschluss vom 20.12.2023 - I ZB 82/23, IBRRS 2024, 0227 = IMRRS 2024, 0088).
VolltextIBRRS 2024, 0332
LG Stuttgart, Beschluss vom 01.08.2023 - 19 S 13/23
1. Eine Streitverkündung bedarfs keines vollen Rubrums. Ein Kurzrubrum kann ausreichen, wenn dem Streitverkündeten die Parteien, insbesondere der Gegner des Streitverkünders, bekannt sind.
2. Die Interventionswirkung kommt nicht nur dem Entscheidungsausspruch, sondern auch den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen zu, auf denen das Urteil im Vorprozess beruht. Entscheidend ist, worauf die Entscheidung des Erstprozesses objektiv nach zutreffender Rechtsauffassung beruht.
3. Die ordnungsgemäße Überprüfung des Wirtschaftsplans seitens des Beirats fordert i.d.R. eine rechnerische Schlüssigkeitsprüfung sowie eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit der Abrechnungspositionen mit stichprobenartiger Belegprüfung. Eine darüberhinausgehende Prüfung des Wirtschaftsplans durch den Beirat, insbesondere in Bezug auf eine Vereinbarkeit mit der Teilungserklärung ist nicht erforderlich.
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