Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15944 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IBRRS 2023, 3500OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.01.2023 - 13 W 48/23
Der Streitwert für das selbständige Beweisverfahren ist nach Einholung des Sachverständigengutachtens bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers festzusetzen. Eine durch den Antragsteller bei der Antragstellung vorgenommene Schätzung ist weder bindend noch maßgeblich. Dies gilt auch dann, wenn er - ohne sich bei der Antragsschrift auf einen bestimmten Reparaturweg festgelegt zu haben - ergänzende Fragen an den Sachverständigen zu Mangelbeseitigungsmaßnahmen stellt und der Sachverständige diese Maßnahmen nicht für erforderlich hält.*)
VolltextIBRRS 2023, 3515
BGH, Beschluss vom 26.10.2023 - III ZR 184/22
Bringt eine Partei auf einen richterlichen Hinweis ein neues entscheidungserhebliches Angriffs- oder Verteidigungsmittel vor, ist dies der anderen Partei mitzuteilen und das Vorbringen, mit dem diese dem neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegentritt, gleichfalls zu berücksichtigen (vgl. BGH, IBR 2011, 735).*)
VolltextIBRRS 2023, 3497
OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.11.2023 - 24 U 103/22
Die Anhörungsrüge ist nicht eröffnet, soweit die rügende Partei lediglich ihre eigene Rechtsansicht an die Stelle der Rechtsauffassung des Gerichts setzt.*)
VolltextIBRRS 2023, 3491
KG, Beschluss vom 15.09.2023 - 10 U 141/21
1. Ein Aufhebungskläger, die gegenüber der Zustellungsbescheinigung einer einstweiligen Verfügung, die von der formwirksamen Zustellung nach § 195 ZPO ausgeht, keine Einwände erhoben und/oder Mängel geltend gemacht hat, so dass der Aufhebungsbeklagte keinen Anlass hatte, die einstweilige Verfügung erneut zuzustellen, ist es im Aufhebungsprozess verwehrt, sich auf Zustellungsmängel zu berufen.
2. Für die Heilung eines Zustellungsmangels nach § 189 ZPO ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Empfänger eine inhaltlich mit dem zu übermittelnden Schriftstück übereinstimmende Kopie erhält, die auch in der einem anderen Verfahrensbeteiligten zugegangenen, inhaltsidentischen beglaubigten Abschrift der zuzustellenden Entscheidung oder auch in einer Kopie von dieser bestehen kann.
VolltextIBRRS 2023, 3485
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 - V ZB 9/23
1. Wird die Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers gegen einen nach dem 30.11.2020 auf der Grundlage des Wirtschaftsplans gefassten Beschluss über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den Rücklagen abgewiesen, bestimmt sich die Beschwer weiterhin in aller Regel nach der Höhe der Vorschüsse, die dem Anteil aus dem Wirtschaftsplan entsprechen (Fortführung von Senat, Beschluss vom 18.09.2014 - V ZR 290/13, Rz. 10, IMR 2014, 535 = NJW 2014, 3583).*)
2. Ein nach dem 30.11.2020 gefasster Beschluss, durch den "der Wirtschaftsplan genehmigt wird", ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer damit lediglich die Höhe der in den Einzelwirtschaftsplänen ausgewiesenen Beträge (Vorschüsse) festlegen wollen.*)
IBRRS 2023, 3260
VerfGH Bayern, Entscheidung vom 24.08.2023 - Vf. 38-VII-21
1. Mangels ausreichender Grundrechtsrüge unzulässige Popularklage einer Gemeinde gegen eine Vorschrift im Zweckentfremdungsgesetz, die die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit einer Zweckentfremdung näher regelt.*)
2. Das Zweckentfremdungsgesetz räumt mit der Satzungsermächtigung des Art. 1 Satz 1 ZwEWG und der damit verbundenen - verfassungsrechtlich erforderlichen - näheren Ausgestaltung der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß Art. 2 ZwEWG den Gemeinden mit Wohnraummangel erst die erforderlichen Handlungsoptionen ein, durch den Erlass eigener Zweckentfremdungssatzungen das Gesamtwohnraumangebot zu erhalten. Es beschränkt somit keine Kompetenzen, über die die Gemeinden kraft ihres Selbstverwaltungsrechts gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV bereits vor seinem Erlass verfügt hätten.*)
3. Zu den Darlegungsanforderungen, wenn in der Sache ein gesetzgeberisches Unterlassen gerügt wird.*)
VolltextIBRRS 2023, 3483
BGH, Beschluss vom 14.11.2023 - XI ZB 10/23
Ein Rechtsanwalt kann auf die erste Fristverlängerung nur dann vertrauen, wenn er Gründe mitliefert.
VolltextIBRRS 2023, 3470
BGH, Beschluss vom 24.10.2023 - EnZR 20/22
1. Die Klagerücknahme kann im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auch durch den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erklärt werden. Gleiches gilt für die Stellung eines Kostenantrags nach § 269 Abs. 4 Satz 1 ZPO.
2. Der qualifizierte Anwaltszwang gem. § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO will eine geordnete Rechtspflege durch spezialisierte Anwälte mit besonderer Erfahrung und Kompetenz im Revisionsrecht sicherstellen. Dieser bedarf es für die Stellung eines Kostenantrags oder die Rücknahme der Klage sowie die Zustimmung zur Klagerücknahme nicht.
VolltextIBRRS 2023, 3456
LG Erfurt, Beschluss vom 05.09.2023 - 8 O 1462/20
Die Rücknahme der Vorlage an den Europäischen Gerichtshof durch das vorlegende Gericht ist unanfechtbar und nicht mit Rechtsmitteln angreifbar.
VolltextIBRRS 2023, 3144
BGH, Beschluss vom 28.09.2023 - V ZR 3/23
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Dazu gehört der Antrag einer Partei auf mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen, und zwar auch des Sachverständigen aus einem vorausgegangenen selbständigen Beweisverfahren.
2. Auch wenn das Gericht selbst das schriftliche Gutachten für überzeugend hält und keinen weiteren Erläuterungsbedarf sieht, dürfen diese Fragen nicht zurückgewiesen werden, da ansonsten eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung vorliegt.
IBRRS 2023, 3421
BAG, Beschluss vom 21.11.2023 - 2 AZN 153/23
1. Die Gerichte sind grundsätzlich mit hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richtern zu besetzen. Die Verwendung von Richtern ohne diese Garantie der persönlichen Unabhängigkeit muss die Ausnahme bleiben.
2. Das Grundgesetz setzt als Normalfall den Richter voraus, der unversetzbar und unabsetzbar ist. Haben bei einer Entscheidung ohne zwingende Gründe Richter mitgewirkt, die nicht hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt sind, ist das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt.
VolltextIBRRS 2023, 3402
OLG Bremen, Beschluss vom 20.11.2023 - 2 W 48/23
Das Entgegenkommen einer Partei, in einem Prozessvergleich eine Regelung für einen nicht streitgegenständlichen Sachverhalt zu treffen, begründet keinen Vergleichsmehrwert, wenn damit verbundene Ansprüche bislang nicht konkret zwischen den Parteien im Streit standen.*)
VolltextIBRRS 2023, 3405
KG, Beschluss vom 14.11.2023 - 10 W 185/23
Die Beschwerde gegen einen Beschluss, der einen vom Antragssteller persönlich beim Landgericht eingereichten Verfügungsantrag zurückweist, unterliegt dem Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 ZPO.*)
VolltextIBRRS 2023, 3393
OLG Koblenz, Beschluss vom 15.09.2023 - 3 U 282/23
1. Die Berufungsbegründung muss konkret die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt.
2. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht. Auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen.
3. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.
VolltextIBRRS 2023, 3377
OLG Dresden, Urteil vom 14.11.2023 - 4 U 2637/22
1. Für die Zulässigkeit der Berufung reicht es nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts lediglich mit formelhaften Sätzen zu rügen.*)
2. Eine unzulängliche Berufungsbegründung kann nach Fristablauf nicht mehr geheilt werden. Dies gilt auch dann, wenn durch die Berufungserwiderung ein Umstand zugestanden wird (hier: Vorliegen einer Abschalteinrichtung), mit dem das Ersturteil mit Aussicht auf Erfolg hätte angegriffen werden können.*)
VolltextIBRRS 2023, 3385
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 22.11.2023 - 2-13 T 584/23
Ein Wohnungseigentümer kann in einer Beschlussklage der Wohnungseigentümergemeinschaft auch dann als Nebenintervenient beitreten, wenn die Gemeinschaft verwalterlos ist und er diese im Verfahren allein vertritt. Die Stellung als Vertreter einer Partei führt nicht dazu, dass eine Nebenintervention ausgeschlossen ist. *)
VolltextIBRRS 2023, 3382
BGH, Beschluss vom 10.10.2023 - VIII ZB 29/22
Zum Wert des Beschwerdegegenstands im Fall eines Nachbesserungsverlangens.*)
VolltextIBRRS 2023, 3368
OLG Celle, Beschluss vom 29.11.2023 - 14 U 75/23
1. Ein sog. Scheinurteil ist ein wirkungsloses Urteil, das keine instanzbeendende Wirkung entfalten kann.*)
2. Gegenüber einem Scheinurteil ist gleichwohl die Berufung der statthafte Rechtsbehelf, um den äußeren Anschein einer wirksamen gerichtlichen Entscheidung zu beseitigen.*)
3. Auf die demnach statthafte Berufung gegen ein solches Urteil ist dieses aufzuheben und der Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Eine Sachentscheidung des Berufungsgerichts gem. § 540 ZPO ist nicht möglich.*)
4. Zu den Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Klageerhebung.*)
VolltextIBRRS 2023, 3362
VG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2023 - 3 L 2798/23
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 3350
OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.11.2023 - 1 W 22/23
1. Ein Richter kann wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, das Vorliegen eines Sachverhalts, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung und Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Richters gibt.
2. Keine tauglichen Ablehnungsgründe sind vorläufige Meinungsäußerungen und Einschätzungen des Richters im Rahmen der materiellen Prozessleitung, bloße Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen, soweit die Grenze zur Willkür nicht überschritten ist.
3. Hinweise über eine Einschätzung der Rechtslage, zu der der abgelehnte Richter im Rahmen der ihm obliegenden materiellen Prozessleitung befugt und berufen ist, stellen seine Unparteilichkeit nicht in Frage.
VolltextIBRRS 2023, 3346
BGH, Urteil vom 14.09.2023 - IX ZR 219/22
1. Die Erkrankung der anwaltlich vertretenen Partei selbst - bei einer juristischen Person die ihres Vertretungsorgans - zwingt nicht zu einer Terminsverlegung, wenn nicht gewichtige Gründe die persönliche Anwesenheit der Partei erfordern. Die Partei hat die gewichtigen Gründe substantiiert vorzutragen.*)
2. Erscheint die Partei in der mündlichen Verhandlung nicht, ist sie nicht schon durch eine Arbeitsunfähigkeit ausreichend entschuldigt. Erforderlich ist vielmehr, dass die Partei krankheitsbedingt verhandlungsunfähig ist.*)
VolltextIBRRS 2023, 3308
KG, Beschluss vom 15.11.2023 - 10 W 195/23
1. § 184 GVG gilt unmittelbar nur im Hinblick auf Erklärungen des Gerichts und Erklärungen gegenüber dem Gericht, nicht jedoch für Beweismittel.*)
2. Fremdsprachige Urkunden sind nicht allein deshalb unbeachtlich, weil sie nicht in einer Übersetzung vorgelegt werden. Das Gericht hat in einem solchen Fall auf die Notwendigkeit einer Übersetzung hinzuweisen.
3. Das Ablehnungsverfahren ist nicht auf eine Überprüfung der Verfahrensweise der abgelehnten Gerichtsperson angelegt, sondern ihrer persönlichen (Un-)Voreingenommenheit. Die Überprüfung etwaiger Rechtsfehler bei der Verfahrensführung obliegt den Rechtsmittelgerichten.
4. Anders ist es aber, wenn die Auslegung des Gesetzes oder dessen Handhabung im Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite einer Verfassungsgarantie in grundlegender Weise verkennt.
VolltextIBRRS 2023, 3314
BGH, Urteil vom 20.09.2023 - VIII ZR 247/22
Beauftragt der Mieter einer Wohnung einen - auf die Einziehung von Ansprüchen gegen Vermieter wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe (§ 556d ff. BGB) spezialisierten - Inkassodienstleister mit der Geltendmachung solcher Ansprüche, kann die Erstattung der hierdurch entstandenen außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten nicht mit der Begründung versagt werden, dass der Vermieter auf eine Leistungsaufforderung des von dem Mieter zuvor eingeschalteten örtlichen Mietervereins keine Reaktion gezeigt hat.*)
VolltextIBRRS 2023, 3282
BGH, Beschluss vom 20.10.2023 - I ZB 53/23
Im Verfahren der Erinnerung gegen den Kostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen den Kostenansatz selbst richten, nicht dagegen solche, mit denen inhaltlich die Entscheidung angegriffen wird, aufgrund derer der Kostenansatz erfolgt. Das Erinnerungsverfahren dient nicht dazu, eine vorangegangene Entscheidung im Hauptsacheverfahren - auch nicht die Kostenentscheidung - auf ihre Recht- oder Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.
VolltextIBRRS 2023, 3302
OLG Hamm, Beschluss vom 03.07.2023 - 31 U 71/23
1. Die Glaubhaftmachung der vorübergehenden technischen Unmöglichkeit der elektronischen Übermittlung des Dokuments hat grundsätzlich zusammen mit der Ersatzeinreichung zu erfolgen. Nur falls dies ausnahmsweise nicht möglich ist, kann die Glaubhaftmachung unverzüglich nachgeholt werden.*)
2. Die Mitteilung der Gründe für die Ersatzeinreichung nach Ablauf von sieben Tagen ist nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 130d Satz 3 ZPO, sofern nicht besondere Umstände vorliegen.*)
3. Dass die technische Störung dem Empfänger (Gericht) bekannt ist, entbindet den Absender nicht davon, die Ursächlichkeit der Störung für die Übermittlung in Papierform glaubhaft zu machen.*)
VolltextIBRRS 2023, 3293
BGH, Beschluss vom 24.10.2023 - XI ZB 3/23
1. Ein völlig ungeeignetes Ablehnungsgesuch ist eindeutig unzulässig und kann daher durch den Spruchkörper in seiner regulären Besetzung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschieden werden.
2. Ein Ablehnungsgesuch ist völlig ungeeignet, wenn seine Begründung von vornherein untauglich ist, eine Befangenheit des abgelehnten Richters aufzuzeigen, und für seine Verwerfung deshalb jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist.
3. Ausschließlich auf die Verfahrensweise bezogene Rügen sind von vornherein nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Im Ablehnungsverfahren geht es nur um die Unparteilichkeit der abgelehnten Gerichtsperson und nicht um die Richtigkeit ihrer Handlungen und Entscheidungen.
VolltextIBRRS 2023, 3253
OVG Bremen, Beschluss vom 01.09.2023 - 2 F 107/23
Eine obsiegende Partei, die zusammen mit weiteren im Prozess unterlegenen Streitgenossen durch einen gemeinschaftlichen Anwalt vertreten war, kann grundsätzlich nur den ihrer Beteiligung am Rechtsstreit entsprechenden Bruchteil der Anwaltskosten von dem Prozessgegner erstattet verlangen.*)
VolltextIBRRS 2023, 3241
BGH, Beschluss vom 21.09.2023 - V ZB 25/23
1. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung, das nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist. Dieses ermittelt sich (hier) nach den unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen, die das Abklemmen der Fußbodenheizung für den Rechtsmittelführer hat.
2. Verlangt der Rechtsmittelführer, dass ein WEG-Beschluss für ungültig erklärt wird, mit dem der Verwalter beauftrag ist, mit einem Unternehmen einen Vertrag über das Abklemmen der Fußbodenheizung abzuschließen, beträgt der Wert der Beschwer jedenfalls 1.000 Euro.
VolltextIBRRS 2023, 3189
LG Görlitz, Urteil vom 15.06.2023 - 2 S 3/22
Der Anspruch auf Gewährung rechtliches Gehörs ist verletzt, wenn das Gericht die Rüge nicht behandelt, der Sachverständige habe nicht offengelegt, welche Hausverwaltungen er wie befragt und welche Antworten er erhalten hat.
VolltextIBRRS 2023, 3245
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.11.2023 - A 4 S 1097/23
Nimmt ein Beteiligter an der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht teil und begibt er sich dadurch der Möglichkeit, einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör durch das Verwaltungsgericht abzuwenden, kann dies der Zulassung der Berufung wegen des Verfahrensfehlers der Verletzung des rechtlichen Gehörs entgegenstehen.*)
VolltextIBRRS 2023, 3242
BGH, Beschluss vom 25.10.2023 - I ZB 49/23
1. Die Rechtsbeschwerde ist nur statthaft, wenn dies entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder wenn sie vom Beschwerdegericht in dem angegriffenen Beschluss zugelassen wurde.
2. Im Fall der Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs sieht das nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde vor, trifft jedoch keine Regelung über eine spätere Rechtsbeschwerde. Die Rechtsbeschwerde ist deshalb nur zulässig, wenn sie vom Beschwerdegericht zugelassen wird.
3. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht anfechtbar.
VolltextIBRRS 2023, 3230
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.01.2022 - 14 MN 117/22
Eine in mehreren Teilen über einen sicheren Übermittlungsweg (beA) übersandte Antragschrift ist nur formwirksam, wenn (auch) der Teil einfach signiert ist, der die prozessrelevanten Erklärungen enthält.*)
VolltextIBRRS 2023, 3198
KG, Beschluss vom 06.11.2023 - 8 W 53/23
§ 41 Abs. 5 GKG gilt nicht - auch nicht analog - für den Gebührenwert von Klagen auf Feststellung einer Überschreitung der gem. § 556d Abs. 1 BGB zulässigen Miete.*)
VolltextIBRRS 2023, 3226
BGH, Beschluss vom 30.10.2023 - I ZB 84/22
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2023, 3205
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.11.2023 - 2 A 831/22
1. Ein Urteil ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt.
2. Ein Verhinderungsvermerk ist formell ordnungsgemäß, wenn er die Tatsache der Verhinderung und den Hinderungsgrund angibt. Detaillierte Angaben sind nicht erforderlich. Es genügt die kurze Mitteilung des Hinderungsgrundes in allgemeiner Form.
VolltextIBRRS 2023, 3199
OLG Dresden, Beschluss vom 26.09.2023 - 4 W 316/23
Die dienstliche Stellungnahme in einem Ablehnungsgesuch dient nicht der Ausforschung der Motivlage des abgelehnten Richters. Wird in einem Befangenheitsgesuch die Behauptung aufgestellt, der Richter habe sich bei einer Entscheidung vorrangig von dem Wunsch leiten lassen, sich einer Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen zu entziehen, muss dessen Stellungnahme daher hierauf nicht eingehen.*)
VolltextIBRRS 2023, 3179
OLG Dresden, Beschluss vom 12.10.2023 - 4 U 466/23
Für eine ergänzende Beweisaufnahme in der Berufungsinstanz genügt es nicht, wenn die Partei der durch ein Sachverständigengutachten untersetzten Begründung des erstinstanzlichen Urteils lediglich ihre abweichende Meinung entgegenstellt (Festhaltung Senat, Beschluss vom 10.01.2023 - 4 U 750/19; vom 04.11.2019 - 4 U 1388/19).*)
VolltextIBRRS 2023, 3159
KG, Beschluss vom 06.12.2022 - 27 U 102/22
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 3124
OLG Celle, Beschluss vom 24.05.2022 - 11 W 8/22
1. Prozessvergleiche können nicht in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO korrigiert werden.
2. Sind die Erklärungen der Parteien nicht richtig in den Vergleich aufgenommen worden, ist das Protokoll, in dem der Vergleich festzustellen ist, nach Maßgabe des § 164 ZPO zu berichtigen.
3. Wurden die Erklärungen der Parteien richtig beurkundet und ist ihnen dabei nur ein gemeinsamer (Rechen-)Fehler unterlaufen, sind die Mittel des materiellen Rechts zu nutzen.
VolltextIBRRS 2023, 3134
BGH, Beschluss vom 28.09.2023 - III ZB 93/22
Zur Bemessung der Rechtsmittelbeschwer des die Herausgabe eines in seinem Eigentum stehenden Grundstücks begehrenden, in der Vorinstanz unterlegenen Klägers, wenn sich der Beklagte auf einen das Grundstück betreffenden Kleingartenpachtvertrag beruft.*)
VolltextIBRRS 2023, 3102
OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.11.2022 - 24 U 39/21
Eine nach der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug erstellte Schlussrechnung eines Architekten darf im Berufungsrechtszug nicht unberücksichtigt bleiben (BGH, IBR 2003, 705). Das gilt auch für eine Abrechnung einer anwaltlichen Tätigkeit, wenn eine bis zum Abschluss der ersten Instanz vorliegende Rechnung an einem formalen Mangel leidet, der den Eintritt der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs hindert.
VolltextIBRRS 2023, 3069
KG, Beschluss vom 29.12.2022 - 27 U 102/22
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 3099
BayObLG, Beschluss vom 08.09.2023 - 101 VA 117/23
1. Begehrt eine frühere Partei eines Zivilprozesses Einsicht in die Akten des abgeschlossenen Rechtsstreits, ist ihr rechtliches Interesse in der Regel zu bejahen.*)
2. Wendet sich die Person, die der Gewährung von Akteneinsicht widersprochen hat, mit einem Anfechtungsantrag nach § 23 Abs. 1 EGGVG gegen die Bewilligung von Akteneinsicht, führt ein Ermessensfehler der Justizbehörde in Form des Ermessensnichtgebrauchs dann nicht zur Aufhebung des Bewilligungsbescheids und Zurückverweisung an die Justizverwaltung, wenn das Ermessen der Justizbehörde „auf Null“ reduziert und deshalb eine eigene Sachentscheidung des Gerichts ausnahmsweise zulässig ist.*)
VolltextIBRRS 2023, 3078
OLG Brandenburg, Beschluss vom 11.10.2023 - 6 W 98/23
1. Kostenfestsetzungsbeschlüsse, mit denen das Gericht über den Antrag einer Partei auf Festsetzung der durch den Gegner zu erstattenden Kosten entscheidet, müssen aus sich heraus verständlich sein und die Parteien in die Lage versetzen, die tragenden Erwägungen des Gerichts nachzuvollziehen. Verstöße gegen den Begründungszwang können das rechtliche Gehör verletzen.
2. Der Umfang der jeweiligen Begründungspflicht bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Die Begründungspflicht erstreckt sich insbesondere auf Positionen, deren Festsetzung der Rechtspfleger verweigert oder deren Erstattungsfähigkeit zwischen den Parteien im Streit steht.
3. Eine dezidierte Begründung kann entbehrlich sein, z. B. wenn der Kostenfestsetzungsbeschluss aus sich heraus in Verbindung mit der beigefügten oder vorab übersandten Kostenrechnung verständlich und überprüfbar ist.
VolltextIBRRS 2023, 3083
BGH, Beschluss vom 19.09.2023 - II ZR 94/21
1. Mit der Anhörungsrüge kann allein eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht werden. Auf die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte, wie z. B. des Willkürverbots, ist die Anhörungsrüge weder unmittelbar noch - mangels planwidriger Regelungslücke - entsprechend anwendbar.
2. Eine Anhörungsrüge ist nur zulässig, wenn eine entscheidungserheblichen Gehörsverletzung substantiiert dargelegt wird. Voraussetzung dafür ist, dass die Rüge sich nicht auf eine wiederholende Darstellung oder Rechtfertigung des vermeintlich übergangenen Vorbringens beschränkt, sondern zugleich anhand der angegriffenen Entscheidung näher herausgearbeitet wird, dass darin ein Rechtsstandpunkt eingenommen worden ist, bei dem das als übergangen gerügte Vorbringen schlechthin nicht unberücksichtigt bleiben konnte und seine Nichtberücksichtigung sich deshalb nur damit erklären lässt, dass es nicht zur Kenntnis genommen worden ist.
VolltextIBRRS 2023, 2914
KG, Urteil vom 06.12.2022 - 7 U 97/21
1. Streiten die Wohnungseigentümer darüber, ob sie untereinander verpflichtet sind, die von den Klägern, welche zugleich Nachbarn sind, begehrte Baulast zu bewilligen, streiten sie nicht um einen Anspruch, welcher sich allein aus der Teilungserklärung oder aus den Regelungen des WEG ergibt, sondern um einen eigenen gesetzlichen Anspruch der Grundstücksnachbarn aus §§ 1018, 242 BGB.*)
2. Der Baulastbewilligungsanspruch der Kläger steht für sich genommen nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer i.S.v. § 43 WEG a.F.*)
VolltextIBRRS 2023, 2602
LG Berlin, Urteil vom 20.06.2023 - 65 S 198/22
1. Die bei Übermittlung einer Berufungsschrift verwendete Signatur verliert ihre Eigenschaft als qualifizierte elektronische Signatur i.S.d. Art. 26 eIDAS-VO, § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZPO nicht etwa dadurch, dass es sich um eine Signatur mit Dokumenteninhalt handelt ("enveloping signature"), d. h. eine Signatur, die mit dem zu übermittelnden Dokument dadurch verbunden ist, dass das Dokument in die Signatur eingebettet ist. Denn eine nachträgliche (unerkannte) Veränderung der Daten wird durch die Verwendung der Signatur nicht ermöglicht.
2. Wird eine Klageerweiterung im Urteil nicht erwähnt, so entfällt die Rechtshängigkeit dieser Ansprüche, wenn keine Urteilsergänzung nach § 321 ZPO auf Antrag einer Partei innerhalb der Frist des § 321 Abs. 2 ZPO erfolgt.
3. Die Mietbegrenzungsverordnung Berlin 2015 ist wirksam.
4. Eine Anschlussberufung, die sich gegen (eine) bisher am Verfahren nicht als Partei beteiligte Person(en) richtet, ist unzulässig.
VolltextIBRRS 2023, 3101
LG Berlin, Beschluss vom 19.10.2023 - 67 T 79/23
Die Zurückweisung eines auf Verlängerung der Räumungsfrist gerichteten Antrags ist verfahrensfehlerhaft, wenn das Gericht sie auf unzureichende Anmietbemühungen des Mieters stützt, ohne gleichzeitig tatsächliche Feststellungen dazu zu treffen, ob, gegebenenfalls wann, intensivere Anmietbemühungen vor Ablauf der ursprünglich gewährten Räumungsfrist zum Erfolg geführt hätten.*)
VolltextIBRRS 2023, 3081
OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2023 - 6 W 51/23
1. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den nicht am Ort des Prozessgerichts und nicht am Wohnsitz der Partei ansässigen Rechtsanwalt Termine wahrnimmt, richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2. Die Kosten eines Unterbevollmächtigten stellen dann notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dar, wenn durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart werden, die bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären.
3. Der Ersatz von Kosten für den mit der Terminswahrnehmung beauftragten Unterbevollmächtigten kann dabei insoweit beansprucht werden, als diese Kosten die ersparten Reisekosten nicht wesentlich (d. h. nicht mehr als 10 %) übersteigen.
VolltextIBRRS 2023, 3080
BVerwG, Beschluss vom 19.09.2023 - 9 B 14.23
1. Für das Merkmal der Öffentlichkeit i. S. d. § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG genügt es, dass jedermann die Möglichkeit hat, sich ohne besondere Schwierigkeiten von einer mündlichen Verhandlung Kenntnis zu verschaffen, und dass der Zutritt im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten eröffnet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.10.2001 - 2 BvR 1620/01 -, NJW 2002, 814; BVerwG, Beschluss vom 20.07.2016 - 9 B 64.15 -, BeckRS 2016, 52829).*)
2. Weist der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht auf einen Verfahrensfehler (Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz durch fehlende Anzeige der Verhandlung auf der elektronischen Anzeigetafel) hin, obwohl er den Verstoß kannte oder hätte kennen müssen, tritt nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 295 Abs. 1 ZPO Rügeverlust ein.*)
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