Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
15934 Entscheidungen insgesamt
Online seit Juni
IBRRS 2024, 1987BGH, Beschluss vom 24.04.2024 - VII ZR 136/23
1. Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs einen im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn das erstinstanzliche Gericht die Aussage nur zum Teil oder gar nicht gewürdigt hat, diese aber nach ihrem protokollierten Inhalt mehrdeutig ist (Festhaltung BGH, Beschluss vom 10.10.2013 - VII ZR 269/12, IBRRS 2013, 4506 = IMRRS 2013, 2106).*)
2. Das Berufungsgericht ist zudem zur erneuten Vernehmung erstinstanzlich vernommener Zeugen verpflichtet, wenn es deren protokollierte Aussagen abweichend von der Vorinstanz verstehen oder würdigen will. Stützt sich das Rechtsmittelgericht lediglich auf Umstände, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit der Aussage betreffen, so kann eine nochmalige Vernehmung unterbleiben (Festhaltung BGH, IBR 2017, 597; IBR 2013, 656).*)
VolltextIBRRS 2024, 1970
OLG Bremen, Beschluss vom 22.03.2024 - 1 U 32/23
Abweichend von § 101 Abs. 1 ZPO hat der Kläger nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dann nicht auch die Kosten der Nebenintervention zu tragen, wenn der Beitritt erst nach fruchtlosem Ablauf der dem Kläger gesetzten Frist zur Stellungnahme auf einen Hinweis zur Absicht des Berufungsgerichts zur Zurückweisung der Berufung des Klägers als unbegründet ergangen ist.
VolltextIBRRS 2024, 1964
BGH, Urteil vom 16.05.2024 - IX ZR 143/23
Widerspricht in einem Eigenverwaltungsverfahren ausschließlich der Sachwalter der Feststellung einer titulierten Forderung zur Tabelle, ist er und nicht der eigenverwaltende Schuldner befugt, den Widerspruch durch Aufnahme des anhängigen Rechtsstreits weiterzuverfolgen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1948
BGH, Urteil vom 15.05.2024 - VIII ZR 293/23
1. Die in § 17a Abs. 5 GVG vorgesehene Beschränkung der Befugnis des Rechtsmittelgerichts, die Zulässigkeit des Rechtswegs zu überprüfen, gilt nicht, wenn die Zulässigkeit des Rechtswegs schon in erster Instanz gerügt worden ist und das Erstgericht nicht - wie gem. § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG geboten - einen beschwerdefähigen Beschluss über die Zulässigkeit des Rechtswegs gefasst hat. In diesem Fall ist die Prüfung des Rechtswegs im Rechtsmittelverfahren nachzuholen (im Anschluss an BGH, Urteile vom 25.02.1993 - III ZR 9/92, BGHZ 121, 367, 370 f.; vom 30.06.1995 - V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 163 f.; vom 18.11.1998 - VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651 unter I 2; vom 21.09.2017 - I ZR 58/16, GRUR 2017, 1236 Rn. 19).*)
2. Ist eine solche Nachholung der Prüfung des Rechtswegs durch das zweitinstanzliche Gericht unterblieben, weil dieses zu Unrecht eine Bindung an den beschrittenen Rechtsweg angenommen hat, ist ausnahmsweise das Revisionsgericht befugt, im Revisionsverfahren über den Rechtsweg zu befinden (im Anschluss an BGH, Urteile vom 25.02.1993 - III ZR 9/92, a.a.O., S. 370 ff.; vom 30.06.1995 - V ZR 118/94, a.a.O.; vom 18.11.1998 - VIII ZR 269/97, a.a.O.; vom 21.09.2017 - I ZR 58/16, a.a.O, Rn. 21).*)
3. In einem solchen Fall hat das Revisionsgericht jedenfalls dann die Kompetenz auch zur Verweisung des Rechtsstreits an das Gericht des zulässigen Rechtswegs, wenn die Verweisung die rechtlich einzig mögliche Entscheidung ist, die nach einer Zurückverweisung das Berufungsgericht ebenfalls zu treffen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2005 - III ZR 278/04, NJW-RR 2005, 721 unter 2 c; BSG, NVwZ-RR 2000, 648; NZS 2021, 688 Rn. 15).*)
VolltextIBRRS 2024, 1926
BFH, Beschluss vom 27.05.2024 - II B 79/23 (AdV)
Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG i.d.F. des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019 (BGBl I 2019, 1794) sind bei der im Aussetzungsverfahren gem. § 69 Abs. 3 FGO gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.*)
VolltextIBRRS 2024, 1925
BFH, Beschluss vom 27.05.2024 - II B 78/23 (AdV)
Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019 (BGBl I 2019, 1794) sind bei der im Aussetzungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.*)
VolltextIBRRS 2024, 1917
BayObLG, Beschluss vom 18.06.2024 - 101 AR 80/24
Für Rechtsstreitigkeiten wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die die beklagte Partei in ihrer Eigenschaft als Vermieterin von Wohnraum treffen, sind die Amtsgerichte sachlich zuständig; diese Zuständigkeit ist ausschließlich.*)
VolltextIBRRS 2024, 1912
BGH, Urteil vom 22.05.2024 - IV ZR 124/23
Der für die Bejahung des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses ausreichenden Erwartung, der Beklagte werde bereits auf ein Feststellungsurteil hin leisten, steht es nicht entgegen, dass eine erneute gerichtliche Inanspruchnahme des Beklagten zur Durchsetzung der aus dem Feststellungsurteil resultierenden Forderungen nicht ausgeschlossen werden kann (Abgrenzung zu Senatsurteil vom 13.04.2022 - IV ZR 60/20, IBRRS 2022, 1345 = IMRRS 2022, 1422).*)
VolltextIBRRS 2024, 1905
BGH, Urteil vom 16.05.2024 - III ZR 196/22
1. Die Berufungsbegründung muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Er muss die Umstände darlegen, die das Urteil aus seiner Sicht in Frage stellen.
2. Besondere formale Anforderungen werden an die Berufungsbegründung nicht gestellt. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.
3. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.
4. Gerichtliche Hinweispflichten dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Ein Gericht darf ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte.
5. Will das Gericht in seiner Entscheidung auf einen "neuen" Gesichtspunkt abstellen, hat es auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen und dem Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen.
6. Es genügt nicht, dass das Gericht allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Es muss die Parteien auf den für entscheidungserheblich erachteten Aspekt unmissverständlich hinweisen und ihnen Gelegenheit zur Abhilfe geben.
VolltextIBRRS 2024, 1900
BGH, Beschluss vom 14.05.2024 - VIII ZR 15/24
Zur Gehörsverletzung im Falle eines fehlerhaften "Protokollurteils" (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23.02.2021 - VIII ZR 213/20, IBRRS 2021, 1069 = IMRRS 2021, 0406).*)
VolltextIBRRS 2024, 1884
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.05.2024 - 3 K 310/20
1. Die Antragsbefugnis eines Planaußenliegers für die Durchführung eines bauplanungsrechtlichen Normenkontrollverfahrens kann sich aus dem Gebietserhaltungsanspruch ergeben.*)
2. Die Annahme der Antragsbefugnis setzt aber voraus, dass dessen Gebietserhaltungsanspruch durch den Bebauungsplan berührt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn der Kreis der zulässigen Arten der baulichen Nutzung durch den Bebauungsplan lediglich eingeschränkt wird.*)
VolltextIBRRS 2024, 1883
OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.05.2024 - 6 U 212/23
Die Mitwirkung eines Richters bei einer nicht abschließenden Entscheidung in erster Instanz (hier: Versäumnisurteil) führt in der Berufungsinstanz weder zu einem Ausschluss nach § 41 Nr. 6 ZPO noch begründet sie die Besorgnis der Befangenheit nach § 42 ZPO.*)
VolltextIBRRS 2024, 1873
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29.05.2024 - 1 LZ 102/21
1. Die Begründung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss geeignet sein, ein Organisationsverschulden als Ursache der Fristversäumung mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen.*)
2. Zu den Aufgaben eines Prozessbevollmächtigten gehört insbesondere die Einrichtung einer wirksamen Ausgangskontrolle.*)
3. Auf ein Organisationsverschulden kommt es dann nicht an, wenn auf andere Weise glaubhaft gemacht wird, dass der Schriftsatz tatsächlich bei der Post aufgegeben wurde.*)
4. Das Abweichen von einer üblichen Vorgehensweise (hier: Aufgabe zur Post statt der Übermittlung per beA) bedarf der Glaubhaftmachung der diese Abweichung rechtfertigenden Gründe.*)
VolltextIBRRS 2024, 1872
OLG Hamburg, Beschluss vom 12.02.2024 - 4 W 65/23
1. Die Vorlage eines Privatgutachtens kann im Kostenfestsetzungsverfahren erforderlich sein, wenn nur auf diese Weise glaubhaft gemacht werden kann, dass der Partei die dafür erstattet verlangten Kosten tatsächlich entstanden sind (Anschluss an BGH, IBR 2013, 319).*)
2. Kosten für privat in Auftrag gegebene Gutachten sind grundsätzlich nicht zu erstatten. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn das Privatgutachten aus der Sicht ex ante prozessbezogen und notwendig war.*)
VolltextIBRRS 2024, 1862
OLG Bremen, Beschluss vom 13.03.2024 - 2 W 44/23
1. Aufwendungen der Parteien zählen auch dann, wenn sie zwecks Vor- und Nachbereitung von Ortsterminen mit einem gerichtlich bestellten Sachverständigen getätigt werden, nicht zu den Gerichtskosten im Sinne einer Kostenvereinbarung der Parteien (Anschluss an BGH, IBR 2021, 276).*)
2. Auslegung von Kostenregelungen in einem Vergleich (hier: eigene Aufwendungen einer Partei zur Vor- und Nachbereitung eines Ortstermins mit Bauteilöffnung sind keine Gerichtskosten).*)
VolltextIBRRS 2024, 1852
BayObLG, Beschluss vom 05.06.2024 - 101 AR 63/24
1. Im Fall eines gerichtlichen Zuständigkeitsstreits ist auch die beklagte Partei berechtigt, die Zuständigkeitsfrage in einem Verfahren gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO klären zu lassen.*)
2. Ein Verweisungsbeschluss ist unter Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs ergangen, wenn der Verweisungsantrag zusätzliche Fragen aufwirft, das Gericht aber von einer ergänzenden Anhörung der beklagten Seite absieht und über den Verweisungsantrag entscheidet, ohne ihn der Gegenseite zur Kenntnis gebracht und eine Frist abgewartet zu haben, innerhalb deren eine eventuell beabsichtigte Stellungnahme unter normalen Umständen eingehen kann.*)
3. Ein Verweisungsbeschluss verstößt gegen das Willkürverbot, wenn sich das verweisende Gericht über seine eigene unzweifelhaft und offensichtlich gegebene Zuständigkeit für die Klage hinwegsetzt.*)
4. Nach Klageerhebung bei einem zuständigen Gericht kann die klagende Partei die unter mehreren nicht ausschließlichen Gerichtsständen getroffene Wahl nicht mehr durch Verweisungsantrag abändern. Ist das angerufene Gericht nur für die Klage gegen einen von mehreren Beklagten zuständig, scheidet eine Gesamtverweisung des Rechtsstreits an das ursprünglich gemeinsam zuständige Gericht aus.*)
VolltextIBRRS 2024, 1851
BGH, Beschluss vom 07.05.2024 - VI ZB 22/23
Zu den nach § 130a Abs. 3 Satz 1 ZPO bestehenden Anforderungen an die Übermittlung eines elektronischen Dokuments.*)
VolltextIBRRS 2024, 1825
OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2023 - 4 W 8/23
1. Eine Partei kann die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse u. a. daran hat, dass der Zustand einer Person, die Ursache eines Personenschadens und der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt werden, wobei ein rechtliches Interesse anzunehmen ist, wenn die begehrte Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.
2. Der Antragsteller muss die Beweisfragen nicht ausdrücklich formulieren. Es genügt, wenn aus dem Antrag die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden sollen, deutlich hervorgehen. Gleichwohl ist ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern.
3. Die Beweistatsachen sind jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zu Grunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen.
VolltextIBRRS 2024, 1824
BGH, Beschluss vom 19.03.2024 - X ARZ 119/23
1. Die Unterbrechung des Verfahrens gem. § 240 ZPO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der beklagten Partei steht einem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht entgegen (Bestätigung von BGH, IBR 2022, 659).*)
2. Dem Gericht, bei dem der Rechtsstreit in der Hauptsache anhängig ist, ist es gem. § 249 ZPO während einer Unterbrechung des Verfahrens verwehrt, sich für unzuständig erklären und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht zu verweisen.*)
3. Eine entgegen § 249 ZPO ergangene Entscheidung zur Zuständigkeit kann aber als rechtskräftige Entscheidung i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO anzusehen sein.*)
VolltextIBRRS 2024, 1820
BGH, Beschluss vom 25.04.2024 - VII ZR 109/23
1. Überträgt das vollbesetzte Berufungsgericht den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung, ist der so ermächtigte Einzelrichter zur Entscheidung über die Berufung auch dann befugt, wenn er abweichend von der Mehrheit des Kollegiums von vorneherein die grundsätzliche Bedeutung der Sache angenommen hat. Er kann deshalb auch ohne Verfahrensverstoß die Revision zulassen.
2. Der Einzelrichter muss den Rechtsstreit dem Kollegium zur Entscheidung über eine Übernahme vorlegen, wenn sich die aus seiner Sicht gegebene grundsätzliche Bedeutung aus einer - nach der Übertragung auf ihn eingetretenen - wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt.
3. Entscheidet der Einzelrichter unbefugt allein, ist der absolute Revisionsgrund der fehlerhaften Gerichtsbesetzung gegeben. Das Berufungsurteil ist ohne Sachprüfung im Umfang seiner Anfechtung aufzuheben und die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht (Einzelrichter) zurückzuverweisen.
VolltextIBRRS 2024, 1464
LG Köln, Beschluss vom 25.07.2023 - 15 O 235/23
1. Die Zuständigkeitsregelung des § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG erfasst auch Streitigkeiten zwischen den Wohnungseigentümern aus dem so genannten sachenrechtlichen Grundverhältnis.
2. Dies gilt auch für den Fall der Aufhebung der Gemeinschaft gem. § 11 WEG ebenso für den Fall der vertraglich geregelten Aufhebung, die beide auf eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen zielen.
VolltextIBRRS 2024, 1808
BGH, Beschluss vom 24.04.2024 - VII ZR 871/21
1. Ein Sachvortrag ist schlüssig und ausreichend substanziiert, wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substanziierung, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden.
2. Ein Gericht verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es die Substanziierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben.
3. Der - unter Beweis gestellte - Vortrag, der bauüberwachende Architekt habe durch konkrete fehlerhafte Anweisungen an den ausführenden Unternehmer einen Mangel (hier: der Lüftungsanlage) mitverursacht, ist hinreichend substanziiert.
VolltextIBRRS 2024, 1700
BGH, Beschluss vom 23.01.2024 - VI ZB 16/22
1. Gemäß § 80 Satz 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Wurde die Prozessvollmacht nicht unmittelbar von der Partei bzw. deren gesetzlichem Vertreter erteilt, muss die Vollmachtkette lückenlos in der Form des § 80 ZPO nachgewiesen werden. Dabei muss grundsätzlich auch die behauptete Generalvollmacht eines Bevollmächtigten zu den Gerichtsakten gegeben werden. Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde - gegebenenfalls in beglaubigter Form - geführt werden, die Vorlage von Kopien oder ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügen nicht.*)
2. Für die Bestimmung des Inhalts einer Rechtsmittelschrift sind nur die Erkenntnisquellen für das Berufungsgericht maßgeblich, die ihm zum Zeitpunkt des Ablaufs der Rechtsmittelfrist vorliegen. Die Rechtsmittelschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Rechtsmittelführer und wer Rechtsmittelgegner sein soll.*)
VolltextIBRRS 2024, 1769
BGH, Beschluss vom 14.05.2024 - VIII ZB 6/24
Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde obliegt nicht dem Einzelrichter, sondern dem Kollegium. Bejaht der Einzelrichter mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters.
VolltextIBRRS 2024, 1735
LG Lüneburg, Beschluss vom 16.10.2023 - 6 S 39/23
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2024, 1481
AG Hamburg-St. Georg, Beschluss vom 25.04.2024 - 980a C 40/23 WEG
1. Ein Anerkenntnis darf als Prozesshandlung nicht unter einer Bedingung erklärt werden. Eine unzulässige Bedingung stellt es prozessual nur dann nicht dar, wenn der Beklagte sein Anerkenntnis davon abhängig macht, dass die - von Amts wegen zu prüfenden - Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage erfüllt werden.
2. Ein(e) Anerkenntnis(erklärung) ist nicht für wirksam zu erachten, sofern die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft diese(s) von der Einhaltung der Klagefrist abhängig macht. Denn bei den Klagefristen nach § 45 Satz 1 WEG (Klage- und Klagebegründungsfrist) handelt es sich nicht um Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage, sondern um materiell-rechtliche Ausschlussfristen.
VolltextIBRRS 2024, 1768
BGH, Beschluss vom 14.05.2024 - XI ZB 16/23
1. Ein völlig ungeeignetes Ablehnungsgesuch ist eindeutig unzulässig und kann daher durch den Spruchkörper in seiner regulären Besetzung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters beschieden werden.
2. Ein Ablehnungsgesuch ist völlig ungeeignet, wenn seine Begründung von vornherein untauglich ist, eine Befangenheit des abgelehnten Richters aufzuzeigen, und für seine Verwerfung deshalb jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist.
3. Bei der Rüge "vieler" übergangener Anträge und Gehörsverletzungen sowie Form- und Rechtsverstößen handelt es sich um Pauschalbehauptungen und Wertungen ohne Tatsachensubstanz, die von vornherein nicht geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit aufzuzeigen.
VolltextIBRRS 2024, 1761
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.05.2024 - 6 O 14/24
1. Auch für selbständige Beweisverfahren im Verwaltungsprozess (§ 98 VwGO i.V.m. § 485 Abs 2 ZPO) gilt, dass sich der Streitwert grundsätzlich nach dem Hauptsachewert richtet. Er ist nach Durchführung der Beweiserhebung und unter Verwertung der dabei gewonnenen Erkenntnisse zu ermitteln.*)
2. Ausgangspunkt der Bemessung ist die sich für den Antragsteller bei Einleitung des Verfahrens aus seinem Antrag ergebende Bedeutung der Sache, §§ 40, 52 Abs. 1 GKG 2004. Dient das Beweisverfahren der Feststellung von (Bau-)Mängeln, bestimmt sich dessen Wert nach dem für die Mängelbeseitigung erforderlichen und gutachterlich festzustellenden Mängelbeseitigungsaufwand, da dieser regelmäßig Gegenstand eines späteren Hauptsacheverfahrens ist.*)
3. Unerheblich bleibt, wie die Beteiligten die eingeholten Gutachten später bewerten und dass sie durch Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs ein Hauptsacheverfahren vermeiden.*)
4. Besteht Streit über die Richtigkeit der Höhe der von den Sachverständigen ermittelten Kosten, ist hierüber nicht im Verfahren zur Festsetzung des Streitwerts zu entscheiden, sondern das Beweisverfahren fortzusetzen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1762
OLG München, Beschluss vom 21.05.2024 - 9 W 705/24 Bau
1. Ein selbständiges Beweisverfahren endet mit seiner sachlichen Erledigung, so dass ein Beschluss, mit dem die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens festgestellt wird, nur deklaratorische und keine konstitutive Wirkung hat.
2. Sachliche Erledigung tritt bei rückschauender Betrachtung nach einer mündlichen Erläuterung des schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen grundsätzlich mit dem Verlesen des Sitzungsprotokolls über die Vernehmung des Sachverständigen oder dessen Vorlage zur Durchsicht ein.
3. Einer Beschwerde gegen einen deklaratorischen Beschluss zur Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis.
VolltextIBRRS 2024, 1752
BGH, Beschluss vom 09.04.2024 - IX ZB 28/23
Im summarischen Eilverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist die Anrufung des Bundesgerichtshofs als weiterer Rechtsmittel- und damit auch Beschwerdeinstanz von vorneherein gesetzlich ausgeschlossen. Der Weg einer außerordentlichen Beschwerde ist nicht eröffnet und verfassungsrechtlich auch nicht geboten.
VolltextIBRRS 2024, 1764
BAG, Urteil vom 22.02.2024 - 6 AZR 125/23
1. Das Erfordernis der Widerspruchsfreiheit betrifft nicht von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeitsfragen und steht deshalb der Zulässigkeit von Teilurteilen nicht entgegen.*)
2. Bei von Amts wegen vorzunehmenden Zustellungen ist allein das Gericht „Zustellender“ i.S.d. § 172 Abs. 1 ZPO.*)
VolltextIBRRS 2024, 1631
BGH, Beschluss vom 16.04.2024 - II ZR 70/23
Dem Berufungsgericht ist es verwehrt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und dadurch eine Klageänderung für wirkungslos zu erachten, wenn das Erstgericht die erstinstanzliche Antragstellung durch einen Hinweis auf seine im Urteil aufgegebene Rechtsauffassung veranlasst hatte.*)
VolltextIBRRS 2024, 1742
BFH, Beschluss vom 17.04.2024 - X B 68/23
1. Wenn ein Verfahrensbeteiligter oder Prozessbevollmächtigter sich auf der Anreise zum Gerichtstermin solchen Verzögerungen ausgesetzt sieht, gegen die auch die vernünftigerweise zu beachtende Sorgfalt keine Vorsorge gebietet, ist das Gericht auf eine telefonische Benachrichtigung hin, dass man sich verspäten werde, regelmäßig verpflichtet, mit der Eröffnung des Termins zu warten.*)
2. Unterläuft der Geschäftsstelle des Gerichts bei der Weiterleitung einer telefonischen Benachrichtigung über eine solche Verzögerung ein Fehler, ist dieser dem Gericht zuzurechnen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1733
KG, Beschluss vom 06.03.2024 - 10 W 28/24
1. Eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begründet ihren Anspruch auf Vorschuss gegen einen Wohnungseigentümer erfahrungsgemäß, wenn auch nicht zwingend, jährlich neu.
2. Eine Fortgeltungsklausel, die im Einzelfall zu einer längeren Zeitdauer führt, ändert an diesem bundesweiten Erfahrungssatz nichts.
3. Der Gebührenstreitwert bei einer Klage auf künftiges Hausgeld ist deshalb gem. § 3 ZPO (und nicht nach § 9 ZPO) zu ermitteln.
VolltextIBRRS 2024, 1732
AG Solingen, Beschluss vom 12.04.2024 - 37 F 20/24
1. Wird ein Bewohner vom Nachbarn geschlagen und bedroht, weil er ständig die Fenster im Treppenhaus zum Lüften öffnet, kann der Bewohner per einstweiliger Verfügung eine Abstandsverfügung erwirken.
2. Der Umstand, dass der Bewohner durch sein eigenes Verhalten - nämlich das andauernde Lüften - den Hausfrieden erheblich stört und zur Eskalation der Situation maßgeblich beigetragen hat, lässt die Widerrechtlichkeit des Verhaltens des Nachbarn nicht entfallen.
VolltextIBRRS 2024, 1701
BGH, Beschluss vom 23.01.2024 - VI ZB 88/21
Gemäß § 80 Satz 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Wurde die Prozessvollmacht nicht unmittelbar von der Partei bzw. deren gesetzlichem Vertreter erteilt, muss die Vollmachtkette lückenlos in der Form des § 80 ZPO nachgewiesen werden. Dabei muss grundsätzlich auch die behauptete Generalvollmacht eines Bevollmächtigten zu den Gerichtsakten gegeben werden. Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde - gegebenenfalls in beglaubigter Form - geführt werden, die Vorlage von Kopien oder ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügen nicht.*)
VolltextOnline seit Mai
IBRRS 2024, 1719BFH, Beschluss vom 23.04.2024 - VIII B 31/23
Wird ein Terminaufhebungs- oder -verlegungsantrag schriftlich gestellt, ist er nicht formunwirksam, wenn er nicht über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach elektronisch beim Gericht eingereicht wird.*)
VolltextIBRRS 2024, 1693
BGH, Beschluss vom 23.04.2024 - VIII ZB 75/23
Im Beschwerdeverfahren ist die Zivilkammer nicht befugt, selbst über die Übertragung eines in die originäre Zuständigkeit des Einzelrichters fallenden Beschwerdeverfahrens zu entscheiden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21.09.2017 - IX ZB 84/16, Rz. 11, IBRRS 2017, 3404 = IMRRS 2017, 1421 = NZI 2017, 991; vom 30.04.2020 - I ZB 61/19, Rz. 24, IBRRS 2020, 1903 = IMRRS 2020, 0811 = BGHZ 225, 252 Rn. 24; vom 24.05.2023 - VII ZB 73/21, Rz. 9, IBRRS 2023, 1861 = IMRRS 2023, 0861).*)
VolltextIBRRS 2024, 1660
BGH, Beschluss vom 23.04.2024 - VIII ZR 35/23
Zu einer Gehörsverletzung bei fehlender Berücksichtigung des Vortrags zum Verständnis des Verkäufers vom Inhalt einer Mängelrüge i.S.d. § 377 HGB (im Anschluss an BGH, Urteile vom 18.07.1986 - VIII ZR 195/85, IBRRS 1986, 0314 = NJW 1986, 3136 unter II 1; vom 21.10. 1987 - VIII ZR 324/86, IBRRS 1987, 0096; vom 14.05.1996 - X ZR 75/94, IBR 1997, 56 = NJW 1996, 2228 unter II 2).*)
VolltextIBRRS 2024, 1657
BGH, Beschluss vom 21.03.2024 - V ZB 17/23
1. Eine Zwischenverfügung des Grundbuchamtes, mit der eine Fristverlängerung abgelehnt wird, kann mit der Beschwerde angegriffen werden. Folglich kann nach Zulassung auch Rechtsbeschwerde erhoben werden.*)
2. Die Angemessenheit einer Frist zur Hebung eines Eintragungshindernisses richtet sich nicht danach, ob nach Antragstellung der Verlust einer Rechtsposition wegen nachträglicher Verfügungsbeschränkungen droht, sondern danach, wie lange der Zeitraum zur Hebung des Hindernisses nach Grundbuchaktenlage unter Berücksichtigung des Erledigungsinteresses und der Aufgaben des Grundbuchamtes zu bemessen ist.*)
VolltextIBRRS 2024, 0314
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 27.10.2023 - 2-09 T 615/23
1. Abgesehen von bezifferten Klagen ist der Streitwert von Beschlussklagen in aller Regel im Wege der Schätzung nach freiem Ermessen zu bestimmen.
2. Zu der Frage, wie der Streitwert für einen Beschluss, der die Anweisung an die Verwaltung beinhaltet, für neu zu vergebende anwaltliche Mandate in Angelegenheiten der Gemeinschaft eine bestimmte Kanzlei zu beauftragen, zu bestimmen ist.
VolltextIBRRS 2024, 1680
KG, Beschluss vom 17.05.2024 - 21 W 5/24
1. Gegen die Entscheidung, den Rechtsstreit auszusetzen, bis der Europäische Gerichtshof über das Vorabentscheidungsersuchen in einem fremden Verfahren entschieden hat, ist die sofortige Beschwerde gemäß § 252 ZPO statthaft.*)
2. Der in § 252 ZPO verankerte Justizgewährungsanspruch gebietet es in einer solchen Konstellation zum Schutz der Parteien, zumindest überprüfen lassen zu können, ob die Voraussetzungen für eine Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit der Parallelsache gegeben sind.*)
3. Mit Blick auf die Entscheidungsprärogative der Vorinstanz beschränkt sich der Prüfungsmaßstab des Beschwerdegerichts darauf, ob ein Aussetzungsgrund gemäß § 148 ZPO vorliegt und ob die Vorinstanz die Grenzen des eingeräumten Ermessens eingehalten und dieses fehlerfrei ausgeübt hat.*)
VolltextIBRRS 2024, 1679
BGH, Urteil vom 22.03.2024 - V ZR 141/23
Sieht die Gemeinschaftsordnung vor, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums "der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer" bedarf, ist eine Klage auf Zustimmung zur Veräußerung stets gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten; dies gilt auch dann, wenn die Vereinbarung vor dem 01.12.2020 getroffen wurde.*)
VolltextIBRRS 2024, 1644
BFH, Beschluss vom 22.04.2024 - III B 82/23
1. Die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung wegen eines in der Privatsphäre liegenden Vorhabens setzt die Darlegung und (gegebenenfalls) die Glaubhaftmachung von Umständen voraus, wonach das Vorhaben in seiner Planung bereits vor Zugang der Ladung so ausgestaltet war, dass die Wahrnehmung des gerichtlichen Termins während dieser Zeit unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist.*)
2. Ein vor Zugang der Ladung gefasster Entschluss zu einem Kurzurlaub "ins Blaue" ist kein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten.*)
VolltextIBRRS 2024, 1643
FG Niedersachsen, Urteil vom 24.04.2024 - 13 K 115/23
1. § 47 Abs. 2 FGO dispensiert nicht von der Einhaltung der Formvorschriften der §§ 52a, 52d FGO (Fortsetzung von FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 22.01.2019 - 2 K 212/18; FG Berlin-Brandenburg, Gerichtsbescheid vom 02.05.2019 - 7 K 7019/19; FG Münster, Urteil vom 26.04.2017 - 7 K 2792/14 E). Dies gilt nicht nur für in elektronischer Form angebrachte Klageschriften, sondern schließt für den zur elektronischen Einreichung verpflichteten Steuerberater auch die Anbringung in Schriftform gemäß § 64 Abs. 1 FGO aus.*)
2. Der Regelungsgehalt des § 47 Abs. 2 FGO beschränkt sich für Steuerberater damit auf die Einreichung über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt) an das für diese Zwecke jedenfalls konkludent eröffnete besondere elektronische Behördenpostfach (beBPo) des Finanzamtes.*)
3. Eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist wegen eines Irrtums über die Möglichkeit der schriftlichen Einreichung beim beklagten Finanzamt kommt nicht in Betracht. Es handelt sich nicht um eine nicht vorhersehbare Vorschärfung der Auslegung verfahrensrechtlicher Vorschriften.*)
VolltextIBRRS 2024, 0870
OLG Brandenburg, Urteil vom 13.02.2024 - 3 U 96/23
1. Ob für die Zuständigkeit ein Wohnraum- oder ein Geschäftsraummietverhältnis zu Grunde zu legen ist, ist allein nach dem Antrag und dem schlüssigen Sachvortrag des Klägers - nicht hingegen nach dessen bloßer Rechtsauffassung - zu entscheiden, da sich hiernach der Streitgegenstand bestimmt.
2. Sofern die zuständigkeitsbegründende Tatsache eine doppelrelevante Tatsache - also die zuständigkeitsbegründende Tatsache zugleich Voraussetzung für die Begründetheit der Klage - ist, wird über das Vorliegen dieser Tatsache kein Beweis erhoben, sondern ist das Vorbringen des Klägers für die Entscheidung über die Zulässigkeit als wahr zu unterstellen.
VolltextIBRRS 2024, 1616
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.05.2024 - 2 O 142/23
1. Die Aufwendungen eines Beteiligten für die Teilnahme eines privaten Sachverständigen an einem Termin zur Beweisaufnahme (Einnahme eines Augenscheins) sind in der Regel nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig.*)
2. Die Aufwendungen eines Beteiligten für die Teilnahme eines privaten Sachverständigen an einer mündlichen Verhandlung sind - ausnahmsweise - dann als notwendig anzuerkennen, wenn sich der Beteiligte aufgrund der damaligen Prozesslage zur Zuziehung des Sachverständigen herausgefordert sehen durfte. Dies kann der Fall sein, wenn bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärmimmissionen für die Nachbarschaft möglicherweise entscheidungserhebliche fachliche Fragen zur Schallausbreitung und Schalldämmung streitig sind.*)
VolltextIBRRS 2024, 1614
OLG München, Beschluss vom 26.04.2024 - 23 U 8369/21
Die Behauptung des Beklagtenvertreters, das Urteil habe ihn erst zwei Wochen nach dessen Versand per beA erreicht, kann auf Antrag des Klägers dazu führen, dass die Vorlage des beA-Nachrichtenjournals anzuordnen ist.
IBRRS 2024, 1598
BGH, Beschluss vom 26.03.2024 - VI ZB 58/22
Zu den Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Terminsvertreters (Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 09.05.2023 - VIII ZB 53/21, IBRRS 2023, 1699 = IMRRS 2023, 0780; vom 22.05.2023 - VIa ZB 22/22, IBRRS 2023, 3617 = IMRRS 2023, 1660).*)
VolltextIBRRS 2024, 1583
OLG Hamm, Urteil vom 19.12.2023 - 7 U 73/23
Die Aufnahme der Angaben des Sachverständigen in das Verhandlungsprotokoll ist originäre richterliche Aufgabe und kann nicht dem Sachverständigen übertragen werden; erfolgt die Protokollierung durch den Sachverständigen unmittelbar selbst, ergibt dies einen nicht heilbaren Verfahrensfehler.
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