Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
2920 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2016
IBRRS 2016, 3228OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.10.2016 - 4 U 136/14
1. Sieht der Statiker in den statischen Berechnungen eine geeignete Innenbeplankung eines in Holzständerbauweise zu errichtenden Wohnhauses vor, führt er in dem Wärmeschutznachweis jedoch eine im Hinblick auf Statik und Feuchtigkeit ungeeignete Beplankung auf und ist ihm bekannt, dass diese ungeeignete Beplankung ausgeführt werden soll, muss er den Bauherrn als seinen Auftraggeber unverzüglich auf die Ungeeignetheit der beabsichtigten Ausführung hinweisen.*)
2. Eine gesamtschuldnerische Haftung von ausführendem Unternehmen und Statiker gegenüber dem Bauherrn wird weder durch eine Prozesstrennung noch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmens beendet.*)
VolltextIBRRS 2015, 3028
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 26.11.2014 - 2-16 S 107/14
Für den Energieberater besteht keine Rechtspflicht, sich bei der KfW zu erkundigen, ob die von ihm für den Bauherrn vorgefertigten Antragsunterlagen für Fördermittel tatsächlich bei der KfW eingegangen sind.
VolltextIBRRS 2016, 3072
BGH, Beschluss vom 16.11.2016 - VII ZR 314/13
Vom Auftraggeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen, nach denen die anrechenbaren Kosten für Leistungen der Leistungsphasen 2 bis 4 gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure auf der Grundlage einer genehmigten Kostenberechnung zur Haushaltsunterlage Bau zu bestimmen sind, sind wegen unangemessener Benachteiligung des Architekten unwirksam.*)
VolltextIBRRS 2016, 2661
OLG Dresden, Urteil vom 19.10.2016 - 13 U 74/16
1. Es steht dem Auftraggeber grundsätzlich frei, welchen Gesamtschuldner er in Anspruch nimmt.
2. Ausnahmsweise kann die Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners rechtsmissbräuchlich sein.
2. Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn der Auftraggeber den Bauüberwacher wegen Bauaufsichtspflichtverletzung in Anspruch nimmt, obwohl der Bauunternehmer nachbesserungsbereit ist und der Auftraggeber daher auf einfachere, billigere Weise die Beseitigung des Mangels (v)erlangen kann.
VolltextIBRRS 2016, 2851
OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2015 - 10 U 558/14
1. Der Auftragnehmer ist auch nach Abnahme seines Werks verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren eine Vereitelung oder Gefährdung des Vertragszwecks zu verhindern. Diese Verpflichtung wird erfüllt, wenn der Auftraggeber darauf hingewiesen wird, dass die verlegten Heizschläuche noch mit Wasser gefüllt sind und dass in naher Zukunft Frost zu erwarten ist.
2. Verteilt der Auftraggeber zunächst einheitlich ausgeschriebene Heizungsarbeiten willkürlich auf zwei verschiedene Handwerksfirmen, muss er deren Arbeiten (zeitlich) koordinieren. Anderenfalls ist er allein dafür verantwortlich, wenn sich die Baustelle zu Beginn der zu erwartenden Frostperiode in einem unfertigen und ungeschützten Zustand befindet.
3. Der bauüberwachende Architekt haftet nicht für einen Frostschaden im Bereich einer sich im Aufbau befindlichen Fußbodenheizung, wenn der Auftraggeber über die bei Frosteintritt bestehende Gefahr informiert war und der Architekt keine Maßnahme hätte treffen können, die über eine Warnung hinausgegangen wäre.
VolltextIBRRS 2016, 2807
OLG Jena, Urteil vom 26.11.2014 - 7 U 862/13
1. Ein Ingenieurvertrag kommt jedenfalls dann nicht durch schlüssiges Verhalten zustande, wenn beide Vertragsparteien auf Schriftlichkeit bedacht waren.
2. Das Verhandlungsverfahren hat den Zweck, den Leistungsinhalt zu finden und kann sich auf beliebig viele Besprechungs- und Verhandlungstermine erstrecken. Erst nach Abschluss des Verhandlungsverfahrens steht der Vertragsinhalt fest. Die Niederschriften beweisen daher keinen Leistungsabruf.
3. Der Auftraggeber ist aufgrund eines Verhandlungsverfahrens nicht verpflichtet, einen Vertrag abzuschließen. Er kann das Vorhaben z.B. wegen Nichtfinanzierbarkeit "auf Eis legen". Daraus kann kein Schadensersatzanspruch aus Verhandlungsverschulden hergeleitet werden.
VolltextIBRRS 2016, 2779
KG, Beschluss vom 30.01.2014 - 27 U 144/12
1. Die Verjährungshemmung bei Verhandlungen setzt eine Prüfung der Mängel der eigenen Leistung im Einvernehmen mit dem Besteller voraus.
2. Die bloße Teilnahme des Unternehmers an Besprechungen zwischen dem Besteller und dem Bauherrn begründet keine Hemmung.
3. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme in einem anderen Verfahren können als Urkunde verwertet werden, wenn dies von der beweisbelasteten Partei beantragt wird.
IBRRS 2016, 2778
KG, Beschluss vom 12.09.2013 - 27 U 144/12
1. Die Verjährungshemmung bei Verhandlungen setzt eine Prüfung der Mängel der eigenen Leistung im Einvernehmen mit dem Besteller voraus.
2. Die bloße Teilnahme des Unternehmers an Besprechungen zwischen dem Besteller und dem Bauherrn begründet keine Hemmung.
3. Die Ergebnisse der Beweisaufnahme in einem anderen Verfahren können als Urkunde verwertet werden, wenn dies von der beweisbelasteten Partei beantragt wird.
VolltextIBRRS 2016, 2713
BGH, Urteil vom 06.10.2016 - VII ZR 185/13
1. Hat der Architekt eine mit dem Auftraggeber vereinbarte Baukostenobergrenze nicht eingehalten, kann dem Auftraggeber ein Schadensersatzanspruch zustehen (Fortführung von BGH, Urteil vom 23.01.2003 - VII ZR 362/01, BauR 2003, 566 = NZBau 2003, 281 = IBR 2003, 203). Der auf die Nichteinhaltung einer solchen Obergrenze gestützte Schadensersatzanspruch führt dazu, dass der Architekt den sich aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ergebenden Honoraranspruch auf der Grundlage der anrechenbaren Kosten gemäß § 10 HOAI 2002 insoweit nicht geltend machen kann, als dieser das Honorar überschreitet, welches sich ergäbe, wenn die anrechenbaren Kosten der vereinbarten Baukostenobergrenze entsprochen hätten (dolo-agit-Einwand, § 242 BGB).*)
2. Beruft sich der Auftraggeber auf eine Überschreitung einer vereinbarten Baukostenobergrenze, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete Beschaffenheitsvereinbarung.*)
VolltextIBRRS 2016, 2666
OLG Brandenburg, Urteil vom 16.03.2016 - 4 U 19/15
1. Ist ein Architekt lediglich mit Leistungen der Leistungsphasen 3 und 4 des § 15 HOAI 1996 beauftragt, gibt der Bauherr mit Einreichung genehmigungsfähiger Bauunterlagen zu erkennen, dass er die erbrachten Architektenleistungen billigt.
2. Bei stufenweiser Beauftragung schuldet der Architekt als eigenständigen Werkerfolg nur die bereits beauftragten Leistungen. Demgemäß richtet sich die Frage der Mangelhaftigkeit - und damit auch die Verjährung von Mängel- bzw. Gewährleistungsansprüchen - selbstständig nach diesem Planungsstadium.
VolltextIBRRS 2016, 2634
OLG Koblenz, Beschluss vom 16.09.2016 - 5 U 815/16
1. Wird im Zuge der Aufstellung eines Bebauungsplans eine mangelhafte schalltechnische Untersuchung vorgelegt, erstreckt sich die Nachbesserung durch das hiermit beauftragte Ingenieurbüro lediglich auf die Erteilung einer fachlich zutreffenden Analyse. Die nachfolgende Unterstützung der planaufstellenden Stadt in einem Normenkontrollverfahren ist nicht Teil der Nachbesserung.*)
2. Wird das Fehlen einer Einigung über eine Vergütung erstmals mit der Berufungsbegründung in den Raum gestellt, unterfällt dies der Anwendung von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.*)
3. Das Entstehen einer Vergütungspflicht kann offenbleiben, wenn mit einer Verrechnungsabrede eine eigenständige vertragliche Grundlage geschaffen wurde, nach der die wechselseitig angemeldeten Forderungen als verrechnet und damit erloschen angesehen werden sollen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2592
OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.07.2016 - 5 U 73/14
1. Wird die Arbeitskraft eines Architekten einseitig durch einen Bauträger gebunden und gerät er dadurch in eine wirtschaftliche Abhängigkeit, kann ein Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 2 HOAI 1996 vorliegen, der die Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigt, wenn diese enge Zusammenarbeit eine Qualität hat, die die Unterschreitung der Mindestsätze kompensiert. Dies kann der Fall sein, wenn der Arbeitsaufwand aufgrund von Synergieeffekten geringer ist oder eine stabile soziale Absicherung mit der Tätigkeit verbunden ist.*)
2. Gerade Ingenieure, die eine dauerhafte Zusammenarbeit auf der Basis von zu niedrigen Honorarsätzen anbieten und praktizieren, setzen sich in gesteigertem Maß der Gefahr unauskömmlicher Honorierung aus (vgl. BGH, NJW 2012, 848 ff. = IBR 2012, 88) und verdienen den Schutz des Preisrechts der HOAI.*)
VolltextIBRRS 2016, 2152
OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.05.2015 - 23 U 80/14
1. "Begleitet" ein Architekt eine Baumaßnahme und entfaltet er Tätigkeiten "nach und nach", je nach den Erfordernissen des Einzelfalls, bezieht sich seine Beauftragung nur auf die Grundleistungen, die erforderlich wurden.
2. Ist dies der Fall, darf der Architekt für die Grundleistungen nur ein Honorar berechnen, das dem Anteil der übertragenen Leistungen an der gesamten Leistungsphase entspricht. Dabei ist die Bewertung nach der Siemon-Tabelle nicht zu beanstanden.
3. Bei der Honorarermittlung der technischen Ausrüstung ist nicht die Anlage, sondern die Anlagengruppe maßgeblich.
4. Werden Anlagen in getrennten Gebäuden geplant und sind diese Anlagen funktional eigenständig, bildet die jeweilige Anlage die Abrechnungseinheit.
5. Auch dann, wenn Anlagen nicht einheitlich beauftragt werden, z. B. durch zeitliche Trennung, bildet die jeweilige Anlage die Abrechnungseinheit.
IBRRS 2016, 2584
OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.04.2016 - 5 U 135/14
1. Für den bauleitenden Architekten besteht bei kritischen Bauabschnitten (Ausführung eines Kellers/Tiefgarage als sog. "weiße Wanne"), die besondere Gefahrenquellen bergen, eine erhöhte Überwachungspflicht.*)
2. Zwar sind der Überwachungstätigkeit des Architekten Grenzen gesetzt, die sich aus dem von ihm zu erwartenden Wissensstand ergeben. Allerdings hat der Architekt die Zuverlässigkeit und Qualität des ausführenden Unternehmers einzuschätzen, er kann die Einhaltung der erforderlichen Rahmenbedingungen und der Grundvoraussetzungen für das konkrete Gewerk überprüfen.*)
VolltextIBRRS 2016, 2574
BGH, Urteil vom 08.09.2016 - VII ZR 168/15
1. Aus dem Inhalt und der Gestaltung der in einem Bauvertrag verwendeten Vertragsbedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein dafür ergeben, dass die Klauseln zur Mehrfachverwendung vorformuliert worden sind.
2. Ein solcher Anschein kann sich daraus ergeben, dass Vertragsklauseln weitgehend allgemein und abstrakt gehalten sind. Für Architekten- und Ingenieurverträge gilt Entsprechendes.
3. Eine Vertragsbestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Architekten oder Ingenieurs, wonach "die Verjährung nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjekts beginnt", benachteiligt den Auftraggeber unangemessen und ist unwirksam.
4. Eine Klausel, wonach "die Verjährung mit der Abnahme der letzten nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistung beginnt, ausgenommen ist hier ausdrücklich die LP 9 (Objektbetreuung und Dokumentation)" enthält keine Vereinbarung einer Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen.
5. Nimmt ein Auftraggeber einen Ingenieur auf Schadensersatz wegen Mängeln des Ingenieurwerks in Anspruch, so darf ein Grundurteil nur ergehen, wenn grundsätzlich alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind. An dieser Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils fehlt es, wenn das Gericht überhaupt keine Feststellungen zu Mängeln des Ingenieurwerks, die zu vom Auftraggeber geltend gemachten Mängeln der am Bauwerk installierten Anlagen geführt haben, getroffen hat.*)
IBRRS 2016, 2491
OLG München, Beschluss vom 18.08.2014 - 9 U 1314/14 Bau
1. Die Annahme, dass ein Architekt umfangreiche Leistungen (hier: der Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 33 Abs. 3 HOAI 2009 ) kostenlos erbringen möchte, ist für sich genommen bereits lebensfremd.
2. Der Umstand, dass ein Architekt umfassende Planungsleistungen erbracht hat, die Grundlage für die Beantragung einer Baugenehmigung und eines Investitionskostenzuschusses waren, spricht für einen (konkludenten) Vertragsschluss.
VolltextIBRRS 2016, 2490
OLG München, Beschluss vom 11.09.2014 - 9 U 1314/14 Bau
1. Die Annahme, dass ein Architekt umfangreiche Leistungen (hier: der Leistungsphasen 1 bis 4 gemäß § 33 Abs. 3 HOAI 2009 ) kostenlos erbringen möchte, ist für sich genommen bereits lebensfremd.
2. Der Umstand, dass ein Architekt umfassende Planungsleistungen erbracht hat, die Grundlage für die Beantragung einer Baugenehmigung und eines Investitionskostenzuschusses waren, spricht für einen (konkludenten) Vertragsschluss.
VolltextIBRRS 2016, 2461
OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.04.2015 - 13 U 12/14
1. Die Verwendung von Wärmedämmelementen ohne Dampfsperrfolie entsprach bereits im Jahre 2004 nicht den anerkannten Regeln der Technik.
2. Willigt der Architekt während der Ausführungsphase in eine Änderung des von ihm zur Ausführung vorgesehenen Baumaterials ein und entspricht der dann verwendete Baustoff nicht den anerkannten Regeln der Technik, liegt ein Planungs- und kein Bauüberwachungsfehler vor.
3. Eine Haftungsbeschränkung in einem Architekten-Standardvertrag auf 20% des Honorars benachteiligt den Bauherrn unangemessen und ist unwirksam.
VolltextIBRRS 2016, 2436
OLG Köln, Urteil vom 21.07.2016 - 7 U 17/15
1. Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch ist, dass die Auskunft eine geeignete Grundlage für die ins Auge gefassten Maßnahmen darstellt, also eine „Verlässlichkeitsgrundlage“ für auf sie gestützte Aufwendungen, Investitionen und dergleichen bilden kann.
2. Gesichtspunkte, die den Vertrauensschutz ausschließen können, sind nicht nur objektive Umstände, sondern auch subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten (auch eines für den Bauherrn anfragenden Architekten).
3. Bergbaurechtliche Problematiken sind durch den vom Bauherrn beauftragten Architekten eigenständig abzuklären.
VolltextIBRRS 2016, 2258
OLG Koblenz, Urteil vom 03.08.2016 - 10 U 344/13
1. Eine Fortschreibung der Kosten bei der Abrechnung der zweiten Stufe ist unzulässig.
2. Die durch Änderungen des Bauvorhabens erhöhten Kosten müssen gesondert abgerechnet oder jedenfalls so deutlich erläutert werden, dass dies für den Auftraggeber nachvollziehbar und den einzelnen nachträglichen Aufträgen zuordenbar ist.
VolltextIBRRS 2016, 2371
OLG Naumburg, Urteil vom 30.05.2013 - 2 U 2/11
1. Der Schadensersatzanspruch nach § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B wegen Mangel- und Mangelfolgeschäden setzt keine vorangegangene Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung voraus. Die Schadensersatzpflicht besteht neben der weiterhin zu erfüllenden Verpflichtung zur mangelfreien Erneuerung der Leistungen.
2. Wird die Leistung mangelhaft erbracht, wird vermutet, dass der Auftragnehmer den Mangel auch zu vertreten hat. Dabei muss er sich das schuldhafte Handeln seiner Mitarbeiter zurechnen lassen und kann sich nicht darauf berufen, dass ein "einfacher Angestellter" die konkreten (Schadens-)Folgen seines Handelns nicht vorhergesehen hat.
3. Weist der Projektsteuerer den ausführenden Mitarbeiter des Auftragnehmers ausdrücklich darauf hin, dass eine Spülung der gesamten Anlage lediglich mit einer Wasser-Glykol-Mischung erfolgen darf und wird diese Erkenntnis nicht in die Tat umgesetzt, muss sich der Auftraggeber kein Mitverschulden anrechnen lassen. Denn die Überwachung der Ausführung gehört nicht zu den Aufgaben eines Projektsteuerers.
IBRRS 2016, 2325
KG, Urteil vom 25.09.2013 - 21 U 105/12
1. Die Rechtsnatur eines Projektsteuerungsvertrags hängt von den getroffenen Vereinbarungen ab. Sie bestimmen, ob der Vertrag eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat und ob er als Dienst- oder Werkvertrag einzuordnen ist. Werkvertragsrecht ist anwendbar, wenn der Projektsteuerer einen Erfolg schuldet.
2. Bei einem Vertrag über die Erstellung einer funktionalen Baubeschreibung handelt es sich um einen Werkvertrag.
3. Die Projektsteuerung für die Leistungsphase 1 gem. § 15 HOAI 2002 (Grundlagenermittlung) umfasst keine Standortanalyse, sondern die Klärung der Aufgabenstellung und der Voraussetzungen für den Einsatz von Planern und anderen an der Planung fachlich Beteiligten. In Abgrenzung zu den vom Objektplaner geschuldeten Architektenaufgaben sind im Zusammenhang mit der Projektsteuerung lediglich koordinierende, kontrollierende und überwachende Tätigkeiten zu erbringen, wie sie an sich dem Bauherren obliegen.
4. Zwar ist eine dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügende Teilklage geeignet, die Verjährung zu hemmen. Das gilt allerdings nur, wenn im Laufe des Rechtsstreits in unverjährter Zeit aufgegliedert wird, aus welchen Teilbeträgen der jeweiligen Forderungen sich die geltend gemachte Klagesumme zusammensetzt.
VolltextIBRRS 2016, 2358
OLG Dresden, Urteil vom 23.12.2013 - 9 U 1820/10
1. Auch der zunächst nur gefälligkeitshalber handelnde Architekt kann für Mängel seiner Leistung haften. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Bauherr auf einen Rechtsbindungswillen des Architekten schließen muss.
2. Eine vertragliche Bindung liegt insbesondere nahe, wenn erkennbar ist, dass wesentliche wirtschaftliche Interessen des Bauherrn auf dem Spiel stehen und er sich darauf verlassen darf, dass der Architekt diese Interessen wahrnehmen wird.
3. Ein - stillschweigender - Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit kommt in Betracht, wenn der Bauherr eine dahingehende Forderung des Architekten billigerweise nicht hätte ablehnen dürfen. Die wirtschaftliche Bedeutung der vom Architekten erbrachten Leistungen für den Bauherrn spricht indes dafür, dass sich dieser auf eine Haftungsbeschränkung nicht hätte einlassen müssen.
4. Der Architekt hat die Abschlagsrechnungen des Bauunternehmers daraufhin zu überprüfen, ob sie fachtechnisch und rechnerisch richtig sind, ob die zu Grunde gelegten Leistungen erbracht wurden und ob diese der vertraglichen Leistung entsprochen haben.
5. Befindet der Architekt die Abschlagsforderungen des Bauunternehmers als in Ordnung, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, kann es an einem Schaden des Bauherrn fehlen, wenn dieser die bezahlten Beträge von der Schlussrechnung des Bauunternehmers wieder in Abzug bringen kann.
6. Geldempfänge des Architekten von Seiten des bauausführenden Unternehmens mögen ungewöhnlich sein, lassen aber für sich gesehen nicht den Schluss zu, sie hätten mit dem Ziel zusammengearbeitet, durch mangelhafte Leistungen dem Bauherrn Schaden zuzufügen.
IBRRS 2016, 2344
OLG Bamberg, Urteil vom 18.06.2014 - 3 U 72/12
1. Wird ein Architekt/Ingenieur mit der Bauüberwachung beauftragt, muss er dafür sorgen, dass die Bauarbeiten entsprechend der bestehenden Planung ausgeführt werden.
2. Führen Änderungswünsche des Auftraggebers dazu, dass das Bauvorhaben nicht mehr genehmigungsfähig ist, hat der mit der Bauüberwachung betraute Architekt/Ingenieur den Auftraggeber darauf hinzuweisen.
3. Verletzt der bauleitende Architekt/Ingenieur seine Aufklärungs- und Hinweispflichten, ist der Auftraggeber so zu stellen, wie dieser stünde, wenn er den Hinweis erhalten und sich aufklärungsgerecht verhalten hätte.
VolltextIBRRS 2016, 2284
KG, Urteil vom 08.05.2014 - 27 U 50/13
1. Die Planungsleistung eines Architekten ist mangelhaft, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien des Architektenvertrags vereinbart sind.
2. Der Architekt ist verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten, sondern ist auch dazu verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen.
3. Die Kostenvorstellungen des Auftraggebers muss der Architekt im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen. Denn er ist bereits in diesem Planungsstadium gehalten, den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abzustecken.
VolltextIBRRS 2016, 2276
OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.08.2016 - 1 U 159/14
1. Ein Vertrag, den die Parteien unter bewusster und gewollter Außerachtlassung der nach vergaberechtlichen Vorschriften zwingend erforderlichen Ausschreibung der Leistungen geschlossen haben, verstößt gegen Grundwerte des Vergaberechts und ist nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig.*)
2. Der Vertretene muss sich grundsätzlich über § 166 BGB die Kenntnis seines Vertreters von den die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen zurechnen lassen, sofern kein evidenter Vollmachtsmissbrauch vorliegt oder der Vertreter bei Abschluss des Vertrages mit dem Vertragspartner nicht bewusst zum Nachteil des Vertretenen zusammengearbeitet hat.*)
3. In einem solchen Fall sind wechselseitige Ansprüche nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen.*)
IBRRS 2016, 2250
OLG Schleswig, Beschluss vom 14.04.2015 - 1 U 187/13
1. Werden die Leistungsbilder nach § 15 HOAI 2002 vereinbart, beschränken sich die Leistungspflichten des Architekten in der Leistungsphase 9 darauf, vor Ende der Verjährungsfrist im Verhältnis des Bauherrn zu dem Bauhandwerker eine Begehung des Bauwerks durchzuführen und die Beseitigung der dabei festgestellten Mängel zu überwachen.
2. Ohne besondere Vereinbarung ist der mit der Vollarchitektur beauftragte Architekt nicht dazu verpflichtet, den Bauherrn umfassend bei der Durchsetzung der Mängelansprüche gegenüber dem Bauhandwerker zu beraten und zu unterstützen.
VolltextIBRRS 2016, 2215
OLG Celle, Urteil vom 08.06.2016 - 14 U 125/15
Die Regelung in § 57 Abs. 2 Satz 2 HOAI 1996, wonach die Vertragsparteien ein Honorar als Festbetrag allein unter Zugrundelegung der geschätzten Bauzeit vereinbaren können, ohne insoweit die tatsächlich anrechenbaren Kosten zu berücksichtigen, ist von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in Art. 10 § 1 und § 2 MRVG nicht gedeckt und damit unwirksam.
VolltextIBRRS 2016, 2126
OLG Düsseldorf, Urteil vom 03.12.2015 - 5 U 28/15
1. Ein Architektenvertrag bedarf nicht zwingend der Schriftform; er kann mündlich geschlossen werden.
2. Legt der Architekt einen Vertragsschluss mit dem Auftraggeber als Vertragspartner schlüssig und substanziiert dar, obliegt es dem Auftraggeber, zu den einzelnen Behauptungen gezielt Stellung zu nehmen.
3. Das Architektenhonorar wird fällig, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht und eine prüfbare Honorarschlussrechnung überreicht worden ist. Eine Abnahme ist nicht erforderlich, die Leistung muss aber abnahmereif sein.
VolltextIBRRS 2016, 1570
OLG Koblenz, Urteil vom 19.05.2016 - 1 U 204/14
1. Der mit der Vollarchitektur beauftragte Architekt hat für die mangelfreie Erstellung des Bauwerks zu sorgen.
2. Die Planung eines Architekten ist mangelhaft, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte oder stillschweigend vorausgesetzte Beschaffenheit aufweist. Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit liegt auch dann vor, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck des Werks nicht erreicht wird und das Werk seine vereinbarte oder nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt (sog. funktionaler Mangelbegriff).
3. Als grundsätzlich einzuhaltender Mindeststandard gelten dabei die allgemein anerkannten Regeln der Technik; maßgebend ist dann, ob die Bauausführung zum Zeitpunkt der Abnahme (Bauerrichtung) den anerkannten Regeln der Technik entspricht.
4. Hat der Architekt auch die Bauaufsicht übernommen, ist das Bauwerk in angemessener und zumutbarer Weise zu überwachen und auf dessen plangerechte und mängelfreie Ausführung Bedacht zu nehmen.
5. Bei wichtigen oder kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein besonders hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiv(er)en Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet; dies betrifft auch sämtliche Bereiche der Bauphysik, namentlich die Anforderungen an die Isolierung und Wärmedämmung.
6. An fehlerhafte rechtliche Annahmen des Sachverständigen ist das Gericht nicht gebunden.
IBRRS 2016, 2170
OLG Celle, Beschluss vom 04.08.2016 - 9 W 103/16
In Niedersachsen ist die Bildung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung unter Beteiligung (nicht beratender) Ingenieure unzulässig, weil das Niedersächsische Ingenieurgesetz die nach § 8 Abs. 4 PartGG geforderte gesetzlich vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung nur für Partnerschaftsgesellschaften Beratender Ingenieure vorsieht (§ 7 Abs. 2 NIngG).*)
VolltextIBRRS 2016, 2133
OLG Köln, Urteil vom 12.12.2013 - 7 U 60/13
1. Abschlagsforderungen können trotz selbstständiger Verjährung als Rechnungsposten in die Schlussrechnung eingestellt und damit weiterhin geltend gemacht werden. Denn der Anspruch aus einer Honorarschlussrechnung stellt eine eigenständige Forderung dar, für die einheitlich eine neue Verjährungsfrist zu laufen beginnt.
2. Handelt es sich bei den Einzelrechnungen des Architekten nicht um Abschlags-, sondern um in sich abgeschlossene Teilschlussrechnungen, beginnt mit Eintritt der Fälligkeit jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist zu laufen.
3. Die Parteien eines Architektenvertrags können abweichend von § 8 Abs. 1 bis 3 HOAI 2002 die Fälligkeit der gesamten Vergütung oder von Teilen hiervon an beliebige Ereignisse knüpfen. Eine Möglichkeit ist die Vereinbarung der Fälligkeit "mit Erhalt der Rechnung".
VolltextIBRRS 2016, 2139
OLG Braunschweig, Urteil vom 30.06.2016 - 8 U 97/15
1. Die Erteilung eines Planungsauftrags mit einem Auftragsvolumen von über 16.000 Euro ist bei einer Gemeinde mit ca. 50.000 Einwohnern kein (formfreies) Geschäft der laufenden Verwaltung.
2. Die Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht finden in Fällen, in denen die gemeindliche Vertretungsregelung erkennbar missachtet wurde, keine Anwendung.
3. Erbringt ein Architekt/Ingenieur für eine Gemeinde Planungsleistungen, obwohl er hierzu formell nicht ordnungsgemäß beauftragt wurde, steht ihm ein Anspruch auf Wertersatz zu, wenn beide Parteien wissen, dass die Auftragserteilung (vorläufig) unwirksam ist, der Architekt/Ingenieur seine Leistungen aber in der Erwartung erbringt, dass das Vertragsverhältnis künftig wirksam wird.
VolltextIBRRS 2016, 1885
OLG Stuttgart, Urteil vom 17.10.2013 - 13 U 86/13
1. Übernimmt der Architekt bei der Vertragsausführung Aufgaben (hier: Prüfung der Baubeschreibung), die nach dem Vertrag nicht geschuldet sind, hat er für dabei schuldhaft verursachte Schäden einzustehen.
2. Der Architekt ist als Sachwalter verpflichtet, die Verpflichtungen des Auftraggebers im Außenverhältnis abzuklären, damit er die Planungsziele darauf abstimmen kann.
3. Soweit der Architekt seine Hinweis- und Aufklärungspflicht verletzt, spricht eine Vermutung dafür, dass sich der Auftraggeber auf Grund einer pflichtgemäßen Beratung dazu entschlossen hätte, sich entsprechend dieser Beratung zu verhalten.
VolltextIBRRS 2016, 2088
BGH, Urteil vom 14.07.2016 - VII ZR 193/14
Beauftragt der Besteller einen Architekten mit der Objektplanung für ein Gebäude und einen weiteren Architekten mit der Planung der Außenanlagen zu diesem Objekt, trifft ihn grundsätzlich die Obliegenheit, dem mit der Planung der Außenanlagen beauftragten Architekten die für die mangelfreie Erstellung seiner Planung erforderlichen Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hat der mit der Objektplanung beauftragte Architekt diese fehlerhaft erstellt, muss sich der Besteller dessen Verschulden gem. § 254 Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB im Verhältnis zu dem mit der Planung der Außenanlagen beauftragten Architekten zurechnen lassen (Fortführung von BGH, Urteil vom 15.05.2013 - VII ZR 257/11, BGHZ 197, 252 = IBR 2013, 476).*)
VolltextIBRRS 2016, 1951
OLG Koblenz, Urteil vom 20.11.2014 - 1 U 372/14
1. Der öffentlich-rechtliche Bauherr ist in der Regel auch der Auftraggeber des Architekten.
2. Ein Architektenvertrag kann unter der aufschiebenden Bedingung der tatsächlichen Realisierbarkeit des Bauvorhabens geschlossen werden. In einem solchen Fall ist ein Architektenhonorar nur geschuldet, wenn das Bauvorhaben auch tatsächlich umgesetzt wird. Das gilt selbst dann, wenn der Architekt bereits planerische Leistungen erbracht hat.
3. Eine Absprache, wonach der Architekt zunächst "auf eigenes Risiko" arbeiten und eine Vergütung für die von ihm erbrachten Leistungen nur bei Eintritt einer bestimmten Bedingung erhalten soll, bedarf nicht der Schriftform.
4. Kann der Architekt "ein Fläschchen Schampus auf den Zuschlag für das Projekt ... aufmachen", wenn seine Konditionen fair, nachvollziehbar und finanzierbar sind, steht seine Honorierung nicht unter einem (Projekt-)Finanzierungsvorbehalt, sondern setzt lediglich voraus, dass das Architektenhonorar finanzierbar ist.
VolltextIBRRS 2016, 1943
OLG Naumburg, Urteil vom 23.07.2014 - 1 U 24/14
1. Ein Honoraranspruch wegen erbrachter Planungsleistungen setzt den Abschluss eines Architektenvertrags voraus.
2. Ein Architektenvertrag kommt nicht allein dadurch zu Stande, dass der Architekt für den (vermeintlichen) Auftraggeber tätig geworden ist und (erhebliche) Planungsleistungen erbracht hat.
3. Es ist Sache des Honorar fordernden Architekten, das Zustandekommen des Vertrags vorzutragen und im Falle des Bestreitens unter Beweis zu stellen.
VolltextIBRRS 2016, 1983
LG Bonn, Urteil vom 01.06.2016 - 1 O 354/15
1. Hat sich ein aus der Architektenlsite gelöschter ehemaliger Architekt in einem Vergleich dazu verpflichtet, nicht mehr als Architekt aufzutreten, so muss er nicht nur alles unterlassen, was zu einer Verletzung führen kann, sondern auch alles tun, was im konkreten Fall erforderlich und zumutbar ist, um künftige andauernde Verletzungen zu verhindern oder rückgängig zu machen.
2. Dementsprechend ist er verpflichtet, die Löschung entsprechender Einträge der Branchendienste und Suchportale zu veranlassen.
3. Er muss unverzüglich eigene Recherchen über die weitere Verwendung der ihm untersagten Begriffe durchzuführen. Zur erforderlichen Sorgfalt gehört ein regelmäßiges Durchsuchen des Internets auf noch vorhandene Einträge, vor allem dann, wenn er darauf hingewiesen wird.
VolltextIBRRS 2016, 1307
LG Bamberg, Urteil vom 19.02.2016 - 3 S 108/15
1. Kommt der Architekt vorvertraglich bzw. im Rahmen der Leistungsphase 1 zu dem Ergebnis, dass sich die Wünsche des Bauherrn nicht realisieren lassen, muss er dies entsprechend mitteilen oder sogleich Planungsalternativen aufzeigen.
2. Gelangt der Architekt allein aufgrund fehlerhafter Berechnungen zu dem unzutreffenden Ergebnis, dass sich das gewünschte Raum- und Funktionsprogramm innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens umsetzen lässt, stellt dies einen Umstand dar, der den Bauherrn zur Kündigung des (später abgeschlossenen) Vertrags berechtigen kann.
3. Ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund ist anzunehmen, wenn eine bestimmte Bausumme als Kostenrahmen vereinbart wird, die der Architekt bei seinen Planungen nicht einhält.
VolltextIBRRS 2016, 1794
OLG München, Urteil vom 08.03.2016 - 9 U 2241/15 Bau
1. Die Planung einer Tiefgarage ohne stringentes Oberflächenschutzsystem ist mangelhaft.
2. Aufwendungen des durch einen Planungsmangel geschädigten Auftraggebers unterbrechen die haftungsrechtliche Zurechnung zum schädigenden Ereignis (hier: eines Planungsmangels) dann nicht, wenn der zugrunde liegende Willensentschluss (hier: Abschluss eines Vergleichs) nicht frei getroffen wurde, sondern mit dem Ziel der Schadensminimierung.
3. An die Bestimmtheit einer Streitverkündung wegen Baumängeln bestehen keine höheren Anforderungen als bei einer Mangelrüge.
VolltextIBRRS 2016, 1720
OLG Brandenburg, Urteil vom 03.06.2016 - 11 U 183/14
1. Fahrlässig unterlassene Bauüberwachung an besonders überwachungsbedürftigen Bauteilen kann nach Ablauf der fünfjährigen Gewährleistungszeit unter Umständen zu einer Arglisthaftung des Architekten führen, wenn überhaupt keine Bauüberwachung des betreffenden Bauteils stattfand.
2. Behauptet der Architekt, ihm sei nicht bewusst gewesen, dass eine Bauüberwachung erforderlich war, spricht zu Gunsten des Bauherrn kein Anscheinsbeweis für das Gegenteil. Der Bauherr muss dann den Gegenbeweis führen.
VolltextIBRRS 2016, 1611
OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2016 - 24 U 10/14
1. Planungsfehler eines Sonderfachmanns können im Verhältnis Bauherr/Architekt das Mitverschulden des Bauherrn begründen.
2. Der Bauherr muss dem Architekten die außerhalb seiner spezifischen Fachkenntnisse liegenden Informationen stellen.
VolltextIBRRS 2016, 1715
SG Reutlingen, Urteil vom 14.06.2016 - S 8 R 985/14
1. Die Beurteilung, ob eine Tätigkeit dem Berufsbild des Architekten entspricht, richtet sich vorrangig nach berufsrechtlichen Maßgaben.*)
2. Die Möglichkeit, dass eine bestimmte Tätigkeit auch von Angehörigen anderer Berufsgruppen ausgeübt werden kann, steht ihrer Einstufung als berufsspezifische Architektentätigkeit nicht zwingend entgegen.*)
VolltextIBRRS 2016, 1686
LG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2016 - 1 O 385/14
1. Ein Schadensersatzanspruch wegen eines Beratungsfehlers setzt voraus, dass zwischen dem Auftraggeber und dem beratenden Unternehmen ein Beratungs- oder zumindest ein - ggf. sogar unentgeltlicher - Gefälligkeitsvertrag zustande gekommen ist.
2. Ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis setzt den Willen voraus, eine Rechtsbindung zu begründen. Dabei kann ein Rechtsbindungswille auch bei einem unentgeltlichen und fremdnützigen Handeln anzunehmen sein. Eine vertragliche Bindung liegt nahe, wenn der Begünstigte sich erkennbar auf die Zusage verlässt und für ihn erhebliche Werte auf dem Spiel stehen.
3. Erbringt der Hersteller von Maschinen außerhalb seiner "Profession" zum Zwecke der Absatzförderung Beratungsleistungen, fehlt ihm der Rechtsbindungswille, sich mindestens Sekundärleistungsansprüchen zu unterwerfen.
VolltextIBRRS 2016, 1666
OLG Stuttgart, Urteil vom 19.11.2015 - 2 U 56/15
1. Kann das geplante Werk (hier: Aufbringung einer KMB-Beschichtung) ordnungsgemäß, das heißt handwerklich mangelfrei ausgeführt werden, liegt kein gravierender Planungsfehler vor.
2. Ist der Baumangel auf einen Ausführungsfehler des Bauunternehmers zurückzuführen, den der Architekt im Rahmen seiner Bauüberwachung (lediglich) nicht erkannt hat, trifft den Bauunternehmer die zumindest überwiegende, regelmäßig sogar die alleinige Haftung. Denn der Bauunternehmer kann nicht einwenden, er sei nicht ausreichend überwacht worden. Allerdings ist eine Mithaftung des Architekten im Innenverhältnis nicht gänzlich ausgeschlossen.
3. Die Berücksichtigung eines Überwachungsfehlers im Gesamtschuldnerausgleich zwischen dem Architekten und dem bauausführenden Unternehmer ist auf besondere Ausnahmefälle beschränkt. Ausnahmsweise kommt eine Mithaftung aus einer verletzten Aufsichtspflicht in Betracht, wenn eine Überwachung - namentlich wegen einer besonderen Schadensgeneigtheit der Arbeiten - in besonderem Maße geboten war.
VolltextIBRRS 2016, 1617
KG, Urteil vom 23.05.2013 - 27 U 155/11
1. Vereinbaren die Parteien eines Architekten-/Ingenieursvertrags eine "Baukostenobergrenze als Beschaffenheitsvereinbarung, stellt die Überschreitung dieser Baukostenobergrenze einen Mangel mit der Folge dar, dass der Architekt/Ingenieur die Differenz, um die die tatsächlichen Kosten die vereinbarten Kosten übersteigen, nicht zusätzlich als anrechenbare Kosten seiner Honorarberechnung zugrunde legen kann.
2. Eine Baukostenobergrenze entfällt nur dann, wenn die Kostensteigerung auf nachträgliche Änderung der Leistungsbeschreibung beruht.
3. Das Überschreiten der Baukostenobergrenze berechtigt den Auftraggeber zur Kündigung des Planervertrags aus wichtigem Grund.
VolltextIBRRS 2016, 1531
OLG Celle, Urteil vom 18.06.2015 - 6 U 12/15
1. Werden einem Architekten die Aufgaben entsprechend den Leistungsphasen 1 bis 9 übertragen, ist das Architektenwerk erst abnahmereif, wenn die (fünfjährige) Gewährleistungsfrist für die ausführenden Gewerke abgelaufen ist.
2. Eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Architekten enthaltene Klausel, wonach "die Verjährung mit der Abnahme der letzten (...) zu erbringenden Leistung, ausgenommen (...) LP 9 (oder) nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjekts" beginnt, erleichtert die gesetzliche Verjährung und ist unwirksam.
3. Allgemeine Geschäftsbedingungen des Architekten liegen auch dann vor, wenn es sich um Musterklauseln handelt, die von der Architektenkammer für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und der Architekt sie stellt.
IBRRS 2016, 1541
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.05.2016 - 11 L 23.14
Für eine Streitigkeit über die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, der sich aufgrund eines (Rahmen-)Werkvertrags dazu verpflichtet hat, alle Arbeiten und Maßnahmen, die zur Durchführung eines Bodenordnungsverfahrens notwendig sind, eigenständig und eigenverantwortlich selbst durchzuführen und dem Auftraggeber als Ergebnis einen unanfechtbaren Bodenordnungsplan zu liefern, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
VolltextIBRRS 2016, 1494
VGH Bayern, Beschluss vom 21.04.2016 - 15 ZB 14.2572
Die Prüfungs- und Überwachungstätigkeit des Prüfingenieurs im Zusammenhang mit der Standsicherheit auch der Baugrube ist von den Regelungen über die Standsicherheitsprüfung und die Bauüberwachung und damit auch von den Kostenregelungen der §§ 28 ff. PrüfVBau nicht umfasst.
VolltextIBRRS 2016, 1424
OLG Celle, Urteil vom 26.09.2013 - 13 U 94/11
1. Die Frage, ob in den Fällen, in denen bei einem Bauvorhaben nur einer der Ehegatten den Auftrag erteilt, der andere Ehegatte mitverpflichtet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
2. Für eine Auftragserteilung auch im Namen und in Vollmacht des anderen Ehegatten spricht es, wenn der den Auftrag erteilende Ehegatte den Wunsch äußert, der Schriftverkehr und die Rechnungslegung solle an die Eheleute erfolgen.
3. Wird ein Tragwerksplaner mit Ingenieurleistungen der Tragwerksplanung für die "Renovierung und Wiederaufbau" eines Fachwerkhauses beauftragt, ist seine Leistung mangelhaft, wenn es zu einer "Kopfauslenkung" (Wegkippen) einer Außenwand kommt.
4. Ist ein wesentlicher Anteil der "Kopfauslenkung" auf nicht erwartbare Setzungen der vom Auftraggeber in Eigenleistung ausgeführten Fundamente zurückzuführen, muss sich der Auftraggeber ein Mitverschulden - hier in Höhe von 40% - anrechnen lassen.
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