Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
2920 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2013, 2826BGH, Urteil vom 20.06.2013 - VII ZR 4/12
1. Der mit der Grundlagenermittlung beauftragte Architekt muss mit dem Auftraggeber erörtern, ob dieser trotz ihm bekannter risikoreicher Bodenverhältnisse - hier: unzureichende Standsicherheit des Bauvorhabens wegen der Lage an einem abbruchgefährdeten Steilhang - an dem Bauvorhaben festhalten will.*)
2. Unterlässt der Architekt die gebotene Erörterung, ist er beweispflichtig dafür, dass der Auftraggeber an dem Bauvorhaben festgehalten hätte, wenn ihm die Gefährdung in ihrer ganzen Tragweite bewusst gemacht worden wäre.*)
3. Diese Grundsätze gelten auch für den Tragwerksplaner, weil auch er im Rahmen der von ihm vertraglich übernommenen Grundlagenermittlung standortbezogene Einflüsse unter Berücksichtigung der Bodenverhältnisse in Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber klären muss.*)
4. Muss sich dem Auftraggeber aufgrund eigener Kenntnis tatsächlicher Umstände aufdrängen, dass die Planung des Architekten sowie die Statik des Tragwerksplaners eine bestimmte Gefahrenlage in Kauf nehmen, verstößt der Auftraggeber regelmäßig gegen die in seinem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, wenn er die Augen vor der Gefahrenlage verschließt und das Bauvorhaben durchführt (Fortführung von BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 8/10, IBR 2011, 282).
IBRRS 2013, 2749
BGH, Urteil vom 15.12.1966 - VII ZR 151/64
1. Die Untersuchung der Baugrundverhältnisse ist entscheidend für die statische Berechnung. Diese Untersuchung in dem den Umständen nach ausreichenden Umfang zu veranlassen, ist in erster Linie Sache des Architekten, nicht des Statikers.
2. Der Architekt hat zwar die statische Berechnung nicht auf ihre rechnerische Richtigkeit hin zu prüfen, er muß aber Einsicht in sie nehmen und feststellen, ob sie von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht. Kommen ihm in dieser Beziehung Bedenken oder mußten ihm solche bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt kommen so muß er ihnen nachgehen.
3. Nach Vollendung eines Bauwerkes ist der Architekt nicht berechtigt oder verpflichtet ist, auf Planungsfehlern beruhende Baumängel selbst zu beseitigen oder beseitigen zu lassen, weil dies über eine Nachbesserung des Architektenwerks hinausgehen würde.
VolltextIBRRS 2013, 2692
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2013 - Verg 7/13
1. Auch die funktionale Ausschreibung untersteht bestimmten Anforderungen und Beschränkungen. Der Auftraggeber muss insoweit selbst planen und die notwendigen Festlegungen treffen, als er die Zuschlagskriterien, das Leistungsziel, die Rahmenbedingungen und die wesentlichen Einzelheiten der Leistung in der Aufgaben- oder Leistungsbeschreibung anzugeben hat.*)
2. Auch bei VOF-Ausschreibungen gilt derzeit noch das Gebot der Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien.*)
3. Eine Kostenberechnung hat der Auftraggeber nur bekanntzugeben, wenn sie ihm bereits vorliegt, nicht aber dann, wenn sie Gegenstand der ausgeschriebenen Planungsleistungen ist.*)
4. Unvollständigkeit des Angebots ist auch bei Ausschreibungen nach VOF ein Ausschließungsgrund, obwohl dies in der VOF nicht normiert ist.*)
IBRRS 2013, 2684
OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2011 - 19 U 153/06
1. Die Objektüberwachung umfasst im Wesentlichen die Überwachung der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der Baugenehmigung, den Ausführungsplänen und den Leistungsbeschreibungen mit den anerkannten Regeln der Technik und den einschlägigen Vorschriften sowie das Koordinieren der an dem Baugeschehen fachlich Beteiligten.
2. Dem mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten obliegt zudem die allgemeine Nebenpflicht, die Konformität des Vorhabens mit der Baugenehmigung nicht durch sein eigenes Verhalten zu gefährden.
3. Ordnet ein dazu nicht bevollmächtigter Dritter (hier: der Schwiegersohn der Bauherrin) den von der Baugenehmigung nicht umfassten Abbruch des Dachstuhls an, muss der Architekt einschreiten und die bauausführenden Firmen davon abhalten, den Dachstuhl einzureißen.
VolltextIBRRS 2013, 2623
BGH, Urteil vom 15.05.2013 - VII ZR 257/11
1. Die von einem Tragwerksplaner für ein Gebäude erstellte Statik ist mangelhaft, wenn sie den vereinbarten Zweck, die Standfestigkeit des Gebäudes unter Berücksichtigung des Baugrundes und seiner Tragfähigkeit zu gewährleisten, nicht erfüllt, weil sie die nach den konkreten Boden- und Grundwasserverhältnissen erforderlichen Maßnahmen nicht vorsieht.*)
2. Den Auftraggeber trifft grundsätzlich die Obliegenheit, dem Tragwerksplaner die für die mangelfreie Erstellung der Statik erforderlichen Angaben zu den Boden- und Grundwasserverhältnissen zu machen. Hat er unzutreffende Angaben gemacht und ist deshalb die Statik mangelhaft, trifft den Auftraggeber für einen daraus entstehenden Schaden eine Mithaftung wegen Verschuldens gegen sich selbst.*)
3. Hat der von dem Auftraggeber beauftragte planende Architekt die unzutreffenden Angaben gemacht, muss sich der Auftraggeber dessen Verschulden gemäß §§ 254, 278 BGB zurechnen lassen.*)
IBRRS 2013, 2562
OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2011 - 21 U 60/09
1. Die Verjährung des Honoraranspruchs des Architekten beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Entstanden ist ein Anspruch, sobald er erstmals geltend gemacht und im Wege einer Klage durchgesetzt werden kann, das heißt im Zeitpunkt seiner Fälligkeit.
2. Voraussetzung für die Fälligkeit des dem Architekten nach Beendigung seiner Tätigkeit (noch) zustehenden Honorars ist, dass er die ihm obliegende Leistung vertragsgemäß erbracht und darüber eine prüfbare Schlussrechnung vorgelegt hat. Die Abnahme des Architektenwerks ist nicht Voraussetzung der Fälligkeit. Diese Grundsätze gelten auch, wenn das Vertragsverhältnis vorzeitig beendet worden ist.
3. Stützt der Architekt seine Forderung auf eine nicht prüffähige Honorarschlussrechnung, tritt Fälligkeit als Voraussetzung für den Beginn des Laufs der Verjährung ein, wenn eine Prüffrist von zwei Monaten abgelaufen ist, ohne dass der Auftraggeber substantiierte Einwendungen gegen die Prüffähigkeit vorgebracht hat.
VolltextIBRRS 2013, 2483
OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.2012 - 23 U 124/11
1. Steht dem Auftraggeber aufgrund von Planungs-, Überwachungs- und Baumängeln ein Schadensersatzanspruch zu, hat er grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen Herstellung oder Geldersatz. Verlangt der Auftraggeber die Herstellung, ist er zunächst an den Herstellungsanspruch gebunden. Er kann sein Begehren nur nach erfolgloser Fristsetzung auf Geldersatz umstellen.
2. Vereinbart der Auftraggeber mit dem bauausführenden Unternehmen, dass auf Planungs- und Überwachungsfehler zurückzuführende Baumängel beseitigt werden und damit sämtliche weitergehenden Ansprüche erledigt sind, sind die ursprünglich geltend gemachten Gewährleistungsansprüche mit Durchführung und Abnahme der Mängelbeseitigungsarbeiten als erfüllt anzusehen.
3. Da der Architekt und das ausführende Unternehmen im Fall von Bauaufsichtsfehlern als Gesamtschuldner haften, wirkt die Erfüllung der Gewährleistungsansprüche durch den Unternehmer auch für den Architekten und dieser muss keinen Schadensersatz (mehr) zahlen.
VolltextIBRRS 2013, 2391
OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.11.2012 - 23 U 156/11
1. Die Bauüberwachung durch den Architekten darf sich auch bei einfachen, gängigen Tätigkeiten nicht darauf beschränken, die von den jeweiligen Auftragnehmern vorgelegten Papiere zur vorgesehenen Bauausführung (hinsichtlich Materialien bzw. Arbeitsweisen) einer bloßen Durchsicht vom Büroschreibtisch aus zu unterziehen, ob sie mit den Vorgaben der Planung vollständig übereinstimmen. Vielmehr muss der wegen seiner besonderen Fachkunde mit der Bauüberwachung betraute Architekt seine Fachkunde auch vertragsgemäß dahingehend einsetzen, dass er - zumindest stichprobenhaft - Überprüfungen an Ort und Stelle vornimmt.*)
2. Arbeiten im Bereich des Bodenaustauschs zwecks fachgerechter Gründung einer Industriehalle gehören (ebenso das Betonieren/Bewehren von Sohlplatten) zu gefahrenträchtigen Arbeiten mit typischen Gefahrenquellen im Rahmen eines kritischen Bauabschnittes, bei denen verschärfte Anforderungen an die Bauüberwachung durch den Architekten zu stellen sind, da die Gründung eines Gebäudes für dessen mangelfreie Errichtung und dauerhaften schadlosen Bestand von grundlegender Bedeutung ist und sich nachträgliche Feststellungen dazu regelmäßig als außerordentlich schwierig und aufwendig darstellen.*)
3. Verschärfte Anforderungen an die Bauüberwachung sind auch dann zu stellen, wenn die Baugründung auf Basis eines Baugrundgutachtens mit besonderen Vorgaben an die Materialien (einschl. deren in der Fachwelt bereits diskutierten hinreichenden Raumbeständigkeit bei Verwendung im Hochbau), an deren Be-/Verarbeitung bzw. an sonstige Einzelheiten eines danach notwendigen Bodenaustauschs erfolgen soll.*)
4. Verschärfte Anforderungen an die Bauüberwachung des Architekten bestehen auch dann, wenn die Planung durch handschriftliche Abänderungen des Leistungsverzeichnisses durch den (Erd-)Bauunternehmer geändert worden ist.*)
5. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten.*)
6. Tatsächliche Erkenntnisse aus einem vorherigen selbständigen Beweisverfahren, die über den schriftsätzlichen Tatsachenvortrag im Streitverfahren hinausgehen, sind zu berücksichtigen, wenn sich eine Partei diese ausdrücklich oder konkludent als Sachvortrag zu Eigen macht.*)
7. Dies gilt auch in Bezug auf zulässige Beweisfragen zur "technischen Verantwortung" von Architekt/Bauunternehmer bzw. Lieferant.*)
IBRRS 2013, 2338
OLG Koblenz, Beschluss vom 22.05.2013 - 5 U 384/13
1. Dichtet der Mitarbeiter eines Dachdeckers parallel zu dessen entgeltlichen Arbeiten "ohne Rechnung" einen Balkon ab, kann angesichts der erkennbaren Interessenlage des Bauherrn nicht davon ausgegangen werden, es habe sich um eine Gefälligkeit ohne daran anknüpfende Mängelgewährleistungsansprüche gehandelt.
2. Erfordern die Fachregeln eine Unterkonstruktion aus nicht brennbaren Spanplatten, ist das Werk mangelhaft, wenn stattdessen schwer entflammbare Platten eingebaut werden.
VolltextIBRRS 2013, 2326
OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.05.2013 - 8 U 123/09
1. Macht eine Gemeinde im Rahmen eines Architektenvertrags Rückforderungsansprüche aufgrund einer überhöhten Schlussrechnung geltend, ist die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu stellende Frage nach der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der verjährungsrelevanten Tatsachen mit Blick auf den Kenntnisstand des bei der Gemeinde zuständigen Bediensteten zu beantworten.
2. Auch wenn eine Architektenhonorarrechnung nicht als Teilschlussrechnung, sondern - wie die vorausgegangenen Rechnungen - mit "Rechnung" überschrieben und mit der Einleitung versehen ist "Abschlagsrechnung für die laut Architektenvertrag vom .... erbrachten Leistungen", handelt es sich um eine Teilschlussrechnung, wenn die Abrechnung aus der Sicht des Aufraggebers abschließenden Charakter hat und die gesamten in Auftrag gegebenen und erbrachten Leistungen abgerechnet werden, so dass sich damit eine weitere Rechnung erkennbar erübrigt.
IBRRS 2013, 2284
OLG Koblenz, Urteil vom 05.06.2013 - 5 U 1481/12
Ein öffentlicher Auftraggeber kann einen Architektenvertrag mit einer Baukostenvereinbarung (HOAI § 6 Abs. 2) nicht wirksam schließen, wenn die einschlägige Haushaltsordnung vorsieht, dass "Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen (...) erst veranschlagt werden (dürfen), wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind", weil zum Zeitpunkt der Beauftragung des Architekten noch keine Planungen als Voraussetzungen für eine Kostenschätzung oder Berechnung vorliegen.
VolltextIBRRS 2013, 2263
OLG Frankfurt, Urteil vom 02.05.2013 - 3 U 212/11
Ob eine Honorarvereinbarung nach § 4 Abs. 1 HOAI unwirksam ist, ist durch einen Vergleich des vereinbarten Honorars mit dem sich aus der Honorarordnung ergebenden Honorar zu ermitteln. Maßgebend ist allein das Ergebnis dieses Vergleichs. Liegt das für einen Auftrag bei Auftragserteilung schriftlich vereinbarte Honorar in dem Rahmen, der sich unter Zugrundelegung der Mindest- und Höchstsätze aus der Honorarordnung ergibt, so ist die Vereinbarung auch dann wirksam, wenn von den Honorarbemessungsgrundlagen der HOAI abgewichen wird oder diese ganz außer Kraft gesetzt werden. Die Ermittlung des Mindestsatzes hat durch eine fiktive, nach den Grundsätzen der HOAI aufgestellte Vergleichsberechnung zu erfolgen. Der Architekt hat den Mindestsatz substantiiert darzulegen und zu beweisen, wenn er sich auf die Unwirksamkeit einer Pauschalvereinbarung gemäß § 4 Abs. 1 HOAI beruft.*)
VolltextIBRRS 2013, 2236
OLG Dresden, Urteil vom 12.01.2012 - 10 U 68/10
1. Der Architekt muss solche Dachpfetten ausschreiben, die auch nach dem natürlichen Austrocknungsprozess noch ausreichend tragfähig sind.
2. Der Auftraggeber kann seinen Schadensersatzanspruch grundsätzlich nach den Kosten berechnen, die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung erforderlich sind. Die Umsatzsteuer kann bei der Schadensberechnung nur in Ansatz gebracht werden, wenn die Mängel tatsächlich beseitigt werden und die Umsatzsteuer damit auch angefallen ist.
3. Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrags, dass das Vertragsverhältnis einvernehmlich beendet wird und der Architekt keine weiteren Leistungen mehr erbringen muss, stellt dies eine (konkludente) Abnahme der bis dahin erbrachten Architektenleistungen dar.
VolltextIBRRS 2013, 2180
OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2013 - 12 U 75/12
1. Gibt der vom Auftraggeber beauftragte Prüfsachverständige eine Werkstattzeichnung frei, obwohl die Zeichnung mangelhaft ist, so kann der Auftragnehmer kein Mitverschulden geltend machen, wenn ein Schaden entsteht.
2. Unterlassen es Architekt und Tragwerksplaner des Auftraggebers, Werkstattpläne des Auftragnehmers zu überprüfen, und entsteht daraufhin ein Schaden, so kann der Auftragnehmer kein Mitverschulden einwenden.
IBRRS 2013, 2174
OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.2012 - 5 U 50/12
1. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich der Haftung nicht durch Berufung auf Kompetenzvorschriften entziehen, wenn ihre Organe das Vertrauen, das zu ihrer Bestellung geführt hat, missbrauchen.*)
2. Zuständigkeitsbeschränkungen stehen nicht der Geltendmachung von Schäden entgegen, die das Organ in amtlicher Eigenschaft unter Verletzung von Sorgfaltspflichten bei der Anbahnung des Vertragsverhältnisses dem Geschäftspartner zufügt.*)
VolltextIBRRS 2013, 2165
LG Koblenz, vom 01.03.2013 - 8 O 134/12
Der Energieberater, der ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung die Umsetzung der von ihm empfohlenen energetischen Maßnahmen begleitet, haftet dem Bauherr wie ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt.
VolltextIBRRS 2013, 2161
OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.10.2012 - 5 U 162/11
1. Im Rahmen der Ausführungsplanung ist ein stetiger Austausch zwischen Objektplaner und TGA-Planer erforderlich.*)
2. Der TGA-Planer hat als Spezialist die fachspezifischen Gefahren der von ihm geplanten Einrichtungen abzuschätzen und ihnen durch gezielte Maßnahmen entgegen zu wirken. Hierzu hat er die Ausführungspläne des Architekten kritisch im Hinblick auf seine fachspezifischen Anforderungen zu bewerten und darauf zu achten, dass diese Anforderungen berücksichtigt werden. Der Objektplaner hat seinerseits die Fachleistungen zu koordinieren und in seine Planung zu integrieren.*)
3. TGA-Planer und Objektplaner haften für Planungsfehler als Gesamtschuldner, weil ihr Zusammenwirken notwendig ist, um eine Grundlage für die Ausführung des Bauwerks zu schaffen.*)
VolltextIBRRS 2013, 2115
OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.04.2013 - 1 U 398/11
In der erstmaligen Übersendung einer Rechnung an einen Verbraucher mit der "Bitte" um Überweisung bis zu einem kalendermäßig festgelegten Termin liegt grundsätzlich keine befristete Mahnung im Sinne von § 286 Abs. 1 BGB.*)
VolltextIBRRS 2013, 1933
LG Hannover, Urteil vom 12.04.2013 - 14 O 351/11
1. § 6 HOAI a.F. ist nicht schon deshalb anwendbar, weil ein Auftragnehmer seine Leistung nach Zeitaufwand in Rechnung stellt.*)
2. Eine Vereinbarung gem. § 4 Abs. 1 HOAI a.F. verlangt für ihre Wirksamkeit die Einhaltung der Schriftform i.S.v. § 126 BGB.*)
3. Die Fälligkeit eines Anspruchs auf Ausgleich einer Überzahlung setzt nicht analog § 8 HOAI a.F. die Vorlage einer prüfbaren Rechnung über die Überzahlung voraus.*)
IBRRS 2013, 1867
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.04.2013 - 6 A 11279/12
Der erfolgreiche Abschluss in einem auf sechs Semester Regelstudienzeit angelegten Studiengang Architektur an einer Fachhochschule erfüllt nicht die Eintragungsvoraussetzungen des Architektengesetzes.
VolltextIBRRS 2013, 1720
LG München I, Urteil vom 21.03.2013 - 11 O 17404/12
1. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 VOF, nach der für die Ausarbeitung von Entwürfen, Plänen, Zeichnungen, Berechnungen und anderen Unterlagen eine angemessene Vergütung festzusetzen ist, findet auch im Rahmen der der Vergabe von Planungsleistungen Anwendung.
2. Für die erforderliche Abgrenzung zwischen § 13 Abs. 3 VOF und § 20 Abs. 3 VOF, wonach Lösungsvorschläge außerhalb eines Planungswettbewerbs nach der HOAI zu vergüten sind, ist entscheidend, ob der Auftraggeber vom Bieter systematische Planungen (Lösungsvorschläge im Sinne von § 20 Abs. 3 VOF) oder lediglich eine Befassung mit punktuellen Fragen verlangt hat.
IBRRS 2013, 1718
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 28.09.2012 - 8 ME 164/12
1. Ist aufgrund zahlreicher Verstöße gegen Strafgesetze zu befürchten, dass Auftraggeber einem Bauingenieur bei der Fertigung von Entwürfen nicht dahingehend vertrauen können, dass er ihre wirtschaftlichen Interessen hinreichend wahrt, so ist die sofortige Austragung aus der Liste der Entwurfsverfasser zum Schutz der Allgemeinheit möglich, auch wenn das Verfahren noch läuft.
2. Dabei ist es unerheblich, wenn dem betroffenen Ingenieur keine Perspektive für die Wiedereintragung in die Liste der Entwurfsverfasser aufgezeigt wird, insbesondere da die Eintragung keine Bedeutung für den Zugang zum Ingenieurberuf hat.
VolltextIBRRS 2013, 1717
VG Hannover, Beschluss vom 26.07.2012 - 5 B 4065/12
1. Ziehen sich Delikte wie Steuerhinterziehung und Insolvenzverschleppung wie ein roter Faden durch die Ewerbsbiografie eines Bauingenieurs, erweist er sich damit als persönlich unzuverlässig zur Ausübung der Tätigkeit als Entwurfsverfasser. Eine Streichung aus der Liste der Entwurfsverfasser und die damit einhergehende Versagung der Bauvorlageberechtigung sind dann gerechtfertigt.
2. Sind Vermögensinteressen der Allgemeinheit und der Auftraggeber durch die persönliche Unzuverlässigkeit bedroht, insbesondere, wenn die Folgen durch die Privatinsolvenz des Ingenieurs irreversibel sein dürften, ist der sofortige Vollzug der Streichungsverfügung geboten.
VolltextIBRRS 2013, 1694
OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2012 - 21 U 155/11
1. Die Regelung in einem Architektenvertrag, derzufolge der Architekt das Baukostenbudget des Bauherrn zu beachten und die kalkulierten Kosten unbedingt einzuhalten hat, stellt keine Baukostengarantie dar.*)
2. Gelingt es dem Architekten nicht, das Baukostenbudget einzuhalten, haftet er nur, wenn ihm eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Das ist grundsätzlich dann nicht der Fall, wenn die Nichteinhaltung des Budgets auf Sonder- oder Änderungswünschen des Bauherrn zurückzuführen ist.*)
3. Jedoch ist der Architekt unter Umständen gehalten, bei verteuernden Sonder- und Änderungswünschen über anfallende Mehrkosten und die Überschreitung der bisherigen Kostenermittlung aufzuklären. Das ist allerdings dann nicht der Fall, wenn der Bauherr Qualitätsverbesserungen gegenüber dem bisherigen Ausbaustandard wünscht.*)
VolltextIBRRS 2013, 1681
LG Hannover, Urteil vom 18.04.2013 - 14 O 187/12
Architektenhonoraransprüche aus vor dem 01.01.2002 geschlossenen Architektenverträgen verjähren in der zweijährigen Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB a.F., auch wenn die Rechnung nach dem 01.01.2002 gestellt wird.*)
VolltextIBRRS 2013, 1660
OLG Celle, Urteil vom 04.10.2012 - 13 U 234/11
1. Auch wenn die HOAI als Preisrecht lediglich die Vergütung regelt, erlangen die Leistungsbilder dann Bedeutung für das vertraglich geschuldete Soll, wenn in dem Architektenvertrag auf sie verwiesen wird. Jedenfalls schuldet der Architekt die Verwirklichung eines plangerechten und mängelfreien Werks.
2. Wie detailliert die Ausführungsplanung sein muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Sind Details der Ausführung besonders schadensträchtig, müssen diese unter Umständen im Einzelnen geplant und dem Unternehmer in einer jedes Risiko ausschließenden Weise verdeutlicht werden.
3. Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs nach § 635 BGB a. F. ist zwar grundsätzlich die Abnahme nach § 640 BGB. Auf eine Abnahme kommt es jedoch nicht mehr an, wenn sich ein Mangel der Planung oder der Bauaufsicht im Bauwerk verwirklicht hat und damit eine Nachbesserung nicht mehr in Betracht kommt.
4. Die dem bauüberwachenden Architekten obliegenden Leistungen richten sich nach den Umständen des jeweiligen Falls. Es kann zwar nicht verlangt werden, dass er sich ständig auf der Baustelle aufhält. Er muss aber die Arbeiten der Bauunternehmer in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden.
5. Im Rahmen der Bauüberwachung hat der Architekt die Arbeiten gezielt zu überwachen und zu koordinieren, um zu erreichen, dass das Bauwerk frei von Mängeln und wie geplant durchgeführt wird. Ein Überwachungsfehler ist gegeben, wenn der Architekt die ihm im Einzelfall obliegende Aufgabe, die Arbeiten der Bauunternehmer und der übrigen am Bau Beteiligten so zu leiten und zu überwachen, dass das Bauwerk plangerecht und mängelfrei erstellt wird, verletzt.
6. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Dies gilt in besonderem Maße, wenn das Bauwerk nach den Vorgaben eines Dritten ausgeführt wird.
7. Zwar können die Pflichten eines Architekten eingeschränkt sein, wenn der Bauherr für eine bestimmte Leistung einen Spezialisten beauftragt hat. In einem solchen Fall darf der Architekt unter gewissen Umständen auf die Sachkunde des anderen vertrauen. Den bauleitenden Architekten - zumal bei ungewöhnlichen und erkennbar schwierigen Ausführungen - enthebt das Vertrauen in die Kompetenz eines Spezialisten aber nicht von der Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Kontrolle; soweit Pläne Dritter zur Ausführung gelangen, darf ein Architekt diese nicht kritiklos übernehmen, soweit ihm Kritik möglich und zumutbar ist.
8. Die Haftungsbeschränkung in § 5 Abs. 3 AVA ist unwirksam.
9. Die Einrede der Unverhältnismäßigkeit des für die Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwands betrifft nur den Aufwand für die Nachbesserung des Planungsmangels und nicht die (nahen) Mangelfolgeschäden. Die aufgrund eines Planungsmangels verursachte Mangelhaftigkeit des Bauwerks ist kein Mangel des Architektenwerks, sondern Folge des Planungsmangels. Der in der unzureichenden Bauüberwachung liegende Mangel des Architektenwerks kann ohnehin nicht nachgebessert werden. Der Umfang des Schadens richtet sich nach den §§ 249 ff BGB, die Einrede der Unverhältnismäßigkeit aus § 633 Abs. 2 Satz 3 BGB a. F. ist gegenüber der Schadenshöhe nicht möglich.
10. Für die Einholung eines Obergutachtens genügt es nicht, dass ein Privatgutachten vorgelegt wird, das dem gerichtlichen Gutachten widerspricht. Das Gericht ist nicht gehindert, dem Gerichtsgutachten zu folgen, wo es - nach sorgfältiger Überprüfung der gegen es erhobenen Einwendungen - zu seiner Überzeugungsbildung ausreicht. Ein Obergutachten kommt nur in Betracht, wenn das erste Gutachten mangelhaft (unvollständig, widersprüchlich, nicht überzeugend) ist, von falschen tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, der Sachverständige erkennbar oder erklärtermaßen nicht die notwendige Sachkenntnis hat, die Anknüpfungstatsachen sich durch neuen Sachvortrag ändern oder ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrung verfügt.
IBRRS 2013, 1596
OLG Brandenburg, Urteil vom 28.03.2013 - 12 U 96/12
1. Werkvertragsrecht ist auch anwendbar, wenn ein Architekt (lediglich) mit der Objektüberwachung (Bauüberwachung) beauftragt ist. Dabei hat die Ausgestaltung der Vergütungsabrede (hier: Zahlung monatlicher Festbeträge) auf die Rechtsnatur des Vertrags keinen Einfluss.
2. Es gehört zu den Aufgaben des bauaufsichtsführenden Architekten für eine mangelfreie Realisierung des Bauvorhabens zu sorgen. Dazu gehört es, die Eignung der Planung dahingehend zu überprüfen, ob auf ihrer Grundlage ein mangelfreies Bauwerk errichtet werden kann. Diese Anforderungen werden nicht dadurch verringert, dass der Auftraggeber selbst Architekt ist, der seinen Auftrag an den bauaufsichtsführenden Architekten untervergeben hat.
VolltextIBRRS 2013, 1571
BGH, Urteil vom 21.03.2013 - VII ZR 230/11
1. Der Architekt verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt.*)
2. Die vom Auftraggeber im Rahmen der Grundlagenermittlung dem Architekten gegenüber zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie vorbehaltlich einer Änderung den Planungsrahmen bestimmen und jedenfalls dann regelmäßig zum Vertragsinhalt werden, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht.*)
3. Diese Kostenvorstellungen sind auch dann beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme, mit denen ein Kostenrahmen abgesteckt wird.*)
VolltextIBRRS 2013, 1548
OLG Dresden, Urteil vom 02.02.2012 - 10 U 1359/11
Ein Architekt, der aufgrund einer "Betreuungsvereinbarung" den Einsatz von Fördermitteln aus der Städtebauförderung vorbereiten und die damit zusammenhängenden Anträge zur Ermittlung der Förderhöhe stellen soll, ist nicht dazu verpflichtet, den Auftraggeber über die Vor- und Nachteile einer Finanzierung unter Einsatz von KfW-Darlehen aufzuklären.
VolltextIBRRS 2013, 1487
OLG Stuttgart, Urteil vom 25.09.2012 - 10 U 67/12
1. Ein Vermessungsingenieur ist verpflichtet, vor Leistungen der Bauvermessung (Auspflocken der Baugrube und Einschneiden des Schnurgerüsts) die aktuellen Grundstücksgrenzen zu ermitteln.*)
2. Ein Bauherr muss den Vermessungsingenieur über eine länger zurück liegende Änderung der Grundstücksgrenzen (hier: rund 3 Jahre) nicht aufklären.*)
3. Schon die vom Ausführungsplan abweichende Lage des Gebäudes im Verhältnis zu den Grundstücksgrenzen stellt einen Mangelfolgeschaden der fehlerhaften Bauvermessung dar.*)
4. In die Abwägung, ob einem an den Kosten der Beseitigung eines Überbaus bemessenen Schadensersatzanspruch der Einwand der Unverhältnismäßigkeit entgegensteht, sind das Verschulden des Schädigers, seine finanziellen Möglichkeiten, die Höhe der Kosten für die Beseitigung des Überbaus und die Belastung des nachbarschaftlichen Verhältnisses bei der beabsichtigten Eigennutzung des Gebäudes einzustellen.*)
VolltextIBRRS 2013, 1479
OLG Köln, Urteil vom 29.08.2012 - 16 U 30/11
1. Einen Generalübernehmer, der selbst keine eigenen Bauleistungen ausführt, dem aber im Zuge der ihm ebenfalls übertragenen Architektenleistungen auch die Objektüberwachung obliegt, trifft daneben zur Vermeidung der Arglistverjährung keine weitere Organisationsobliegenheit zur Überwachung der Leistungen der von ihm beauftragten Unternehmer auf mängelfreie Ausführung.*)
2. Ein Unternehmer muss sich die Verletzung der Organisationsobliegenheit des von ihm beauftragten Nachunternehmers nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen.*)
3. Die sog. Sekundärhaftung des Architekten, der sich bei Verletzung der aus seiner Sachwalterstellung herrührenden Pflicht, den Bauherrn über ihm bekannte Mängel auch insoweit aufzuklären, als er selbst für den Mangel verantwortlich ist, nicht auf die Verjährung der gegen ihn gerichteten Mängelansprüche berufen kann, setzt voraus, dass sich in nicht verjährter Zeit ein Mangel am Bauwerk zeigt, für den der Architekt mit verantwortlich ist. Die fahrlässige Unkenntnis vom Baumangel löst keine Sekundärhaftung aus, vielmehr knüpft die sog. Sekundärhaftung an die Verletzung der Pflicht des Architekten an, die Ursache bereits erkannter Mängel zu suchen und seinem Auftraggeber mitzuteilen.*)
IBRRS 2013, 1445
OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2013 - 5 U 1481/12
Ein öffentlicher Auftraggeber kann einen Architektenvertrag mit einer Baukostenvereinbarung (HOAI § 6 Abs. 2) nicht wirksam schließen, wenn die einschlägige Haushaltsordnung vorsieht, dass "Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Baumaßnahmen [...] erst veranschlagt werden [dürfen], wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Baumaßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtungen sowie die vorgesehene Finanzierung und ein Zeitplan ersichtlich sind", weil zum Zeitpunkt der Beauftragung des Architekten noch keine Planungen als Voraussetzungen für eine Kostenschätzung oder Berechnung vorliegen.
VolltextIBRRS 2013, 1442
OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2013 - 12 U 152/12
1. Der Schaden besteht bei der Baukostenüberschreitung in der Höhe der über den vorgesehenen Baukosten liegenden tatsächlichen Kosten. Dieser zu Lasten des Bauherrn gehende Mehraufwand ist um erlangte Wertvorteile zu bereinigen. Dazu gehört der durch den Mehraufwand gesteigerte Wert des Objekts.*)
2. Ein gegen den Architekten gerichteter Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Kostenermittlung oder sonst falscher Beratung bei der Kostenermittlung setzt voraus, dass der Bauherr die Schadensursächlichkeit der Vertragsverletzung nachweist.*)
3. Im Rahmen der Architektenhaftung wegen Baukostenüberschreitung kann sich der Bauherr nicht auf eine Vermutung für ein beratungsgerechtes Verhalten stützen.*)
4. Über die Baubetreuung hinausgehende allgemeine Beratungspflichten bei der Investitionsentscheidung treffen den Architekten grundsätzlich nicht.*)
VolltextIBRRS 2013, 1433
OLG Köln, Urteil vom 13.03.2013 - 16 U 123/12
1. An den Architekten sind bei der Erfüllung des Leistungsbilds "Bauüberwachung" erhebliche Anforderungen zu stellen. Der Architekt muss auf die Übereinstimmung der Ausführung des Objekts mit den jeweiligen Ausführungsplänen, Leistungsbeschreibungen und mit den anerkannten Regeln der Technik achten.
2. Die ständige Anwesenheit des Architekten auf der Baustelle ist nicht unbedingt nötig. Vielmehr kann er sich bei einfachen Arbeiten regelmäßig auf die Zuverlässigkeit der Bauausführung verlassen.
3. Die Aufsicht durch den Architekten ist dagegen stets erforderlich, wenn es sich um wichtige Bauvorgänge handelt, die für die Erreichung der Bauaufgabe von wesentlicher Bedeutung sind; gleichermaßen ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Bauaufsicht bei kritischen Baumaßnahmen verpflichtet, die erfahrungsgemäß ein höheres Mängelrisiko aufweisen. Isolierungs- und Abdichtungsarbeiten sind in der Regel schwierige bzw. risikoträchtige Arbeiten.
4. Die Widerklage eines von seinem Auftraggeber auf Schadensersatz wegen Mängeln der Objektüberwachung in Anspruch genommenen Architekten gegen den ebenfalls wegen des Baumangels verklagten Unternehmer auf Innenausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB (Freistellung und/oder Zahlung) ist unzulässig.
IBRRS 2013, 1390
OLG Koblenz, Urteil vom 01.06.2012 - 10 U 1376/11
1. Ein unrichtiger Bautenstandsbericht führt nicht zwangsläufig zu einer Zahlung nach dem vertraglichen Zahlungsplan. Vielmehr ist in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob der Bautenstandsbericht für die geleistete Zahlung kausal war.
2. Vertraut der Besteller aufgrund der Stellungnahme eines Architekten nicht auf die Richtigkeit der Bautenstandsberichte des Bauleiters, leistet aber dessen ungeachtet Zahlungen an den Auftragnehmer, sind die unrichtigen Bautenstandsberichte für die Zahlungen nicht (mehr) kausal. Ein Schadensersatzanspruch des Bestellers gegen den Bauleiter scheidet dann aus.
VolltextIBRRS 2013, 1299
BGH, Urteil vom 07.03.2013 - VII ZR 134/12
Allgemein anerkannte Regeln der Technik für handwerkliche Gewerke (hier: Holztreppen) können vorsehen, dass entweder bei bestimmten Bauteilen eine Mindeststärke eingehalten oder ein Standsicherheitsnachweis im Einzelfall vorgelegt werden muss.*)
VolltextIBRRS 2013, 1275
OLG Stuttgart, Beschluss vom 19.10.2011 - 10 U 87/11
1. Allein ein Zeitabstand von 20 Monaten zwischen der ersten und der zweiten Schlussrechnung führt nicht zu einer Bindung an die erste.
2. Für eine Bindung ist es erforderlich, dass die zusätzliche Belastung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar ist, weil sie eine besondere Härte bedeutet.
VolltextIBRRS 2013, 1263
OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2013 - 20 U 48/12
Der in § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG geregelte immaterielle Schadensersatzanspruch, wonach der Urheber auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen kann, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht, geht nicht auf den Erben über. Der Anspruch ist auf die Person des Urhebers beschränkt.
VolltextIBRRS 2013, 1224
OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.09.2011 - 10 U 87/11
1. Allein ein Zeitabstand von 20 Monaten zwischen der ersten und der zweiten Schlussrechnung führt nicht zu einer Bindung an die erste.
2. Für eine Bindung ist es erforderlich, dass die zusätzliche Belastung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar ist, weil sie eine besondere Härte bedeutet.
VolltextIBRRS 2013, 1177
BGH, Beschluss vom 07.02.2013 - VII ZR 3/12
1. Der Architekt muss den Auftraggeber zutreffend über die voraussichtlichen Baukosten beraten. Verletzt er diese Verpflichtung schuldhaft, ist er dem Auftraggeber zum Schadensersatz verpflichtet.
2. Ein Schadensersatzanspruch wegen unzutreffender Baukostenermittlung kann ausscheiden, wenn der Auftraggeber nach der Kostenschätzung des Architekten umfangreiche Umgestaltungen vornehmen lässt.
VolltextIBRRS 2013, 1139
OLG Hamm, Urteil vom 06.03.2013 - 12 U 122/12
1. Isolierungsarbeiten an Gebäuden gehören zu den gewichtigen Ausführungsarbeiten, die einer besonderen Aufsicht durch den bauleitenden Architekten bedürfen. Eine ordnungsgemäß funktionierende Wärmedämmung ist wirtschaftlich und in zunehmendem Maße auch für die Werthaltigkeit von Wohnraum von ausschlaggebender Bedeutung. Der Architekt muss deshalb auf ihre Ausführung sein besonderes Augenmerk richten und mehr als eine stichprobenartige Kontrolle sicherstellen.*)
2. Die Kelleraußentreppe eines Gebäudes muss als selbständiger Bauteil den Regeln der Technik entsprechen. Der Bauherr kann ihre mangelfreie Erstellung verlangen, auch wenn eine vorhandene Carportkonstruktion ein Eindringen von Regenwasser derzeit verhindert.*)
3. Der wegen Bauwerksmängeln in Anspruch genommene Architekt ist zur Überwachung der Beseitigung von Baumängeln berechtigt und verpflichtet, wenn ihn der Bauherr mit der Objektbetreuung (Leistungsphase 9 gemäß § 15 HOAI a.F.) beauftragt hat. Den Ersatz von Regiekosten kann der Bauherr in diesem Falle nicht verlangen, wenn der Architekt zur Vertragserfüllung berechtigt und dazu auch bereit und in der Lage ist.*)
VolltextIBRRS 2013, 1097
OLG Hamm, Urteil vom 09.12.2010 - 17 U 182/09
1. Die Frage, nach welchen Regeln durch eine mangelhafte Werkleistung verursachte Schäden zu ersetzen sind, ist vor allem nach dem lokalen Zusammenhang zwischen Werk und Schaden zu entscheiden. Ein enger Zusammenhang zwischen Mangel und Mangelfolgeschaden ist insbesondere zu bejahen, wenn das Werk nur darauf gerichtet ist, seine Verkörperung in einem weiteren Werk zu finden, in dem sich der Schaden dann äußert.
2. Werden Sonderfachleute vom Auftraggeber mit der statischen Absicherung eines Nachbargebäudes bzw. mit der Erstellung eines Bodengutachtens beauftragt und dienen diese Maßnahmen ausschließlich der Sicherung der Standfestigkeit eines Nachbargebäudes, sind die für die Beseitigung von Setzungsschäden entstandenen Kosten ein eigener Mangelfolgeschaden des Auftraggebers. Derartige Ansprüche unterliegen der kurzen Verjährungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB a.F.
3. Die werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche des Bestellers verjähren auch dann innerhalb der in § 638 Abs. 1 BGB a.F. genannten Fristen, wenn sie vor der Abnahme entstanden sind. Die Verjährungsfrist beginnt erst zu laufen, wenn die Abnahme erfolgt oder endgültig verweigert wird.
4. Stillstand durch Nichtbetreiben liegt vor, wenn die Parteien die zur Förderung des Verfahrens notwendigen Handlungen nicht vornehmen und das Verfahren dadurch faktisch in Stillstand gerät.
5. Nach Erlass eines Grundurteils hat das Gericht grundsätzlich von Amts wegen Termin zur Fortsetzung des Betragsverfahrens zu bestimmen. Unterbleibt das, so kann den Parteien grundsätzlich nicht angelastet werden, den Prozess nicht betrieben zu haben. Etwas anderes gilt allerdings, wenn das Gericht beispielsweise im Einvernehmen mit den Parteien von einer Terminierung auf unbestimmte Zeit absieht, um den Ausgang eines Musterverfahrens abzuwarten und dadurch die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses auf den Kläger übergeht. Dasselbe gilt, wenn auf Bitte des Klägers von einer Terminierung deshalb abgesehen wird, weil Vergleichsverhandlungen geführt werden sollen.
VolltextIBRRS 2013, 1085
LG Koblenz, Urteil vom 28.02.2013 - 4 O 103/12
1. Sieht ein Architektenvertrag eine stufen- oder phasenweise Übertragung von Leistungen vor, die durch einen nach freier Entscheidung des Bauherrn vorzunehmendem Abruf erfolgt, so kommen über diese weiteren Leistungen selbstständige Einzelverträge zu Stande.
2. Ist der Ausgangsvertrag unter Geltung der HOAI 1996 abgeschlossen worden und erfolgt der Abruf weiterer Leistungen nach dem 17.08.2009, so sind diese späteren Einzelverträge auf Grundlage der HOAI 2009 abzurechnen.
VolltextIBRRS 2013, 1073
OLG Oldenburg, Urteil vom 15.01.2013 - 2 U 49/12
Ein Schadensersatzanspruch des Bauherrn wegen fehlerhafter Kostenermittlung oder sonst falscher Beratung des Architekten zur Kostenentwicklung setzt voraus, daß der Bauherr die Ursächlichkeit der Vertragsverletzung für den Schaden nachweist. Auf die Rechtsprechung zu den Beratungsfällen, in welchen ein nach der Lebenserfahrung typisches Verhalten zu erwarten ist, kann nicht zurückgegriffen werden.
VolltextIBRRS 2013, 1048
OLG München, Urteil vom 04.12.2012 - 9 U 255/12 Bau
Zur Unverbindlichkeit einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung, die der Architekt vorgeschlagen hatte.*)
VolltextIBRRS 2013, 1032
LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 29.10.2012 - 6 O 321/11
1. Ein Architektenvertrag ist seiner Rechtsnatur nach ein Werkvertrag. Ob das Architektenwerk mangelhaft ist, bestimmt sich somit nach allgemeinen werkvertraglichen Bestimmungen.
2. Etwaige Baumängel sind nur dann auch Mängel des Architektenwerks, wenn sie durch eine objektiv mangelhafte Erfüllung der Architektenaufgaben verursacht worden sind.
3. Fehlt es an einer konkreten Beschaffenheitsvereinbarung in Bezug auf die Trennwand in einer Sauna, muss die Trennwand so gestaltet sein, dass ein Ausruhen der Badegäste ermöglicht wird, wenn die angrenzenden Räume als Ruheräume dienen.
4. Eine isolierte Feststellungsklage ist insgesamt zulässig, wenn nur über einen Teil des Anspruchs noch nicht abschließend entschieden werden kann, weil der Sachverhalt noch nicht abgeschlossen ist. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn Mängel noch nicht beseitigt sind, weil dann die endgültigen Kosten in der Regel nicht feststehen.
VolltextIBRRS 2013, 1022
LG Hamburg, Urteil vom 04.12.2012 - 321 O 87/12
1. Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines baubegleitenden Qualitätscontrollers: "Schadensersatzansprüche jeglicher Art verjähren nach drei Jahren, sofern die gesetzlichen Verjährungsvorschriften keine kürzeren Fristen vorsehen" ist gemäß § 309 Nr. 8 b ff BGB unwirksam, weil sie die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen Mängeln erleichtert.
2. Für die Leistungen sog. "Qualitätscontroller", die in der Regel reine Überwachungsleistungen erbringen, gilt die fünfjährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB und nicht die Regelverjährungsfrist nach den §§ 634a Nr. 3, 195, 199 BGB.
VolltextIBRRS 2013, 1009
OLG München, Urteil vom 18.12.2012 - 9 U 3932/11 Bau
1. Die Rückforderung einer Zahlung auf die Schlussrechnung eines Architekten richtet sich nach Bereicherungsrecht.*)
2. Zur Darlegungs- und Beweislast bei verschiedenen Möglichkeiten der Auslegung des Architektenvertrags.*)
VolltextIBRRS 2013, 0903
EuGH, Urteil vom 21.02.2013 - Rs. C-111/12
Die Art. 10 und 11 Richtlinie 85/384/EWG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach Personen, die über einen von einem anderen Mitgliedstaat als dem Aufnahmemitgliedstaat erteilten Befähigungsnachweis verfügen, der Zugang zu den Tätigkeiten auf dem Gebiet der Architektur gewährt und ausdrücklich in Art. 11 der Richtlinie aufgeführt ist, im Aufnahmemitgliedstaat nur dann Tätigkeiten in Bezug auf Gebäude von künstlerischer Bedeutung ausüben dürfen, wenn sie, gegebenenfalls im Rahmen einer speziellen Überprüfung der beruflichen Eignung, nachweisen, dass sie über besondere Qualifikationen im Kulturgüterbereich verfügen.*)
VolltextIBRRS 2013, 0779
LG Berlin, Urteil vom 15.07.2009 - 105 O 114/08
Der Architekt darf bei Ungewissheit über die Risiken von Werkstoffen nur solche bei der Planung vorsehen, bei denen er sicher sein kann, dass diese den zu stellenden Anforderungen genügen.
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