Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
2919 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2023
IBRRS 2023, 1463LG Berlin, Urteil vom 14.07.2020 - 15 O 389/18
1. Die Vernichtung eines Kunstwerks (hier: die Gestaltung eines Kircheninnenraums) stellt eine „andere Beeinträchtigung“ i.S.d. § 14 UrhG dar. Bei der Prüfung, ob die Vernichtung geeignet ist, die berechtigten persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden, ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Urhebers und des Eigentümers des Werks vorzunehmen (Anschluss BGH, 21. Februar 2019, I ZR 98/17, GRUR 2019, 609).
2. Bei einem Werk der Baukunst handelt es sich um angewandte, einem Gebrauchszweck dienende Kunst. Diesem Nutzungsinteresse des Eigentümers muss durch weitgehende Baumaßnahmen Rechnung getragen werden können.
3. Deshalb geht bei Werken der Baukunst oder mit Bauwerken unlösbar verbundenen Kunstwerken das Interesse des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes dem Interesse des Urhebers am Erhalt des Werks in der Regel vor.
4. Für die Beurteilung der allein die innergemeinschaftliche Pflege und Betätigung des Glaubens betreffenden Frage, ob und inwieweit liturgische Gründe für eine bestimmte Gestaltung eines Kircheninnenraums bestehen, kann nur das Selbstverständnis der Kirche maßgebend sein. Die den Kirchen durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährte Eigenständigkeit und Selbständigkeit in ihrem eigenen Bereich würde verletzt, wenn bei der Auslegung der sich aus ihrem Bekenntnis ergebenden Religionsausübung deren Selbstverständnis nicht berücksichtigt würde.
VolltextIBRRS 2023, 1424
OLG Frankfurt, Urteil vom 11.05.2020 - 29 U 56/19
1. Hat sich ein Planungsmangel noch nicht im Bauwerk niedergeschlagen, weil (noch) nicht nach der Planung gebaut wurde, darf (und muss) der Architekt bzw. Ingenieur seine Planung nachbessern und den Planungsmangel beseitigen.
2. Architekten- und Ingenieurleistungen sind - auch wenn der Leistungsumfang genau feststeht - nicht sämtlich sofort zu erbringen, sondern nur die zum gegenwärtigen Projektstand jeweils notwendigen Leistungen; der Planer darf nicht vorpreschen bzw. "vorprellen".
3. Die Geltendmachung von Schadensersatz wegen eines Planungsverzugs setzt grundsätzlich eine erfolglose Fristsetzung voraus.
4. Wird wegen eines Mangels eine Nacherfüllungsfrist gesetzt, die der Architekt bzw. Ingenieur zwar einhält, er aber die Nacherfüllung mangelhaft vornimmt, ist grundsätzlich eine erneute Nachfristsetzung erforderlich.
VolltextIBRRS 2023, 1497
KG, Urteil vom 03.03.2023 - 7 U 158/21
1. Aus dem vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen folgt, dass der Auftragnehmer verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen.*)
2. Sofern der Auftragnehmer in knapp 23 Monaten keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt und sodann eine extra zur Beschleunigung der Planungen erst kurz zuvor vertraglich vereinbarte Frist versäumt, ist der Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Durch dieses Verhalten bringt der Auftragnehmer zum Ausdruck, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird und weitere Vertragsfristen nicht einzuhalten gedenkt.*)
VolltextIBRRS 2023, 1476
VG Ansbach, Urteil vom 02.03.2020 - AN 4 K 17.00607
1. Die Versagungs- und Löschungstatbestände des Baukammergesetzes korrelieren mit den gesetzlich normierten Berufsaufgaben und Berufspflichten des Architekten.
2. Der Vermögensverfall eines Architekten indiziert dessen mangelnde berufliche Zuverlässigkeit. Ihm fehlt die wirtschaftliche Grundlage für die erforderliche berufliche Unabhängigkeit.
3. Das mit den Widerrufsvorschriften verfolgte Ziel der Erhaltung eines funktionierenden und anerkannten Architektenwesens ist so gewichtig, dass die Belange der betroffenen Architekten dahinter zurückstehen müssen.
4. Bei der Jahresfrist für den Widerruf handelt es sich nicht um eine Bearbeitungs-, sondern um eine Entscheidungsfrist, die erst zu laufen beginnt, wenn die Behörde vollständige Kenntnis der für den Widerruf maßgebenden Sach- und Rechtslage erlangt hat.
VolltextIBRRS 2023, 1420
AG Halle/Saale, Urteil vom 09.03.2023 - 96 C 1360/22
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 1406
OLG Naumburg, Urteil vom 29.12.2022 - 2 U 156/21
1. Ein mit den Grundleistungen der Objektplanung nach § 34 HOAI 2013 beauftragter Architekt ist im Rahmen des Neubaus von Badezimmern in einem Fachwerkhaus verpflichtet, für die Fliesen- und Bodenverlegearbeiten neben einer Erwähnung der auszuführenden Abdichtung des Untergrunds im konstruktiven Leistungsverzeichnis eine skizzenhafte Umsetzung der Art und Weise der Herstellung der Bodenabdichtung unter Angabe von Leitdetails - z. B. zur Fläche und zur Höhe der erforderlichen wannenförmigen Abdichtung - zu fertigen und dem bauausführenden Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Die ordnungsgemäße Umsetzung der Vorgaben zur Bodenabdichtung ist im Rahmen der Bauüberwachung zu kontrollieren.*)
2. Nimmt der mit der Lieferung und Montage von Sanitäreinrichtungen, insbesondere Duschen, beauftragte Unternehmer (Badausrüster) ohne eine Rücksprache oder Bedenkenanmeldung den Einbau der Duschwannen auf dem vorhandenen, offenkundig mehrschichtig aus saugfähigen Materialien bestehenden Fußbodenaufbau in einem Fachwerkhaus ohne irgendeine Abdichtung vor, so ist diese Leistung trotz des Umstands, dass die Bodenabdichtung von einem anderen Unternehmen geschuldet wird, pflichtverletzend im Sinne eines Sachmangels seiner eigenen Leistungen.*)
3. Ohne eine Einbeziehung der VOB/B als Ganzes in den Bauvertrag kann sich der Unternehmer auch dann nicht mit Erfolg auf eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von fünf auf vier Jahre berufen, wenn im Abnahmeprotokoll deklaratorisch der Ablauf der Gewährleistungsfrist datumsmäßig vier Jahre nach dem Abnahmetermin vermerkt ist.*)
IBRRS 2023, 1375
LG München I, Urteil vom 04.05.2023 - 2 O 25999/09
1. Die Vorschrift zum Mindesthonorar nach § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 findet bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt zwischen Privaten keine Anwendung, da die Vorschrift in nicht rechtfertigender Weise in die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EWG (Art. 56 AEUV) eingreift.*)
2. Die Dienstleistungsfreiheit entfaltet unmittelbare Drittwirkung.*)
VolltextIBRRS 2023, 1215
OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.01.2021 - 8 U 109/14
1. Eine bei Auftragserteilung wirksam getroffene Honorarvereinbarung ist bei unverändertem Leistungsziel vor Beendigung der Architektentätigkeit nicht abänderbar.
2. Von einer Beendigung der Architektentätigkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Architektenvertrag erfüllt ist und zwischen den Parteien kein Streit über Mängel der Architektenleistung besteht.
3. Ist die Vereinbarung eines Honorars unterhalb der Mindestsätze der HOAI unwirksam, weil die Schriftform fehlt oder weil kein Ausnahmefall vorliegt oder weil die Vereinbarung nicht bereits bei Auftragserteilung getroffen wurde, bleibt der Architektenvertrag wirksam und der Architekt kann als Vergütung im Regelfall den HOAI-Mindestsatz verlangen.
4. Die Geltendmachung der Mindestsätze kann ausnahmsweise ausgeschlossen sein, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Vereinbarung vertraute und vertrauen durfte und er sich darauf in einer Weise einrichtete, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nicht zugemutet werden kann.
5. ...
IBRRS 2023, 1213
OLG Koblenz, Urteil vom 25.02.2021 - 6 U 1906/19
1. Ein Architekten- oder Ingenieurvertrag konnte auch nach dem bis zum 31.12.2017 geltenden Werkvertragsrecht aus wichtigem Grund gekündigt werden.
2. Kündigungsgründe können "nachgeschoben" werden, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung tatsächlich vorlagen.
3. Ein Innenarchitekt ist nur beschränkt bauvorlageberechtigt. Erscheint zweifelhaft, ob der Innenarchitekt objektiv dazu befugt ist, die Baugenehmigung für das Bauvorhaben zu beantragen, hat er den Auftraggeber ungefragt darüber aufzuklären.
4. Wird auf Veranlassung des (Innen-)Architekten mit der Ausführung der Bauarbeiten begonnen, obwohl noch keine Baugenehmigung vorliegt, kann der Auftraggeber den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen.
5. Rechtsfolge einer Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass eine Vergütung für die bislang erbrachten Leistungen nicht geschuldet ist, wenn das Architektenwerk so schwerwiegende Mängel aufweist, dass es nicht nachbesserungsfähig und deshalb für den Auftraggeber wertlos ist.
6. Die VOB/B kann formularmäßig nicht wirksam in einen Architekten- oder Ingenieurvertrag einbezogen werden.
IBRRS 2023, 1242
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.04.2023 - 4 B 866/21
1. Die Eintragung eines Architekten aus der Architektenliste ist u. a. dann zu löschen, wenn nach der Eintragung Tatsachen eintreten oder bekannt werden, aus denen sich ergibt, dass er die für die Wahrnehmung der Berufsaufgaben erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Architekt überschuldet ist und über kein tragfähiges Sanierungskonzept verfügt, das den Schluss auf einen baldigen Schuldenabbau rechtfertigt.
2. Ausnahmsweise kommt eine andere Beurteilung auch ohne Sanierungskonzept in Betracht, wenn trotz Überschuldung im Einzelfall keine Gefahren für diejenigen Personen bestehen, die Architektenleistungen in Anspruch nehmen möchten.
3. Die Annahme einer solchen Sondersituation setzt zumindest voraus, dass ein überschuldeter Architekt, um die Löschung aus der Architektenliste zu vermeiden, seine selbstständige Tätigkeit vollständig und nachhaltig aufgibt, nur noch als angestellter Architekt auftritt und mit seinem Arbeitgeber rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Auftraggeber effektiv verhindern.
VolltextIBRRS 2023, 1212
OLG Koblenz, Urteil vom 04.03.2021 - 2 U 1498/16
1. Wer vertraglich die Bauaufsicht übernimmt, hat schon während der Ausführung dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Er muss die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen.
2. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der bauüberwachende Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet.
3. Handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen, gängigen und einfachen Bauarbeiten, deren Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann, müssen im Zweifel nicht überwacht werden; insoweit darf sich der Architekt bis zu einem gewissen Grad auf die Zuverlässigkeit und ordnungsgemäße unternehmerische Bauausführung verlassen.
4. Der bauüberwachende Architekt ist verpflichtet, die vertragsgerechte Einbringung einer Recycling- und Schotterschicht zumindest stichprobenartig zu kontrollieren.
VolltextIBRRS 2023, 1214
OLG Köln, Urteil vom 09.12.2021 - 14 U 3/17
1. Der von einem anerkannten Prüfsachverständigen erstellte Prüfbericht ist fehlerhaft, wenn im Bericht über die Prüfung der vorhandenen Sprinkleranlage nicht darauf hingewiesen wird, dass es in bestimmten Bereichen des Bauvorhabens in Abweichung zur Baugenehmigung und dem brandschutztechnischen Konzept keine Sprinkleranlage gibt.
2. Den mit der wiederkehrenden Prüfung einer Sprinkleranlage beauftragten Prüfsachverständigen trifft an einem Brandereignis ein Mitverschulden, wenn er seinen Prüfbericht schuldhaft nicht lege artis erstellt hat.
VolltextIBRRS 2023, 1193
OLG Hamm, Urteil vom 11.01.2022 - 24 U 65/20
1. Bei der Bestimmung der Schadenshöhe wegen fehlerhafter Baukostenermittlung ist ein Vergleich der Vermögenslagen des Auftraggebers mit bzw. ohne den haftungsbegründenden Fehler des Architekten unter Berücksichtigung der Grundsätze der Vorteilsausgleichung vorzunehmen.
2. In der Architektenhaftung besteht keine Vermutung beratungsgerechten Verhaltens. Bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen fehlerhafter Baukostenermittlung des Architekten muss der Auftraggeber neben der Pflichtwidrigkeit und dem Schaden auch die Ursächlichkeit der Vertragsverletzung für den Schaden dartun und nachweisen.
3. Ein Vorteilsausgleich findet dort seine Grenze, wo das Ergebnis dem Zweck des Ersatzanspruchs zuwiderläuft, das heißt dem Auftraggeber nicht mehr zuzumuten ist und den Architekten unangemessen entlastet.
VolltextIBRRS 2023, 1135
OLG Frankfurt, Urteil vom 20.02.2023 - 14 U 202/12
1. Die von einem Prüfingenieur durch den Vertrag mit dem Bauherrn übernommene Aufgabe, die Nachweise für die Standsicherheit zu bescheinigen und die mit den von ihm bescheinigten Unterlagen übereinstimmende Bauausführung zu bescheinigen, ist eine werkvertragliche Leistung (Anschluss an BGH, IBR 2016, 350).
2. Jede bauliche Anlage muss - auch unter Berücksichtigung der Baugrundverhältnisse - im Ganzen, in ihren einzelnen Teilen und für sich allein standsicher sein.
3. Einem Prüfingenieur muss bei der Prüfung der Planungsunterlagen auffallen, dass die Ausführung eines Kellers in Mauerwerk nicht in der Lage ist, die Schubkraft aus der einseitigen Erdruckbelastung in die Bodenfuge abzuleiten, und darf die Standsicherheit des geplanten Kellers in einem solchen Fall nicht bescheinigen.
VolltextIBRRS 2023, 1038
OLG Frankfurt, Urteil vom 19.04.2021 - 29 U 177/19
1. Der bauüberwachende Architekt hat dafür zu sorgen, dass das Bauwerk plangerecht und frei von Mängeln entsteht und zur Vollendung kommt. Er ist verpflichtet, die auszuführenden Arbeiten der Unternehmen in angemessener und zumutbarer Weise zu überwachen und sich durch Kontrollen zu vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden.
2. Zwar muss der bauüberwachende Architekt sich nicht ständig auf der Baustelle aufhalten. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein höheres Mängelrisiko aufweisen, ist er aber zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet.
3. Zu den überwachungsintensiven Bauabschnitten gehören im Hinblick auf ihre Schadensträchtigkeit und die gesteigerten Anforderungen an Baumaterial und Bauausführung insbesondere Abdichtungs- und Isolierungsarbeiten sowie die Verlegung einer Drainage.
4. ...
IBRRS 2023, 1032
OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.2021 - 23 U 64/19
1. Auch nach allgemeiner Lebenserfahrung kann nicht vermutet werden, dass Planungsleistungen nur aufgrund eines bestehenden Vertragsverhältnisses erbracht werden. Es kann sich ebenso gut um Hoffnungsinvestitionen in einer Vertragsanbahnungssituation handeln.
2. Die Annahme eines Vertragsschlusses ist nur dann gerechtfertigt, wenn jenseits entgegen genommener Planungsleistungen Umstände vorliegen, die einen rechtsgeschäftlichen Annahmewillen des Auftraggebers erkennen lassen (hier bejaht).
3. Eine ausgebliebene Gegenzeichnung des vom Planer unterbreiteten Honorarangebots durch den Auftraggeber steht der Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses nicht entgegen.
4. Der Honoraranspruch des Planer entfällt, wenn die Planung unbrauchbar ist. Der Auftraggeber hat die Unbrauchbarkeit und damit Wertlosigkeit der Planung nachvollziehbar zu begründen.
VolltextIBRRS 2023, 1000
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.03.2023 - 4 A 3106/21
1. Durch den auf alle Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union bezogenen Verweis in § 4 Abs. 3 Satz 2 BauKaG-NW a.F. – entsprechend dem heute gleichfalls unbeschränkten Verweis in § 20 Abs. 4 BauKaG-NW, der auch durch seine systematische Stellung nicht einmal mehr im unmittelbaren Kontext mit der Regelung über die Anerkennung ausländischer Studienabschlüsse in § 20 Abs. 3 BauKaG-NW steht – auf Art. 49 der Richtlinie 2005/36/EG einschließlich des umfassend formulierten Absatzes 3 ist der dort bezeichnete frühere deutsche Fachhochschulabschluss im Studiengang Architektur, verbunden mit einer vierjährigen Berufserfahrung, für auch in Nordrhein-Westfalen gleichwertig erklärt worden.*)
2. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber habe Absolventen eines früheren deutschen Architektur-Fachhochschul-Diplomstudiengangs in Nordrhein-Westfalen schlechter stellen wollen als in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.*)
3. Der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber, der selbst nicht von einer geringeren Qualifikation von Absolventen des früheren Diplomstudiengangs ausgegangen war, war nur wegen des Verweises in § 4 Abs. 3 Satz 2 BauKaG-NW a.F. auch auf § 49 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG berechtigt, auf eine Übergangsregelung zu verzichten, die ansonsten verfassungsrechtlich erforderlich gewesen wäre. Ein verfassungsrechtlich schutzwürdiger Vertrauensschutz und Besitzstand wurde nicht erst durch die Eintragung in die Architektenliste geschaffen, sondern bereits durch die Berufsausbildung und die Berufspraxis, die Voraussetzung für die Eintragung und die daraus folgende Berechtigung waren und sind.*)
VolltextIBRRS 2023, 0991
LG Bielefeld, Urteil vom 31.01.2023 - 7 O 325/21
1. Aufgabe eines Energie-Effizienz-Experten im Rahmen der KfW-Förderung ist es regelmäßig, den Antragsteller über die passenden und aufeinander abgestimmten Sanierungsmaßnahmen für sein Gebäude zu beraten, zu prüfen ob diese technisch förderfähig sind und die „Bestätigung zum Antrag" (BzA) bzw. später die „Bestätigung nach Durchführung" (BnD) zu erstellen. Insofern ist der Energie-Effizienz-Experte zum einen technischer Berater für den Bauherrn, zum anderen übt er eine Kontrollfunktion gegenüber der KfW aus.
2. Ein Vertrag über Beratungsleistungen im Rahmen der KfW-Förderung ist kein Werkvertrag, denn der Energie-Effizienz-Experte schuldet im Hinblick auf die übernommene Beratung keinen Erfolg, sondern lediglich eine Dienstleistung im Sinne einer fachlichen Beratung.
3. Eine Garantie zur Erlangung der angegebenen Fördermittel schuldet ein Energie-Effizienz-Experte grundsätzlich nicht (Anschluss an und Fortführung von OLG Celle, IBR 2014, 361).
VolltextIBRRS 2023, 0919
OLG Köln, Beschluss vom 05.12.2022 - 11 U 231/21
1. Ein FeCI3-Tanklager ist ein Ingenieurbauwerk. Zu den Ingenieurbauwerken gehören insbesondere auch Tankanlagen für die entsprechenden Stoffe.
2. Soweit in der HOAI 2013 für Vereinbarungen der Vertragsparteien Schriftform vorgeschrieben ist, muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Ein schriftliches Angebot und eine schriftliche Annahme auf unterschiedlichen Schriftstücken genügen dem Schriftformerfordernis nicht.
3. Die Berufung des Auftraggebers auf die Formunwirksamkeit einer Honorarvereinbarung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Architekt oder Ingenieur ein schriftliches Angebot macht und der Auftraggeber dies schriftlich bestätigt.
IBRRS 2023, 0866
OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2023 - 5 U 227/21
1. Die Planungsleistung eines Ingenieurs hat den anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen, sofern die Vertragsparteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben.
2. Anerkannte Regeln der Technik sind diejenigen technischen Regeln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen, die in der technischen Wissenschaft als theoretisch richtig erkannt sind und feststehen, sowie insbesondere in dem Kreise der für die Anwendung der betreffenden Regeln maßgeblichen, nach dem neuesten Erkenntnisstand vorgebildeten Techniker durchweg bekannt und aufgrund fortdauernder praktischer Erfahrung als technisch geeignet, angemessen und notwendig anerkannt sind.
3. Anerkannte Regeln der Technik können in DIN-Normen niedergelegt sein, wobei aber DIN-Normen insbesondere nicht als Rechtnormen zu qualifizieren sind, sondern lediglich als private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter.
4. Die DIN 18015-2 (Elektrische Anlagen in Wohngebäuden - Teil 2: Art und Umfang der Mindestausstattung) ist ihrem Regelungsgehalt nach nicht geeignet, die Vermutungswirkung, allgemein anerkannte Regel der Technik zu sein, für sich in Anspruch zu nehmen.
VolltextIBRRS 2023, 0852
OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022 - 8 U 1133/20
1. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die im Rahmen der Bauüberwachung typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten.*)
2. Eine Bauüberwachungspflicht des Architekten besteht auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten; sie ist lediglich bei der Kontrolldichte herabgesetzt, erfordert aber jedenfalls stichprobenartige Kontrollen.*)
3. Das bauausführende Unternehmen kann sich auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen, wenn die mangelhafte Bauausführung auf von dem Auftraggeber überlassene fehlerhafte Pläne zurückgeht.*)
4. Eine Vorteilsausgleichung des durch eine deutlich verlängerte Nutzungsdauer entstehenden Vorteils hat nur dann zu erfolgen, wenn der Mangel sich verhältnismäßig spät auswirkt und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste.*)
5. Wählt der Auftraggeber für die Mängelbeseitigung einen Drittunternehmer auf dem freien Markt aus, spricht aus der Erfahrung der täglichen Baupraxis der erste Anschein dafür, dass die von dem Drittunternehmen abgerechneten Kosten erforderlich waren; der Auftragnehmer ist dann für das Gegenteil, nämlich eine Beauftragung zu „übersetzten“ Preisen, mithin eine eindeutige und unzweifelhafte Überschreitung der Grenze der Erforderlichkeit, darlegungs- und beweispflichtig.*)
IBRRS 2023, 0799
AG Tübingen, Urteil vom 14.12.2022 - 9 C 201/21
1. Auch soweit ein öffentlich-bestellter Vermessungsingenieur eine hoheitliche Tätigkeit ausübt und die Höhe seiner Vergütung gesetzlich reguliert ist, bleibt die Erlangung, Durchführung und Vergütung seines Auftrags grundsätzlich privatrechtlich ausgestaltet.
2. Der Vermessungsingenieur ist im Rahmen der Vergütungsklage grundsätzlich darlegungs- und beweisbelastet für einen wirksamen Vertragsschluss einschließlich - soweit relevant - einer wirksamen Vertretung des Auftraggebers. Leistet der Auftraggeber aber eine (Teil-)Zahlung auf eine Rechnung des Vermessungsingenieurs, führt das zu einem sog. Zeugnis gegen sich selbst mit der Folge der Umkehr der Beweislast.
3. Soweit die Parteien keine Abrechnung nach den gesetzlichen Gebühren vereinbart haben, ergibt sich die vom Auftraggeber geschuldete Vergütung des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs nach den für öffentliche Leistungen der Vermessungsbehörden festgesetzten Gebührensätzen.
VolltextIBRRS 2023, 0731
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.02.2023 - 22 U 58/22
Fragt ein Auftraggeber bei einem nicht in die Architektenliste eingetragenen Planer Leistungen nach, die üblicherweise von einem Architekten erledigt werden, muss der Planer vor der Auftragserteilung offenbaren, dass er kein Architekt ist.
VolltextIBRRS 2023, 0694
KG, Urteil vom 14.02.2023 - 21 W 28/22
1. Der Anspruch eines Architekten auf Einräumung einer Sicherungshypothek für seinen Honoraranspruch (§§ 650e, 650q Abs. 1 BGB) setzt nicht voraus, dass auf dem Baugrundstück mit Bauarbeiten begonnen worden ist oder die Umsetzung der Planung dort zu einer Wertsteigerung geführt hat (Anschluss an KG, IBR 2021, 187; entgegen OLG Celle, IBR 2020, 181).*)
2. Ist die Leistung des Architekten mangelhaft, so reduziert sich die Sicherungshypothek um den Betrag des Vergütungsanteils, der auf die mangelhafte Leistung entfällt, nicht aber um die Kosten der Mängelbeseitigung.*)
VolltextIBRRS 2023, 0465
OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.01.2023 - 23 U 24/20
1. Die Mindestsätze der HOAI 2009 sind zwischen Privaten verbindlich und können durch schriftliche Vereinbarung nur in Ausnahmefällen unterschritten werden.
2. Die gemeinsame Realisierung mehrerer, auch großer Bauvorhaben kann keinen Ausnahmefall begründen, wenn der Auftraggeber an diesen Projekten überwiegend nicht selbst, sondern in unterschiedlichen Konstellationen in Person seiner Gesellschafter, Rechtsvorgänger oder assoziierter Unternehmen beteiligt war.
VolltextIBRRS 2023, 0633
OLG Celle, Urteil vom 15.02.2023 - 14 U 166/21
1. Es ist bei der Bewertung optischer Mängel zu differenzieren, wie stark sich die optische Beeinträchtigung im Gesamteindruck der Anlage auswirkt.*)
2. Die vollständige Neuherstellung einer gepflasterten Hofeinfahrt stellt sich dann als unverhältnismäßig dar, wenn es allein um die Herstellung eines einheitlichen geraden Fugenverlaufs einer Fläche geht, die insbesondere für das Parken und Rangieren von Fahrzeugen genutzt wird.*)
3. Ein entschädigungspflichtiger Minderwert besteht bei einer messbaren wirtschaftlichen Einbuße.*)
VolltextIBRRS 2023, 0364
OLG Naumburg, Urteil vom 16.12.2022 - 7 U 40/22
1. Schuldet ein Planer einem öffentlichen Auftraggeber sämtliche Grundleistungen der Leistungsphasen 6 "Vorbereitung der Vergabe" und 7 "Mitwirkung bei der Vergabe" des Leistungsbildes des § 34 HOAI können sich aus dem Ingenieurvertrag Regressansprüche ergeben, wenn die Auftragsvergabe fehlerhaft war.
2. Die Übernahme der Organisation und Abwicklung des Vergabeverfahrens ist grundsätzlich eine zulässige rechtsberatende Nebenleistung des Planers.
3. Den öffentlichen Auftraggeber trifft ein Mitverschulden, wenn ihm hinsichtlich der Pflichtverletzungen im Vergabeverfahren bei einer sorgfältigen Durchsicht des Angebots des Bestbieters dieselben Feststellungen möglich gewesen sind, wie später dem Zuwendungsgeber.
4. Eine Verletzung der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB besteht nur dann, wenn der öffentliche Auftraggeber gegen den Widerrufsbescheid des Zuwendungsgebers keinen Rechtsbehelf einlegt, obwohl dafür hinreichende Erfolgsaussichten bestehen.
IBRRS 2023, 0433
OLG München, Beschluss vom 14.06.2021 - 28 U 1239/19 Bau
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 0257
OLG Schleswig, Beschluss vom 15.01.2021 - 1 U 66/20
1. Der Architekt verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt (BGH, IBR 2013, 284).
2. Jeder Bauherr ist gut beraten, die Kosten des Bauvorhabens zuvor zu kalkulieren und einen Puffer einzuplanen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass es ihm darauf ankommt die genannten Baukosten einzuhalten.
3. An der Verursachung eines Schadens durch eine fehlerhafte Kostenschätzung oder Kostenkontrolle des Architekten fehlt es, wenn der Bauherr trotz ansteigender Baukosten an der Verwirklichung des unveränderten Vorhabens festhält oder gar Mehrkosten verursacht.
VolltextIBRRS 2023, 0256
OLG Schleswig, Beschluss vom 20.11.2020 - 1 U 66/20
1. Der Architekt verletzt regelmäßig seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt (BGH, IBR 2013, 284).
2. Jeder Bauherr ist gut beraten, die Kosten des Bauvorhabens zuvor zu kalkulieren und einen Puffer einzuplanen. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass es ihm darauf ankommt die genannten Baukosten einzuhalten.
3. An der Verursachung eines Schadens durch eine fehlerhafte Kostenschätzung oder Kostenkontrolle des Architekten fehlt es, wenn der Bauherr trotz ansteigender Baukosten an der Verwirklichung des unveränderten Vorhabens festhält oder gar Mehrkosten verursacht.
VolltextIBRRS 2023, 0288
KG, Urteil vom 13.01.2023 - 21 U 50/22
1. Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Architekt oder Ingenieur bei Verhandlungen über den Abschluss eines Architektenvertrags die einschlägige Vorstrafe einer Person ungefragt offenbaren muss, die mit maßgeblichem Einfluss an der Vertragserfüllung mitwirken soll.*)
2. In Verhandlungen über den Abschluss eines Architektenvertrags ist die frühere Verurteilung des Architekten zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit jedenfalls dann eine einschlägige Vorstrafe, wenn Leistungen der Leistungsphasen 7 und 8 gemäß HOAI Gegenstand des Architektenvertrags sein sollen.*)
VolltextIBRRS 2023, 0236
OLG Brandenburg, Urteil vom 01.12.2022 - 12 U 199/21
1. Ein Anspruch des Bauherrn auf Schadensersatz wegen Planungs- und/oder Bauüberwachungsfehlern setzt den Abschluss eines Architektenvertrags oder zumindest die tatsächliche Übernahme der Bauaufsicht voraus (hier für die Bauüberwachung über den Bereich Rohbau hinaus verneint).
2. Der mit der Überwachung der Errichtung eines Rohbaus beauftragte Architekt hat auch die Herstellung der Bodenplatte/Keller einschließlich der Abdichtung zu überwachen. Dazu gehört die Aufsicht über die Ausführung von Mängelbeseitigungsarbeiten.
3. Dem Bauüberwacher obliegt im Rahmen seiner Betreuungsaufgabe nicht nur die Wahrung der Rechte des Bauherrn (Auftraggebers) gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören.
4. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Bauüberwacher möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.
VolltextIBRRS 2023, 0209
OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.04.2022 - 19 U 87/20
Ein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch des Architekten gegen den bauausführenden Unternehmer scheidet aus, wenn der Architekt dem Bauherrn (nur) wegen der Verletzung einer vertraglichen Pflicht zur Objektbegehung (entsprechend der Leistungsphase 9 nach § 15 HOAI 2002) auf Schadensersatz haftet, weil mögliche Ansprüche des Bauherrn gegen den Architekten wegen der Verletzung von Pflichten, die den Leistungsphasen 1 – 8 nach § 15 HOAI 2002 entsprechen, und mögliche Gewährleistungsansprüche des Bauherrn gegen die bauausführenden Unternehmer verjährt sind.*)
VolltextIBRRS 2023, 0113
KG, Urteil vom 21.10.2022 - 7 U 1101/20
1. Der Architekt schuldet dem Auftraggeber wegen von ihm zu vertretender Planungs- oder Überwachungsfehler Schadensersatz, wenn sich die Planungs- oder Überwachungsfehler im Bauwerk verwirklicht haben.
2. Der Architekt hat dem Auftraggeber als Schadensersatz die Mittel zur Verfügung zu stellen, die dieser benötigt, um den planungsbedingten Baumangel beseitigen zu lassen.
3. Der Architekt kann die Zahlung von Schadensersatz verweigern, wenn die Beseitigung der planungsbedingten Baumängel nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.
4. Für die Frage, ob der vom Architekten zu leistende Aufwand "unverhältnismäßig" ist, kommt es nicht allein auf das rechnerische Verhältnis zwischen den Mängelbeseitigungskosten einerseits und dem wirtschaftlichen Vorteil für den Auftraggeber andererseits an. Maßgeblich ist vor allem, ob der Auftraggeber ein nachvollziehbares Interesse an einer vertragsgemäßen Ausführung der Bauleistung hat.
5. Der Architekt kann sich nur dann auf Unverhältnismäßigkeit berufen, wenn das Bestehen des Auftraggebers auf einer ordnungsgemäßen Erfüllung sich im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt.
VolltextOnline seit 2022
IBRRS 2022, 3807BGH, Urteil vom 01.12.2022 - VII ZR 90/22
Ein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch des Architekten gegen den bauausführenden Unternehmer besteht mangels Gesamtschuldverhältnisses nicht, wenn dem Besteller einerseits ein Schadensersatzanspruch nach § 634 Nr. 4 BGB gegen den Architekten wegen Verletzung der vertraglich vereinbarten Objektbegehungspflicht zusteht und ihm andererseits Mängelansprüche gegen den bauausführenden Unternehmer wegen diesem zuzurechnender Mängel des Bauwerks zustehen.*)
VolltextIBRRS 2022, 3732
LG Köln, Urteil vom 20.10.2022 - 14 O 12/22
1. Zur Schutzfähigkeit einer Moschee als Werk der Baukunst.*)
2. Zur Entstellung des Werks der Baukunst durch Anbringung eines vom Architekten nicht geplanten und nicht genehmigten Vordachs. Hier Entstellung durch Eingriff in den geistig-ästhetischen Gesamteindruck des Werks.*)
VolltextIBRRS 2022, 3708
OLG Braunschweig, Beschluss vom 01.04.2022 - 8 U 96/20
1. Mängelansprüche des Auftraggebers wegen Bauüberwachungsfehlern des Architekten unterliegen grundsätzlich der fünfjährigen Verjährungsfrist. Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung ist der Zeitpunkt der Abnahme der Architektenleistung.
2. Einer (Teil-)Abnahme der bis Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen steht nicht entgegen, dass auch die Leistungsphase 9 beauftragt worden ist.
3. Ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt verschweigt einen Mangel seiner Leistung arglistig, wenn er bei der Abnahme seiner Leistung nicht offenbart, dass er keine Bauüberwachung vorgenommen hat (hier verneint).
4. Leitet der Architekt ein selbständiges Beweisverfahren ein, um die Mangelfreiheit seiner Leistung aufklären zu lassen und Mängelansprüche des Auftraggebers abzuwehren, wird dadurch die Verjährung der Mängelansprüche des Auftraggebers nicht gehemmt.
VolltextIBRRS 2022, 3671
BGH, Urteil vom 17.11.2022 - VII ZR 862/21
Bei der Kündigung eines Architekten- oder Ingenieurvertrags gem. § 648 Satz 1 BGB durch einen Besteller, dem bei weiterer Durchführung des Vertrags ein Sonderkündigungsrecht gem. § 650r Abs. 1 BGB zugestanden hätte, umfasst der Anspruch gem. § 648 Satz 2 BGB hinsichtlich nicht erbrachter Leistungen grundsätzlich nicht die Vergütung für Leistungen, die nach einer Vorlage der Planungsgrundlage mit einer Kosteneinschätzung zur Zustimmung gem. § 650p Abs. 2 Satz 2 BGB zu erbringen gewesen wären.*)
VolltextIBRRS 2022, 2246
OLG Köln, Urteil vom 13.01.2022 - 7 U 29/21
1. Wird ein Architekt/Ingenieur umfassend mit der Planung und der Bauüberwachung beauftragt, hat er vom bauausführenden Unternehmer unterbreitete Sondervorschläge auf die Übereinstimmung mit seinen planerischen Vorgaben zu überprüfen.
2. Auf Fehler des Architekten/Ingenieurs bei der Bauüberwachung kann der bauausführende Unternehmer ein Mitverschulden des Bauherrn nicht stützen, weil der Bauherr dem Unternehmer nicht dessen Überwachung schuldet.
3. Grundsätzlich kommt einem Vergleich mit einem Gesamtschuldner keine Gesamtwirkung zu. Ausnahmsweise ist sie zu bejahen, wenn sich aus dem Vergleich oder den Umständen ergibt, dass der Gläubiger den Willen hatte, auch gegenüber dem nicht am Vergleich beteiligten Gesamtschuldner auf weitergehende Ansprüche zu verzichten und ihn deshalb nicht mehr in Anspruch zu nehmen.
IBRRS 2022, 3596
BGH, Urteil vom 03.11.2022 - VII ZR 724/21
1. Aus dem Unionsrecht folgt keine Verpflichtung, das gegen Art. 15 Abs. 1, 2 g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt verstoßende verbindliche Mindestsatzrecht der HOAI (1996/2002) im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, unangewendet zu lassen (im Anschluss an EuGH, IBR 2022, 74 - Thelen Technopark Berlin, und BGH, IBR 2020, 352, 353).*)
2. § 4 HOAI (1996/2002) kann nicht richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich nicht mehr verbindlich sind und daher einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstehen.*)
3. Die Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) über die Niederlassungsfreiheit, den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr finden auf einen Sachverhalt, dessen Merkmale nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen, grundsätzlich keine Anwendung und führen daher in einem solchen Fall nicht zu der Verpflichtung, das verbindliche Mindestsatzrecht der HOAI unangewendet zu lassen (im Anschluss an EuGH, IBR 2022, 74 - Thelen Technopark Berlin; Urteil vom 27.10.2022 - Rs. C-544/21, IBRRS 2022, 3359; BGH, IBR 2020, 352, 353).*)
IBRRS 2022, 3296
OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2021 - 16 U 20/21
1. Ein Architekt, der sich zur Erstellung der Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Etwas anderes gilt, wenn der Auftraggeber das Risiko der Genehmigungsfähigkeit der Planung vertraglich übernommen hat (BGH, IBR 2011, 280).
2. Eine vertragliche Risikoübernahme setzt voraus, dass der Architekt den Auftraggeber umfassend über die bestehenden Risiken aufklärt und belehrt und der Auftraggeber sich auf einen derartigen Risikoausschluss einlässt.
3. Die Kenntnis des Genehmigungsrisikos allein bietet keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass der Auftraggeber dieses vertraglich übernommen hat.
VolltextIBRRS 2022, 3551
OLG Hamburg, Urteil vom 24.03.2017 - 6 U 119/16
1. Die Mindestsätze der HOAI 2013 sind zwischen Privaten verbindlich und können durch schriftliche Vereinbarung nur in Ausnahmefällen unterschritten werden.
2. Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert oder bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art sowie sonstigen besonderen Umständen gegeben sein (hier verneint).
3. Die Geltendmachung der Mindestsätze der HOAI 2013 kann ausgeschlossen sein, wenn der Auftraggeber auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertrauen durfte und ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nicht zugemutet werden kann (hier verneint).
VolltextIBRRS 2022, 3526
LG Potsdam, Urteil vom 01.06.2022 - 2 O 133/20
1. Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werks zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Die Werkvernichtung (hier: in Gestalt des Abrisses des Gebäudes) stellt eine gravierende andere Beeinträchtigung des Werks dar.
2. Ob der Abriss eines Gebäudes geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Architekten an seinem Werk derart zu gefährden, dass er diese Beeinträchtigung verbieten kann, ist durch eine umfassende Abwägung der Interessen des Eigentümers einerseits und derjenigen des Architekten an der Integrität seines Urheberpersönlichkeitsrechts andererseits zu ermitteln. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
3. Auf Seiten des Urhebers ist dabei zu berücksichtigen, ob es sich bei dem betroffenen Werk um das einzige Vervielfältigungsstück handelt; ferner fällt ins Gewicht, welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es sich um einen Gegenstand der zweckfreien Kunst handelt oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient.
4. Auf Seiten des Eigentümers fällt dabei, wenn ein Bauwerk betroffen ist, ins Gewicht, ob bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung vorliegen. Bei Werken der Baukunst gehen die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers in der Regel vor.
VolltextIBRRS 2022, 3516
OLG Celle, Urteil vom 23.11.2022 - 14 U 90/22
1. Unterschiedliche Auffassungen über die anrechenbaren Kosten, über die der Auftraggeber (Bauherr) Auskunft erteilt hat, begründen ohne weitere gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunft ohne die erforderliche Sorgfalt erteilt wurde, keinen Anspruch des Auftragnehmers (hier des Tragwerkplaners) auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.*)
2. Hinsichtlich der maßgeblichen Höhe der anrechenbaren Kosten zur Berechnung des Honorars des Tragwerkplaners ist bei Vorliegen abweichender Kostenberechnungen/-ermittlungen des Auftraggebers und des Auftragnehmers grundsätzlich im Rahmen der dritten Stufe Beweis (insbesondere durch Sachverständigengutachten) zu erheben.*)
3. Ein unzulässiges Teilurteil liegt wegen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen grundsätzlich vor, wenn isoliert über die Grundleistungen neben zugleich u.a. weiter streitigen Besonderen Leistungen und Leistungen der Fachbauleitung entschieden wird.*)
4. Eine Wertaddition gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG ist nicht vorzunehmen, wenn keine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den Hilfsantrag erfolgt.*)
VolltextIBRRS 2022, 3221
OLG München, Urteil vom 20.04.2021 - 9 U 5948/19 Bau
Weist der Vertreter (hier: des Bauherrn bzw. Investors) nicht ausdrücklich oder zumindest konkludent darauf hin, dass er nicht im eigenen, sondern im Namen des Bauherrn/Investors handeln will, und ergibt sich dies nicht aus den Umständen, haftet er persönlich.
VolltextIBRRS 2022, 3346
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2022 - 10 U 12/22
Hat ein Architekt vertraglich die Mitwirkung bei der Auftragserteilung übernommen (Grundleistung h) der Leistungsphase 7 nach Anlage 11 zu § 33 Satz 3 HOAI 2009), kann der Bauherr ohne weitere vertragliche Vereinbarung von dem Architekten keine umfassende juristische Beratung zu Vertragsklauseln erwarten, sondern die Verpflichtung des Architekten beschränkt sich auf eine Anwendung der Grundzüge des Rechts unter Berücksichtigung der gängigen Rechtsprechung.*)
VolltextIBRRS 2022, 3359
EuGH, Urteil vom 27.10.2022 - Rs. C-544/21
Die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist nicht auf einen Fall anwendbar, in dem ein Vertrag vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie geschlossen wurde und dieser Vertrag vor dem Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie alle seine Wirkungen erschöpft hat.*)
VolltextIBRRS 2022, 3313
OLG Stuttgart, Urteil vom 18.10.2022 - 10 U 99/22
1. Beruft sich der Auftraggeber darauf, dass ein wirksamer Architektenvertrag nicht zu Stande gekommen sei und verweigert er auf dieser Grundlage die Erfüllung des Vertrags, kann die Erfüllungsverweigerung im Falle der Wirksamkeit des Vertrags nicht ohne Weiteres als konkludente Kündigung angesehen werden (Anschluss an BGH, Urteil vom 16.05.1968 - VII ZR 40/66, BGHZ 50, 175 - 179).*)
2. Zur außerordentlichen Kündigung eines Architektenvertrags, wenn der Architekt nach Vertragsschluss wegen berufsrechtlicher Verstöße aus der Architektenliste gelöscht wird.*)
3. Wird durch Zwischenfeststellungsurteil festgestellt, dass ein Vertrag zu Stande gekommen ist, steht die Rechtskraft dieses Urteils der Anfechtung der zum Vertrag führenden Willenserklärung auch dann entgegen, wenn die Anfechtung nach Rechtskraft des Zwischenfeststellungsurteils erklärt wird.*)
VolltextIBRRS 2022, 3226
OLG Dresden, Beschluss vom 04.02.2021 - 6 U 712/20
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2022, 3225
OLG Dresden, Urteil vom 11.12.2020 - 6 U 712/20
1. Wird ein Planernachtrag vom Auftraggeber und dem Architekten auf demselben Schriftstück unterzeichnet, ist die Schriftform nach § 7 HOAI 2013 gewahrt.
2. Die Abnahme kann nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent, d. h. durch schlüssiges Verhalten des Auftraggebers, erklärt werden.
3. Konkludent handelt der Auftraggeber, wenn er dem Architekten gegenüber ohne ausdrückliche Erklärung erkennen lässt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgerecht billigt.
4. Durch das Einreichen genehmigungsfähiger Pläne und die Fertigstellung der Ausführung der Planung wird die erbrachte Planungsleistung eines Architekten konkludent abgenommen.
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