Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
2915 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2020, 1607BGH, Beschluss vom 14.05.2020 - VII ZR 174/19
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Unionsrechts gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchstabe a) AEUV folgende Fragen vorgelegt:
1. Folgt aus dem Unionsrecht, insbesondere aus Art. 4 Abs. 3 EUV, Art. 288 Abs. 3 AEUV und Art. 260 Abs. 1 AEUV, dass Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g) und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen in der Weise unmittelbare Wirkung entfaltet, dass die dieser Richtlinie entgegenstehenden nationalen Regelungen in § 7 der deutschen Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI), wonach die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen der Architekten und Ingenieure - abgesehen von bestimmten Ausnahmefällen - verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist, nicht mehr anzuwenden sind?*)
2. Sofern Frage 1 verneint wird:
a) Liegt in der Regelung verbindlicher Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen von Architekten und Ingenieuren in § 7 HOAI 2013 durch die Bundesrepublik Deutschland ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV oder gegen sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts?*)
b) Sofern Frage 2 a) bejaht wird: Folgt aus einem solchen Verstoß, dass in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen die nationalen Regelungen über verbindliche Mindestsätze (hier: § 7 HOAI 2013) nicht mehr anzuwenden sind?*)
IBRRS 2020, 1352
LG Münster, Urteil vom 18.03.2020 - 116 O 53/18
1. Die Planung eines Wärmedämmverbundsystems als Mineralfasersystem hat Spezifikationen hinsichtlich geeigneter und zu verwendender Dübel zu beinhalten.
2. Enthält das Leistungsverzeichnis insoweit keine Vorgaben, muss der bauüberwachende Architekt besondere Sorgfalt darauf legen, dass der mit der Ausführung beauftragte Handwerker fachtechnisch für das ausgeschriebene Wärmedämmverbundsystem geeignete Dübel verwendet.
VolltextIBRRS 2020, 1367
OLG Koblenz, Urteil vom 23.05.2019 - 2 U 1447/16
1. Lässt der Auftraggeber vorhandene oder vorbeschaffte Baustoffe und Bauteile einbauen, gelten als anrechenbare Kosten die ortsüblichen Preise. Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber von den bauausführenden Unternehmen oder von Lieferanten sonst nicht übliche Vergünstigungen erhält.
2. Dem Architekten oder Ingenieur steht kein Anspruch auf eine Abschlagszahlung mehr zu, wenn das Vertragsverhältnis durch Kündigung, einvernehmliche Vertragsaufhebung oder in sonstiger Weise beendet worden ist. In einem solchen Fall hat er seine Leistungen vielmehr umfassend abzurechnen.
3. Ein etwaiger Anspruch auf Zahlung eines Abschlags erlischt infolge der Schlussrechnungsreife. Dementsprechend befindet sich der Auftraggeber bei Eintritt der Schlussrechnungsreife nicht mit der Zahlung eines (nicht mehr) gegebenen Anspruchs auf einen Abschlag in Verzug, so dass der Architekt oder Ingenieur auch keinen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen hat.
4. Nicht jede Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse rechtfertigt eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Ergebnis führt.
5. Auch wenn die Leistungsbeschreibung unvollständig oder unzutreffend ist, muss sich der Architekt oder Ingenieur an den vertraglichen Vereinbarungen festhalten lassen, wenn eine etwaige Veränderung des Schwierigkeitsgrads der durchzuführenden Arbeiten bereits im Vertrag angelegt war.
VolltextIBRRS 2020, 1412
OLG Celle, Urteil vom 15.06.2017 - 5 U 92/16
1. Rät ein Architekt oder Ingenieur dem Auftraggeber zu einer Sanierung, obwohl die hiermit verbundenen Kosten in keinem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zur verbleibenden (Rest-)Nutzungszeit im Vergleich zu einem Neubau stehen, hat er seinen Vertrag schlecht erfüllt und ist zum Schadensersatz verpflichtet.
2. Erteilt der Auftraggeber einem Unternehmen nach öffentlicher Ausschreibung den Auftrag zur Durchführung der Sanierungsarbeiten, obwohl dessen Angebot deutlich über der Kostenschätzung des Architekten bzw. Ingenieurs liegt, wird der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden unterbrochen, so dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf Erstattung der weitergehenden Kosten hat.
VolltextIBRRS 2020, 1425
LG Flensburg, Urteil vom 07.02.2020 - 2 O 14/17
1. Die Planung des Architekten muss die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) einhalten. Anderenfalls ist seine Leistung mangelhaft.
2. Der (auch) mit der Vorplanung beauftragte Architekt hat - beim Bauen im Bestand - nicht nur eine Art der Sanierung planen, sondern muss auch mögliche Varianten aufzeigen und dem Bauherrn die hiermit verbundenen Vor- und Nachteile erläutern.
VolltextIBRRS 2020, 1287
OLG Oldenburg, Urteil vom 20.08.2019 - 13 U 60/16
1. Soll ein Gebäude mit Fassadenplatten verkleidet und anschließend eine Markise angebracht werden, muss der Architekt die Arbeiten der verschiedenen Handwerker so koordinieren, dass die Markise angebracht werden kann, ohne dass die Fassadenplatten wieder abgebaut werden müssen.
2. Die Verjährungsfrist wegen Planungs- oder Überwachungsfehlern beginnt mit der Abnahme oder dann, wenn andere Umstände vorliegen, nach denen eine Erfüllung des Vertrags nicht mehr zu erwarten ist.
3. Werden in einem selbständigen Beweisverfahren unterschiedliche Mängel geltend gemacht, endet die Hemmung für jeden Mangel gesondert. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Mängel später gemeinsam eingeklagt werden sollen.
4. Wird ein Mangel durch das Gutachten im selbständigen Beweisverfahren festgestellt und werden sodann weitere Gutachten eingeholt, die nur noch andere Mängel betreffen, endet die Hemmung nach dem ersten Gutachten bezüglich des festgestellten Mangels.
IBRRS 2020, 1376
OLG Celle, Urteil vom 13.05.2020 - 14 U 71/19
1. Eine Honorarvereinbarung ist nicht gem. § 7 Abs. 1 HOAI 2013 unwirksam, weil sie mündlich geschlossen wurde.*)
2. Eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI führt nicht (mehr) zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung.*)
3. Eine Pauschalhonorarvereinbarung kann wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein (hier verneint).*)
4. Der Auftragnehmer, der bis zur vorzeitigen Beendigung eines Pauschalpreisvertrags nur geringfügige Teilleistungen erbracht hat, kann die ihm zustehende Mindestvergütung in der Weise abrechnen, dass er die gesamte Leistung als nicht erbracht zu Grunde legt und von dem Pauschalpreis die hinsichtlich der Gesamtleistung ersparten Aufwendungen absetzt (BGH, IBR 2005, 75). Es spricht nichts Durchgreifendes dagegen, eine solche Abrechnung auch in Fällen zuzulassen, in denen die beauftragte Leistung bis zur Kündigung nicht nur in ganz geringem Umfang erbracht worden ist, sondern der Anteil nicht erbrachter Leistungen den der erbrachten Leistungen nur erheblich überwiegt.*)
5. Wenn es dem Auftraggeber gestattet ist, Einwendungen gegen die Prüfbarkeit der Schlussrechnung des Unternehmers zu erheben (vgl. nunmehr § 650g Abs. 4 Satz 2 BGB), kann er erst recht nicht mit inhaltlichen Einwänden ausgeschlossen sein. Bei Vorlage einer neuen Abrechnung ist der Auftraggeber daher nicht - auch nicht im Hinblick auf § 531 Abs. 2 ZPO - gehindert, erstinstanzlich nicht geltend gemachte Einwände betreffend die ersparten Aufwendungen im Berufungsverfahren zu erheben.*)
6. Tritt der Auftraggeber dem substanziierten Vorbringen des Auftragnehmers zu den ersparten Aufwendungen nicht entgegen, so gilt gem. § 138 Abs. 3 ZPO der Vortrag des Auftragnehmers als zugestanden.*)
7. Kündigt der Auftraggeber gem. § 648 Satz 1 BGB, beauftragt einen anderen Architekten und reagiert auf Schreiben des Auftragnehmers nicht, gibt er zu erkennen, dass er das Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer als endgültig beendet ansieht und keine Leistungen mehr annehmen will. Macht der Auftraggeber bei seiner Inanspruchnahme Mängel geltend und stellt anderweitige Schadensersatzansprüche zur hilfsweisen Aufrechnung, gibt er zu erkennen, auch zu einer Abnahme der Leistungen des Auftragnehmers nicht willens zu sein. Eine Abnahme (§ 640 BGB) ist in diesem Fall entbehrlich, weil sich das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis gewandelt hat.*)
8. Die Zulässigkeit neuen Vorbringens und einer Hilfsaufrechnung im Berufungsverfahren bemisst sich nach den §§ 533, 529, 531 ZPO. Eine Hilfsaufrechnung ist nicht als sachdienlich gem. § 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO anzusehen, wenn ihre Zulassung den vorliegenden Prozess mit völlig neuem Streitstoff belastet, der zudem ein anderes Bauvorhaben betrifft, und zwischen der mit der Klage geltend gemachten Forderung und der Aufrechnungsforderung kein rechtlicher Zusammenhang besteht. Die Voraussetzungen des § 533 Satz 2 ZPO liegen nicht vor, wenn das neue Vorbringen gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen ist.*)
IBRRS 2020, 1308
KG, Urteil vom 12.05.2020 - 21 U 125/19
1. Das Mindestpreisgebot gem. § 7 Abs. 6 Satz 1 HOAI 2009 ist nach dem Urteil des EuGH vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436) weiterhin anzuwenden (Fortführung Senatsbeschluss vom 19.08.2019, IBR 2019, 564). Die Richtlinie 2006/123/EG vom 12.12.2006 (Dienstleistungsrichtlinie) ist innerhalb eines privaten Rechtsverhältnisses nicht unmittelbar zu Lasten des Architekten oder Ingenieurs anwendbar. Art. 49 AEUV ist auf einen rein innerstaatlichen Sachverhalt nicht anwendbar.*)
2. Der Tragwerksplaner hat keine eigenen Kostenermittlungen zu erstellen. Zur Berechnung seines Honorars muss ihm der Auftraggeber die Kostenberechnung des Objektplaners vorlegen.*)
3. Geschieht dies nicht, kann der Tragwerksplaner selbst eine Kostenberechnung erstellen, die seiner Honorarberechnung zu Grunde zu legen ist, soweit der Auftraggeber sie nicht konkret bestreitet.*)
4. Zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 128a Abs. 1 ZPO bei zur Eindämmung des Coronavirus eingeschränktem Betrieb des Gerichts.*)
IBRRS 2020, 1215
LG Hamburg, Beschluss vom 05.07.2019 - 321 O 288/17
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2020, 1198
OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.11.2019 - 6 W 82/19
1. Die Dringlichkeitsvermutung wird grundsätzlich nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsteller es unterlässt, sich bei Gericht nach dem Stand seines Verfahrens zu erkundigen. Eine „Nachfrageobliegenheit“, die zum Verlust des Verfügungsgrundes führt, besteht erst dann, wenn die festzustellende Dauer der Untätigkeit des Gerichts nach den Gesamtumständen nicht mehr mit Überlastung oder sonstigen nachvollziehbaren Gründen, sondern offensichtlich nur damit zu erklären ist, dass dem Gericht die Sache versehentlich „aus dem Blick geraten“ ist; ein solcher Ausnahmefall liegt noch nicht vor, wenn zwei Monate nach Einreichung des Eilantrages noch keine Entscheidung hierüber getroffen worden ist.*)
2. Wird der Name eines bekannten, vor einem halben Jahrhundert verstorbenen Architekten und Möbeldesigners zur Bezeichnung eines nicht von dem Verstorbenen entworfenen Möbelstücks verwendet, liegt hierin nur dann eine Verletzung des ideellen Bestandteil des postmortalen Persönlichkeitsrechts, wenn das Design dieses Möbelstücks das Gesamtwerk des Verstorbenen verfälscht (im Streitfall verneint).*)
3. Die unberechtigte Verwarnung aus einem postmortalen Persönlichkeitsrecht stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb des Verwarnten dar.*)
VolltextIBRRS 2020, 1031
OLG Bamberg, Beschluss vom 20.09.2017 - 8 U 93/17
1. Wird ein Architekt mit Architektenleistungen einschließlich der Leistungsphasen 1 bis 9 beauftragt (sog. Vollauftrag), hat er seine Leistungen erst dann vertragsgemäß erbracht, wenn auch die Leistungen gemäß Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) vollständig erbracht sind.
2. Eine Abnahme der Architektenleistungen bei einem sog. Vollauftrag kann erst erfolgen bzw. angenommen werden, wenn auch die der Leistungsphase 9 entsprechenden Leistungen erbracht sind. Eine (konkludente) Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen scheidet in der Regel aus.
3. Die in § 9.4 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Architekten- und Ingenieurleistungen in der Fassung 2002 enthaltene Regelung, wonach die Verjährung von Mängelansprüchen spätestens mit der Übergabe des Objekts an den Nutzer beginnt, wenn dem Architekten/Ingenieur die Objektüberwachung (Leistungsphase 8) übertragen ist, hält einer AGB-Kontrolle stand und ist wirksam.
VolltextIBRRS 2020, 1030
OLG Bamberg, Beschluss vom 25.08.2017 - 8 U 93/17
1. Wird ein Architekt mit Architektenleistungen einschließlich der Leistungsphasen 1 bis 9 beauftragt (sog. Vollauftrag), hat er seine Leistungen erst dann vertragsgemäß erbracht, wenn auch die Leistungen gemäß Leistungsphase 9 (Objektbetreuung) vollständig erbracht sind.
2. Eine Abnahme der Architektenleistungen bei einem sog. Vollauftrag kann erst erfolgen bzw. angenommen werden, wenn auch die der Leistungsphase 9 entsprechenden Leistungen erbracht sind. Eine (konkludente) Teilabnahme der bis zur Leistungsphase 8 erbrachten Leistungen scheidet in der Regel aus.
3. Die § 9.4 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen für Architekten- und Ingenieurleistungen in der Fassung 2002 enthaltene Regelung, wonach die Verjährung von Mängelansprüchen spätestens mit der Übergabe des Objekts an den Nutzer beginnt, wenn dem Architekten/Ingenieur die Objektüberwachung (Leistungsphase 8) übertragen ist, hält einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand und ist wirksam.
VolltextIBRRS 2020, 0972
OLG Schleswig, Urteil vom 25.03.2020 - 12 U 162/19
Ein Anscheinsbeweis kann (nur) dann angenommen werden, wenn Mängel vorliegen, die vom Architekten typischerweise entdeckt werden mussten und ein typischer Geschehensablauf anzunehmen ist.
VolltextIBRRS 2020, 1021
LG Rostock, Urteil vom 20.11.2019 - 3 O 517/16
1. Mit der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436) ist die Verbindlichkeit des HOAI-Preisrechts hinfällig geworden.
2. Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind europarechtswidrig. Wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts sind die nationalen Gerichte verpflichtet, die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI ab sofort - auch in laufenden Verfahren - nicht mehr anzuwenden.
3. Ein Architekt, der - auch außerhalb der HOAI - eine Schlussrechnung erteilt, gibt damit regelmäßig die Erklärung ab, dass er seine Leistung abschließend berechnet hat. Die gilt auch bei einer Pauschalpreisvereinbarung.
4. Die Geltendmachung einer Nachforderung kann treuwidrig sein, wenn sie deutlich von den ursprünglichen Rechnungsbeträgen nach oben abweicht.
VolltextIBRRS 2020, 0919
OLG Köln, Beschluss vom 28.06.2015 - 19 U 163/14
Auch wer aus bloßer Gefälligkeit bauplanende oder bauüberwachende Architektentätigkeiten ausübt, haftet nach denselben Maßstäben wie ein Architekt aus einem Architektenvertrag.
VolltextIBRRS 2020, 0995
OLG Celle, Urteil vom 01.04.2020 - 14 U 185/19
1. Zur Auslegung von Willenserklärungen im Hinblick auf den Abschluss eines Architektenvertrags.*)
2. Die Mindestsatzfiktion gem. § 7 Abs. 5 HOAI 2013 verstößt gegen Art. 15 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ("Dienstleistungsrichtlinie") und ist wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts von den nationalstaatlichen Gerichten nicht mehr anzuwenden.*)
3. Eine Honorarvereinbarung ist nicht gem. § 7 Abs. 1 HOAI 2013 unwirksam, weil sie auf elektronischem Wege und damit nicht schriftlich geschlossen wurde.*)
4. Gemäß § 650g Abs. 4 Satz 2 BGB ist die Schlussrechnung prüfbar, wenn sie eine übersichtliche Aufstellung der erbrachten Leistungen enthält und für den Besteller nachvollziehbar ist; gem. § 650g Abs. 4 Satz 3 BGB gilt die Rechnung als prüfbar, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen begründete Einwendungen gegen die Prüfbarkeit erhoben hat.*)
IBRRS 2020, 0917
OLG Köln, Urteil vom 18.06.2015 - 3 U 133/14
1. Bauunternehmer und planender Architekten haften gegenüber dem Bauherrn als Gesamtschuldner, wenn der Bauunternehmer auf Mängelbeseitigung und der planende Architekt auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.
2. Tritt der Bauherr seine Mängelansprüche wegen eines planungsbedingten Baumangels an den Bauunternehmer ab, besteht keine Gesamtschuld mehr, sondern der Architekt haftet gegenüber dem Bauunternehmer nur noch nach dem eigenen Mitverursachungsanteil.
3. Der Bauunternehmer darf zwar grundsätzlich auf die Richtigkeit der Tragwerksplanung vertrauen. Gleichwohl hat er diese sowohl mit der gültigen Ausführungsplanung als auch mit dem amtlichen Lageplan abzugleichen.
4. Übernimmt nicht der Architekt, sondern der Bauunternehmer die Bauleitung, trifft ihn am Entstehen eines planungsbedingten Baumangels ein höherer Verursachungsanteil.
VolltextIBRRS 2020, 0921
VG Ansbach, Urteil vom 02.03.2020 - 4 K 17.607
1. Ein Architekt ist unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er seinen Beruf künftig ordnungsgemäß ausüben wird.
2. Für die Prüfung der Unzuverlässigkeit kommt es auf den jeweiligen Beruf bzw. das jeweilige Gewerbe und den Schutzzweck der entsprechenden berufs- bzw. gewerberechtlichen Bestimmungen an.
3. Aufgrund eines nachträglich eingetretenen Vermögensverfalls besitzt ein Planer bzw. Bauüberwacher die für die Führung der geschützten Berufsbezeichnung "Architekt" erforderliche berufliche Zuverlässigkeit nicht mehr.
VolltextIBRRS 2020, 0905
OLG Celle, Urteil vom 11.03.2020 - 14 U 32/16
1. Bei der Prüfung eines Sanierungskonzepts zur Beseitigung von Schimmelpilzbefall in einem geschlossenen Rohbau sind Schimmelpilz- und Schimmelpilzsanierungsleitfäden zu Rate zu ziehen, auch wenn sie keine allgemein anerkannten Regeln der Technik sind, weil sie das derzeit einzige Regelwerk bilden, das die wesentlichen Erkenntnisse von Medizinern und Biologen zum Schimmelpilzbefall und seiner Beseitigung darstellen.*)
2. Die Pflichten eines Projektsteuerers - auch in Abgrenzung zu einem mit der Bauüberwachung beauftragten Architekten - bestimmen sich nach den im Einzelfall getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien des Projektsteuerungsvertrags.*)
3. Wenn der Projektsteuerer typische Architektenziele der Bauüberwachung und Qualitätskontrolle der Ausführungsleistung übernimmt und zusagt, auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu achten, und bei der Auswahl einer geeigneten Sanierungsmethode zur Beseitigung von Schimmelpilzbefall in einem geschlossenen Rohbau eines Schulgebäudes keine Bedenken gegen ein Sanierungskonzept anmeldet, das die Empfehlungen des Schimmelpilzsanierungsleitfadens missachtet, haftet er gesamtschuldnerisch neben dem Architekten auf Schadensersatz.*)
VolltextIBRRS 2020, 0858
OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2019 - 23 U 102/18
1. Die Planung des Architekten muss den nach Sachlage notwendigen Schutz gegen drückendes Wasser vorsehen. Dabei sind die Grundwasserstände zu berücksichtigen, die in langjähriger Beobachtung nur gelegentlich erreicht worden sind.
2. Die Planung der Abdichtung eines Bauwerks muss bei einwandfreier Ausführung zu einer fachlich richtigen, vollständigen und dauerhaften Abdichtung führen.
3. Der Architekt hat seine Planung nicht nach dem aktuellen Grundwasserstand auszurichten, sondern muss sich regelmäßig Klarheit über die Grundwasserverhältnisse im Allgemeinen verschaffen und die Planung seines Bauvorhabens nach den höchsten bekannten Grundwasserständen, auch wenn diese seit Jahren nicht mehr erreicht worden sind, ausrichten.
4. Jedenfalls in Gebieten mit hohen Grundwasserständen muss der Architekt daher die Grundwasserstände bei den entsprechenden Behörden erfragen und prüfen, ob Schutzmaßnahmen erforderlich sind.
5. Es ist nicht unverhältnismäßig, wenn der Bauherr nachträglich eine Innenwanne einbauen lässt, um den Schutz gegen drückendes Wasser zu gewährleisten.
VolltextIBRRS 2020, 0855
OLG Köln, Beschluss vom 11.04.2016 - 11 U 26/15
1. Wichtige oder kritische Bauleistungen, bei denen sich erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko verwirklichen kann, bedürfen einer erhöhten Aufmerksamkeit und einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht durch den bauüberwachenden Architekten.
2. Zu den gefahrträchtigen Gewerken gehört auch die Anbringung eines technisch anspruchsvollen, komplizierten und sensiblen Gewerks, wie es ein Wärmedämmverbundsystem darstellt. Solche Gewerke bedürfen einer intensiven Überwachung.
3. Die Funktionstauglichkeit eines Wärmedämmverbundsystems ist beeinträchtigt, wenn es nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Das gilt auch dann, wenn (noch) keine Risse an der Gebäudefassade festzustellen sind.
4. Steht aufgrund von Stichproben fest, dass die erbrachte Leistung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik oder den vertraglichen Vereinbarungen entspricht, ist sie insgesamt mangelhaft.
5. Haben die bei diesen Stichproben vorgenommenen Untersuchungen die gleichen, als erheblich anzusehenden Mängel der Werkleistung ergeben und kann deshalb keine der Stichproben als mangelfrei bezeichnet werden, handelt es sich bei den probeweise festgestellten Mängeln nicht lediglich um punktuelle Mängel, sondern um eine insgesamt mangelhafte Leistung.
VolltextIBRRS 2020, 0783
OLG Brandenburg, Urteil vom 23.01.2020 - 12 U 195/17
1. Auch ein Architekt kann eine Bauhandwerkersicherung gem. § 648a BGB a.F. (§ 650f BGB) verlangen. Das gilt nicht, wenn der Bauherr eine natürliche Person ist und die Planung zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung erbringen lässt.
2. Zwei nahezu gleich große Eigentumswohnungen sind kein Einfamilienhaus mit einer Einliegerwohnung. Das gilt auch dann, wenn eine der beiden Wohnungen den Eigenbedarf des Bauherrn decken soll.
3. Der Architekt kann seine Leistung verweigern, wenn er dem Bauherrn erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung einer Bauhandwerkersicherung gesetzt hat. Angemessen ist eine Frist von sieben bis zehn Tagen.
VolltextIBRRS 2020, 0623
OLG Hamm, Beschluss vom 01.03.2018 - 21 U 71/16
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2020, 0622
OLG Hamm, Beschluss vom 18.01.2018 - 21 U 71/16
1. Die Planung des Architekten kann mangelhaft sein, wenn er bei der Grundlagenermittlung die Wünsche und Vorstellungen des Bauherrn nicht oder nur unzureichend ergründet. Manifestiert sich eine solche Pflichtverletzung im Bauwerk, kann dies eine Haftung des Architekten auslösen.
2. Bei der Beurteilung dessen, was der Architekt im Rahmen der Grundlagenermittlung im Hinblick auf Umfang und Tiefe der Ergründung von Wünschen, Vorstellungen und Forderungen des Bauherrn schuldet, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
3. Wird der Architekt mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes für die Nutzung als offene psychiatrische Pflege- und Betreuungseinrichtung mit 20 Patientenzimmern, verteilt auf zwei Geschosse, beauftragt, muss er keinen Bettenaufzug planen.
VolltextIBRRS 2020, 0780
OLG Hamm, Beschluss vom 16.11.2017 - 21 U 71/16
1. Die Planung des Architekten kann mangelhaft sein, wenn er bei der Grundlagenermittlung die Wünsche und Vorstellungen des Bauherrn nicht oder nur unzureichend ergründet. Manifestiert sich eine solche Pflichtverletzung im Bauwerk, kann dies eine Haftung des Architekten auslösen.
2. Bei der Beurteilung dessen, was der Architekt im Rahmen der Grundlagenermittlung im Hinblick auf Umfang und Tiefe der Ergründung von Wünschen, Vorstellungen und Forderungen des Bauherrn schuldet, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.
3. Wird der Architekt mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes für die Nutzung als offene psychiatrische Pflege- und Betreuungseinrichtung mit 20 Patientenzimmern, verteilt auf zwei Geschosse, beauftragt, muss er keinen Bettenaufzug planen.
VolltextIBRRS 2020, 0701
OLG Koblenz, Urteil vom 22.10.2018 - 12 U 885/17
Der Architekt haftet nicht für unterlassene Bauüberwachungs- und Prüfungsmaßnahmen, wenn er zum Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den bauausführenden Unternehmer aufgrund einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung nicht mehr mit Architektenleistungen beauftragt war.
VolltextIBRRS 2020, 0350
OLG Dresden, Beschluss vom 30.01.2020 - 10 U 1402/17
1. Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts haben auch vor deutschen Gerichten Anwendungsvorrang. Die deutschen Gerichte sind daher zur richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Norm verpflichtet.
2. Eine richtlinienkonforme Auslegung dahingehend, dass die HOAI nicht mehr Grundlage der üblichen Vergütung sein könnte, ist nicht möglich.
3. Bis zur Anpassung der HOAI nach Maßgabe der Entscheidung des EuGH gelten die Vorschriften der HOAI daher fort.
VolltextIBRRS 2020, 0702
OLG Koblenz, Beschluss vom 29.10.2018 - 12 U 885/17
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2020, 0117
LG Landshut, Urteil vom 15.11.2019 - 54 O 3945/18
1. Allein die Tatsache, dass ein Fachplaner Leistungen erbringt, lässt die Verantwortlichkeit des objektplanenden und mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten nicht entfallen.
2. Der mit der Einhaltung einer Kostenobergrenze bauftragte Architekt übernimmt keine Verantwortung für ein vom Bauunternehmer erstelltes und nicht zum Planungsumfang des Architekten gehörendes Leistungsverzeichnis und die diesem zugrunde liegende Planung, wenn er die Ausschreibungsunterlagen des Bauunternehmers kostenmäßig überprüft.
VolltextIBRRS 2020, 0171
LG Potsdam, Urteil vom 29.05.2019 - 6 O 332/16
1. Auch einer werkvertraglich begründeten Schadensberechnung kann der Einwand entgegengehalten werden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig.
2. Unverhältnismäßig sind die Aufwendungen für die Beseitigung des Werkmangels, wenn der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht.
3. Der Besteller muss sich nicht mit dem öffentlich-rechtlich gerade noch Zulässigen zufrieden, wenn vertraglich etwas baulich deutlich anderes vereinbart ist.
VolltextIBRRS 2020, 0611
OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.01.2020 - 12 U 69/19
1. Ein Architekten- oder Ingenieurvertrag über bauleitende bzw. planende Tätigkeiten ist in der Regel als Werkvertrag zu qualifizieren. Es kann sich aber auch um einen Dienstvertrag handeln.
2. Für die Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag ist der in der Vereinbarung zum Ausdruck kommende Wille der Parteien maßgebend. Es kommt darauf an, ob eine Dienstleistung als solche (dann Dienstvertrag) oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg (dann Werkvertrag) geschuldet wird.
3. Ergibt sich aus dem vertraglichen Leistungskatalog, dass der Architekt/Ingenieur nur bauvorbereitende und baubegleitende Betreuungsleistungen erbringen soll, wobei er nicht verpflichtet ist, für deren jeweiligen Erfolg einzustehen, ist ein Dienstvertrag anzunehmen.
VolltextIBRRS 2020, 0610
OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.08.2019 - 12 U 69/19
1. Ein Architekten- oder Ingenieurvertrag über bauleitende bzw. planende Tätigkeiten ist in der Regel als Werkvertrag zu qualifizieren. Es kann sich aber auch um einen Dienstvertrag handeln.
2. Für die Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag ist der in der Vereinbarung zum Ausdruck kommende Wille der Parteien maßgebend. Es kommt darauf an, ob eine Dienstleistung als solche (dann Dienstvertrag) oder als Arbeitsergebnis deren Erfolg (dann Werkvertrag) geschuldet wird.
3. Ergibt sich aus dem vertraglichen Leistungskatalog, dass der Architekt/Ingenieur nur bauvorbereitende und baubegleitende Betreuungsleistungen erbringen soll, wobei er nicht verpflichtet ist, für deren jeweiligen Erfolg einzustehen, ist ein Dienstvertrag anzunehmen.
VolltextIBRRS 2019, 4188
OLG Dresden, Urteil vom 12.12.2019 - 10 U 35/18
1. Der mit der Objektüberwachung beauftragte Architekt hat die Abschlagsrechnungen der Bauunternehmer daraufhin zu überprüfen, ob die abgerechneten Leistungen rechnerisch, vertragsgemäß und fachtechnisch einwandfrei erbracht sind.
2. Bei Pauschalpreisverträgen besteht eine (geringe) Einschätzungstoleranz hinsichtlich des erreichten Leistungsstands und der Bewertung von Mängeln. Eine rechnerische Zuvielfreigabe von 1,8% liegt innerhalb dieses Toleranzrahmens und stellt keinen Prüffehler dar.
IBRRS 2020, 0545
OLG Koblenz, Urteil vom 04.12.2019 - 9 U 1067/19
1. Stellt jemand in offener Stellvertretung für den Eigentümer des betroffenen Grundstücks eine Bauvoranfrage, wird er damit i.S.v. § 2 Abs. 1 RDG in einer konkreten fremden Angelegenheit tätig.*)
2. Die Vertretung seiner Auftraggeber im Widerspruchsverfahren nebst Geltendmachung entsprechender Kostenerstattungsansprüche ist einem Architekten nicht nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt.*)
3. Die Rechtsanwaltskammern sind Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG.*)
4. Bei § 3 RDG handelt es sich um eine Marktverhaltensregel i.S.d. § 3a UWG.*)
VolltextIBRRS 2020, 0473
OLG Celle, Urteil vom 06.02.2020 - 14 U 160/19
1. Zur Verkörperung der planerischen Leistungen des Architekten in einem Bauwerk ist es erforderlich, dass mit der Bauausführung (Errichtung des Bauwerks) begonnen wurde.*)
2. Notwendige Vorbereitungshandlungen für die geplante Bebauung stellen keine Bauausführungen dar.*)
3. Zu Vorbereitungshandlungen gehört auch die Eintragung von Baulasten, um die Erschließung des Grundstücks öffentlich-rechtlich zu sichern, um eine Baugenehmigung beantragen zu können.*)
VolltextIBRRS 2020, 0471
OLG Celle, Urteil vom 27.02.2019 - 14 U 54/18
1. Der Gesamtschuldner-Innenausgleich zwischen einem Architekten und einem Bauunternehmer richtet sich nach den jeweiligen Verursachungsbeiträgen beider Gesamtschuldner, wobei jeweils diejenige Partei, die eine überwiegende Verursachung eines Mangels am Bauwerk durch die andere Partei behauptet, einen über den jeweiligen Kopfteil hinausgehenden Verursachungsanteil des anderen Gesamtschuldners zu beweisen hat.*)
2. Bei der Abgrenzung zwischen mehreren Schadensverursachern ist zu berücksichtigen, dass Planungsfehler grundsätzlich in den Verantwortungsbereich des planenden Architekten, Ausführungsfehler hingegen in den Verantwortungsbereich des bauausführenden Unternehmers fallen.*)
3. Die Überwachungspflicht des bauleitenden Architekten dient regelmäßig nicht dem Schutz des bauausführenden Unternehmens, sondern dem Schutz des Auftraggebers.*)
4. Im Einzelfall kann gleichwohl eine Quotierung gerechtfertigt sein, bei der der überwiegende Haftungsanteil beim planenden Architekten zu verbleiben hat.*)
5. Gegenüber einer schon vom Ansatz her verfehlten Planung, die sich lediglich während der Ausführung (und auch der Mangelbeseitigungsversuche) perpetuiert und letztlich zwangsläufig den gesamten Mangel maßgeblich verursacht hat, können die "reinen" Ausführungsfehler nachrangig und in der Gesamtabwägung zu vernachlässigen sein (hier Haftung des Architekten zu 100 % bejaht).*)
6. Zur Interventionswirkung eines Vorprozesses für den anschließenden Prozess zwischen den Gesamtschuldnern.*)
VolltextIBRRS 2020, 1016
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.02.2020 - 21 U 21/19
(ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2020, 0497
OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.01.2020 - 21 U 21/19
1. § 7 Abs. 1 und Abs. 3 HOAI 2009 sind europarechtswidrig.*)
2. Die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs in seinem Urteil vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436), nach der die Mindestsätze der HOAI 2013 gegen Art. 15. Abs. 1 Satz 2 g und Abs. 3 Richtlinie 2006/123/EG verstoßen, gelten auch für die Anordnung von Mindestsätzen in der HOAI 2009.*)
3. Auf einen Verstoß der Regelungen der HOAI 2009 gegen die Richtlinie 2006/123/EG kann sich ein Privater im Rahmen eines Rechtsstreits gegenüber einem anderen Privaten vor einem ordentlichen Gericht nicht berufen (Vertikalverhältnis).*)
4. Ein Verstoß von § 7 Abs. 1 und Abs. 3 HOAI 2009 gegen Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2006/123/EG stellt jedoch gleichzeitig einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV dar. Auf einen solchen Verstoß kann sich auch ein Privater gegenüber einem anderen Privaten im Rahmen eines Rechtsstreits berufen.*)
5. Art. 49 AEUV ist auch dann auf einen Sachverhalt, der durch § 7 Abs. 1 HOAI geregelt wird, anzuwenden, wenn an diesem nur Inländer beteiligt sind. Die in § 7 Abs. 1 HOAI 2009 vorgeschriebenen Mindestsätze entfalten eine die Niederlassungsfreiheit beschränkende Wirkung, die sich in den Mitgliedstaaten auswirken. Dies genügt um ein grenzüberschreitendes Element des Rechtsstreits zu bejahen.*)
VolltextIBRRS 2020, 0325
OLG Köln, Beschluss vom 12.07.2018 - 16 U 52/18
Eine in einem Architektenvertrag enthaltene Klausel zur Bemessung der kündigungsbedingten Abzüge für ersparte Aufwendungen und anderweitigen Erwerb in Höhe von 40%, die beiden Parteien die Möglichkeit offenlässt, höhere oder niedrigere ersparte Aufwendungen oder anderweitigen oder böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerb nachzuweisen, ist wirksam.
VolltextIBRRS 2020, 0433
LG München I, Beschluss vom 31.01.2020 - 8 O 1866/13
Eine Abrechnung von Honorar auf Basis der Mindestsätze der HOAI ist nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436) nicht mehr möglich, da die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtung aus der Dienstleistungsrichtlinie verstoßen hat. Der Staat ist verpflichtet, den festgestellten Verstoß zu beenden. Diese Verpflichtung trifft alle staatlichen Stellen, zu denen auch die Gerichte gehören.
VolltextIBRRS 2020, 0412
EuGH, Beschluss vom 06.02.2020 - Rs. C-137/18
Art. 15 Abs. 1, 2 g und Abs. 3 Richtlinie 2006/123/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der es verboten ist, in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren Tarife zu vereinbaren, die die Mindestsätze unterschreiten, die sich nach dieser Regelung für Architekten und Ingenieure ergeben.*)
VolltextIBRRS 2020, 0331
OLG Naumburg, Urteil vom 28.02.2018 - 3 U 36/17
1. Der Auftraggeber kann einen Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Wichtige Kündigungsgründe, die der Architekt zu vertreten hat, sind u. a. die wesentliche Abweichung von vertraglichen Vorgaben, eine schleppende, zögerliche und unzureichende Leistungserbringung trotz Fristsetzung, die Verursachung besonders grober Mängel, die Verletzung von Kooperationspflichten aber auch die schuldhafte, erhebliche Überschreitung von Vertragsfristen und von Baukosten.
2. Beim Bauen im Bestand steht dem Architekten bei der Kostenberechnung ein Toleranzrahmen zwischen 20 und 25% zur Verfügung.
3. Wird um eine Vertragsauflösung gerungen oder soll der Vertrag ordentlich gekündigt und ein anderer Planer mit der Fortsetzung des Projekts beauftragt werden, und wird auf Einzelprobleme der Ausführungsplanung seitens des Auftraggebers nicht mehr mit der gebotenen Sorgfalt und Vertragstreue eingegangen, kann der Auftraggeber nicht auf die Wahrung von Vertragsfristen durch den Architekten bestehen.
VolltextIBRRS 2020, 0324
KG, Urteil vom 26.03.2019 - 27 U 151/17
Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrags, dass das Honorar durch einen Gutachter als Schlichter bestimmt und dessen Bewertung von beiden Vertragsparteien akzeptiert wird, sind die Feststellungen des Gutachters verbindlich und können in einem Gerichtsverfahren nur auf offenbare Unrichtigkeit hin überprüft werden.
VolltextIBRRS 2020, 0249
OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.06.2019 - 13 U 161/17
1. Soweit sich ein Planungsmangel bereits im Bauwerk verwirklicht hat, besteht kein Nachbesserungsanspruch und somit auch die Möglichkeit zur Selbstvornahme nicht mehr.
2. Wegen vom Architekten zu vertretenden Planungs- und Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, haftet der Architekt auf Schadensersatz. Im Wege des Schadensersatzes kann auch die Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags gegen den Architekten verlangt werden.
3. Mit der Vorschussklage wird ein einheitlicher Anspruch auf Ersatz der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht. Die Klage umfasst den Vorschussanspruch in der Höhe, in der er zur Beseitigung des Mangels sachlich erforderlich ist.
4. Auf der Grundlage eines durch einen Erstprozess festgestellten Sachverhalts kann der Auftraggeber grundsätzlich weiteren Vorschuss in einem nachfolgenden Klageverfahren fordern. Eine erneute Vorschussklage kann nicht von vornherein mit der Begründung zurückgewiesen werden, es sei bereits über eine Vorschussklage entschieden.
VolltextIBRRS 2020, 0240
OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.12.2017 - 10 U 95/17
1. Dem umfassend beauftragten Architekten obliegt nicht nur die Wahrung der Rechte des Auftraggebers gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören.
2. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Architekt möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.
3. Kommt es zu einem Wassereintritt und kann dessen Ursache nicht ohne Weiteres geklärt werden, begründet die Vorgehensweise, den "nächsten starken Regen" abzuwarten, "damit die genauere Ursache festgestellt werden kann", keinen Arglistvorwurf.
VolltextIBRRS 2020, 0253
OLG Stuttgart, Beschluss vom 25.01.2018 - 10 U 95/17
1. Dem umfassend beauftragten Architekten obliegt nicht nur die Wahrung der Rechte des Auftraggebers gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören.
2. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Architekt möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.
3. Kommt es zu einem Wassereintritt und kann dessen Ursache nicht ohne Weiteres geklärt werden, begründet die Vorgehensweise, den "nächsten starken Regen" abzuwarten, "damit die genauere Ursache festgestellt werden kann", keinen Arglistvorwurf.
VolltextIBRRS 2020, 0215
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.09.2019 - 10 U 107/19
1. Ein Auftraggeber muss sich das Planungsverschulden des Architekten gegenüber dem Unternehmer in der Regel gemäß § 278 BGB bereits im Außenverhältnis anrechnen lassen. Deshalb ist der Haftungsanteil des Unternehmers um diese Quote von vornherein verkürzt. Eine gesamtschuldnerische Haftung ist deshalb nur im Umfang der gemeinsamen Quote des Unternehmers und des Architekten gegeben (Bestätigung von Senat, IBR 2019, 265; IBR 2011, 150).*)
2. Ist die Klage eines Bauunternehmers auf die Feststellung gerichtet, dass der Beklagte Planer im Innenverhältnis vollständig oder zu einer bestimmten Quote für Schäden infolge der mangelhaften Errichtung eines Bauwerks verantwortlich ist, setzt dies das Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses voraus. Planerische Mitverursachungsbeiträge sind daher auszuklammern, weil insoweit ein Gesamtschuldverhältnis nicht besteht.*)
3. Bei der Gewichtung und Bewertung der Haftungsanteile der Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander können nur solche Umstände berücksichtigt werden, die unstreitig oder nachgewiesenermaßen ursächlich für den eingetretenen Mangel bzw. Schaden geworden sind.*)
4. Die Gewichtung der Haftungs- und Verantwortungsanteile hat individuell unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls zu erfolgen. Es gibt keinen Grundsatz, dass ein Ausführungsverschulden des Handwerkers das Überwachungsverschulden des Architekten immer überwiegt oder dass ein Planungsmangel immer ein größeres Gewicht hat als ein Ausführungsmangel.*)
5. Bei Stahlbetonarbeiten stellt die Vorgabe eines Nennmaßes c (nom) der Betondeckung keinen Mindestwert dar, der ohne weiteres überschritten werden darf. Das Nennmaß darf nur im Rahmen einer Toleranz überschritten werden. Diese ergibt sich aus der DIN 1045-3.*)
6. Der Unternehmer, der Stahlbetonarbeiten ausführt, hat üblicherweise beim Einbau der Bewehrung, spätestens vor dem Betonieren, zu überprüfen, ob die richtige Betondeckung erzielt wird.*)
7. Ist dem Tragwerksplaner als besondere Leistung der Objektüberwachung die ingenieurtechnische Kontrolle der Ausführung des Tragwerks auf Übereinstimmung mit den geprüften statischen Unterlagen (§ 64 Abs. 3 Nr. 8 HOAI 2002 bzw. Anl. 14.1 zu § 51 Abs. 5 Satz 1 HOAI 2013) übertragen, hat er regelmäßig nicht zu prüfen, wie hoch betoniert wird.*)
8. Der Objektüberwacher hat entweder bei der Abnahme der Bewehrung darauf zu achten, dass diese die erforderliche Höhe hat, oder er muss im Rahmen der Überwachung des Betonierens darauf achten, dass der Unternehmer überprüft, ob sich die Betondicke im Bereich zwischen der Minimal- und der Maximalbetondeckung bewegt.*)
IBRRS 2020, 0092
OLG Köln, Urteil vom 05.10.2016 - 11 U 21/15
1. Das Aufbringen von Hartwachsöl stellt eine einfache Tätigkeit dar, deren Beherrschung von einem Malerbetrieb erwartet werden kann und die deshalb nicht besonders überwachungspflichtig ist.
2. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe eines Architekten, ohne besondere Umstände den Einsatz eines vertraglich eindeutig bezeichneten Materials zu überprüfen. Auf die Verwendung des vom Malerbetrieb angebotenen und beauftragten Anstrichs kann sich der Architekt regelmäßig verlassen.
3. Eine Überwachungspflicht für Selbstverständlichkeiten kann nur angenommen werden, wenn Zweifel bestehen, ob der Bauunternehmer die Vereinbarung einhalten wird, weil sie vom üblichen Ablauf abweicht oder der Bauunternehmer erkennbar unzuverlässig ist.
VolltextIBRRS 2020, 0196
LG München I, Urteil vom 18.12.2019 - 24 O 8846/19
1. Infolge der EuGH-Entscheidung vom 04.07.2019 (IBR 2019, 436) ist es nicht mehr zulässig, getroffene Honorarvereinbarungen an den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI zu messen (Anschluss an OLG Celle, IBR 2019, 1147 - nur online).
2. Da § 7 Abs. 1 HOAI 2009 nach der Rechtsprechung des EuGH nicht mehr angewendet werden darf, geht der Verweis in § 7 Abs. 5 HOAI 2009 ins Leere (Anschluss an OLG Düsseldorf, IBR 2019, 622).
3. Mit Wegfall der Ermächtigung zur Festlegung von Honorarsätzen durch die Rechtsprechung des EuGH ist auch die Rechtsgrundlage zur Regelung des § 7 Abs. 5 HOAI 2009 aus § 2 Abs. 3 MRVG entfallen, so dass mit § 7 Abs. 5 HOAI 2009 eine vom bürgerlichen Recht abweichende Formvorschrift vorliegt, die gegen das höherrangige Gesetz des BGB verstößt und daher unwirksam ist.
VolltextIBRRS 2020, 0195
KG, Urteil vom 19.05.2017 - 7 U 16/16
ohne amtlichen Leitsatz
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