Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
7586 Entscheidungen insgesamt
Online seit 2019
IBRRS 2019, 1898OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.11.2018 - 22 U 91/14
1. Der Werkunternehmer schuldet diejenigen (ggf. auch über den anerkannten Regeln der Technik liegenden) Schalldämmmaße, die durch die vereinbarte Bauweise bei einwandfreier, den anerkannten Regeln der Technik entsprechender Bauausführung erreicht werden können.*)
2. Der Auftragnehmer trägt das Risiko der Nacherfüllung und kann daher grundsätzlich allein darüber entscheiden, auf welche Weise er die Mängel dauerhaft beseitigen will. Das gilt entsprechend § 242 BGB nicht, wenn der Auftragnehmer eine völlig unzureichende Nacherfüllung plant bzw. versuchen will, bei der von vorneherein abzusehen ist, dass sie nicht zu einer vollständigen, nachhaltigen und den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Mängelbeseitigung führen kann.*)
3. Für die Beurteilung, ob eine durch den Werkunternehmer angebotene Nachbesserungsmaßnahme geeignet ist, kommt es auf objektive Maßstäbe an und nicht darauf, welche Erkenntnisse der Werkunternehmer zum Zeitpunkt der Abgabe eines Nachbesserungsangebots hatte.*)
4. Nacherfüllungsmaßnahmen, die den vertraglich geschuldeten Erfolg nicht vollständig herbeiführen, muss der Bauherr grundsätzlich nicht akzeptieren und darf sie zurückweisen. Die Verpflichtung zur Herstellung eines Werks - sei es auf Erfüllungs- bzw. sei es auf Nacherfüllungsebene - ist eine unteilbare Leistung i.S.v. § 266 BGB.
5. Bei einer aufwändigen Sanierungsmaßnahme kann es - auch im Lichte bauvertraglicher Kooperationspflichten - erforderlich sein, dass der Unternehmer dem Bauherrn ein Sanierungskonzept vorlegt, das diesem die Prüfung ermöglicht, ob eine angebotene Teilsanierung von Decken den vertraglich geschuldeten Erfolg (hier: einen "erhöhten Schallschutz") überhaupt erreichen kann. Es gibt - erst recht im Rahmen eines bereits bezogenen Objekts - kein Recht des Auftragnehmers, sich durch sukzessive Mängelbeseitigungsversuche an den von ihm vertraglichen geschuldeten "erhöhten Schallschutz" schrittweise (und für ihn kostensparend) quasi "heranzutasten".*)
6. Der Übergang von einem in erster Instanz geltend gemachten Schadensersatzanspruch (netto) auf einen Kostenvorschussanspruch (brutto) in zweiter Instanz ist statthaft; es fehlt insoweit auch nicht die notwendige Beschwer (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17, IBRRS 2018, 0964, dort Rn. 46 ff. zum materiellen Recht; dort Rn. 53 ff. zum Verfahrensrecht).*)
VolltextIBRRS 2019, 1843
OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2018 - 22 U 93/18
1. Unwesentlich i. S. v. § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB ist ein Mangel, wenn es dem Auftraggeber zumutbar ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit den sonstigen Mängelrechten zu begnügen. Dies ist - unter ergänzender Berücksichtigung von § 242 BGB - anhand von Art und Umfang des Mangels sowie seiner konkreten Auswirkungen nach den Umständen des Einzelfalls unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu beurteilen, auf Seiten des Auftraggebers sowohl objektiv anhand der Verkehrsauffassung über die Bedeutung des in Rede stehenden Mangels bzw. seiner Wirkung auf die Gebrauchstauglichkeit als auch subjektiv anhand des konkreten Interesses an einem insoweit mangelfreien Werk und auf Seiten des Auftragnehmers anhand des Aufwandes für die Mängelbeseitigung und eines etwaigen Verschuldens. Bei einer Mehrzahl von Mängeln kann jeder für sich zwar unwesentlich sein, indes die notwendige Gesamtschau zur Annahme einer Wesentlichkeit der Mängel führen.*)
2. Ist eine förmliche Abnahme vereinbart, kann sich der Auftragnehmer zwar im Regelfall nicht auf eine konkludente Abnahme durch den Auftraggeber stützen. Die Parteien können jedoch im Einzelfall auf eine vereinbarte förmliche Abnahme einvernehmlich verzichten. Ein solcher Verzicht kann insbesondere darin liegen, dass der Auftragnehmer die Schlussrechnung stellt und der Auftraggeber die fertige Bauleistung in Benutzung nimmt, ohne dass eine der Parteien dabei deutlich macht, dass sie noch auf die vereinbarte förmliche Abnahme zurückkommen will, wobei unerheblich ist, ob sich die Parteien der Tatsache bewusst waren, dass eine förmliche Abnahme eigentlich vorgesehen war oder ob sie das nur vergessen haben.*)
3. Eine fiktive Abnahme gemäß § 12 Abs. 5 VOB/B ist zwar durch die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist indes zwischen einer fiktiven (d.h. gesetzlich fingierten) und einer konkludenten (d.h. stillschweigenden) Abnahme (in Gestalt eines sog. Erklärungsverhaltens) und - davon nochmals zu trennen - einem konkludenten (d.h. stillschweigenden) Verzicht auf eine eigentlich vereinbarte förmliche Abnahme.*)
4. Ein regelmäßig anzunehmender Ausschluss einer fiktiven Abnahme durch die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme ändert nichts daran, dass auf eine eigentlich vereinbarte förmliche Abnahme unter Berücksichtigung entsprechender Umstände des Einzelfalles durchaus konkludent (im Sinne eines Erklärungsverhaltens) verzichtet werden kann und dann - nach Eintritt der Abnahmereife - die Annahme einer konkludenten Abnahme statthaft ist.*)
VolltextIBRRS 2019, 1840
OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.04.2019 - 22 U 62/18
1. Bei der Prüfung von wechselseitigen, sukzessiven, vertragsändernden bzw. vertragsbeendenden Erklärungen von Werkvertragsparteien ist eine chronologische Prüfungsmethode anzuwenden und - entgegen KG vom 16.02.2018 (IBR 2018, 317) - keine "materielle Gesamtbetrachtung" (d. h. ungeachtet des konkreten chronologischen Ablaufs) vorzunehmen. Maßgeblich ist allein, welche von zwei wechselseitigen, sukzessiv erfolgten Kündigungen als erste auf wirksame Weise das Vertragsverhältnis für die Zukunft beendet hat.*)
2. Eine Kündigung seitens des Auftragnehmers gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (ebenso wie eine Kündigung seitens des Auftraggebers gem. § 8 Abs. 5 VOB/B) muss grundsätzlich schriftlich erfolgen. Etwas anderes kann nur ausnahmsweise im Einzelfall gelten, wenn die mündliche Kündigung als ausreichende Kündigung - d. h. quasi im Sinne einer einverständlichen Vertragsaufhebung - akzeptiert wird bzw. von einer konkludenten Abbedingung der Schriftform ausgegangen werden kann.*)
3. Erklärt der Auftraggeber, er sehe die (objektiv zu Recht erfolgte) Anforderung einer Sicherheit gem. § 648a BGB a.F. als "gegenstandslos" an, steht dies einer ernsthaften und endgültigen Verweigerung der Sicherheit gleich und begründet zeitgleich (und noch vor Fristablauf) ein Leistungsverweigerungsrecht des Auftragnehmers.*)
4. Eine unwirksame außerordentliche Kündigung ist - mangels Vorbehalt bzw. Klarstellung - regelmäßig als freie Kündigung des Auftraggebers auszulegen bzw. dahin umzudeuten.*)
5. Hinsichtlich des anderweitigen Erwerbs trifft den Auftraggeber grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast, den Auftragnehmer indes eine sekundäre Darlegungslast dazu, ob und ggf. wie durch einen sog. "Füllauftrag" die kalkulierten Kosten gedeckt worden sind. Je wahrscheinlicher ein anderweitiger Erwerb ist, um so ausführlicher müssen die Angaben sein. Der Auftraggeber kann indes grundsätzlich nicht verlangen, dass der Auftragnehmer von vorneherein seine gesamte Geschäftsstruktur offenlegt, um ihm die Beurteilung zu ermöglichen, welche Aufträge auch ohne die Kündigung akquiriert worden wären.*)
6. Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Kündigung des Auftraggebers und einem Ersatzauftrag bestehen, um diesen als sog. "Füllauftrag" bewerten zu können. War der Auftragnehmer in der Lage, neben dem gekündigten Auftrag weitere Aufträge auszuführen, sind diese nicht als sog. "Füllaufträge" anzusehen. Sog. "Füllaufträge" können auch vorliegen, wenn sie später als der gekündigte Auftrag ausgeführt werden.*)
7. Die Anrechnung anderweitigen Erwerbs ist getrennt nach Kostenarten vorzunehmen.*)
IBRRS 2019, 1629
OLG Hamm, Urteil vom 30.04.2019 - 24 U 14/18
1. Ist im Vertrag eine förmliche Abnahme vereinbart, kommen sowohl Abnahmefiktion als auch konkludente Abnahme nicht in Betracht.
2. Im Werkvertragsrecht kommt wegen Mängeln vor der Abnahme ein Schadensersatzanspruch des Bestellers in Betracht, gerichtet auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags.
3. Der bauvertragliche Erfüllungsanspruch verjährt in der Regelverjährung gem. §§ 195, 199 BGB.
4. Er kann jedoch nicht früher verjähren als der Nacherfüllungsanspruch.
5. Der Auftraggeber muss hierzu weder die Abnahme erklären noch sonst verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen.
IBRRS 2019, 1447
OLG Köln, Urteil vom 06.09.2017 - 11 U 104/11
1. Vereinbaren die Parteien eines Bauvertrags nachträglich die Zahlung einer pauschalen Zulage für überbreite Kanäle, kann der Auftraggeber davon ausgehen, dass von dem Pauschalpreis sämtliche Bau- und Nebenleistungen umfasst werden, die zur Erreichung des vereinbarten Erfolgs notwendig sind.
2. Eine Ausnahme gilt für solche Leistungen, die nach der Vereinbarung zusätzlich berechnet werden sollen und für nachträglich in Auftrag gegebene Zusatzleistungen.
3. Der Auftraggeber kann in einen VOB-Pauschalpreisvertrag einen Ausgleich zu verlangen, wenn die ausgeführte Menge von der vertraglich vorgesehenen Menge so erheblich abweicht, dass ein Festhalten an der Pauschalsumme nicht zumutbar ist.
4. Nicht jede detaillierte Angabe im Leistungsverzeichnis führt dazu, dass sie die Pauschalierung der Vergütung begrenzt. Es ist auch möglich, dass der Auftraggeber lediglich zum Ausdruck bringen will, wovon er ausgeht, ohne dass er dies zum Vertragsinhalt erheben will.
5. Auch wenn es zu Mindermengen kommt, rechtfertigt dies nur dann eine Herabsetzung der Pauschalvergütung, wenn sie ein solches Ausmaß erreichen, dass eine gravierende Äquivalenzstörung eintritt (hier verneint).
IBRRS 2019, 1545
OLG Stuttgart, Urteil vom 25.01.2017 - 3 U 65/16
1. Der Auftraggeber beschreibt einen Baumangel hinreichend genau, wenn er auf beigefügte Anlagen, in denen eine detaillierte Beschreibung enthalten ist, Bezug nimmt.
2. Ausführungen zur konkreten Art der Nachbesserung sind ebenso wenig notwendiger Bestandteil für eine wirksam erhobene Mängelrüge. Es genügt die Mitteilung der zutage getretenen Mangelschäden sowie das Verlangen um Nachbesserung. Der Auftragnehmer hat dann zu prüfen, worauf der Schaden zurückzuführen und inwieweit sein Werk mangelhaft ist.
3. Das Gelingen der Mängelbeseitigung liegt in der Risikosphäre des Auftragnehmers. Es steht ihm deshalb auch grundsätzlich frei zu entscheiden, in welcher Art und Weise er die Nachbesserung durchführt.
VolltextIBRRS 2019, 1727
OLG Frankfurt, Urteil vom 15.09.2017 - 25 U 87/16
1. Der Begriff des Bauwerks beschränkt sich nicht auf Gebäude. Unter einem Bauwerk ist vielmehr eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache zu verstehen, wobei es ausreicht, dass sich die Verbindung mit dem Erdboden durch die eigene Schwere der Sache ergibt.
2. Bei einer neu errichteten Treppenanlagen handelt es sich jedenfalls dann um ein Bauwerk, wenn die Treppenläufe und die Podeste auf neu errichteten Betonfundamenten gegründet wurden.
3. Werden Waschbetonteile so hergestellt, dass es über kurz oder lang zu gravierenden Schäden kommen muss, weil sich im erhärteten Beton Mischkristalle bilden, die das Gefüge des Betons zerstören, ist die Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme mangelhaft, auch wenn die Zersetzungserscheinungen erst nach einigen Jahren auftreten.
VolltextIBRRS 2019, 1710
OLG München, Urteil vom 08.05.2019 - 20 U 124/19 Bau
1. Die Leistung wird durch schlüssiges Verhalten abgenommen, wenn sie a) abnahmereif ist, b) der Auftraggeber ohne Beanstandung die Nutzung aufgenommen hat und c) ein angemessener Prüfungszeitraum verstrichen ist.
2. Die Dauer der dem Auftraggeber zuzugestehenden Prüfungszeit muss einzelfallabhängig bestimmt werden. Welcher Zeitraum als angemessen anzusehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von Art und Umfang des Werks, das in Gebrauch genommen wird, ab.
3. Bei einer Heizungsanlage stellen sieben Wochen im Winter eine ausreichende Zeitspanne dar, innerhalb derer eine gründliche Überprüfung der Funktionstauglichkeit möglich ist.
VolltextIBRRS 2019, 0119
OLG Oldenburg, Urteil vom 07.05.2018 - 13 U 66/17
Führen verschiedene Arbeiten unterschiedlicher Unternehmer zum Verlust des Bestandsschutzes eines Gebäudes, so sind diejenigen Arbeiten, die zeitlich nach denjenigen liegen, die bereits zum Verlust des Bestandsschutzes führten, für den Verlust nicht mehr (mit-)ursächlich; eine Haftung dieses Unternehmers ist nicht gegeben.
VolltextIBRRS 2019, 1708
OLG München, Urteil vom 26.03.2019 - 9 U 635/17 Bau
Übergibt der Auftraggeber einem Mitarbeiter des Auftragnehmers Bargeld, tritt die Erfüllung der Werklohnforderung des Auftragnehmers nur ein, wenn der Mitarbeiter entweder Vollmacht zum Geldempfang für den Auftragnehmer hat oder die Barzahlung in das Vermögen des Auftragnehmers gelangt.
VolltextIBRRS 2019, 1680
BVerwG, Beschluss vom 11.02.2019 - 4 B 28.18
(Ohne amtlichen Leitsatz)
VolltextIBRRS 2019, 0652
LG Itzehoe, Urteil vom 26.02.2019 - 5 HKO 42/18
1. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgegebene Sicherungsklausel, nach der Sicherheiten i.H.v. 10% für die Vertragserfüllung und 5% für die Gewährleistung verlangt werden, ist für sich gesehen unbedenklich.
2. Sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichzeitig ein Abnahmeerschwernis zu Lasten des Auftragnehmers vor (Nachunternehmerabnahme erst mit Bauherrenabnahme), kann dies zu einer Kumulierung der Sicherheiten führen. In der Gesamtschau führt dies zur Unwirksamkeit auch der Sicherheitenklausel.
IBRRS 2019, 1456
OLG Frankfurt, Urteil vom 05.05.2017 - 24 U 53/15
1. Wird der Auftragnehmer mit Abdichtungsarbeiten an einer ebenen Dachfläche beauftragt, hat er für ein Gefälle zu sorgen und sicherzustellen, dass die Gefälleneigung über die gesamte Dachfläche zum Ablauf hin verläuft.
2. Auf etwaige technische Schwierigkeiten muss der Auftragnehmer den Auftraggeber hinweisen. Anderenfalls darf der Auftraggeber auch "bei kleinem Budget" davon ausgehen, dass eine technisch einwandfreie Lösung erzielt wird.
3. Die Leistung des Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn die von ihm gewählte Ausführungsvariante einen erhöhten Wartungsaufwand nach sich zieht.
VolltextIBRRS 2019, 1536
LG Coburg, Urteil vom 09.08.2018 - 21 O 175/18
Ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Werkvertrag kann widerrufen werden.
VolltextIBRRS 2019, 1443
OLG Köln, Urteil vom 30.12.2015 - 19 U 19/15
1. Bauleistungen müssen grundsätzlich nach exakten Mengen abgerechnet werden.
2. Sog. Näherungsverfahren sind nur dann anzuwenden, wenn eine mathematisch genaue Abrechnung nicht oder nicht mit zumutbaren Mitteln durchführbar ist oder wenn die Parteien dies vereinbart haben.
3. Zwar ist nach Abnahme und Erteilung der Schlussrechnung das Recht zur vorläufigen Abrechnung erloschen und damit auch die Berechtigung, eine vorläufige Abrechnung durchzusetzen. Davon bleibt jedoch das Recht des Auftragnehmers unberührt, die (Zins-)Ansprüche zu verfolgen, die sich aus dem Verzug mit der Begleichung von Abschlagsforderungen ergeben.
VolltextIBRRS 2019, 1066
LG Meiningen, Urteil vom 14.03.2019 - 1 O 553/18
1. Enthält die Vertragsstrafenregelung für den Fall, dass lediglich Zwischenfristen nicht eingehalten werden, die Vollendungsfrist aber gewahrt wird, keine Regelung zur Anrechnung, liegt ein Verstoß gegen das "Kumulationsverbot" vor.
2. Eine Vertragsstrafenregelung verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn die Verwirkung der Vertragsstrafe zwar an ein Datum anknüpft, sich aus den Vertragsunterlagen diesbezüglich jedoch zwei verschiedene Zeitpunkte im Bauablauf ergeben.
VolltextIBRRS 2019, 1342
OLG Frankfurt, Urteil vom 13.10.2016 - 12 U 174/14
1. Steht fest, dass der Bauträger von den Erwerbern nicht mehr wegen Baumängeln in Anspruch genommen werden kann, ist er gehindert, seinerseits Ansprüche wegen dieser Mängel gegen seinen Auftragnehmer geltend zu machen.
2. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauträgers, wonach der Anspruch des Auftragnehmers auf Zahlung der Schlussrechnungsforderung erst nach Beseitigung sämtlicher Mängel fällig wird, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam.
IBRRS 2019, 1554
OLG Schleswig, Beschluss vom 07.01.2019 - 7 U 103/18
1. Zahlt der Auftraggeber an den Auftragnehmer vor Ausführung der Arbeiten einen Betrag von 3.800 Euro in bar und ohne hierfür eine Rechnung oder Quittung zu erhalten, spricht dies dafür, dass der Auftragnehmer diesen Teil der Zahlung mit Billigung des Auftraggebers nicht versteuern wollte.
2. Verstößt der Auftragnehmer vorsätzlich gegen seine steuerlichen Pflichten und nutzt der Auftraggeber diesen Verstoß zum eigenen Vorteil aus, führt das zur Nichtigkeit des Bauvertrags und dazu, dass Mängelansprüche des Auftraggebers ausscheiden (Anschluss an BGH, IBR 2013, 609).
VolltextIBRRS 2019, 1535
LG Frankenthal, Urteil vom 18.03.2019 - 6 O 276/14
1. Die Abgabe eines Pauschalpreisangebots bei Erdaushubarbeiten ist unüblich, wenn die exakten Daten zur Kalkulation vor Angebotsabgabe überhaupt nicht schriftlich vorliegen.
2. Eine auffallend ungerade bezifferte Angebotssumme spricht dem äußeren Anschein nach gegen einen Pauschalpreisvertrag, der typischerweise mit einer runden Summe ausgehandelt wird.
3. Kann der tatsächliche Leistungsumfang aufgrund der Fertigstellung des Bauwerks nicht mehr festgestellt werden, weil die Feststellung eines zweifelsfreien Aufmaßes den Rückbau erforderlich machen würde, kann der erforderliche Mindestumfang im Rahmen einer (sachverständigen) Schätzung ermittelt werden.
VolltextIBRRS 2019, 1279
OLG Celle, Urteil vom 30.11.2017 - 16 U 1/17
1. Die Fehlstellung eines Gebäudes aufgrund eines vom Auftragnehmer nicht bemerkten Einmessfehlers stellt einen lediglich unerheblichen Mangel dar, der den Auftraggeber nicht zur fristlosen Kündigung des Bauvertrags berechtigt.
2. Eine unwirksame außerordentliche Kündigung ist im Regelfall als freie Kündigung auszulegen (Anschluss an BGH, IBR 2003, 595).
VolltextIBRRS 2019, 1481
LG Osnabrück, Beschluss vom 27.03.2019 - 6 S 19/19
1. Der Unternehmer muss zur Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs lediglich darlegen, wie viele Stunden für die Leistungserbringung angefallen sind (grundlegend BGH, IBR 2011, 316). Er ist aber im Rahmen der Vereinbarung einer Stundenlohnvergütung verpflichtet, die ausgeführten Arbeiten im Sinne einer wirtschaftlichen Betriebsführung durchzuführen.
2. Stellt sich die Leistungsausführung als unwirtschaftlich dar, begründet dies einen vom Besteller geltend zu machenden Schadensersatzanspruch, dessen tatsächliche Voraussetzungen der Besteller nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen muss.
3. Der erhobene Gegenanspruch des Bestellers führt zu einer Herabsetzung der Vergütung, soweit der Besteller den hierfür notwendigen Beweis einer unwirtschaftlichen Betriebsführung erbracht hat.
4. Eine Baukammer kann auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Ortsüblichkeit der vom Auftragnehmer angesetzten Stundensätze und Materialpreise verzichten und aus eigener Sachkunde die Ortsüblichkeit und Angemessenheit der geltend gemachten Vergütung beurteilen.
VolltextIBRRS 2019, 1454
OLG Stuttgart, Urteil vom 13.02.2019 - 10 U 152/18
1. Eine Abschlagsforderung kann nicht mehr verlangt werden, wenn die Bauleistung abgenommen oder ein Abrechnungsverhältnis entstanden ist und die Frist abgelaufen ist, binnen derer der Auftragnehmer gemäß § 14 Nr. 3 VOB/B die Schlussrechnung einzureichen hat.*)
2. Soweit sich aus der Schlussrechnung ein unstreitiges positives Guthaben ergibt, ist dieses als endgültige Teil-Schlusszahlung (und nicht als Abschlagszahlung im Sinne des § 16 Abs. 1 VOB/B) zu begleichen.*)
3. Als Gläubiger des Abschlagszahlungsanspruchs hat der Auftragnehmer dessen Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört als ungeschriebenes negatives Tatbestandsmerkmal die fehlende Schlussrechnungsreife.*)
4. Der Auftraggeber muss im Prozess im Rahmen einer sekundären Darlegungslast zur Schlussrechnungsreife vortragen, um dem Auftragnehmer den Vortrag und den Beweis zu ermöglichen, dass mangels Schlussrechnungsreife weiterhin ein Anspruch auf Abschlagszahlung besteht.*)
5. Abschlags- und Vorauszahlungsforderungen können selbstständig geltend gemacht werden und sind deshalb bis zum Eintritt der Schlussrechnungsreife zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Verzugs vorliegen. Dieser Zinsanspruch bleibt auch nach Eintritt der Schlussrechnungsreife durchsetzbar.*)
6. Ein umfassender Einwendungsausschluss in AGB, der die Berufung auf die später eingetretene Schlussrechnungsreife und damit den Wegfall der Abzahlungs- bzw. Vorauszahlungsforderung verbieten würde, ist nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Schuldners auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam.*)
IBRRS 2019, 1284
KG, Urteil vom 25.11.2016 - 21 U 31/14
1. Eine Änderung des Bauentwurfs kann ausdrücklich oder konkludent angeordnet werden. Eine konkludente Anordnung liegt vor, wenn sich der Auftraggeber in schlüssiger Weise auf eine tatsächlich veränderte Situation einstellt, etwa durch das Ergebnis einer Abstimmung der Bauvertragsparteien.
2. Können sich die Bauvertragsparteien nach einer Änderung des Bauentwurfs nicht über die Höhe der Vergütung für die geänderte Leistung einigen, hat der Auftragnehmer im VOB-Vertrag einen Anspruch auf Zahlung einer zusätzlichen Vergütung, deren Höhe aus der Urkalkulation hergeleitet sein muss.
3. Der Auftraggeber verliert seinen Anspruch auf Mängelbeseitigung, wenn er Kenntnis von dem Mangel hat und er sich seine Rechte wegen des Mangels bei Abnahme nicht vorbehält. Bei einem sachkundigen Auftraggeber darf - trotz gebotener Vorsicht und Zurückhaltung - bei einem klar erkennbaren und auch gravierenden Mangel davon ausgegangen werden, dass er den Mangel nicht übersehen haben kann.
4. Die Kosten der Prüfung der Schlussrechnung sind auch dann vom Auftraggeber zu tragen, wenn die Schlussrechnung unvollständig und die Prüfung deshalb mit einem erhöhten Aufwand verbunden ist.
IBRRS 2019, 1277
KG, Urteil vom 10.06.2016 - 7 U 117/15
1. Räumt der Auftraggeber ein, dass dem Auftragnehmer unstreitig Zahlungsansprüche aus verschiedenen Bauverträgen zustehen, kann darin ein deklaratorisches (bestätigendes) oder ein tatsächliches Anerkenntnis liegen.
2. Bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis wird der Anspruch ganz oder teilweise dem Streit entzogen und endgültig festgelegt, so dass dem Auftraggeber Einwendungen gegen seine Schuld abgeschnitten werden.
3. Das tatsächliche Anerkenntnis setzt voraus, dass der Auftraggeber mit seinem Verhalten das Bewusstsein vom Bestehen der Schuld unzweideutig zum Ausdruck bringt, um seine Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen und den Auftragnehmer dadurch etwa von sofortigen Maßnahmen abzuhalten oder ihm den Beweis zu erleichtern. Es enthält keine materiell-rechtliche Regelung für das Schuldverhältnis, sondern bewirkt als "Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst" eine Umkehrung der Beweislast.
4. Enthält ein Dokument ein Anerkenntnis über das Bestehen einer Verbindlichkeit, trifft bei Unklarheiten über den Bestand der anerkannten Schuld die Feststellungslast denjenigen, der sich zu ihr bekannt hat.
VolltextIBRRS 2019, 1393
LG Mosbach, Urteil vom 18.04.2019 - 2 O 232/17
1. Macht der Auftragnehmer einen Anspruch auf Entschädigung nach § 642 BGB geltend, ist eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn sich der Auftraggeber innerhalb des gesamten vereinbarten Ausführungszeitraums in Annahmeverzug befand.
2. Die Vorschrift des § 642 BGB gewährt eine Entschädigung nur für solche Nachteile, die auf einem nutzlosen, also produktionslosen Bereithalten von Produktionsmitteln beruhen (Anschluss an KG, IBR 2019, 122).
3. Entschädigt werden in erster Linie produktionslos für das Bauvorhaben vorgehaltene Mitarbeiter. Maßgeblich für die Höhe der Entschädigung sind die kalkulierten Lohnkosten zuzüglich Zuschlägen.
4. Da dem Auftragnehmer durch die spätere Verwendung der vorgehaltenen Baustoffe kein Nachteil entsteht, steht ihm insoweit kein Anspruch auf Entschädigung zu.
VolltextIBRRS 2019, 1347
OLG Frankfurt, Urteil vom 25.02.2019 - 29 U 81/18
1. Der Vertrag über die Planung, die Anfertigung und den Einbau einer Haustreppenanlage aus Stahl und Holz ist als Werkvertrag einzuordnen.*)
2. Der Bürge, der die Zahlungsvoraussetzungen des § 648a Abs. 2 Satz 2 BGB sinngemäß in der Bürgschaftsurkunde wiedergibt, verzichtet damit nicht auf Einwendungen.*)
3. In der vorbehaltlosen, uneingeschränkten Feststellung einer Werklohnforderung zur Insolvenztabelle kommt auch die Abnahme der Werkleistung zum Ausdruck.*)
VolltextIBRRS 2019, 1274
OLG München, Beschluss vom 02.04.2019 - 28 U 413/19 Bau
Lässt der Auftraggeber einzelne Positionen nach Auftragserteilung nicht vom Auftragnehmer ausführen, liegt eine Teilkündigung und keine Leistungsänderung vor, so dass dem Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zusteht.
VolltextIBRRS 2019, 1291
OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.03.2019 - 21 U 17/18
1. Widersprüche zwischen den einzelnen Teilen der Vergabeunterlagen sind im Wege der Auslegung möglichst so aufzulösen, dass sich ein sinnvolles, den Belangen beider Vertragsparteien gerecht werdendes Resultat ergibt.
2. Es gibt keine Auslegungsregel, wonach ein Vertrag mit unklarer Leistungsbeschreibung allein deshalb zu Lasten des Auftragnehmers geht, weil dieser die Unklarheiten nicht vor der Abgabe seines Angebots aufgeklärt hat.
3. Ebenso wenig gibt es eine Auslegungsregel, wonach Unklarheiten zu Lasten des ausschreibenden Auftraggebers gehen, ohne dass zuvor der Versuch ihrer Auflösung im Wege einer Auslegung der Gesamtheit der Vertragsunterlagen unternommen werden muss.
4. Enthält der Ausschreibungstext eine besondere Aufmaßvorschrift, geht diese als die speziellere Vertragsnorm der allgemeinen Bezugnahme des Vertrags auf die VOB/C und die in Abschnitt 5 der davon umfassten DIN enthaltenen Aufmaßvorschriften vor.
VolltextIBRRS 2019, 1282
KG, Urteil vom 22.04.2016 - 21 U 119/14
1. Tritt auf dem Baugrundstück drückendes Wasser auf, ist die Ausführung einer "schwarzen" oder "weißen Wanne" als Abdichtung erforderlich. Hat der Auftragnehmer weder eine "schwarze" noch eine "weiße Wanne" ausgeführt, ist seine Leistung mangelhaft.
2. Der Auftragnehmer kann sich nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung berufen, wenn die fehlende Abdichtung gegen drückendes Wasser einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik darstellt und die Ausführung einer solchen Abdichtung ausdrücklich vereinbart worden ist.
3. Verpflichtet sich der Auftragnehmer zur schlüsselfertigen Errichtung eines Bauvorhabens und gehören bestimmte, vom Auftraggeber erstellte Pläne und planerische Leistungen zur Vertragsgrundlage, hat der Auftragnehmer die weitere Planung selbst fortzuschreiben und dabei die ihm überlassenen Pläne "wie ein Planer" zu überprüfen.
4. Eine fehlende Bauüberwachung des Bauherrn oder Fehler der Bauüberwachung begründen kein Mitverschulden des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer.
VolltextIBRRS 2019, 1299
OLG Köln, Urteil vom 05.12.2018 - 11 U 21/16
1. Erklärt der Auftragnehmer unberechtigt die Kündigung wegen angeblich verspäteter Zahlungen und stellt er seine Leistungen ein, berechtigt dies den Auftraggeber dazu, den Bauvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen.
2. Nach der Kündigung kann der Auftraggeber den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen anderen Unternehmer ausführen lassen. Der Anspruch umfasst den Ersatz der tatsächlich angefallenen, erforderlichen Mehrkosten der Ersatzvornahme.
3. Der Auftraggeber kann die Erstattung der Fremdnachbesserungskosten verlangen, die er als vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Beauftragung des anderen Unternehmers für angemessen halten durfte.
4. Etwaige Fehler im Vergabeverfahren kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber nicht anspruchsmindernd entgegen halten.
5. Einem Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten steht nicht entgegen, dass die letztlich ausgeführten Leistungen sich gegenüber den ursprünglich beim bisherigen Auftragnehmer beauftragten Leistungen teilweise geändert haben. Der Auftraggeber kann auch Mehrkosten für solche Leistungen erstattet verlangen, die zwar im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht vereinbart waren, die der Auftragnehmer jedoch gem. § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B nach einer entsprechenden Anordnung hätte durchführen müssen (Anschluss an BGH, IBR 2000, 163).
VolltextIBRRS 2019, 1295
LG Potsdam, Urteil vom 15.02.2019 - 6 O 352/13
1. Ein VOB-Bauvertrag kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Ein solcher liegt vor, wenn es für den Auftraggeber aufgrund eines schuldhaften Verhaltens des Auftragnehmers unter Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist, weiter am Vertrag festzuhalten, und der Auftragnehmer entsprechend abgemahnt worden ist.
2. Ein dringender Verdacht auf Schwarzarbeit und ein Verstoß gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz, dem der Auftragnehmer auch auf Abmahnung hin nicht etwa dadurch entgegentritt, dass er die erforderlichen Unterlagen vorlegt, berechtigt den Auftraggeber zur Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund.
VolltextIBRRS 2019, 1059
OLG Hamm, Urteil vom 09.03.2017 - 24 U 32/13
1. Ein Schadensersatzanspruch wegen fehlender Aufzugskapazitäten und dadurch bedingter Wartezeiten setzt voraus, dass dem Auftragnehmer entweder entsprechende Kapazitäten zugesagt wurden oder bestimmte Aufzugsverfügbarkeiten bei vergleichbaren Bauvorhaben erforderlich und deshalb zu erwarten sind.
2. Macht der Auftragnehmer Mehrkosten aufgrund von Behinderungen durch Wartezeiten geltend, muss er darlegen, dass die Behinderungen zu einer Verzögerung des Gesamtablaufs und einem daraus resultierenden Verzögerungsschaden geführt haben.
3. Die Darlegung von Mehrkosten infolge der durch den Leistungsverzug des Auftraggebers bedingten Behinderung erfordert, dass der Auftragnehmer vorträgt, welche Kosten er ohne den Verzug gehabt hätte und inwieweit diese Kosten infolge der Behinderung gestiegen sind. Mehrkosten können nur durch einen Vergleich dieser beiden Faktoren ermittelt werden.
4. Auch wenn im BGB-Vertrag keine Behinderungsanzeige erforderlich ist, wird der Anspruch des Auftragnehmers auf Ersatz behinderungsbedingter Mehrkosten um einen Mitverschuldensanteil gekürzt, wenn er dem Auftraggeber keine Behinderung angezeigt hat.
VolltextIBRRS 2019, 1150
KG, Urteil vom 20.02.2018 - 7 U 40/17
1. Ein Streit darüber, ob eine vom Auftraggeber erklärte Kündigung des Bauvertrags als außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund anzuerkennen ist oder als freie Kündigung gilt, ist im Prozess zur Erlangung einer Bauhandwerkersicherheit im Sinne des Auftragnehmers aufzulösen.
2. Um den Vergütungsanspruch für nicht erbrachte Leistungen nach freier Kündigung schlüssig zu begründen, hat der Auftragnehmer eine detaillierte Abrechnung zu erstellen, die den Auftraggeber in die Lage versetzt, sich mit den ersparten Kosten und den tatsächlichen oder möglichen Zuflüssen aus anderweitigem oder böswillig unterlassenem anderweitigen Erwerb auseinanderzusetzen, wozu auch die Grundlagen der unternehmerischen Kalkulation heranzuziehen sind.
3. Die gesetzliche Vermutung des § 649 Satz 3 BGB a.F. (§ 648 Satz 3 BGB), wonach dem Auftragnehmer jedenfalls ein Anteil von 5% der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zusteht, ist auch im Rahmen eines VOB-Vertrags anwendbar.
IBRRS 2019, 1145
OLG Dresden, Beschluss vom 12.10.2016 - 16 U 91/16
1. Ein Bauvertrag kommt nach vorangegangener öffentlicher Ausschreibung zu Stande, wenn der Auftraggeber innerhalb der Zuschlags- und Bindefrist den Zuschlag an den Auftragnehmer erteilt.
2. Die Erteilung des Zuschlags ist auch nach Ablauf der Zuschlags- und Bindefrist noch möglich. Der verspätete Zuschlag stellt ein neues Angebot dar, das der Bieter, der durch Fristablauf von seinem bindenden Angebot frei geworden ist, annehmen, aber auch ohne weiteres ablehnen kann.
3. Lehnt der Bieter den vom Auftraggeber im "Zuschlagsschreiben" alternativ angebotenen Ausführungszeitraum ab, liegt darin die Ablehnung des neuen Angebots.
VolltextIBRRS 2019, 0966
OLG München, Urteil vom 27.11.2018 - 28 U 617/18 Bau
Bei der Ermittlung des Architektenhonorars für die Planung von Sanierungsarbeiten im Rahmen eines Kostenvorschusses zur Selbstvornahme kommt es nicht auf eine exakt genaue, den Vorgaben der HOAI entsprechende Architektenrechnung an. Der den Vorschuss verlangende Besteller muss zur Ermittlung der Höhe des Honorars keinen Honorarsachverständigen beauftragen.
VolltextIBRRS 2019, 1156
OLG Celle, Urteil vom 04.08.2016 - 13 U 104/12
1. Ein Bedenkenhinweis des Auftragnehmer muss gegenüber dem Auftraggeber selbst oder dessen befugtem Vertreter erfolgen. Er muss so eindeutig sein, dass dem Auftraggeber die Tragweite einer Nichtbefolgung klar wird.
2. Wird nicht der Auftraggeber, sondern sein bevollmächtigter Vertreter belehrt und verschließt sich dieser den vorgebrachten Bedenken, muss sich der Auftragnehmer unmittelbar an den Auftraggeber selbst wenden.
3. Der Anspruch auf Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch den Auftraggeber setzt voraus, dass der Auftragnehmer einen Mangel seines Werks trotz schriftlicher Nachbesserungsaufforderung nicht auf seine Kosten beseitigt und eine ihm dafür gesetzte angemessene Nachfrist erfolglos verstrichen ist.
4. Der Auftragnehmer hat bei der Ersatzvornahme diejenigen Kosten zu erstatten, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Bauherr im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung aufgrund sachkundiger Beratung für erforderlich halten durfte.
5. Erforderlich sind diejenigen Kosten, die der Auftraggeber für die Selbstvornahme aufgewendet hat, solange er nicht annehmen musste, dass sie unnötig, unzweckmäßig oder überteuert sind.
6. Die Kosten sind überhöht, wenn eine preiswertere Sanierung erkennbar möglich und zumutbar war. Der Auftraggeber ist aber nicht gehalten, einen besonders preisgünstigen Drittunternehmern zu finden. Einen überhöhten Preis kann er auch dann akzeptieren, wenn die Sanierung dringend ist.
IBRRS 2019, 0365
LG Düsseldorf, Urteil vom 10.04.2017 - 5 O 253/15
1. Ist ein Werk aus Sicht der Parteien weitgehend fertig gestellt, erfolgt aber keine Abnahme und verweigert der Unternehmer die Mängelbeseitigung, steht die fehlende Abnahme nicht der Geltendmachung eines Kostenvorschussanspruchs des Bestellers gegen den Unternehmer entgegen.
2. Der Besteller hat auch bei einer nach Abschluss des Werkvertrags nachträglich getroffenen "Ohne-Rechnung-Abrede" wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG keinen Anspruch auf Kostenvorschuss.
VolltextIBRRS 2019, 1091
OLG Koblenz, Urteil vom 27.09.2016 - 4 U 674/14
1. Der Auftragnehmer schuldet ein dauerhaft mangelfreies und funktionstaugliches Werk. Die Einstandspflicht des Auftragnehmers setzt lediglich voraus, dass dem Werk ein aus seinem Verantwortungsbereich herrührender Mangel anhaftet.
2. Auch wenn der Auftragnehmer seine Leistung unter Beachtung der seinerzeit geltenden anerkannten Regeln der Technik erstellt hat, ist das Werk mangelhaft, wenn sich die als zutreffend angenommenen Regeln später als unrichtig herausstellen.
3. Inwieweit ein Mangel des Werks vorliegt, hängt nicht davon ab, ob der Auftragnehmer aufgrund ihm zugänglicher fachlicher Informationen darauf vertrauen konnte, dass die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit durch seine Leistung erfüllt wird. Das Werk ist auch dann mangelhaft, wenn den Auftragnehmer kein Verschulden trifft.
VolltextIBRRS 2019, 0932
OLG Karlsruhe, Urteil vom 01.06.2016 - 13 U 176/11
1. Geht aus der Ausschreibung nicht eindeutig hervor, ob die LV-Position "Betonstahl" nicht nur die Lieferung, sondern auch den Einbau umfasst, und will der Bieter die Verlegung des Betonstahls erkennbar nicht anbieten, gehört Einbau des Stahls nicht zum vertraglich vereinbarten Leistungsumfang.
2. Fordert der Auftraggeber den Auftragnehmer auf, die Verlegearbeiten auf jeden Fall zu erbringen, liegt darin die Anordnung zur Ausführung einer zusätzlichen Leistung, die besonders zu vergüten ist.
VolltextIBRRS 2019, 2021
LG Hamburg, Urteil vom 20.02.2019 - 325a O 16/18
Der Werklohnanspruch aus einem Bauvertrag, der vor dem 01.01.2018 geschlossen wurde, verjährt drei Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Abnahme erfolgte. Auf den Zeitpunkt der Rechnungsstellung kommt es nicht an.
VolltextIBRRS 2019, 0954
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.05.2017 - 14 U 108/15
1. Beratungspflichten setzen keinen besonderen Beratungsvertrag voraus. Derartige Pflichten können sich als Nebenpflichten auch aus einem Bauvertrag ergeben.
2. Bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die geeignet sind, den Vertragszweck zu vereiteln oder sonst für den Vertragspartner erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind, so dass dieser Mitteilung erwarten darf. Dies gilt umso mehr, wenn ein weniger fachkundiger Auftraggeber auf das größere Fachwissen des Werkunternehmers angewiesen ist.
3. Der Auftragnehmer muss nicht auf die Möglichkeit einer Leistungsoptimierung hinweisen, wenn die erreichbare Leistung dem Vertragszweck gerecht wird.
IBRRS 2019, 0990
OLG Stuttgart, Urteil vom 30.01.2019 - 10 U 223/18
1. Das Innenverhältnis zwischen mehreren Gesamtschuldnern ist ein gesetzliches Schuldverhältnis, aus dessen Verletzung sich Ansprüche gemäß § 280 BGB wegen Pflichtverletzung ergeben können.*)
2. Kommt ein Bauunternehmer seiner Verpflichtung gegenüber dem Bauherrn zur unentgeltlichen Nachbesserung nicht nach, sondern führt er die Nacherfüllung nur gegen Vergütung aus, stellt dies auch im Gesamtschuldner-Innenverhältnis des Bauunternehmers und des bauüberwachenden Architekten eine Pflichtverletzung dar.*)
3. Der Anspruch des anderen Gesamtschuldners, hier des Architekten, ist zunächst darauf gerichtet, dass der Bauunternehmer der Verpflichtung zur unentgeltlichen Mangelbeseitigung nachkommt. Er wandelt sich in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Bauunternehmer die Nachbesserungsleistungen dem Bauherrn in Rechnung stellt und dieser Zahlungen erbringt.*)
4. Die Verjährung des sich aus dieser Pflichtverletzung ergebenden Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB richtet sich nach §§ 195, 199 BGB. Der Anspruch unterliegt unabhängig von seiner Ausprägung als Mitwirkungs-, Befreiungs- oder Zahlungsanspruch einer einheitlichen Verjährung.*)
5. Nicht erforderlich für den Verjährungsbeginn ist, dass der Gläubiger den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt.*)
VolltextIBRRS 2019, 0931
OLG Schleswig, Urteil vom 10.08.2017 - 7 U 120/15
1. Soll die Kelleroberkante nach einer Bauzeichnung ebenerdig abschließen und führt die Vorgabe des sog. Nullpunkts dazu, dass der Keller deutlich (hier: rund 80 cm) über die Geländeoberfläche hinausragen würde, muss der Erdbauunternehmer den Auftraggeber hierauf vor Beginn der Tiefbauarbeiten hinweisen. Unterlässt er diesen Hinweis, haftet er dem Auftraggeber auf Schadensersatz.
2. Den Auftraggeber trifft an der Entstehung des Schadens ein erhebliches Mitverschulden, wenn offensichtlich ist, dass das Bauwerk in der vorhandenen Form gegen die Baugenehmigung verstößt und er gleichwohl weiterbauen lässt.
VolltextIBRRS 2019, 0962
OLG München, Beschluss vom 23.03.2016 - 28 U 3932/15 Bau
1. Anders als unter Geltung der VOB/B, wonach der Auftraggeber eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung einfordern kann und dafür dann eine besondere Vergütung zahlen muss, kann der Auftraggeber bei einem vor dem 31.12.2017 geschlossenen BGB-Bauvertrag nicht einseitig eine Zusatzleistung fordern.
2. Erbringt der Auftragnehmer sie, ohne dass eine Preisänderung des Vertrags erfolgt, ist die geänderte Leistung durch den Pauschalpreis mit abgegolten.
VolltextIBRRS 2019, 0903
OLG München, Beschluss vom 02.05.2016 - 28 U 3932/15 Bau
1. Anders als unter Geltung der VOB/B, wonach der Auftraggeber eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung einfordern kann und dafür dann eine besondere Vergütung zahlen muss, kann der Auftraggeber bei einem vor dem 01.01.2018 geschlossenen BGB-Bauvertrag nicht einseitig eine Zusatzleistung fordern.
2. Erbringt der Auftragnehmer sie, ohne dass eine Preisänderung des Vertrags erfolgt, ist die geänderte Leistung durch den Pauschalpreis mit abgegolten.
VolltextIBRRS 2019, 0883
BGH, Beschluss vom 07.02.2019 - VII ZR 274/17
1. Teilabnahmen im Sinne von § 641 Abs. 1 Satz 2 BGB setzen eine entsprechende vertragliche Vereinbarung hierüber voraus, die auch konkludent erfolgen kann. Wegen ihrer gravierenden Folgen muss aber der Wille des Auftraggebers zur Teilabnahme klar zum Ausdruck kommen.
2. Die Beauftragung von Nachfolgegewerken allein lässt nicht den Schluss auf den Willen des Auftraggebers zu, eine Teilabnahme der Leistungen des Auftragnehmers zu erklären. Regelmäßig kann allein dem Weiterbau im Rahmen eines Bauvorhabens kein Erklärungswert beigemessen werden.
3. Wird der Auftragnehmer mit Abdichtung der Terrasse eines Wohnhauses beauftragt, schuldet er die Herbeiführung eines Zustands, der ausschließt, dass (Regen-)Wasser über die Terrasse oder durch sie durch in das Gebäude eindringt. Die Wasserundurchlässigkeit ist Bestandteil der vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarung.
4. Der Auftragnehmer schuldet Nacherfüllung verschuldensunabhängig auch dann, wenn ihm ein Ausführungsfehler, der dazu geführt hat, dass die vereinbarte Beschaffenheit nicht erreicht wurde, nicht nachzuweisen ist.
5. Die Anwendung der Beweislastregeln zur Streitentscheidung stellt eine ultima ratio dar, die erst dann zum Tragen kommt, wenn und soweit das Gericht alle zulässigen Beweismöglichkeiten ohne Erfolg ausgeschöpft hat und weitere Feststellungen nicht mehr möglich erscheinen (BGH, Urteil vom 20.03.2007 - VI ZR 254/05, NJW 2007, 2122 = IBRRS 2007, 2786 = IMRRS 2007, 1051). Dies gilt auch dann, wenn die Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten aus einem Grund ganz oder teilweise unterbleiben muss, der aus der Sphäre des Beweisbelasteten stammt.*)
6. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Gerichts des ersten Rechtszugs begründen und deshalb eine erneute Feststellung geboten sei, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, ist der revisionsrechtlichen Überprüfung entzogen. Dies gilt auch dann, wenn die (ergänzende) Beweisaufnahme in zweiter Instanz angeordnet worden, aber ergebnislos geblieben ist.*)
IBRRS 2019, 0853
OLG Hamburg, Urteil vom 20.12.2018 - 4 U 80/18
Die Regelung des § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B, wonach der Anspruch des Auftragnehmers auf Schlusszahlung erst nach Stellung der Schlussrechnung fällig wird, so dass er den Eintritt der Verjährung seiner Werklohnforderung einseitig bestimmen kann, benachteiligt den Auftraggeber nicht unangemessen und hält einer isolierten AGB-Kontrolle stand.
VolltextIBRRS 2019, 0781
KG, Urteil vom 06.11.2015 - 7 U 166/14
1. Die Frage, ob die Berechnung eines vereinbarten Nachlasses auf die Auftrags- oder die Abrechnungssumme zu erfolgen hat, ist durch eine Auslegung der getroffenen Vereinbarung zu beantworten.
2. Wird ein "pauschaler Nachlass in Höhe von 4 %" gewährt und dieser mit einem (abgerundeten) Festbetrag ausgewiesen, bezieht sich der Preisnachlass auf die vereinbarte Auftragssumme.
3. Bei einem gemeinsamen Aufmaß kann eine rechtliche Bindung im Sinne eines Anerkenntnisses eintreten, wenn das Aufmaß von den Vertragsparteien oder den mit rechtsgeschäftlicher Vollmacht ausgestatteten Vertretern genommen wird. Das hat zur Folge, dass eine Vertragspartei später grundsätzlich nicht mehr einwenden kann, dass die tatsächlich ausgeführten Mengen den Feststellungen des gemeinsamen Aufmaßes nicht entsprechen.
4. Ein gemeinsames Aufmaß entfaltet ausnahmsweise keine Bindungswirkung, wenn Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil "hinter dem Rücken" des Auftraggebers und zu dessen Schaden Vereinbarungen treffen, die gegen die guten Sitten verstoßen und nichtig sind.
IBRRS 2019, 0778
OLG München, Beschluss vom 10.12.2015 - 27 U 2588/15 Bau
1. Für den Umfang des Kostenerstattungsanspruchs wegen Baumängeln kommt es darauf an, was ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Auftraggeber für erforderlich halten darf (Anschluss an OLG Düsseldorf, IBR 1996, 150).
2. Führt die durch eine Drittfirma durchgeführte Nachbesserung zu keiner fachgerechten Mängelbeseitigung, steht dem Auftragnehmer kein Anspruch auf Rückerstattung des geleisteten Vorschusses zu, sofern der Auftraggeber seine Aufwendungen für erforderlich halten durfte.
VolltextIBRRS 2019, 0776
OLG München, Beschluss vom 02.11.2015 - 27 U 2588/15 Bau
1. Für den Umfang des Kostenerstattungsanspruchs wegen Baumängeln kommt es darauf an, was ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Auftraggeber für erforderlich halten darf (Anschluss an OLG Düsseldorf, IBR 1996, 150).
2. Führt die durch eine Drittfirma durchgeführte Nachbesserung zu keiner fachgerechten Mängelbeseitigung, steht dem Auftragnehmer kein Anspruch auf Rückerstattung des geleisteten Vorschusses zu, sofern der Auftraggeber seine Aufwendungen für erforderlich halten durfte.
Volltext