Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
7586 Entscheidungen insgesamt
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IBRRS 2023, 1032OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.2021 - 23 U 64/19
1. Auch nach allgemeiner Lebenserfahrung kann nicht vermutet werden, dass Planungsleistungen nur aufgrund eines bestehenden Vertragsverhältnisses erbracht werden. Es kann sich ebenso gut um Hoffnungsinvestitionen in einer Vertragsanbahnungssituation handeln.
2. Die Annahme eines Vertragsschlusses ist nur dann gerechtfertigt, wenn jenseits entgegen genommener Planungsleistungen Umstände vorliegen, die einen rechtsgeschäftlichen Annahmewillen des Auftraggebers erkennen lassen (hier bejaht).
3. Eine ausgebliebene Gegenzeichnung des vom Planer unterbreiteten Honorarangebots durch den Auftraggeber steht der Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses nicht entgegen.
4. Der Honoraranspruch des Planer entfällt, wenn die Planung unbrauchbar ist. Der Auftraggeber hat die Unbrauchbarkeit und damit Wertlosigkeit der Planung nachvollziehbar zu begründen.
VolltextIBRRS 2023, 1036
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.09.2020 - 23 U 45/20
1. Soll ein (hier: Generalunternehmer-)Vertrag schriftlich geschlossen werden, kommt er im Zweifel erst dann wirksam zu Stande, wenn die Vertragsurkunde von beiden Vertragsparteien unterschrieben wird. Die Unterzeichnung von Verhandlungsprotokollen, in denen (lediglich) die Zwischenergebnisse der Verhandlungen festgehalten, genügt nicht.
2. Hat der Auftragnehmer Bauleistungen erbracht, obwohl kein Bauvertrag zu Stande gekommen ist, steht ihm ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu. Dessen Höhe richtet sich nach der üblichen Vergütung, wenn die erbrachten Leistungen zu seinem Gewerbe gehören.
3. Werden Bauleistungen auftragslos erbracht, stehen dem Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche zu. Gleichwohl ist kein Abschlag von der Vergütung vorzunehmen.
VolltextIBRRS 2023, 1033
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.02.2021 - 23 U 45/20
1. Soll ein (hier: Generalunternehmer-)Vertrag schriftlich geschlossen werden, kommt er im Zweifel erst dann wirksam zu Stande, wenn die Vertragsurkunde von beiden Vertragsparteien unterschrieben wird. Die Unterzeichnung von Verhandlungsprotokollen, in denen (lediglich) die Zwischenergebnisse der Verhandlungen festgehalten, genügt nicht.
2. Hat der Auftragnehmer Bauleistungen erbracht, obwohl kein Bauvertrag zu Stande gekommen ist, steht ihm ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu. Dessen Höhe richtet sich nach der üblichen Vergütung, wenn die erbrachten Leistungen zu seinem Gewerbe gehören.
3. Werden Bauleistungen auftragslos erbracht, stehen dem Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche zu. Gleichwohl ist kein Abschlag von der Vergütung vorzunehmen.
VolltextIBRRS 2023, 1020
OLG Brandenburg, Urteil vom 22.03.2023 - 4 U 190/21
1. Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Mängel nach der Abnahme setzt im VOB-Vertrag eine vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung voraus.
2. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Mängeln aus § 13 Abs. 7 VOB/B kommt vor der Abnahme nicht in Betracht. Eine vor der Abnahme erklärte Fristsetzung kann nicht als Fristsetzung zur Nacherfüllung ausgelegt werden.
3. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gegenüber dem Auftragnehmer ist entbehrlich, wenn dieser die Mängelbeseitigung endgültig und ernsthaft verweigert (hier verneint).
VolltextIBRRS 2023, 0912
OLG Koblenz, Urteil vom 09.03.2023 - 2 U 63/22
1. In einem Werkvertrag (mit einem Verbraucher) ist eine Klausel unwirksam, die die Gewährleistungsverpflichtung des Unternehmers davon abhängig macht, dass die Durchführung der Wartung entsprechend der Herstellervorschriften nachgewiesen wird.
2. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers enthaltene Entschädigungspauschalierung auf 8% der Vergütung, die auf den Teil der Leistungen entfällt, die der Unternehmer bis zu einer freien Kündigung noch nicht ausgeführt hat, ist wirksam, wenn sie dem Vertragspartner den Nachweis gestattet, dass die Entschädigung niedriger als 8% ausfällt oder der Unternehmer keine Entschädigung zu beanspruchen hat.
3. ...
IBRRS 2023, 0913
OLG Frankfurt, Urteil vom 27.02.2023 - 29 U 117/20
1. Anders als im VOB/B-Vertrag ist im BGB-Bauvertrag nicht in allen Fällen eine ausdrückliche Stundenlohnvereinbarung für eine Vergütung auf Stundenlohnbasis erforderlich. Dies gilt insbesondere für kleinere Baunebenleistungen, die üblicherweise auf Stundenlohnbasis erbracht werden.
2. Eine vom Auftraggeber vorformulierte Klausel in den Vorbemerkungen des Leistungsverzeichnisses, wonach die Kosten für die Erstellung der Dokumentation in die Einheitspreise einzurechnen sind, ist nicht intransparent und daher wirksam.
IBRRS 2023, 0899
OLG Köln, Beschluss vom 10.03.2023 - 6 U 155/22
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2023, 0909
OLG Hamm, Urteil vom 09.02.2023 - 24 U 77/21
1. Außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs der Vorschrift des § 650b Abs. 2 BGB besteht vorbehaltlich einer diesbezüglichen vertraglichen Regelung, wie etwa in § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B, grundsätzlich kein einseitiges Änderungsrecht des Bestellers. Das dem Bauvertrag innewohnende antizipierte Änderungsbedürfnis des Bestellers kann dieser jedoch jedenfalls dann gem. §§ 157, 242 BGB durch eine einseitige Anordnung durchsetzen, wenn mit Blick auf Art und Umfang der begehrten Leistungsänderung berechtigte Interessen des Unternehmers und insbesondere sein Vergütungsanspruch nicht wesentlich berührt werden.*)
2. Die wirksame Ausübung einer solchen einseitigen Änderungsbefugnis hat gegebenenfalls, etwa wenn bei einem Pauschalpreisvertrag im Verhältnis zum ursprünglichen Bauentwurf höhere Massen erforderlich werden, eine Vergütungsanpassung zur Folge, wobei entsprechend der Regelung in § 650c BGB die tatsächlich erforderlichen Kosten zzgl. angemessener Aufschläge maßgeblich sind.*)
3. Ob der nach den allgemeinen Regeln vorleistungspflichtige Unternehmer die Leistungsaufnahme von der Zusage einer gegebenenfalls höheren Vergütung abhängig machen darf, ist nach § 242 BGB aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen gemäß der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, wobei insbesondere die zu erwartenden Erschwernisse für den Unternehmer, der Umfang der in Rede stehenden Vergütungserhöhung und unter Berücksichtigung des Kooperationsprinzips auch das wechselseitige Verhalten der Vertragspartner zu berücksichtigen sind.*)
IBRRS 2023, 0898
OLG Köln, Beschluss vom 07.02.2023 - 6 U 155/22
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2023, 0897
LG Bonn, Urteil vom 04.10.2022 - 13 O 218/20
ohne amtlichen Leitsatz
VolltextIBRRS 2023, 0892
OLG Brandenburg, Urteil vom 02.03.2023 - 12 U 78/22
1. Allein die Verletzung von Organisationspflichten reicht nicht aus, den Auftragnehmer mit demjenigen gleichzustellen, der einen Mangel arglistig verschweigt.
2. Erforderlich ist, dass dem Auftragnehmer aufgrund des Organisationsfehlers der Vorwurf gemacht werden kann, er habe durch fehlerhafte Organisation die Arglisthaftung vermeiden wollen.
3. Wird mit der Planung und Baubegleitung ein Architekt und während der Bauausführung auch ein Bauingenieur als Bauleiter beauftragt, bestehen für eine fehlerhafte Organisation keine Anhaltspunkte.
VolltextIBRRS 2023, 0852
OLG Jena, Urteil vom 17.02.2022 - 8 U 1133/20
1. Liegen Mängel des Bauwerks vor, die im Rahmen der Bauüberwachung typischerweise entdeckt werden mussten, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Bauaufsichtspflichtverletzung des Architekten.*)
2. Eine Bauüberwachungspflicht des Architekten besteht auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten; sie ist lediglich bei der Kontrolldichte herabgesetzt, erfordert aber jedenfalls stichprobenartige Kontrollen.*)
3. Das bauausführende Unternehmen kann sich auf ein Mitverschulden des Auftraggebers berufen, wenn die mangelhafte Bauausführung auf von dem Auftraggeber überlassene fehlerhafte Pläne zurückgeht.*)
4. Eine Vorteilsausgleichung des durch eine deutlich verlängerte Nutzungsdauer entstehenden Vorteils hat nur dann zu erfolgen, wenn der Mangel sich verhältnismäßig spät auswirkt und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste.*)
5. Wählt der Auftraggeber für die Mängelbeseitigung einen Drittunternehmer auf dem freien Markt aus, spricht aus der Erfahrung der täglichen Baupraxis der erste Anschein dafür, dass die von dem Drittunternehmen abgerechneten Kosten erforderlich waren; der Auftragnehmer ist dann für das Gegenteil, nämlich eine Beauftragung zu „übersetzten“ Preisen, mithin eine eindeutige und unzweifelhafte Überschreitung der Grenze der Erforderlichkeit, darlegungs- und beweispflichtig.*)
IBRRS 2023, 0821
OLG Frankfurt, Urteil vom 03.02.2023 - 21 U 47/20
1. Zur Darlegung einer Hinfälligkeit des Vertragsstrafenversprechens des Auftragnehmers aufgrund "umgeworfenen" Terminplans kann bei beiderseits selbstständig verursachten Verzögerungen (Doppelkausalität) der Nachweis ausreichen, dass die vom Auftraggeber zu vertretende Bauablaufstörung schon allein für sich genommen eine wesentliche Überschreitung des vereinbarten Fertigstellungstermins zur Folge gehabt hat.*)
2. Die Grundsätze der verjährungsrechtlichen Schadenseinheit finden auch auf Ansprüche des Auftraggebers auf Vertragsstrafe oder Entschädigung für Terminsverzug des Auftragnehmers Anwendung.*)
VolltextIBRRS 2023, 0730
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.11.2022 - 22 U 118/22
1. Ein Anspruch auf ortsüblichen und angemessenen Werklohn setzt voraus, dass keine Vereinbarung zur Höhe der Vergütung getroffen worden ist. Für diese Voraussetzung ist der Unternehmer darlegungs- und beweisbelastet.
2. Behauptet der Besteller, er habe sich mit dem Unternehmer auf die Höhe des Werklohns geeinigt, muss er nachvollziehbar und widerspruchsfrei darlegen, mit welchem genauen Inhalt, wann, wo, mit wem und unter welchen Umständen die von ihm behauptete Preisvereinbarung getroffen worden ist.
3. Ebenso liegt es, wenn der Unternehmer die Vereinbarung einer Vergütung behauptet, der Besteller aber geltend macht, es sei ein niedrigerer Werklohn vereinbart worden.
VolltextIBRRS 2023, 0752
OLG Köln, Urteil vom 08.02.2023 - 11 U 252/21
1. Muss im Rahmen der Beseitigung eines Mangels auch das mit einem eigenständigen Mangel behaftete Vorgewerk in Stand gesetzt werden, ist die Instandsetzung des Vorgewerks Sache des Auftraggebers.*)
2. Ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Auftraggebers zur Mängelbeseitigung diesem nicht bekannt, ist eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ohne Angebot der Mitwirkungshandlung nur unwirksam, wenn der Auftragnehmer den Auftraggeber auf die erforderliche Mitwirkung konkret hinweist.*)
VolltextIBRRS 2023, 0727
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.08.2022 - 22 U 304/21
1. Zur schlüssigen Darlegung seines Vergütungsanspruchs muss der Unternehmer im Fall der Abrechnung nach Stundenlohn lediglich die Anzahl der geleisteten Stunden darlegen. Nachweise wie etwa Rapportzettel sind keine Voraussetzung der schlüssigen Darlegung, auch ist keine Differenzierung erforderlich, welche Arbeitsstunden für welche Tätigkeiten an welchen Tagen angefallen sind.
2. Der Besteller darf im Regelfall ohne nähere Darlegung bestreiten, dass die abgerechneten Stunden tatsächlich angefallen sind und muss nicht zu den aus seiner Sicht geleisteten Stunden vortragen. Etwas anderes gilt, wenn der Besteller Kenntnis darüber hat, welche Stunden angefallen sind.
3. Für den Einwand, dass in Relation zu dem vereinbarten Werkerfolg ein überhöhter zeitlicher Aufwand betrieben worden ist, ist der Besteller darlegungs- und beweispflichtig.
VolltextIBRRS 2023, 0726
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.09.2022 - 22 U 304/21
1. Zur schlüssigen Darlegung seines Vergütungsanspruchs muss der Unternehmer im Fall der Abrechnung nach Stundenlohn lediglich die Anzahl der geleisteten Stunden darlegen. Nachweise wie etwa Rapportzettel sind keine Voraussetzung der schlüssigen Darlegung, auch ist keine Differenzierung erforderlich, welche Arbeitsstunden für welche Tätigkeiten an welchen Tagen angefallen sind.
2. Der Besteller darf im Regelfall ohne nähere Darlegung bestreiten, dass die abgerechneten Stunden tatsächlich angefallen sind und muss nicht zu den aus seiner Sicht geleisteten Stunden vortragen. Etwas anderes gilt, wenn der Besteller Kenntnis darüber hat, welche Stunden angefallen sind.
3. Für den Einwand, dass in Relation zu dem vereinbarten Werkerfolg ein überhöhter zeitlicher Aufwand betrieben worden ist, ist der Besteller darlegungs- und beweispflichtig.
VolltextIBRRS 2023, 0710
OLG Köln, Urteil vom 13.10.2022 - 7 U 47/20
Einzelne Positionen einer Schlussrechnung sind grundsätzlich nicht isoliert einklagbar. Die Parteien eines Bauvertrags können gleichwohl vereinbaren, dass eine einzelne Nachtragsforderung aus der Rechnungsstellung "herausgelöst" wird und der Auftragnehmer diese Forderung isoliert gerichtlich geltend machen kann (Abgrenzung zu BGH, IBR 1999, 102).
VolltextIBRRS 2023, 0706
BGH, Beschluss vom 01.02.2023 - VII ZR 882/21
1. Der Unternehmer muss zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruchs im Ausgangspunkt nur darlegen und gegebenenfalls beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind.
2. Die schlüssige Abrechnung eines Stundenlohnvertrags setzt grundsätzlich keine Differenzierung in der Art voraus, dass die abgerechneten Arbeitsstunden einzelnen Tätigkeiten zugeordnet und/oder nach zeitlichen Abschnitten aufgeschlüsselt werden. Sie muss vom Unternehmer nur in den Fällen vorgenommen werden, in denen die Vertragsparteien eine dementsprechend detaillierte Abrechnung vertraglich vereinbart haben.
3. Es ist Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergibt. Auch soweit in Frage steht, ob es sich bei den abgerechneten Stunden um Nachbesserungsarbeiten handelt, obliegt es dem Besteller, diese Umstände darzulegen.
4. ...
IBRRS 2023, 0660
OLG Hamm, Urteil vom 22.09.2022 - 24 U 65/21
1. Zur Wirksamkeit einer Baustromklausel.*)
2. Die Leistung eines Unternehmers ist dann mangelhaft, wenn sie die vereinbarte Funktion aus dem Grunde nicht erfüllt, dass die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Leistungen anderer Unternehmer, von denen die Funktionsfähigkeit des Werks abhängt, unzureichend sind; der Verantwortlichkeit für den Mangel kann der Unternehmer in einem solchen Fall regelmäßig nur durch eine ausreichende Prüfung des Vorgewerks und einen sich daran anschließenden Bedenkenhinweis gegenüber dem Auftraggeber entgehen.*)
3. Übernimmt ein Unternehmer die Ausführung eines Werks in Kenntnis, dass eine Planung nicht zur Verfügung steht, kann er sich - jedenfalls ohne entsprechenden Bedenkenhinweis - nicht auf ein Mitverschulden berufen (Anschluss an Senat, Urteil vom 30.04.2019 - 24 U 14/18, IBRRS 2019, 1629).*)
4. Das Verschulden des Vorunternehmers ist dem Auftraggeber regelmäßig nicht gem. § 254 BGB zuzurechnen, da der Vorunternehmer - anders als der Architekt bei der Planung - regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers i. S. des § 278 BGB ist.*)
5. Zur Wirkung des Erlasses gegenüber einem Gesamtschuldner.*)
IBRRS 2023, 0656
BGH, Urteil vom 19.01.2023 - VII ZR 34/20
Ist die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden, hält § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam.*)
IBRRS 2023, 0634
OLG Hamm, Beschluss vom 15.12.2022 - 21 U 30/22
1. Nach Eintritt der Schlussrechnungsreife kann der Auftragnehmer keine Abschlagsforderungen mehr geltend machen.
2. Eine Klausel in einem vom Auftraggeber vorformulierten Bauvertrag, wonach die Vorlage von (Unbedenklichkeits-)Bescheinigungen Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung ist, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam. Das gilt jedenfalls dann, wenn schon das Fehlen einer einzigen Bescheinigung dazu führt, dass die Forderung insgesamt nicht fällig wird (Bestätigung von Senat, IBR 2022, 446).
3. Der Arbeitnehmer eines Nachunternehmers ist nicht verpflichtet und kann durch eine vorformulierte Klausel auch nicht dazu verpflichtet werden, den Generalunternehmer von der Nichtzahlung des Mindestlohns in Kenntnis zu setzen (Bestätigung von Senat, IBR 2022, 446).
VolltextIBRRS 2023, 0421
OLG Hamburg, Urteil vom 26.01.2022 - 4 U 52/21
1. Befindet sich der von einem Bauträger mit der Errichtung einer Fahrstuhlanlage beauftragte Bauunternehmer in Verzug, sind sämtliche Zahlungen, die der Bauträger an die Erwerber der Wohnungen wegen der verspäteten Fertigstellung der Fahrstuhlanlage geleistet hat, als ersatzfähige Verzugsschäden anzusehen.
2. Mit Vereinbarungen zwischen dem Bauträger und den Erwerbern, wonach die Übergabe der Wohnungen unter Freigabe der letzten Rate aus den Bauträgerverträgen zu vollziehen und den Erwerbern zur Kompensation für den fehlenden Fahrstuhl bis zu dessen Einbau einen Betrag von 1.000 Euro monatlich zu zahlen ist, kann das Risiko der Entstehung deutlich höherer Schäden begrenzt werden.
VolltextIBRRS 2023, 0437
OLG München, Beschluss vom 08.03.2022 - 28 U 9184/21 Bau
1. Mit der Vereinbarung einer förmlichen Abnahme gem. § 12 Abs. 3 VOB/B ist die Abnahmefiktion des § 12 Abs. 5 VOB/B und die Abnahme durch schlüssiges Verhalten (konkludente Abnahme) ausgeschlossen.
2. Bei der förmlichen Abnahme handelt es sich um eine - vereinbarte - empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine berechtigte Verweigerung der Abnahme durch den Auftraggeber kommt nur wegen wesentlicher Mängel in Betracht. Des Auftragnehmer wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt.
3. Die Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft i.H.v. 10%, die "sämtliche Ansprüche" absichert, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nur dann unwirksam, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Bürgschaft unmittelbar nach Abnahme zurückgegeben werden muss oder der Sicherungsumfang nach Abnahme in anderer Weise auf 5% beschränkt ist (Anschluss an OLG Frankfurt, IBR 2020, 126).
VolltextIBRRS 2023, 0436
OLG München, Beschluss vom 01.02.2022 - 28 U 9184/21 Bau
1. Mit der Vereinbarung einer förmlichen Abnahme gem. § 12 Abs. 3 VOB/B ist die Abnahmefiktion des § 12 Abs. 5 VOB/B und die Abnahme durch schlüssiges Verhalten (konkludente Abnahme) ausgeschlossen.
2. Bei der förmlichen Abnahme handelt es sich um eine - vereinbarte - empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine berechtigte Verweigerung der Abnahme durch den Auftraggeber kommt nur wegen wesentlicher Mängel in Betracht. Des Auftragnehmer wird hierdurch nicht unangemessen benachteiligt.
3. Die Vereinbarung einer Vertragserfüllungsbürgschaft i.H.v. 10%, die "sämtliche Ansprüche" absichert, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nur dann unwirksam, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Bürgschaft unmittelbar nach Abnahme zurückgegeben werden muss oder der Sicherungsumfang nach Abnahme in anderer Weise auf 5% beschränkt ist (Anschluss an OLG Frankfurt, IBR 2020, 126).
VolltextIBRRS 2023, 0433
OLG München, Beschluss vom 14.06.2021 - 28 U 1239/19 Bau
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 0432
OLG München, Beschluss vom 14.04.2022 - 27 U 5921/20 Bau
(ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 0476
OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.12.2022 - 5 U 232/21
1. Die VOB/B geht von einer Vollkündigung aus. Die Kündigung kann auf einen in sich abgeschlossenen Teil der vertraglichen Leistung beschränkt werden.
2. Der Begriff des in sich abgeschlossenen Teils einer Leistung ist eng auszulegen. Leistungsteile innerhalb eines Gewerks können grundsätzlich nicht als abgeschlossen angesehen werden.
3. Bezieht sich eine Teilkündigung nicht auf einen abgeschlossenen Teil der Leistung, ist sie unwirksam.
VolltextIBRRS 2023, 0422
OLG Hamburg, Urteil vom 25.11.2020 - 8 U 18/20
1. Verlangt der Auftraggeber wegen eines Baumangels Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten, kann der Auftragnehmer einwenden, die Aufwendungen zur Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig.
2. Unverhältnismäßig sind die Aufwendungen für die Mangelbeseitigung, wenn der in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür gemachten Geldaufwands steht.
3. In der Regel ist die Unverhältnismäßigkeit nur anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht.
4. Hat der Auftraggeber objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung, was vor allem anzunehmen ist, wenn die Funktionsfähigkeit der Leistung spürbar beeinträchtigt ist, ist der Mängelbeseitigungsaufwand regelmäßig nicht unverhältnismäßig.
5. ...
VolltextIBRRS 2023, 0420
OLG Hamburg, Urteil vom 03.05.2022 - 4 U 13/21
1. Rügt der Auftraggeber nach der vorbehaltlosen Abnahme der Leistungen einen offensichtlichen Mangel (hier: Putzbeschädigungen durch Abfräsen), kann seine Kenntnis von diesem Mangel bei der Erklärung der vorbehaltlosen Abnahme vorausgesetzt werden.
2. Hat der Auftraggeber eine mangelhafte Leistung in Kenntnis des Mangels abgenommen, kann er weder Mängelbeseitigung noch Erstattung der Ersatzvornahmekosten verlangen und auch die Vergütung nicht mindern. Er kann nur noch Schadensersatz oder den Ersatz vergeblicher Aufwendungen geltend machen.
VolltextIBRRS 2023, 0266
OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.10.2021 - 13 U 1669/21
1. Wird der Auftragnehmer vom Auftraggeber nicht als als Generalunternehmerin beauftragt, haftet er nicht für solche Mängel, die von Unternehmen verursacht wurden, die der Auftraggeber mit einzelnen Gewerken direkt beauftragt hat.
2. Als Generalunternehmer wird angesehen, wer die Durchführung sämtlicher zu einem Bauvorhaben erforderlichen Leistungen übernommen hat, die er dann selbst oder durch Nachunternehmer ausführen kann.
3. Ein mit der Ausführung eines einzelnen Gewerks beauftragter Auftragnehmer wird nicht dadurch zum Generalunternehmer, dass er die verschiedenen auf der Baustelle tätigen Unternehmer koordiniert.
4. Der wirksame Abschluss eines Bauvertrags oder eines Werkvertrags mit Bauwerksbezug setzt nicht voraus, dass Auftraggeber und Grundstückseigentümer identisch sind.
VolltextIBRRS 2023, 0265
OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.02.2022 - 13 U 1669/21
1. Wird der Auftragnehmer vom Auftraggeber nicht als Generalunternehmer beauftragt, haftet er nicht für solche Mängel, die von Unternehmen verursacht wurden, die der Auftraggeber mit einzelnen Gewerken direkt beauftragt hat.
2. Als Generalunternehmer wird angesehen, wer die Durchführung sämtlicher zu einem Bauvorhaben erforderlichen Leistungen übernommen hat, die er dann selbst oder durch Nachunternehmer ausführen kann.
3. Ein mit der Ausführung eines einzelnen Gewerks beauftragter Auftragnehmer wird nicht dadurch zum Generalunternehmer, dass er die verschiedenen auf der Baustelle tätigen Unternehmer koordiniert.
4. Der wirksame Abschluss eines Bauvertrags oder eines Werkvertrags mit Bauwerksbezug setzt nicht voraus, dass Auftraggeber und Grundstückseigentümer identisch sind.
IBRRS 2023, 0397
OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2023 - 22 U 300/21
1. Wird der Auftragnehmer mit der Betonsanierung und Beschichtung (hier: eines Belebungsbeckens in einer Kläranlage) beauftragt, müssen die verwendeten Bauprodukte sowohl den Normen für die Betonsanierung als auch den Normen für die Beschichtung entsprechen.
2. Ein Bauprodukt, das weder über eine CE-Zulassung noch über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung verfügt, darf nicht verwendet werden.
3. Der Vorschussanspruch ist nach den voraussichtlich anfallenden erforderlichen Aufwendungen zu bemessen. Maßgeblich sind die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entstehenden Kosten.
4. Besteht Streit über die Frage, ob der Vorschuss nach einer günstigeren oder teureren Mängelbeseitigungsmethode zu bemessen ist, muss Beweis darüber erhoben werden, ob der Mangel nur mit der teureren Methode behoben werden kann. Dieser Streit darf nicht dem Verfahren über die Abrechnung des Vorschusses vorbehalten bleiben.
IBRRS 2023, 0316
OLG München, Urteil vom 11.02.2022 - 9 U 7233/20 Bau
1. Weist ein ÖPP-Projektvertrag werk-, dienst- und darlehensvertragliche Elemente auf, steht dem Auftraggeber nach Ablauf von zehn Jahren kein Sonderkündigungsrecht aus § 489 BGB zu.
2. Vereinbaren die Parteien eines ÖPP-Projektvertrags für die nächsten 20 Jahre ein festes Zahlungsziel für die einzelnen Tilgungs- und Zinsleistungen, ist der Auftraggeber nicht dazu berechtigt, die noch offenen Tilgungsraten jederzeit zurückzuzahlen.
VolltextIBRRS 2023, 0258
OLG Oldenburg, Beschluss vom 29.04.2022 - 2 U 16/22
1. Unwesentliche Mängel sind kein Abnahmehindernis. Unwesentlich ist ein Mangel, wenn es dem Auftraggeber unter Abwägung aller Umstände zuzumuten ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit Mängelrechten zu begnügen.
2. Etwaige Mangelfolgeschäden stehen der Abnahme der Leistung nicht entgegen.
3. Der Auftraggeber hat in der Regel keinen Anspruch auf Beseitigung von Mangelfolgeschäden, sondern (nur) einen Anspruch auf Zahlung der zur Beseitigung der Mangelfolgeschäden erforderlichen Geldsumme.
VolltextIBRRS 2023, 0181
OLG Oldenburg, Beschluss vom 31.05.2022 - 2 U 16/22
1. Unwesentliche Mängel sind kein Abnahmehindernis. Unwesentlich ist ein Mangel, wenn es dem Auftraggeber unter Abwägung aller Umstände zuzumuten ist, die Leistung als im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung anzunehmen und sich mit Mängelrechten zu begnügen.
2. Etwaige Mangelfolgeschäden stehen der Abnahme der Leistung nicht entgegen.
3. Der Auftraggeber hat in der Regel keinen Anspruch auf Beseitigung von Mangelfolgeschäden, sondern (nur) einen Anspruch auf Zahlung der zur Beseitigung der Mangelfolgeschäden erforderlichen Geldsumme.
VolltextIBRRS 2023, 0226
OLG Koblenz, Urteil vom 15.12.2022 - 1 U 516/22
1. Es ist zur Geltendmachung der Sekundärrechte nicht erforderlich, dass eine Mängelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung zur (Nach-)Erfüllung erst zeitlich nach Entstehen des Abrechnungsverhältnisses erfolgt.
2. Eine vor dem Entstehen des Abrechnungsverhältnisses erfolgte Aufforderung mit Fristsetzung ist als Anspruchsvoraussetzung ausreichend, wenn die als fertig gestellt angebotene Leistung zu diesem Zeitpunkt fällig war.
VolltextIBRRS 2023, 0173
OLG Bamberg, Beschluss vom 23.02.2022 - 1 U 302/21
1. Kommt es in einem VOB/B-Einheitspreisvertrag in einer oder mehreren LV-Position(en) zu Mengenmehrungen von über 10 Prozent und können sich die Vertragsparteien nicht über die Höhe des neuen Einheitspreises einigen, sind für die Bemessung des neuen Einheitspreises die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind (Anschluss an BGH, IBR 2019, 535, 536).
2. Allein durch die Anforderung der Urkalkulation wird kein neuer Einheitspreis wird zwischen den Parteien (konkludent) vereinbart.
3. Macht der Auftragnehmer Schadensersatz wegen einer Bauablaufstörung geltend, hat er schlüssig darzulegen, dass er durch eine Pflichtverletzung des Auftraggebers behindert worden ist.
4. Es ist grundsätzlich nicht ausreichend, eine oder mehrere Pflichtverletzungen vorzutragen. Der Auftragnehmer muss vielmehr substanziiert zu den dadurch entstandenen Behinderungen seiner Leistung vortragen. Dazu ist in der Regel eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich.
VolltextIBRRS 2023, 0172
OLG Bamberg, Beschluss vom 27.04.2022 - 1 U 302/21
1. Kommt es in einem VOB/B-Einheitspreisvertrag in einer oder mehreren LV-Position(en) zu Mengenmehrungen von über 10 Prozent und können sich die Vertragsparteien nicht über die Höhe des neuen Einheitspreises einigen, sind für die Bemessung des neuen Einheitspreises die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind (Anschluss an BGH, IBR 2019, 535, 536).
2. Allein durch die Anforderung der Urkalkulation wird kein neuer Einheitspreis wird zwischen den Parteien (konkludent) vereinbart.
3. Macht der Auftragnehmer Schadensersatz wegen einer Bauablaufstörung geltend, hat er schlüssig darzulegen, dass er durch eine Pflichtverletzung des Auftraggebers behindert worden ist.
4. Es ist grundsätzlich nicht ausreichend, eine oder mehrere Pflichtverletzungen vorzutragen. Der Auftragnehmer muss vielmehr substanziiert zu den dadurch entstandenen Behinderungen seiner Leistung vortragen. Dazu ist in der Regel eine konkrete, bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Behinderung unumgänglich.
IBRRS 2023, 0174
KG, Urteil vom 25.02.2022 - 21 U 1099/20
1. Die Geltendmachung eines Kostenvorschussanspruchs durch den Auftraggeber wegen Mängeln setzt grundsätzlich eine ordnungsgemäße, fristbeinhaltende Mängelbeseitigungsaufforderung an den Auftragnehmer voraus.
2. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung nebst Fristsetzung ist entbehrlich, wenn das Verhalten des Auftragnehmers von vorneherein zweifelsfrei und endgültig erkennen lässt, dass er eine Aufforderung zur Nacherfüllung nicht nachkommen wird.
3. Einer Aufforderung zur Mängelbeseitigung nebst Fristsetzung bedarf es auch dann nicht, wenn sich der Auftragnehmer bei der Bauausführung derart unzuverlässig und nachlässig verhalten hat, dass dem Auftraggeber die Vornahme der Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer nicht mehr zuzumuten ist.
4. Allein das Vorhandensein einer mangelhaften Leistung begründet in der Regel nicht die Unzumutbarkeit einer Nachbesserung durch den Auftragnehmer. Etwas anderes gilt, wenn in ungewöhnlicher Häufigkeit gegen die anerkannten Regeln der Technik verstoßen wurde, die Verstöße zu gravierenden Mängeln geführt haben und der Auftraggeber deshalb das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers endgültig verloren hat.
VolltextIBRRS 2023, 0167
OLG Hamm, Beschluss vom 15.06.2021 - 24 U 74/20
1. Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B, wonach der Auftraggeber den Vertrag u. a. kündigen kann, wenn vom Auftragnehmer das Insolvenzverfahren beantragt ist, verstößt weder gegen die Vorschriften der Insolvenzordnung noch benachteiligt sie den Auftragnehmer unangemessen (Anschluss an BGH, IBR 2016, 346). Das gilt auch für den Fall der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO.
2. Mangels Begründungszwangs der Kündigung ist ein Nachschieben von Gründen grundsätzlich jederzeit möglich, sofern der Grund bereits zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorgelegen hat und hätte geltend gemacht werden können. Auch der Kündigungsgrund "Eigen-Insolvenzantrag" kann nachgeschoben werden.
VolltextIBRRS 2023, 0138
OLG Koblenz, Urteil vom 15.12.2022 - 1 U 688/22
1. Notwendigkeit und Angemessenheit einer Fristsetzung müssen bei einer zusammengefassten Rüge einer Vielzahl von Mängeln für jeden Mangel gesondert beurteilt werden.
2. Nach Übergang in das Abrechnungsverhältnis muss vor Geltendmachung der auf Geld gerichteten Mängelansprüche nicht nochmals eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden.
VolltextIBRRS 2023, 0066
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.10.2022 - 22 U 53/22
1. Bei unternehmensbezogenen Geschäften geht der Wille der Beteiligten im Zweifel dahin, dass der Betriebsinhaber Vertragspartner werden soll. Das gilt aber nur, wenn der Handelnde sein Auftreten für ein Unternehmen hinreichend deutlich macht. Der Inhalt des Rechtsgeschäfts muss die eindeutige Auslegung zulassen, dass ein bestimmtes Unternehmen berechtigt oder verpflichtet sein soll.
2. Bleiben ernsthafte, nicht auszuräumende Zweifel an der Unternehmensbezogenheit eines Geschäfts, greift der Grundsatz des Handelns im eigenen Namen ein. Dann geht es nicht nur um die Frage, wer Inhaber des übereinstimmend gewollten Vertragspartners ist, sondern um die Vorfrage, wer überhaupt Vertragspartner sein soll.
3. Der "Vertreter" wird selbst Vertragspartner, wenn er "als Generalbevollmächtigter" für ein Unternehmen ohne Vertretungszusatz einen Vertrag unterschreibt, aber kein Unternehmen existiert, das vertreten werden könnte.
4. Der zur Gewährleistung verpflichtete Unternehmer darf Mängel nicht mit Nichtwissen bestreiten.
VolltextIBRRS 2023, 0040
OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.2022 - 22 U 231/21
1. Ein Werk ist mangelhaft, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit nicht hat. Unter der Beschaffenheit des Werks sind insbesondere alle dem Werk unmittelbar und jedenfalls für eine gewisse Zeit anhaftenden physischen Merkmale zu verstehen. Auch die Haltbarkeit eines Werks kann zur vereinbarten Beschaffenheit gehören.
2. Der Besteller einer Wärmepumpe kann erwarten, dass die Anlage dauerhaft läuft. Danach liegt ein Mangel vor, wenn eine Wärmepumpe binnen kurzer Frist nicht mehr funktioniert. Eine kurze Haltbarkeit muss der Besteller nicht hinnehmen.
3. Ein Mangel liegt nicht vor, wenn der Defekt auf einer äußeren Einwirkung beruht oder beruhen könnte (hier verneint).
VolltextIBRRS 2023, 0039
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2022 - 22 U 37/22
1. Ein Vorschussanspruch des Bestellers wegen Mängeln des Werks setzt grundsätzlich die Abnahme voraus.
2. Die Abnahme als Voraussetzung der Mängelrechte ist unter den Voraussetzungen eines Abrechnungsverhältnisses entbehrlich. Ein Abrechnungsverhältnis liegt vor, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist.
3. Macht der Besteller gegenüber dem Unternehmer nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes geltend oder erklärt er die Minderung des Werklohns, findet eine Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche statt. Das gilt jedenfalls für den Fall, dass der Unternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet.
4. Beansprucht der Besteller Kostenvorschuss, nachdem er Schadensersatz statt der Leistung beansprucht hat, ändert das am Eintritt des Abrechnungsverhältnisses nichts.
5. Einer Aufrechnung steht nicht entgegen, dass der Besteller den Schadensersatzanspruch wegen Mängeln des Werks nicht nach den fiktiven Kosten der Mängelbeseitigung bemessen darf.
6. Der Besteller hat stets die Möglichkeit, den Schaden nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen in der Weise zu bemessen, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel ermittelt.
VolltextIBRRS 2023, 0038
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.10.2022 - 22 U 37/22
1. Ein Vorschussanspruch des Bestellers wegen Mängeln des Werks setzt grundsätzlich die Abnahme voraus.
2. Die Abnahme als Voraussetzung der Mängelrechte ist unter den Voraussetzungen eines Abrechnungsverhältnisses entbehrlich. Ein Abrechnungsverhältnis liegt vor, wenn der Besteller nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangen kann und das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist.
3. Macht der Besteller gegenüber dem Unternehmer nur noch Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes geltend oder erklärt er die Minderung des Werklohns, findet eine Abrechnung der beiderseitigen Ansprüche statt. Das gilt jedenfalls für den Fall, dass der Unternehmer das Werk als fertiggestellt zur Abnahme anbietet.
4. Beansprucht der Besteller Kostenvorschuss, nachdem er Schadensersatz statt der Leistung beansprucht hat, ändert das am Eintritt des Abrechnungsverhältnisses nichts.
5. Einer Aufrechnung steht nicht entgegen, dass der Besteller den Schadensersatzanspruch wegen Mängeln des Werks nicht nach den fiktiven Kosten der Mängelbeseitigung bemessen darf.
6. Der Besteller hat stets die Möglichkeit, den Schaden nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen in der Weise zu bemessen, dass er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel ermittelt.
VolltextIBRRS 2023, 0003
OLG Celle, Urteil vom 14.12.2022 - 14 U 44/22
1. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, das vom Auftraggeber im Leistungsverzeichnis vorgeschlagene Produkt zu verwenden, wenn Teilleistungsbeschreibungen den Zusatz "oder gleichwertig" enthalten und vom Auftragnehmer keine Produktangaben (Hersteller- und Typenbezeichnung) eingetragen wurden.
2. Eine solche, vom Auftraggeber vorformulierte Regelung ist weder überraschend noch intransparent und benachteiligt den Auftragnehmer auch nicht unangemessen.
3. Verwendet der Auftragnehmer ein anderes als das vertraglich vereinbarte Produkt, ist seine Leistung mangelhaft und der Auftraggeber ist zur Kündigung des VOB/B-Vertrags berechtigt.
VolltextOnline seit 2022
IBRRS 2022, 3774OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.12.2022 - 22 U 113/22
1. Allein der Umstand, dass die Parteien bzw. ihre Prozessbevollmächtigten davon ausgehen, die VOB/B sei vereinbart, führt nicht zu deren Einbeziehung in den Vertrag (BGH, IBR 1999, 403).
2. Ein Werk ist auch dann mangelhaft, wenn die Ursachen des Mangels in der Sphäre des Auftraggebers - etwa einer fehlerhaften Planung - begründet sind. Der Unternehmer ist aber von der Haftung für Mängel befreit, wenn er seine Bedenkenhinweispflicht erfüllt hat.
3. Ein Bedenkenhinweis ist nicht deshalb entbehrlich, weil der Besteller ein professionelles Bauunternehmen ist oder es bei anderen Bauvorhaben in der Vergangenheit zu ähnlichen Mangelsymptomen gekommen ist. Auch gegenüber professionellen Bestellern besteht eine Bedenkenhinweispflicht.
4. Ein zur Haftungsbefreiung führender Bedenkenhinweis - der bei BGB-Verträgen nicht zwingend in Schriftform zu erteilen ist - setzt voraus, dass der Besteller ausreichend gewarnt wird. Die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben müssen konkret dargelegt werden, damit dem Besteller die Tragweite der Nichtbefolgung klar wird. Allgemeine und vage Hinweise genügen nicht.
5. Auch wenn ein Vertreter des Bestellers für die Entgegennahme von Bedenkenanzeigen bevollmächtigt ist, geht die Bedenkenanzeige nicht dem Besteller zu, wenn der Vertreter für den Mangel verantwortlich ist oder sich den Bedenken verschließt.
VolltextIBRRS 2022, 1457
OLG Saarbrücken, Urteil vom 03.02.2021 - 2 U 15/19
1. Der Auftraggeber eines VOB/B-Vertrags hat eine nicht verwertete Sicherheit für Mängelansprüche nach Ablauf von zwei Jahren zurückzugeben, sofern kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart worden ist.
2. Eine Regelung, wonach der Rückgabezeitpunkt für die Gewährleistungssicherheit auf das Ende der Gewährleistungsfrist verlagert wird, ist auch bei formularmäßiger Vereinbarung wirksam.
3. Die Verjährung von Mängelansprüchen beginnt erneut, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber gegenüber den Anspruch anerkennt.
4. Ein Anerkenntnis liegt vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Auftragnehmers klar und unzweideutig ergibt, dass ihm das Bestehen der Schuld bewusst ist und angesichts dessen der Auftraggeber darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist alsbald auf Verjährung berufen wird (hier verneint).
5. Die Verjährung wird durch schwebende Verhandlungen über den Anspruch und die den Anspruch begründenden Umstände gehemmt. "Verhandlungen" liegen schon dann vor, wenn der Auftragnehmer beim Auftraggeber den Eindruck erweckt, er werde den Mangel prüfen bzw. sich um ihn kümmern, und der Auftraggeber hiermit einverstanden ist.
6. Die aufgrund einer Mängelrüge des Auftraggebers eingetretene Hemmung dauert grundsätzlich so lange, bis der Auftragnehmer das Ergebnis seiner Prüfung dem Auftraggeber mitteilt oder ihm gegenüber die Mängel für beseitigt erklärt oder die Fortsetzung der Beseitigung verweigert.
7. Ein Ende der Hemmung kann auch dadurch eintreten, dass die zunächst durch beide Parteien über einen Mangel geführten Verhandlungen nicht fortgesetzt werden, sie also - bildlich gesprochen - einschlafen.
8. Von einem "Einschlafenlassen" der Verhandlungen ist in dem Zeitpunkt auszugehen, in dem spätestens eine Erklärung der anderen Seite zu erwarten gewesen wäre.
VolltextIBRRS 2022, 3723
LG Bayreuth, Urteil vom 16.05.2022 - 31 O 616/21
1. Die Leistung des Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn sie von der dem Bauvertrag zugrundeliegenden Planung abweicht (hier: Vertauschung der Übergabeschächte zu Schmutz- und Regenwasserkanal).
2. Weicht die Leistung von der dem Bauvertrag zugrundeliegenden Planung ab, ist der Auftragnehmer nach der Fertigstellung der Leistung dazu verpflichtet, den Auftraggeber auf die Abweichung hinzuweisen.
Volltext