Bau-, Architekten- und Immobilienrecht.
Volltexturteile nach Sachgebieten
145 Entscheidungen insgesamt
Online seit 8. November
IBRRS 2024, 3262OLG Zweibrücken, Beschluss vom 12.07.2024 - 4 U 63/24
1. Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen. Unterlässt der Käufer die Anzeige, gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.
2. Der Begriff „unverzüglich“ ist streng auszulegen. Schon geringe, bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang vermeidbare Lässigkeit macht die Rüge verspätet. Der Maßstab ist dabei ein objektiver, wobei Unterschiede nach Branche, Größe des Betriebs und Art der Ware zu machen sind.
3. Für die Untersuchungsobliegenheit ist darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zur Erhaltung seiner Gewährleistungsrechte zugemutet werden können.
4. Nicht erforderlich ist, dass der Käufer die Ursache des Sachmangels herausfindet, um diesen konkret zu benennen. Für eine wirksame Rüge genügt eine hinreichende Konkretisierung des Mangelbefunds. Nicht erforderlich ist, dass diesem überhaupt eine vorangegangene Untersuchung zugrunde liegt. Selbst eine vom Käufer ins Blaue hinein erhobene Mängelrüge kann fristwahrend sein.
VolltextOnline seit 21. Oktober
IBRRS 2024, 3058OLG Frankfurt, Urteil vom 13.08.2024 - 11 U 31/23
Als Mangel "bei einem Bauwerk" i.S.d. § 438 Abs. 1 Nr. 2 a BGB ist nur diejenige (unzureichende) Beschaffenheit der Kaufsache anzusehen, die auch Folge einer bauvertraglichen Werkleistung sein könnte. Vertragliche oder wirtschaftliche Verhältnisse, die sich nicht auf die körperliche Beschaffenheit der Sache als mit dem Erdboden verbundenes Produkt aus Arbeit und Material beziehen, werden von der Norm nicht erfasst.*)
VolltextOnline seit 17. Oktober
IBRRS 2024, 3038OLG Köln, Urteil vom 19.07.2024 - 6 U 101/23
1. Die Klausel in einem Open-House-Vertrag zur Lieferung von Corona-Schutzausrüstung mit Vereinbarung eines "spätesten Liefertermins", bei dessen Nichteinhaltung die gegenseitigen Pflichten der Vertragsparteien entfallen und eine verspätete Lieferung keine Erfüllung des Vertrags darstellt ("absolutes Fixgeschäft"), benachteiligt die Lieferanten unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 2, Nr. 1 BGB.*)
2. Die Vereinbarung eines relativen Fixgeschäfts außerhalb der vorgegebenen Vertragsklauseln kommt in Betracht; insoweit kann aber nicht nach dem Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" auf eine unwirksame Vereinbarung eines absoluten Fixgeschäfts zurückgegriffen werden.*)
3. Die Notwendigkeit einer zügigen Beschaffung von Schutzausrüstung unter den Bedingungen einer sich entwickelnden Pandemielage mit einer erheblichen Gefährdung für die Bevölkerung, die zeitlich begrenzte Verkehrsfähigkeit bestimmter Schutzmasken oder die Deckelung des Einkaufsvolumens sind keine hinreichenden Gründe für die Annahme eines relativen Fixgeschäfts; die Fristsetzung zur Nacherfüllung war danach nicht gem. § 323 Abs. 2, Nr. 2 BGB entbehrlich.*)
4. Die vertraglich vereinbarte Vorleistungspflicht entfällt, wenn der andere Teil zu Unrecht den Rücktritt erklärt und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er wolle die ihm obliegende Leistung nicht mehr erbringen.*)
VolltextOnline seit 19. September
IBRRS 2024, 2787OLG Hamm, Beschluss vom 04.07.2024 - 22 U 26/24
1. Es kann nach den stets zu prüfenden Umständen des Einzelfalls keinen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB darstellen, wenn asbesthaltige Dachschindeln auf dem Mansardendach eines Bestandsgebäudes verbaut sind und weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch Beschaffenheitserwartung eine Asbestfreiheit begründen (Anschluss an BGH, Urteil vom 27.03.2009 - V ZR 30/08, IBRRS 2009, 1319 = IMR 2009, 216).*)
2. Von Notaren wiederholt verwendete, nicht von einer Vertragspartei vorgegebene Vertragsklauseln in notariellen Kaufverträgen über mit Bestandsimmobilien bebaute Grundstücke stellen regelmäßig keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar, weil keine Vertragspartei diese Vertragsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gestellt hat.*)
3. Die Versicherung des Verkäufers in einem notariellen Vertrag, dass ihm versteckte Mängel nicht bekannt seien, stellt keine Beschaffenheitsvereinbarung oder Garantie dar. Sie verändert bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluss auch nicht die Darlegungs- und Beweislast für eine Arglist des Verkäufers (§ 444 BGB), die der Käufer trägt.*)
VolltextOnline seit Juni
IBRRS 2024, 1949OLG Köln, Urteil vom 21.06.2024 - 6 U 112/23
1. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedigungen des Käufers: "Spätester Liefertermin ist der .... Bei Nichteinhaltung des spätesten Liefertermins entfallen die gegenseitigen Pflichten der Vertragspartner; eine verspätete Lieferung stellt keine Erfüllung des Vertrags durch den Auftragnehmer dar (absolutes Fixgeschäft)", benachteiligt den Verkäufer/Lieferanten unangemessen und ist unwirksam.
2. Die völlige Freistellung des Klauselverwenders von dem Erfordernis einer Fristsetzung ist auch im kaufmännischen Verkehr nicht wirksam vereinbar.
3. Dem berechtigten Interesse der Käufers, dass "die Auftragnehmer von Beginn an eine einwandfreie, sofort verwendbare Kaufsache anliefern", kann auch ohne eine solche Klausel und mit kurzer Nachfristsetzung Rechnung getragen werden.
VolltextIBRRS 2024, 1826
OLG Hamm, Urteil vom 26.01.2023 - 2 U 49/21
1. Die Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit einer Sache erfordert den Willen des Erklärenden, für das Garantierte uneingeschränkt, also insbesondere unabhängig von einem Verschulden, einzustehen.
2. Mit Rücksicht auf die weitreichenden Folgen ist insbesondere bei der Annahme einer - grundsätzlich möglichen - stillschweigenden Übernahme einer solchen Einstandspflicht Zurückhaltung geboten.
3. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Käufers, nach der der Verkäufer für die vereinbarte Beschaffenheit der Kaufsache eine Garantie übernimmt, benachteiligt den Verkäufer unangemessen und ist unwirksam, weil sie ihn dem Risiko einer unübersehbaren Schadensersatzhaftung aussetzt.
4. Der Verkäufer hat einen Sachmangel auch dann zu vertreten, wenn er insoweit fahrlässig gehandelt hat. An den ihm obliegenden Entlastungsbeweis sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Er ist geführt, wenn der Verkäufer darlegt und gegebenenfalls beweist, dass er den für ihn geltenden Sorgfaltsmaßstab eingehalten hat.
5. Welche Sorgfaltsanforderungen für den Verkäufer, der nicht zugleich Hersteller der Kaufsache ist, gelten, kann nicht für alle Verträge gleichermaßen beantwortet werden. In der Regel ist ein Zwischenhändler aber nicht nur bei Speziessachen, sondern auch bei Gattungskäufen nicht zu einer Untersuchung der von ihm angekauften und weiterverkauften Ware verpflichtet.
5. Der (Zwischen-)Verkäufer muss sich ein etwaiges Verschulden des Herstellers nicht zurechnen lassen.
Online seit Mai
IBRRS 2024, 1472BGH, Urteil vom 10.04.2024 - VIII ZR 161/23
1. Haben die Parteien eines Kaufvertrags (ausdrücklich oder stillschweigend) eine Beschaffenheit der Kaufsache im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. vereinbart, ist ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für Mängel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. gelten soll (st. Rspr.; seit Senatsurteil vom 29.11.2006 - VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 Rn. 31 = IBRRS 2007, 3060 = IMRRS 2007, 1225; zuletzt Senatsurteil vom 27.09.2017 - VIII ZR 271/16, NJW 2018, 146 Rn. 23 = IBR 2017, 707).*)
2. Eine von diesem Grundsatz abweichende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses kommt beim Kauf eines (hier fast 40 Jahre alten) Gebrauchtwagens auch dann nicht in Betracht, wenn die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils (hier: Klimaanlage) den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet. Insbesondere rechtfertigen in einem solchen Fall weder das (hohe) Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils noch der Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliegt, die Annahme, dass sich ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch auf die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erstrecken soll.*)
3. Haben die Parteien die "einwandfreie" Funktionsfähigkeit eines typischerweise dem Verschleiß unterliegenden Fahrzeugbauteils im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. vereinbart, liegt ein Sachmangel vor, wenn sich dieses Bauteil bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs in einem Zustand befindet, der seine einwandfreie Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. Das gilt unabhängig davon, ob insoweit ein "normaler", das heißt ein insbesondere nach Alter, Laufleistung und Qualitätsstufe nicht ungewöhnlicher, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender Verschleiß vorliegt - der nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsurteile vom 10.11.2021 - VIII ZR 187/20, BGHZ 232, 1 Rn. 39 = IBRRS 2022, 0266; vom 09.09.2020 - VIII ZR 150/18, NJW 2021, 151 Rn. 21 ff. = IBR 2020, 667, jeweils m.w.N.) einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. nicht begründet - und/oder ob bei objektiver Betrachtung jederzeit mit dem Eintreten einer Funktionsbeeinträchtigung dieses Bauteils zu rechnen war.*)
VolltextIBRRS 2024, 1457
OLG Brandenburg, Urteil vom 09.06.2022 - 10 U 189/21
1. Das Recht des Käufers, wegen eines Mangels der Kaufsache von einem Kaufvertrag zurückzutreten, setzt grundsätzlich den erfolglosen Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung voraus. Dabei muss das Nacherfüllungsverlangen auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen am Erfüllungsort der Nacherfüllung für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen.
2. Der Verkäufer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung der Kaufsache gegeben hat.
3. Der Käufer darf die vom Verkäufer begehrte Untersuchung des Kaufgegenstands nicht deshalb verweigern, weil der Verkäufer hiermit einen Dritten beauftragen will.
4. Der Hinweis des Verkäufers darauf, dass durch eine unberechtigte Geltendmachung von Mängelrechten Schadensersatzansprüche ausgelöst werden können, berechtigt den Käufer nicht dazu, die Untersuchung gerügter Mängel zu verweigern.
5. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Ein Anwaltsschreiben, in dem es heißt, dass Mängel "nicht erkennbar" seien, ist keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung.
VolltextOnline seit April
IBRRS 2024, 1406LG Frankenthal, Urteil vom 13.12.2023 - 6 O 198/23
1. Ein Verkäufer kann seine Informationspflichten auch durch eine Widerrufsbelehrung erfüllen, die von der Musterbelehrung abweicht, wenn diese inhaltlich die erforderlichen Pflichtangaben enthält. Der Verwender trägt in diesem Fall jedoch das Risiko, dass seine Information den allgemeinen Anforderungen an eine umfassende, unmissverständliche und nach dem Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers eindeutige Belehrung nicht genügt.*)
2. Die Belehrung genügt den allgemeinen Anforderungen, wenn über die allgemeinen Bedingungen und Fristen hinreichend belehrt wird. Das Fehlen einer Telefonnummer führt dabei nicht zu einer Unwirksamkeit der Belehrung, da die Mitteilung einer Telefonnummer für eine ordnungsgemäße Belehrung über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufs nicht erforderlich ist. Erforderlich und ausreichend ist lediglich den Adressaten des Widerrufs zu benennen und einen möglichen Kontaktweg aufzuzeigen.*)
VolltextIBRRS 2024, 1316
LG Gießen, Urteil vom 20.09.2022 - 5 O 402/21
1. Der Käufer verstößt nicht gegen seine kaufmännische Untersuchungs- und Rügeobliegenheit, wenn die Verunreinigung der Kaufsache (hier: Granulat) durch eine vom Käufer im Rahmen der Wareneingangsuntersuchung durchgeführte Sichtkontrolle aufgrund der Gleichfarbigkeit von mangelfreiem und kontaminiertem Material nicht feststellbar war.
2. Zu einer eigenen Überprüfung der chemischen Zusammensetzung des angelieferten Materials ist der Käufer nicht verpflichtet.
3. Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch des Käufers wegen der Lieferung einer mangelhaften Sache ist, dass der Verkäufer die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Im Verhältnis zwischen den Parteien eines Kaufvertrags geht es dabei um die Frage, ob der Verkäufer erkannt hat oder erkennen musste, dass die verkaufte Ware mangelbehaftet ist.
4. Wird die Kaufsache nicht vom Verkäufer, sondern von dessen Muttergesellschaft hergestellt, ist der Verkäufer im Verhältnis zum Käufer nicht als Hersteller der Kaufsache anzusehen. Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer die Kaufsache verpackt und die Verpackung mit seinem Firmenlabel versieht. Ein solcher Aufdruck besagt nicht, dass Verkäufer die Kaufsache selbst hergestellt hat.
5. Der Hersteller einer Kaufsache ist nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers in dessen Verhältnis zum Käufer. Für einen Fehler, dem der Hersteller bei der Produktion der Kaufsache unterlaufen ist, trifft den Verkäufer gegenüber dem Käufer keine Verantwortlichkeit.
VolltextOnline seit Februar
IBRRS 2024, 0687OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.2023 - 23 U 55/23
1. Der in einem Kauvertrag enthaltene Ausschluss jeglicher Gewährleistung ist bei einem Verbrauchsgüterkauf unzulässig und nicht wirksam.
2. Bei einem Verbrauchsgüterkauf bedarf es grundsätzlich keiner Fristsetzung zur Nacherfüllung. Der Verbraucher kann nach Ablauf einer angemessenen Frist ohne Fristsetzung zurücktreten, wenn er den Unternehmer von dem Mangel unterrichtet hat.
3. Auch wenn erst ein Ersatzteil beschafft und eingebaut werden muss, erscheint dafür eine Frist von zwei Wochen grundsätzlich angemessen.
VolltextIBRRS 2024, 0571
BGH, Urteil vom 18.10.2023 - VIII ZR 307/20
1. Ist dem Verkäufer einer Forderung deren Übertragung auf den Käufer nicht möglich, weil die Forderung nicht besteht, liegt ein vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht geregelter Fall der Nichterfüllung (§ 275 Abs. 1 BGB), nicht aber ein vom kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht (§ 453 Abs. 1, §§ 434 f. BGB a.F., § 437 BGB) erfasster Mangel der verkauften Forderung vor.*)
2. Die Verjährung der sich daraus ergebenden Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 195, 199 BGB. Die Bestimmung des § 438 Abs. 1 Nr. 1 a BGB ist hierauf nicht analog anwendbar.*)
VolltextOnline seit Januar
IBRRS 2024, 0404BGH, Urteil vom 29.11.2023 - VIII ZR 164/21
Die Weigerung des Verkäufers, nach dem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag die vom Käufer zum Zwecke der Rückgewähr in Natur gem. § 346 Abs. 1 BGB angebotene mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, kann jedenfalls unter den besonderen Umständen des Einzelfalls (hier: Arsenbelastung großer Mengen vom Verkäufer gelieferten Recycling-Schotters) als Verletzung von Rücksichtnahmepflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) im Rückgewährschuldverhältnis anzusehen sein, die zu einem Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer gem. § 280 Abs. 1 BGB führen kann.*)
Online seit 2023
IBRRS 2023, 3152OLG München, Beschluss vom 08.11.2022 - 7 U 9266/21
1. Bei einem Vertrag über die Lieferung einer technischen Anlage (hier: Aufzugskabinenteile) ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien ihren Vereinbarungen stillschweigend die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu Grunde legen und deshalb gewisse Toleranzen zulässig sind, auch wenn in der Vereinbarung die Maße der zu liefernden Teile bezeichnet sind.
2. Hat der Verkäufer die Kaufsache dem Käufer übergeben, trägt der Käufer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Sachmangels. Nur vor Gefahrübergang liegt die Beweislast für die Mangelfreiheit beim Verkäufer.
VolltextIBRRS 2023, 3058
OLG Dresden, Urteil vom 23.05.2023 - 4 U 1465/22
Das Rücktrittsrecht des Käufers setzt eigene Vertragstreue voraus, an der es fehlen kann, wenn der Kaufgegenstand vor der Rücktrittserklärung weiterveräußert wird.*)
VolltextIBRRS 2023, 3043
FG Köln, Urteil vom 21.06.2023 - 2 K 158/20
(Ohne amtliche Leitsätze)
VolltextIBRRS 2023, 2788
OLG Brandenburg, Urteil vom 31.08.2023 - 10 U 207/22
1. Ein Verbotsgesetz steht nicht zur Disposition der Parteien. Wenn schwer wiegende Indizien, die den Schluss auf den Verstoß gegen das Verbotsgesetz erlauben, vorliegen, kann allein durch die Äußerung der Rechtsansicht, ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz liege nicht vor, dessen Anwendung nicht ausgeschlossen sein.
2. Eine Häufung von Indizien kann vielmehr dazu Anlass geben, einen Verstoß auch dann anzunehmen, wenn keine Partei sich auf eine solche Abrede beruft.
3. Eine Ohne-Rechnung-Abrede führt zur Gesamtnichtigkeit des (Kauf-)Vertrags mit der Folge, dass keine Gewährleistungsansprüche bestehen.
VolltextIBRRS 2023, 2454
LG Essen, Urteil vom 23.06.2023 - 45 O 28/22
1. Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.
2. Liegt aufgrund einer Mängelrüge eines Kunden zumindest ein Mangelverdacht vor, gibt dies Anlass für eine weitergehende Untersuchung durch den Käufer.
3. Erfährt der Käufer durch Kundenreklamationen von Mängeln, beginnt die Rügefrist, wenn ernstzunehmende, glaubhafte Reklamationen eingegangen sind.
4. Sind die Reklamationen zu unspezifisch und versetzen den Käufer nicht in die Lage, eine ordnungsmäßige Mängelrüge vorzunehmen, verschiebt sich der Beginn der Rügefrist um die Zeit, die der Käufer für Rückfragen bei seinen Abnehmern benötigt.
VolltextIBRRS 2023, 0086
BGH, Urteil vom 16.11.2022 - VIII ZR 383/20
1. Der Verkäufer kann jederzeit und auch stillschweigend auf die Rechtsfolgen aus § 377 Abs. 2, 3 HGB - beziehungsweise auf den Einwand der Verspätung einer Mängelrüge - verzichten. Hierfür müssen jedoch eindeutige Anhaltspunkte vorliegen, die der Käufer als (endgültige) Aufgabe des Rechts - hier: des Verspätungseinwands - durch den Verkäufer verstehen darf (im Anschluss BGH, NJW 2023, 1567; NJW 1999, 1259; NJW 1991, 2633.*)
2. Solche eindeutigen Anhaltspunkte lassen sich grundsätzlich noch nicht ohne Weiteres einem Schreiben des Fahrzeugverkäufers entnehmen, mit dem der Fahrzeugkäufer über die Bereitstellung eines Software-Updates durch den Fahrzeughersteller unterrichtet, um die Vereinbarung eines Termins zum Aufspielen des Updates in der Werkstatt des Fahrzeugverkäufers gebeten und auf die Übernahme der Kosten der Maßnahme durch den Hersteller sowie die Möglichkeit einer für den Fahrzeugkäufer kostenlosen Überlassung eines Ersatzfahrzeugs für die Dauer der Maßnahme hingewiesen wird.*)
VolltextIBRRS 2023, 2239
OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.08.2023 - 8 U 85/23
1. Der Käufer einer mangelhaften Sache kann von dem Verkäufer in Ausübung seines Wahlrechts gem. § 439 Abs. 1 BGB auch dann Nachbesserung verlangen, wenn feststeht, dass der Mangel durch die Nachbesserung nicht vollständig beseitigt werden kann ("Ausbesserungsanspruch").*)
2. Entscheidet er sich für diese Variante der Nacherfüllung, kann er zusätzlich den Kaufpreis in dem Umfang mindern, in dem der Wert der Kaufsache wegen des verbliebenen Mangels gegenüber dem Wert einer mangelfreien Sache herabgesetzt ist.*)
3. Der Verkäufer kann das Nachbesserungs- und Minderungsverlangen zurückweisen und den Käufer auf die (mögliche) Nachlieferung verweisen, wenn die verlangte "Ausbesserung" unter Berücksichtigung der zusätzlichen Kaufpreisminderung unverhältnismäßig und ihm deshalb nicht zumutbar ist.*)
VolltextIBRRS 2023, 1323
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.05.2021 - 11 U 7/21
1. Dem formellen Anspruch auf jederzeitige Auseinandersetzung einer Grundstückgemeinschaft kann bei materiell-rechtlichen Einwendungen mit einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO begegnet werden.
2. Dem Kläger (= Antragsgegner beim Vollstreckungsgericht) kann über das Prozessgericht die Einstellung des Verfahrens nach § 769 ZPO eingeräumt werden.
3. Eine Einstellung nach § 769 ZPO kann ohne Auferlegung einer Sicherheitsleistung angeordnet werden.
4. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung, auch bei fehlender Zustimmung des Beklagten, ergehen.
VolltextIBRRS 2023, 2177
OLG München, Urteil vom 26.07.2023 - 7 U 4188/21
1. Die Abgrenzung zwischen Kauf- und Werkvertrag (gerade auch bei einer Einbauküche) erfolgt danach, ob bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt auf der Verpflichtung zur Verschaffung von Eigentum und Besitz (dann Kaufrecht) oder auf der Montageleistung (dann Werkvertragsrecht) liegt.
2. Beträgt der Anteil der Vergütung für die Montageleistung 7,2% des vereinbarten Gesamtpreises, stellt die Montage im Vergleich zum Erwerb der Möbel und Elektrogeräte nur eine untergeordnete Leistung dar, so dass auf den Vertrag die Vorschriften über den Kaufvertrag Anwendung finden.
3. ...
VolltextIBRRS 2023, 2096
OLG Bremen, Urteil vom 17.03.2023 - 2 U 32/20
1. Der Käufer, der sich seine Mängelrechte aus einem Handelskauf bewahren will, darf sich bei der Untersuchung der Lieferung einer Vielzahl von Bauteilen unterschiedlichster Art und Abmessungen von verschiedenen Herstellern jedenfalls dann nicht auf eine Stichprobe beschränken, soweit ihm die Kontrolle der vereinbarten Beschaffenheit einer bestimmten Zertifizierung des jeweiligen Herstellers durch Belegabgleich und einfache Sichtprüfung möglich ist und andernfalls erhebliche Mangelfolgeschäden drohen.*)
2. Eine Mängelrüge des Käufers, die einen bei ordnungsgemäßer Untersuchung durch Belegabgleich und bloße Sichtprüfung erkennbaren Mangel anzeigt, ist jedenfalls dann nicht mehr unverzüglich i.S.d. § 377 Abs. 1 HGB erfolgt, wenn sie 15 Tage, nachdem sowohl die Ware als auch die gesondert übermittelten zugehörigen Abnahmeprüfzeugnisse abgeliefert worden sind, abgegeben wird.*)
3. Zur Bestimmtheit der Mängelrüge und zum arglistigen Verschweigen eines Mangels im Handelskauf.*)
VolltextIBRRS 2023, 2005
BGH, Urteil vom 21.06.2023 - VIII ZR 105/22
1. Der Anwendungsbereich des Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 439 Abs. 3 BGB ist unter dem Gesichtspunkt des Einbaus der mangelhaften Kaufsache in eine andere Sache auch dann eröffnet, wenn sich ein Sachmangel der Kaufsache bereits im Rahmen eines - ihrer Art und ihrem Verwendungszweck entsprechenden - Vorfertigungsprozesses zeigt und es deshalb nicht mehr zum Abschluss des Einbauvorgangs kommt.*)
2. Sofern die Kaufsache nicht untrennbar mit einer anderen Sache verbunden wird, sondern in ihrer ursprünglichen Sacheigenschaft noch vorhanden ist, steht es dem Aufwendungsersatzanspruch gem. § 439 Abs. 3 BGB nicht entgegen, dass durch den Einbauvorgang eine neue Sache hergestellt wird.*)
VolltextIBRRS 2023, 1607
OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.04.2023 - 19 U 15/22
1. Die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (BGH, IBR 2002, 574).*)
2. Die rechtsgeschäftliche Behandlung von "Vertragsumschreibungen" richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB. Dabei kann den §§ 151 Satz 1 Alt. 2 BGB und 267 Abs. 1 Satz 1 BGB Bedeutung zukommen.*)
3. An die Auslegung einer Willenserklärung, die zum Verlust einer Rechtsposition - hier: Gewährleistungsrechte - führte, sind strenge Anforderungen zu stellen; der dahingehende Wille muss unzweifelhaft und eindeutig nach außen treten (BGH, IBR 1995, 411).*)
VolltextIBRRS 2023, 1133
OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2023 - 9 U 39/22
Der Käufer eines Grundstücks, dem der Verkäufer wegen Nichterfüllung den entgangenen Gewinn ersetzen muss, muss sich nicht den durch andere Geschäfte erzielbaren Gewinn abziehen lassen. § 648 Satz 2 Halbs. 2 BGB oder § 615 Satz 2 BGB sind nicht analog auf den Schadensersatzanspruch des Käufers anwendbar.*)
VolltextIBRRS 2023, 1022
OLG Rostock, Urteil vom 28.03.2023 - 7 U 95/22
1. Nicht jeder Ordnungswidrigkeiten- oder Straftatbestand stellt notwendigerweise ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB dar. Dies ist im Zweifel nur anzunehmen, wenn sich das strafrechtliche Verbot gegen beide Vertragsparteien richtet.
2. Hat sich nur eine Partei ordnungswidrig verhalten oder strafbar gemacht, ist ein Rechtsgeschäft (ebenfalls) lediglich dann gem. § 134 BGB nichtig, sofern der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden kann.
3. Handelt es sich bei § 35 Abs. 1 GewO um eine gewerberechtliche Ordnungsvorschrift, die nicht als Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB anzusehen ist, kann hinsichtlich der Tatbestände der § 146 Abs. 1 Nr. 1 a, § 148 Nr. 1 GewO nichts anderes gelten.*)
VolltextIBRRS 2023, 1001
OLG Schleswig, Urteil vom 24.03.2023 - 1 U 67/22
1. Ein Käufer, der die vereinbarte Vorauszahlung auf den Kaufpreis trotz Rechnung und Mahnung nicht leistet, worauf die von ihm vorzunehmende Abholung der Kaufsache Zug um Zug gegen Zahlung des Restkaufpreises scheitert, kommt in Annahmeverzug.*)
2. Ein Verkäufer, der eine verkaufte Maschine nach Abschluss des Kaufvertrags bis zur Abholung durch den Käufer weiter benutzt, handelt nicht allein deswegen grundsätzlich vorsätzlich oder grob fahrlässig.*)
VolltextIBRRS 2023, 0990
OLG Hamm, Urteil vom 06.02.2023 - 2 U 78/22
1. Ein in schriftlicher Form geschlossener Kaufvertrag, in dem der tatsächlich vereinbarte Kaufpreis zum Zwecke der Steuerverkürzung wahrheitswidrig zu niedrig angegeben wird, kann gem. § 134 BGB i.V.m. § 370 AO nichtig sein.*)
2. Die Rechtsprechung des für Werkrecht zuständigen VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu "Schwarzarbeitsfällen" kann bei Vergleichbarkeit der Sachverhalte auch auf das Kaufrecht zu übertragen sein.*)
3. Ein Anspruch auf Rückforderung des geleisteten Kaufpreises kann bei Nichtigkeit des Kaufvertrags aufgrund eines Verstoßes gegen § 370 AO gem. § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen sein.*)
VolltextOnline seit 2022
IBRRS 2022, 3639BGH, Urteil vom 16.11.2022 - VIII ZR 436/21
Zur Frage des Vorliegens eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts im Falle des (gewerbsmäßigen) Ankaufs von Kraftfahrzeugen und anschließender Vermietung an den Verkäufer im Rahmen eines sog. "sale and rent back".*)
VolltextIBRRS 2022, 3429
OLG Jena, Urteil vom 18.01.2022 - 1 U 763/21
1. Ein Vertrag über die Lieferung und Inbetriebnahme eines Blockheizkraftwerkes kann als Kaufvertrag einzuordnen sein.*)
2. Da das verkaufte Kraftwerk keine Sache ist, die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk eingesetzt worden ist, ist die Verjährungsfrist auf zwei Jahre begrenzt.*)
VolltextIBRRS 2022, 2217
OLG Köln, Urteil vom 07.04.2022 - 15 U 82/21
Zum Begriff des "Einbaus" bzw. des "Anbringens" bei § 439 Abs. 3 BGB.*)
VolltextIBRRS 2022, 1674
OLG Braunschweig, Urteil vom 03.05.2022 - 4 U 525/21
1. Bei der Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrages ist ein einheitlicher Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers gem. § 29 ZPO nicht begründet. Vielmehr verbleibt es bei der separaten Zuständigkeitsbestimmung für jeden einzelnen Antrag.*)
2. Hat das Gericht erster Instanz seine Zuständigkeit zu Recht verneint, kann der Kläger noch im Berufungsverfahren hilfsweise die Verweisung an das zuständige Gericht erster Instanz beantragen. Auf den Antrag ist der Rechtsstreit unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen klageabweisenden Urteils an das sachlich und örtlich zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen. Diese Verweisung erfolgt in der Rechtsmittelinstanz durch Urteil unter gleichzeitiger Aufhebung des Urteils der Vorinstanz.*)
VolltextIBRRS 2022, 1545
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.04.2022 - 2 S 762/22
1. Nach § 24 i.V.m. § 16 Satz 1 KAG sind Anschluss- und Erschließungsbeiträge bei Grundstücken, die im Eigentum des Beitragsberechtigten (hier der Gemeinde) stehen, in der Höhe, wie sie bei einem Dritten entstehen würden, intern zu verrechnen, sobald die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen die Beitragsschuld bei einem Dritten entstehen würde. Die (sachliche) Beitragsschuld für solche Grundstücke gilt nach § 24 i.V.m. § 16 Satz 2 KAG in dem Zeitpunkt als entstanden (und zugleich als erloschen), in dem sie bei einem Dritten entstehen würde. Nach diesem Zeitpunkt kann die Beitragsschuld nicht nochmals zur Entstehung gelangen und damit auch nicht mehr nach § 26 KAG abgelöst werden.*)
2. Der Beitragsberechtigte kann ein Grundstück ab diesem Zeitpunkt als "erschlossen" zu einem entsprechenden Kaufpreis veräußern, ohne den Anteil der Erschließungskosten am Kaufpreis offenlegen zu müssen.*)
3. Weist der Beitragsberechtigte im Grundstückskaufvertrag dennoch einen bestimmten Betrag als Erschließungskosten aus, so kann dies nicht als (verdeckte) Ablösungsvereinbarung i.S.d. § 26 KAG verstanden werden; vielmehr hat die Ausweisung der Erschließungskosten in diesem Fall nur informatorischen Charakter.*)
VolltextIBRRS 2022, 1522
OLG Braunschweig, Urteil vom 03.05.2022 - 4 U 582/21
1. Bei der Rückabwicklung eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Verbraucherdarlehensvertrags ist ein einheitlicher Gerichtsstand am Wohnsitz des Verbrauchers gem. § 29 ZPO nicht begründet. Vielmehr verbleibt es bei der separaten Zuständigkeitsbestimmung für jeden einzelnen Antrag.*)
2. Hat das Gericht erster Instanz seine Zuständigkeit zu Recht verneint, kann der Kläger noch im Berufungsverfahren hilfsweise die Verweisung an das zuständige Gericht erster Instanz beantragen. Auf den Antrag ist der Rechtsstreit unter Aufhebung des rechtsfehlerfrei ergangenen klageabweisenden Urteils an das sachlich und örtlich zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen. Diese Verweisung erfolgt in der Rechtsmittelinstanz durch Urteil unter gleichzeitiger Aufhebung des Urteils der Vorinstanz.*)
VolltextIBRRS 2022, 1425
BGH, Urteil vom 30.03.2022 - VIII ZR 109/20
1. Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen des Käufers setzt die Zurverfügungstellung der Kaufsache am Erfüllungsort der Nacherfüllung voraus (im Anschluss an Senatsurteile vom 13.04.2011 - VII ZR 220/10, Rz. 13 ff., IBR 2011, 731 = BGHZ 189, 196; vom 19.07.2017 - VIII ZR 278/16, Rz. 21, 27 = IBR 2017, 590; IBR 2017, 591 = NJW 2017, 2758; vom 30.10.2019 - VIII ZR 69/18, Rz. 37, IBRRS 2019, 3951 = NJW 2020, 389).*)
2. Erfordert die Nacherfüllung hiernach eine Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherfüllungsort und fallen beim Käufer hierfür Transportkosten an, kann er im Fall eines Verbrauchsgüterkaufs grundsätzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten verlangen (jetzt: § 475 Abs. 4 BGB; im Anschluss an Senatsurteile vom 13.04.2011 - VIII ZR 220/10, Rz. 37, a.a.O.; vom 19.07.2017 - VIII ZR 278/16, Rz. 29, a.a.O.).*)
3. Ein solcher Anspruch auf Zahlung eines (abrechenbaren) Transportkostenvorschusses steht dem Verbraucher grundsätzlich nicht zu, wenn der Verkäufer zu einer für den Verbraucher unentgeltlichen Abholung der Kaufsache und deren Verbringung zum Erfüllungsort bereit ist.*)
VolltextIBRRS 2022, 0760
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.04.2021 - 2 U 46/20
1. Wird im Zuge der Nachbesserungsarbeiten ein neuer (bei Gefahrübergang noch nicht vorhandener) Mangel verursacht, ist das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht weder direkt noch analog anwendbar.*)
2. Rückabwicklung kann in diesem Fall nur unter dem Gesichtspunkt der Nebenpflichtverletzung (§ 241 Abs.2 BGB) nach Maßgabe der §§ 282, 324 BGB verlangt werden. Die vorgenannten Vorschriften sind im Lichte des Art. 3 Abs. 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (EGRL 44/1999) auszulegen.*)
VolltextIBRRS 2022, 0682
LG Bonn, Urteil vom 19.01.2022 - 20 O 191/20
1. Ein Rücktritt von einem Kaufvertrag wegen mangelhafter Leistungen setzt grundsätzlich voraus, dass eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde und erfolglos verstrichen ist. Die Fristsetzung ist ausnahmsweise u. a. dann entbehrlich, wenn die Parteien ein absolutes Fixgeschäft geschlossen haben.
2. Ein sog. absolutes Fixgeschäft liegt vor, wenn bei der Nichteinhaltung der Leistungszeit bei wertender Betrachtung Unmöglichkeit eintritt, weil die Leistungszeit so wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr sein kann (z.B. Bestellungen für bestimmte Veranstaltungen, die danach nie mehr benötigt werden). Bei einem absoluten Fixgeschäft greifen die Regelungen über die Unmöglichkeit ein.
4. Bei einem "relativen" Fixgeschäft muss die Einhaltung der Leistungszeit so wesentlich sein, dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft "stehen und fallen" soll.
5. Ob ein Fixgeschäft vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Der Fixcharakter einer Lieferfrist im Kaufrecht kann nicht wirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.
VolltextIBRRS 2022, 0639
BGH, Urteil vom 19.11.2021 - V ZR 104/20
Weist die Kaufsache einen behebbaren Mangel auf, ist der Käufer grundsätzlich selbst dann berechtigt, gemäß § 320 Abs. 1 BGB die Zahlung des Kaufpreises insgesamt zu verweigern, wenn es sich um einen geringfügigen Mangel handelt (Bestätigung von Senat, IBR 2020, 318).*)
Online seit 2021
IBRRS 2021, 3678OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.11.2021 - 10 U 11/21
Wer im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Kaufvertrags eine Wissenserklärung oder Wissensmitteilung abgibt, haftet dafür, dass das eigene subjektive Wissen richtig und vollständig wiedergeben wird, nicht aber dafür, dass das subjektive Wissen auch den objektiven Gegebenheiten entspricht. Eine "fahrlässig falsche Wissenserklärung" gibt es nicht.*)
VolltextIBRRS 2021, 3517
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.02.2021 - 22 U 262/20
1. Will der Erwerber einer Einbauküche von einem Verbrauchsgüterkauf wegen Verzugs des Verkäufers zurücktreten, ist keine ausdrückliche Fristsetzung erforderlich. Es genügt eine Leistungsaufforderung und das Abwarten einer angemessenen Frist. Jedenfalls ist es ausreichend, wenn der Erwerber deutlich macht, dass dem Verkäufer nur ein begrenzter Zeitraum für die (Nach-)Erfüllung zur Verfügung steht.
2. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers einer Einbauküche, wonach der Kaufpreis "zahlbar sofort ohne Abzug" ist, benachteiligt den Käufer unangemessen und ist unwirksam (Anschluss an BGH, IBR 2013, 379).
3. Die Verwendung einer (erkennbar) unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung ist eine Vertragspflichtverletzung. Der Käufer hat daher einen Anspruch so gestellt zu werden, als hätte der Verkäufer die unwirksame Klausel nicht verwendet.
VolltextIBRRS 2021, 3399
OLG Frankfurt, Urteil vom 19.10.2021 - 26 U 49/19
1. Wird eine Sache zu einem ermäßigten Sonderpreis verkauft, führt dies nicht ohne Weiteres dazu, dass der Käufer mit einer minderwertigen Qualität und einem Ausschluss der Gewährleistungshaftung des Verkäufers rechnen muss.*)
2. § 193 BGB ist auf die Mängelrüge nach § 377 Abs. 3 HGB entsprechend anzuwenden.*)
VolltextIBRRS 2021, 2446
OLG Bamberg, Beschluss vom 22.06.2021 - 1 U 494/20
1. Wird der Benachteiligte vor Vertragsabschluss anwaltlich beraten, liegt keine Sittenwidrigkeit vor.
2. Wenn Parteien auf Wertgutachten vertrauen und dies der Kaufpreisfindung zu Grunde legen, kann von Ausnutzen (§ 138 Abs. 1 BGB) keine Rede sein.
3. Wer nach sofortiger Kaufpreiszahlung sein befristetes Rückkaufsrecht nicht ausübt und sich dennoch auf § 138 BGB beruft, handelt (selbst) sittenwidrig.
VolltextIBRRS 2021, 2432
OLG Schleswig, Urteil vom 25.03.2021 - 6 U 48/20
Beim Verkauf von Wintergartenbausätzen zur Selbstmontage, die nach den individuellen Maßen und Besonderheiten des Aufstellortes gefertigt werden und dadurch nicht für andere Gebäude verwendet werden können, besteht gem. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB kein Widerrufsrecht des Verbrauchers.*)
VolltextIBRRS 2021, 1754
BGH, Urteil vom 07.04.2021 - VIII ZR 191/19
1. Schließt eine natürliche Person ein Rechtsgeschäft objektiv zu einem Zweck ab, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, so kommt eine Zurechnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten privaten Zweck nur dann in Betracht, wenn die dem Vertragspartner erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Bestätigung von Senatsurteile, IBR 2009, 1382 - nur online; vom 13.03.2013 - VIII ZR 186/12, Rz. 28, IBRRS 2013, 1507 = NJW 2013, 2107).*)
2. Zu den Voraussetzungen eines im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs in Betracht kommenden Anspruchs des Verbrauchers auf einen Kostenvorschuss für noch nicht angefallene Kosten des Ausbaus einer mangelhaften Kaufsache und des Einbaus einer als Ersatz gelieferten Sache (Bestätigung von Senatsurteil vom 21.12.2011 - VIII ZR 70/08, Rz. 27, 35, 53 f., IBRRS 2012, 0713 = BGHZ 192, 148).*)
3. Ein Anspruch des Käufers auf Vorschuss für die Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache besteht nicht (Bestätigung von Senatsurteil vom 21.12.2011 - VIII ZR 70/08, Rz. 49 f., a.a.O.).*)
IBRRS 2021, 1082
LG Bonn, Urteil vom 17.03.2021 - 1 O 244/20
1. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist entbehrlich, wenn der Verkäufer die Leistung (hier: die mangelfreie Lieferung der vereinbarten Masken) nicht bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin bewirkt hat, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung in einer für den Verkäufer erkennbaren Weise für den Käufer wesentlich ist.
2. Einem bestehenden Fixschuldcharakter kann es zwar abträglich sein, wenn die festgelegte Lieferfrist von den Vertragsparteien nachträglich einvernehmlich verlängert wird. Aus den Umständen des Einzelfalls kann sich aber ausnahmsweise auch ergeben, dass sich abgesehen von der Terminverschiebung am Fixcharakter des Geschäfts nichts ändern soll.
3. Die öffentliche Hand betreibt kein Handelsgewerbe, wenn sie - auch als Großabnehmer - nachfragt, so dass sie auch keine kaufmännischen Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten trifft.
VolltextIBRRS 2021, 1116
BGH, Urteil vom 12.03.2021 - V ZR 33/19
Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten ("fiktiven") Mängelbeseitigungskosten bemessen werden (Abgrenzung zu BGH, IBR 2018, 196, und IBR 2020, 636). Allerdings muss die Umsatzsteuer nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.*)
IBRRS 2021, 0592
OLG Frankfurt, Urteil vom 20.01.2021 - 17 U 492/19
1. Gemäß § 29 ZPO besteht für Ansprüche im Zusammenhang mit dem Widerruf und der Rückabwicklung eines Darlehensvertrags, der mit einem Pkw-Kauf ein verbundenes Geschäft darstellt, ein einheitlicher Erfüllungsort am Ort, an dem sich die veräußerte Sache vertragsgemäß befindet.*)
2. Sind Ansprüche mit unterschiedlichen Erfüllungsorten mittels einer innerprozessualen Bedingung voneinander abhängig gemacht, hindert die Klammerwirkung der Bedingung eine Abtrennung der bedingten Ansprüche.*)
VolltextIBRRS 2021, 0523
LG Saarbrücken, Urteil vom 22.01.2021 - 13 S 130/20
Lässt der Käufer sein mangelhaftes Fahrzeug zur Werkstatt des Verkäufers überführen, weil dieser das Fahrzeug selbst überprüfen und den Mangel beseitigen will, kann er die dazu erforderlichen Transportkosten vom Verkäufer gem. § 439 Abs. 2 BGB auch dann ersetzt verlangen, wenn jener angesichts der großen Entfernung zum Ort, an dem sich der Mangel gezeigt hat, einen erbetenen Vorschuss für die Transportkosten verweigert hat.*)
VolltextIBRRS 2021, 0516
LG Frankfurt/Main, Beschluss vom 14.01.2021 - 14 O 327/20
1. Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
2. Besteht danach eine Zuständigkeit am Wohnsitz des Käufers, ist der käuferische Wohnsitz bei Vertragsschluss ausschlaggebend. Der Wohnsitz im Zeitpunkt der Klageerhebung begründet keinen Gerichtsstand.
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